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„Kategorie C“ – auch 2015 wird rechts gerockt

Einleitung

…die Antifa ist unser Feind, die Antideutschen sind unsere Feinde, diejenigen die unser Land verkaufen und jeden Tag verraten, das sind unsere Feinde, wacht endlich auf sonst ist es zu spät.“ Statements wie diese bestätigen einmal mehr das rechte Weltbild, welches die Bremer Band „Kategorie C - Hungrige Wölfe“ (kurz „KC“) noch vor Jahren versucht hatte unter dem Mantel des unpolitischen Fußballrocks zu verstecken. Mit ihrer neuen CD „Falsch gelebt“, einer gleichnamigen Tour und allein acht beworbenen Konzerten bis Mai 2015 bleibt die Band um Hannes Ostendorf, Stefan Behrens, Julian und Florian Keil sowie Marcel Achtstätter ein umtriebiger Player im RechtsRock-Milieu.   

Die Band „Kategorie C“ ist ein umtriebiger Player im RechtsRock-Milieu.

Auf den ersten Blick sind es scheinbar unverfängliche Songs über Gewalt im Fußball, mit denen sich die Band seit 18 Jahren einen Namen macht. Der wiederkehrende Tenor  — „Wir“ schlagen uns, „Wir“ gewinnen, „Wir“ verlieren — fördert das Gemeinschaftsgefühl zwischen Band und ZuhörerInnen. Eine eigene Security sowie ein Fanclub bestärken diese Zugehörigkeit.1 Teil des Kults ist aber auch: „Wir sind deutsch“.

Zwischen biederen Gasthöfen und „Blood & Honour“

Damit der Kult funktioniert sind Konzerte als Erlebniswelt unabdingbar. Die Durchfüh­rung dieser wird aber immer schwieriger, denn der öffentliche Druck nimmt seit Jahren zu.

In Deutschland wird auf Veranstaltungsorte gesetzt, deren Eigentümer selbst der rechten Szene angehören, wie etwa am 9. Mai 2015 im thüringischen Kloster-Veßra. Tommy Frenck, Kader der rechten lokalen Partei „Bündnis Zukunft Hildburghausen“, etablierte diesen Ort, den Gasthof „Goldener Löwe“, als Garant für durchführbare Konzerte. Neben Frencks Gasthof machen rechte Immobilien wie die „Erlebsnisscheune“ in Kirchheim oder die „Kammwegklause“ in Erfurt gerade Thüringen zu einem Konzert-Paradies. Trotz behördlicher Auflagen ist solch ein Rahmen der komfortabelste, doch nicht in jedem Bundesland auffindbar. Unter einem Vorwand angemietete Hallen, oftmals im Grenzgebiet zu Frankreich oder den Niederlanden, sind beliebt, um „KC“-Konzerte durchzuführen, doch können sie kurzfristig vom Vermieter storniert werden, wenn eine antifaschistische Aufklärung stattfindet. Allein 2015 konnten so drei von fünf bis April beworbene Auftritte verhindert werden.2

Dass aber auch die VeranstalterInnen Einfluss auf den Verlauf von Konzerten haben, zeigt das Beispiel Schweiz. Schon zwei Mal versuchte „KC“ im letzten halben Jahr dort ein Konzert zu geben. Ihr Scheitern an den Schweizer Behörden am 14. März diesen Jahres lässt sich mit dem Hintergrund des Veranstalters erklären. Jonas Schneeberger, dessen Kontaktadresse auf den Flyern stand, ist Mitglied der „Legion Werwolf“. Diese neo­nazistische Bruderschaft ist nicht nur eng mit „Blood & Honour“, sondern auch mit der norddeutschen „Weiße Wölfe Terrorcrew“ (WWT) verbunden, deren „Sektion Helvetia“ Schneeberger und Sébastien Nußbaumer gründeten. Nußbaumer, 2012 auf der Flucht nach Norddeutschland verhaftet, gilt als einer der Drahtzieher der rechts-militanten Organisation „Werwolf Kommando“.3

Dass „KC“ immer wieder in solchen Strukturen aufspielt, ist lange bekannt, denn außerhalb Deutschlands ist es allen voran das „Blood & Honour“-Netzwerk, kurz „B&H“, zu denen „KC“ Verbindungen hat. 2011 waren sie zu Gast bei „Lyon Dissident“, einem Ableger der französischen „B&H-Division Lugdunum“. Im gleichen Jahr traten sie im Rahmen ihrer Tour im griechischen Trikala im „Skinhouse Hellas“ der „Hellas Skins“, 2012 zusammen mit der rechten schwedischen Sängerin „Saga“ in Budapest auf und im selben  Jahr mit zwei NS-Hardcore-Bands in Kiew. Veranstaltet wurde letzteres Konzert von der Kampfsportmarke „Sva­Stone“, dem ukrainischen Pendant zum russischen Label „White Rex“. Diese luden die Band wiederum 2014 gemeinsam mit „B&H Hexagone“ zu einer Kampfsport-Gala ins französische Lyon ein. Erwähnenswert ist auch ihr Auftritt 2014 in Norditalien zusammen mit italienischen und griechischen Bands auf einer Veranstaltung der „Veneto Fronte Skin­heads“, dem italienischen Arm von „B&H“.

Den bisher krönenden Höhepunkt ihrer Historie in „B&H“-Gefilden markiert das Konzert in Slowenien am 25. Oktober 2014. Ausgerichtet von der „Crew 28“ spielten sie vor rund 400 ZuschauerInnen in einer Lager­halle, deren Dekoration von Bannern verschiedenster „B&H -Divisionen“ und Hakenkreuzen nur so strotzte. Vor Neonazis aus ganz Europa spielten sie gemeinsam mit dem „B&H“-Urgestein „Brutal Attack“ und den schwedischen „Pitbull Farm“, mit denen sich „KC“ auch regelmäßig die Bühne in Deutschland und Schweden teilte.

