
Der NSU im Spitzelnetz
Das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz legt – wenn man ihm das glauben will – bereits seit Jahren hohe Maßstäbe an Lebenswandel und Selbstverständnis seiner Quellen. Maßstäbe, die laut BfV deutlich über den Kriterien liegen, nach denen die meisten Landesämter ihre sogenannten Vertrauenspersonen vulgo Spitzel auswählen. Dieser Bundesmaßstab sollte künftig auch von den Ländern angelegt werden, regte Köln schon ein Jahr nach der Selbstenttarnung des NSU als Konsequenz aus dem Desaster um die rechte Terrorgruppe an.
Das Beispiel des NSU zeigt, dass selbst mit Geheimdienst-Informanten ein Ausleuchten von Terror-Netzwerken nicht gelingen muss. Und dass die Beamten im Verfassungsschutz mit den ihnen gelieferten Informationen nicht effektiv umgehen können – oder wollen. Fast 14 Jahre lang waren Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt auf der Flucht. Sie lebten mit Hilfe von rechten Gesinnungsgenossen ein unauffälliges Leben im Untergrund – umgeben allerdings von einem dichten Spitzelnetz.
(Foto: Screenshot nsu-leaks)

Der NSU-Prozess
Zwischenstand aus München (Teil 2)
Seit dem 6. Mai 2013 wird in München der Prozess gegen Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben, Carsten Schultze, Holger Gerlach und André Eminger verhandelt.
Seit dem 6. Mai 2013 wird in München der Prozess gegen Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben, Carsten Schultze, Holger Gerlach und André Eminger verhandelt.

Rechter Terror in der antifaschistischen Analyse
Im NSU-Komplex gibt es mehrere zentrale Fragen, mit denen sich unabhängige Antifaschist_innen dringender denn je auseinandersetzen müssen, um der bislang sehr wirkmächtigen Erzählung des Generalbundesanwalts, der Geheimdienste und der Polizei entgegen zu treten: Denn Strafverfolger und Geheimdienste propagieren entgegen aller Fakten und einschlägigen Zeugenaussagen unbeirrt den Mythos vom isolierten Trio, von dessen terroristischen und mörderischen Aktivitäten kein einziger der zahllosen Unterstützer_innen informiert gewesen sei, und stellen den NSU-Komplex als ein singuläres, schon jetzt abgeschlossenes Ereignis ohne Wiederholungsgefahr dar.
Im NSU-Komplex gibt es mehrere zentrale Fragen, mit denen sich unabhängige Antifaschist_innen dringender denn je auseinandersetzen müssen, um der bislang sehr wirkmächtigen Erzählung des Generalbundesanwalts, der Geheimdienste und der Polizei entgegen zu treten.

Der »Brandstifter-Effekt« des Verfassungsschutzes
Im November 2012 veröffentlichte die Zeitschrift »Der Spiegel« unter dem Titel »Der Brandstifter-Effekt« Informationen über ein Positionspapier des Bundeskriminalamtes (BKA) von 1997.1 Das BKA erhob damals wegen des Einsatzes von Spitzeln in der Neonazi-Szene schwere Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz. Die in dem BKA-Papier und dem Spiegel-Artikel aufgeworfene Frage »Haben die vielen V-Leute die rechtsextreme Szene erst stark gemacht?« dürften regelmäßige Leser_innen des AIB seit einigen Jahren mit »Ja« beantworten können.
Ein Positionspapier des Bundeskriminalamtes (BKA) von 1997 erhob wegen des Einsatzes von Spitzeln in der Neonazi-Szene schwere Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz.
(Bild: Screenshot von youtube.de/arte)
- 1. Vgl. DER SPIEGEL 45/2012: »Der Brandstifter-Effekt«
Anti-Antifa abgeblitzt
Die Versuche von Neonazis, antifaschistische Strukturen auszuspionieren sind wahrlich nichts neues, doch selten stellen sie sich dabei so dämlich an. In diesem Fall versuchte die 30jährige Thekla Maria Kosche aus Bad Segeberg die Leipziger Antifaszene auszuhorchen und verbrannte sich dabei gehörig die Finger. Auch ihre Kameraden denken mittlerweile über Konsequenzen für sie nach. Am 4. Juli 1997 versuchte sie, Kontakt zu einem angeblichen linken Aussteiger zu bekommen, der ihr Informationen zuschieben sollte. Was sie nicht wußte: Das ganze war eine Falle und sie tappte ordentlich rein.
Die Versuche von Neonazis, antifaschistische Strukturen auszuspionieren sind wahrlich nichts neues. In diesem Fall versuchte die 30jährige Thekla Maria Kosche aus Bad Segeberg die Leipziger Antifaszene auszuhorchen.

