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Von RWE über die AfD in den NRW-Landtag

AfD Watch Bochum (Gastbeitrag)
Einleitung

Der NRW Landtagsabgeordnete Christian Loose (AfD) reiste während der Räumung des Protestes im Dorf Lützerath mit einer zehn-köpfigen AfD Entourage (u.a. Sven Tritschler, Klaus Esser und Zacharias Shalley) an, um Aktivist*innen zu provozieren und ein Video zu drehen, welches den rechtspopulistischen Kampf gegen den Klimaschutz mit den gewohnten Falschbehauptungen unterstützen sollte. Zum Klimaschutz und insbesondere zu „Lützi“ hielt sich die AfD ansonsten überwiegend bedeckt. Welche Motivation steckte jetzt also hinter dem geplanten Auftritt, dem gedrehten Video und der rechten Provokation? Und welche Rolle spielt Christian Looses Vita dabei?

Loose AfD

Der AfD-Mann Christian Loose (links) im Wahlkampf.

Christian Loose trat bereits 2013 der AfD bei, zog in den Rat der Stadt Bochum ein und ist seit 2015 energiepolitischer Sprecher des Landesverbandes der AfD in NRW sowie seit 2017 wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der AfD Fraktion NRW. Rechtsruck, Beobachtung durch den Verfassungsschutz und die extrem rechte Haltung der Partei waren und sind für Loose allerdings kein Hindernis für seine Mitgliedschaft – ganz im Gegenteil. Er tritt selbst für ein „Europa der Vaterländer“ ein, bekleidet seit 2017 sein Amt als Landtagsabgeordneter und verdient nun sein Geld als Vollzeitpolitiker im Landtag.

Vor seiner politischen Karriere war der gelernte Bankkaufmann und Ex-Bundeswehrsoldat Loose acht Jahre (2009–2017) als Controller für den Kohlekonzern RWE tätig, der nun Eigentümer des Grundstücks ist auf dem sich das Dorf Lützerath und die Kohle darunter befinden. Diesen Job gab er erst 2017 mit seiner Wahl in den NRW-Landtag auf. Sein politisches Handeln vor und nach seiner Tätigkeit bei RWE richtete sich konsequenterweise gänzlich nach den kapitalistischen Interessen des Konzerns. In seiner Vita auf der Internetpräsenz der AfD-Landtagsfraktion wird RWE als „Energieversorgungskonzern“ verfremdet. Auch die von der „Rechercheplattform zur Identitären Bewegung“ veröffentlichte Vita seiner Facebook-Seite und seiner privaten Homepage hat Loose RWE mittlerweile gelöscht.

Als energiepolitischer Sprecher der NRW AfD hat sich Christian Loose bereits in 2021 mit dem Thema Lützerath beschäftigt. So bezeichnete er die Aktivist*innen in einem Statement als „Kriminelle“ und deren Einsatz als reine „Symbolpolitik“. Er pocht außerdem in AfD-typischer „Law and Order“-Manier auf die Durchsetzung der gefassten Beschlüsse, der sonst so verhassten rot-grünen Landesregierung.

Auch in dem aktuell in Lützerath gedrehten Video, welches bereits den diffamierenden Titel „Lützerath – Aufstieg des Klimaterrors“ trägt, geht es in eine ähnliche Richtung. Im Stile eines Promotionfilms für den Kohlekonzern RWE wird die Förderung der Kohle unter Lützerath als unumgänglich für die Energieversorgung dargestellt. Der Protest dagegen wird diskreditiert, indem der Müll der Aktivist*innen als die wahre Gefahr für die Umwelt dargestellt wird. Es wird versucht die Aktivist*innen als dreckig, gefährlich und mithilfe des Unwort des Jahres als „Klimaterroristen“ zu framen. Es handele sich laut Aussage der im Video auftretenden AfD-Vertreter*innen in Lützi nicht um einen friedlichen Klima­protest, sondern um die Planung eines gewalttätigen Umsturzes, bei dem sogar Kinder als Schutzschilde benutzt würden. Das Ziel der Aktivist*innen, nämlich der Stopp des Tagebaus in Lützerath, hätte laut AfD verheerende Auswirkungen auf die Stabilität der Energieversorgung in Deutschland und würde Blackouts riskieren.