Leitwolf Ostendorf

„KC“s Umtriebe und Beständigkeit innerhalb der Szene dürfte durch Sänger Hannes Osten­dorf erklärbar sein. Seit Anfang der 1990er Jahre ist er Teil der Bremer „B&H“-Vorzeige­band „Nahkampf“, deren Songs auf Samplern wie „Blood & Honour Vol. 3“ vertreten sind. Erschienen war dieser 1998, ein Jahr nach Gründung von „KC“. 2001 veröffentlichte der Rechtsrock-Versand der NPD „Püh­ses Liste“ eine Split-CD von „Nahkampf“ mit der russischen Band „Kolovrat“ (dt. Hakenkreuz). Jens Pühse, verantwortlich für den Versand, war in den 1990ern Kader der „Natio­nalistischen Front“ (NF), gemeinsam mit Henrik Ostendorf, dem älteren Bruder von Hannes Ostendorf (siehe AIB Nr. 76 „Drei Söhne Bremens“).

Henrik Ostendorf, zusammen mit Bruder Hannes aktiver Hooligan der „Standarte Bremen“, war in den 2000ern nicht nur an der Durchführung von „B&H“-nahen Konzerten beteiligt, sondern seit 2009 zwischenzeitlich Geschäftsführer des „Deutsche Stimme-Verlag“, welcher wiederum „Pühses Liste“ beheimatete. Im Moment vertreibt Henrik Ostendorf das Heft „Ein Fähnlein“, in dem u.a. NS-Kriegsverbrechern gehuldigt wird.

Sei es durch Henrik Ostendorfs braune Geschäfte oder durch Kontakte aus dem Stadion — denn auch Jens Pühse war bis 2011 Mitglied beim SV Werder Bremen — Hannes hatte nicht nur die Voraussetzungen, um das Projekt „Nahkampf“ mit umzusetzen, er schuf auch den Rahmen für Konzerte von „KC“. Zwar bestreitet er seine Mitarbeit bei „Nahkampf“, doch spätestens Fotos vom verhinderten NPD-Bayerntag im Mai 2014 in Scheinfeld dürften arg an der Glaubhaftigkeit dieser Aussage zweifeln lassen. Zu sehen sind er und „KC“-Gitarrist Stefan „Ernie“ Behrens, sichtlich geknickt im Gespräch mit Bereitschaftspolizisten am Rande der Veran­staltung, auf der neben anderen bekannten Rechtsrock-Bands auch „Nahkampf“ hätte spielen sollen.4                 

Fußball bleibt Fußball?

Selbst wenn man Ostendorfs Aktivitäten außerhalb von „KC“ außer Acht lassen würde, können auch die Auftritte im Fußball-Spektrum den unpolitischen Habitus nicht bekräftigen.

Es ist ein „Who-is-Who“ der rechten Kurven, betrachtet man diese: „Westwall Aachen“, „Rotfront Kaiserslautern“, „Borussenfront Dortmund“, „Blue Caps Leipzig“. Auch zum 5-jährigen Bestehen der „Legion Germania“ 2014, einem Zusammenschluss rechter Hooligans des BFC Dynamo, Lazio Rom und LOK Leipzig, war ein Konzert mit „KC“ in Berlin geplant. Und prompt, um dieser Geselligkeit Nachdruck zu verleihen, präsentierte sich „KC“ mit einem Banner der „Legion“ bei einem ihrer folgenden Konzerte im schottischen Bathgate. Was bleibt dann vom unpolitischen Mythos der Band übrig? Eigentlich nichts. Und das weiß auch ihr Publikum.  

Andreas „Kalle“ Kraul, Kader und neben Hannes Ostendorf Redner der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa), verdeutlichte dies mehr als vielleicht gewollt, in dem er auf der Demonstration am 26. Oktober letzten Jahres in Köln die Band mit den Worten ankündigte: „...wir haben hier ein paar junge Männer, die haben die Nacht durchgemacht, sind 1.500 km gefahren, um bei uns zu sein...“. 1.500 km, welche die Band zurücklegen musste, um vom „B&H“-Konzert in Slowenien nach Köln zu reisen.

Soundtrack für Pogrome?

„Kategorie C“ ist und bleibt ein Bindeglied zwischen all den rechten Spektren. Gefeiert von Hooligans wegen ihrer authentischen Rolle und beliebt bei Neonazis wegen ihrer  Aktivität innerhalb der Szene, darf „KC“ als einmalig im RechtsRock-Bereich angesehen werden. Sie kleiden ein weitreichendes Spektrum musikalisch ein und verbreiten eine rechte Stimmung, deren Resultate sichtbar werden: die unsäglichen Demonstrationen von PEGIDA, HoGeSa & Co., Attacken auf Flüchtlingsheime und Gewalt gegen Antifa­schis­t_in­nen.

Wie lang wird es wohl dauern, bis in etwaigen Prozessen gegen rassistische Täter der Satz auftaucht: „Bevor wir los zogen, um Flüchtlinge anzugreifen, putschten wir uns mit Liedern von ,Kategorie C’ auf...“?

Um dem entgegenzuwirken muss eine breite öffentliche Sensibilisierung durch antifaschistische Gruppen stattfinden, die zum Ziel hat, den unpolitischen Mythos von „KC“, am Stammtisch und im Stadion, gänzlich zu zerstören.