Rudolf Heß »Gedenkmarsch« mußte ausfallen
Der Rudolf Heß »Gedenkmarsch« mußte ausfallen.
(Bild: rabatz/Reprofoto von aida)

Der »Rudolf-Heß-Marsch« 1996
Der 10. Todestag des Hitlerstellvertreters Rudolf Heß am 17. August diesen Jahres steht vor der Tür. Neonazis werden sich nicht nur wegen des Jubiläums etwas besonderes einfallen lassen, sondern auch versuchen, Lehren aus den letzten Jahren zu ziehen. Um Gedanken und Diskussionen anzuschieben bzw. voranzubringen, was zu diesem Tag an Antifa-Aktionen stattfinden könnten und sollten, im Folgenden ein Artikel, der sich kurz mit den letzten Heß-Todestagen auseinandersetzt. Besonders eingegangen wird auf den Ablauf im vergangenen Jahr und die Widersprüche, die sich zwischen der offiziellen Darstellung und dem tatsächlichen Geschehen ergeben haben.
Ein Artikel, der sich kurz mit den letzten Heß-Todestagen auseinandersetzt. Besonders eingegangen wird auf den Ablauf im vergangenen Jahr und die Widersprüche, die sich zwischen der offiziellen Darstellung und dem tatsächlichen Geschehen ergeben haben.

Das Internet, Tummelplatz für Cyber Neonazis?
»Stormfront, White Pride - World wide« und ein Keltenkreuz erscheinen. Langsam beginnt sich der Bildschirm mit Neonazi-Parolen und deren Symbolik zu füllen. »Stormfront ist Ressource für jene couragierte Männer und Frauen, die für ihre weiße, westliche Kultur, Ideale, für Rede- und Organisationsfreiheit kämpfen.«1 ist zu lesen. Wir befinden uns in einer braunen Nische des weltweiten Computer-Kommunikationsnetzes »World Wide Web« (WWW). Im Zuge der Globalisierung von Kommunikation durch das Internet schicken sich Neonazis an, ihre veralteteten und gesellschaftlich überkommenen Ideologien mit einer zeitgerechten Technik zu glasieren. Während weder Nationen noch Rassedenken in diesem Medium eine Rolle spielen, Menschen von ihrem Schreibtisch aus grenzenlos miteinander verbunden sind, sich austauschen und zumindest kommunikativ eine globale Gesellschaft bilden, drängen Neonazis mit völkischen Parolen und nach »Rassen« separierenden Ideologien in das Internet. An sich absurd und widersprüchlich, aber nicht minder uninteresannt. Was ist dran am Sprung selbsternannter Herrenmenschen, die von einer arischen, bäuerlichen, rassisch reinen Agrargesellschaft träumen, in den Cyberspace?
Im Zuge der Globalisierung von Kommunikation durch das Internet schicken sich Neonazis an, ihre veralteteten und gesellschaftlich überkommenen Ideologien mit einer zeitgerechten Technik zu glasieren.
(Bild: Screenshot dailymotion.com)
- 1. Homepage von »Stormfront", Eingangstext . Drahtzieher im braunen Netz, Konkret Literatur Verlag, Hamburg, 1995, S. 205

Die "Rudolf Heß Aktionswochen" 1996
Für dieses Jahr hatten die deutsche Neonazi-Szene gleich einen ganzen »Aktionsmonat« zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß angekündigt, um sich in die Öffentlichkeit zu bringen. Unter der Bezeichnung „Aktion 96“ wurde ein entsprechendes "Konzept" verfasst, das auf den früheren FAP-Aktivisten André Goertz zurückgehen soll. Das Strategiepapier wurden von der NPD-Jugend aufgegriffen und in eine Kampagne unter dem Motto „Demokratie und Freiheit schützen – Grundrechte verteidigen“ umgemünzt. Die JN war mit Holger Apfel in das "Rudolf Heß Aktionskomitee" eingebunden. Dieses "Rudolf Heß Aktionskomitee" besteht laut Berichten aus der Szene aus rund einem Dutzend Szene-Kadern um Kai Dalek, Christian Malcoci und Andree Zimmermann. Als Schwerpunkte der Aktionen waren der 3./4. August 1996 (bundesweites Demonstrationswochenende) und der 17./18. August 1996 (Zentrale Heß-Kundgebung) angekündigt worden. An den anderen Wochenenden sollten Saalveranstaltungen, dezentrale Aktionen oder Konzerte stattfinden.
Polizei läßt Neonazis für Rudolf Heß marschieren.

Neuorganisierung der GdNF-Strukturen in Franken
In der letzten Ausgabe des Antifaschistischen Infoblatts (AIB) wurde über das Verbot der Partei "Nationaler Block" (NB) aus den Strukturen der "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" (GdNF) aus Bayern berichtet. Ein Zentrum dieser GdNF-Struktur liegt in und um die oberfränkische Kleinstadt Kronach. An den neueren Aktivitäten ist zu erkennen, wie wenig sich die Verbote der letzten Zeit auf die Organisierung der Kader der "Gesinnungsgemeinschaft" ausgewirkt haben. Bei einem Neonazi-Aufmarsch am 1. Mai 1993 in München ließ sich das Netzwerk um den (früheren) "Nationale Block" mit Stefan Jahnel (Ex-KAH, AVÖ-Büro), Jürgen Sünkel (Ex-NB), Christian Worch (NL), Gerhard Endres (VAPO) und Manfred Geith (Ex-NB) noch auf auf einem Pressefoto verewigen, wenige Tage später folgte ein Verbot der Gruppierung.
Über den (Un)Sinn von Verboten. Zur Neuorganisierung und den "Wehrsportübungen" der GdNF-Strukturen in Franken.
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