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Horst Wessel – Tod und Verklärung eines Nationalsozialisten

Daniel Siemens

Das Buch des Bielefelder Historikers Daniel Siemens setzt sich mit dem Leben des Berliner SA-Sturmführers Horst Wessel auseinander, der Anfang 1930 erschossen und von der nationalsozialistischen Propaganda umgehend als »Märtyrer für das Dritte Reich« genutzt wurde. Gegliedert ist das Werk in drei Teile: Das Leben des Berliner SA-Sturmführers, die propagandistische Überhöhung nach seinem Tod und die Folgen nach Kriegsende. In seiner Arbeit beschäftigt sich der Autor sowohl biographisch mit Wessel als auch mit dem nach seinem Tod gesponnenen Heldenmythos und seiner Wirkung. Er will anhand des konkreten Falles der Frage nachgehen, was damals junge Menschen antrieb, sich den Nationalsozialisten anzuschließen und vor allem im zweiten Kapitel, weshalb der »Wessel-Heldenmythos« auf so viel Resonanz in der Bevölkerung stieß und teilweise sogar religiöse Züge annahm.

Das Buch zeichnet sich nicht nur durch eine großartige Quellenrecherche aus, wodurch teilweise Material, wie die Rohfassung einer Autobiographie von Horst Wessel, überhaupt erst erschlossen und genutzt wurde. Ebenso interessant ist auch der Blick von Siemens auf den Werdegang der vermeintlichen Mörder, die alle Opfer von NS-Schauprozessen wurden. Daniel Siemens verschaffte ihnen aber nachträglich späte Gerechtigkeit, indem er 2009 erfolgreich bei den zuständigen Stellen beantragte, die Urteile als unrechtmäßig aufzuheben.

Für Antifaschist_innen ist das Buch nicht nur aus historischer Perspektive interessant, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass noch immer jedes Jahr Neonazis versuchen ihrem Idol »Wessel zu huldigen und den Heldenmythos« abfeiern. Mit dieser zeitgemäßen wissenschaftlichen Studie ist jede_r gut beraten, der_die sich mit dem Thema intensiver auseinandersetzen möchte.

Daniel Siemens
Horst Wessel – Tod und Verklärung eines Nationalsozialisten
Siedler Verlag
352 Seiten
19,95 EUR