Es wird versucht, ein Bild von Gut und Böse zu zeichnen, in dem der „gute“ Kohlekonzern RWE nach Recht und Gesetz handelt und Deutschland aus der Energiekrise retten will. Die Klimabewegung hingegen sei durch liegengelassenen Müll eher eine Gefahr für die Umwelt und wolle diese nicht retten, sondern eine „Ökodiktatur“ etablieren.

Diese Art der Beeinflußung der öffentlichen Meinung stellt eine konkrete Gefahr dar und legitimiert Gewalt gegen Klimaaktivist*innen, wie sich zuletzt auch an dem gewalttätigen Vorgehen einiger Autofahrer*innen gegen friedliche Straßenblockaden zeigte.

Die energie- und umweltpolitische Agenda Christian Looses deckt sich mit der in den AfD Wahlprogrammen, die er als wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher vermutlich in diesen Punkten mitverfasst hat. Sie zielt auf erneuerbare Energien und ihre angeblichen Probleme und Gefahren ab, leugnet einen menschengemachten Klimawandel und stellt fossile Brennstoffe als energiepolitische Lösung ins Zentrum.

Loose veröffentlicht seine Thesen auf seinen eigenen sowie den AfD betriebenen Internetseiten und Social-Media-Plattformen, schreibt eine regelmäßige Kolumne für nrw.direkt1 und hält sich auch im NRW-Landtag mit klimafeindlichen Aussagen nicht zurück, die im Nachgang als Videos via Youtube verbreitet werden.

Christian Loose stellt eine Energiewende und die sich daraus ergebenen Forderungen und Pläne als eine Gefahr für den Wohlstand in Deutschland dar. Er sinniert von einem Ende des Eigenheimes und erklärt den Umstieg auf erneuerbare Energien zur Ursache für die Abhängigkeit von russischem Gas und der damit einhergehenden Kostensteigerung für Energie. Loose spricht damit bestehende Ängste der Bevölkerung vor Energiekostensteigerung und Wohlstandsverlust an, schürt diese und bedient sich aus der populistischen Trickkiste der AfD. Weitergehende Gedanken darüber, dass das Eigenheim durch immer häufigere Naturkatastrophen auch in Deutschland nicht mehr so sicher wäre (z.B. durch Fluten wie im Ahrtal) oder dass ein gut ausgebautes Netz an erneuerbaren Energien die Abhängigkeit von Gas reduzieren würde, werden verschwiegen. Das Schüren von Angst und die Schaffung eines Feindbildes gehören zu den Methoden der AfD.

Auch in Bezug auf die Räumung und den Protest in Lützerath schlägt Loose in die gleiche Kerbe und kritisiert in dem über die AfD Kanäle veröffentlichten Video die Kosten des Polizeieinsatzes, welcher durch Steuern finanziert ist. Weiter stellte er gemeinsam mit Klaus Esser und Markus Wagner (beide AfD MdL, Klaus Esser trat auch im Video auf) im Nachgang der Räumung eine „Kleine Anfrage“ im NRW Landtag zu den Einsatzkosten und der Anzahl der eingesetzten Polizist*innen.

Umgekehrt würden wärmere Klimaperioden laut Aussagen Christian Looses im Landtag NRW (8. Februar 2020) einen „Segen für den Wohlstand und die Menschen” darstellen und der Anstieg von CO2 in der Atmosphäre würde sich positiv auf das Wachstum von Nahrungsmitteln auswirken. Eine Farce vor dem Hintergrund, dass bereits 2021 laut „Internal Displacement Monitoring Centre“ rund 23,7 Millionen Menschen ihre Heimat durch den Klimawandel und die damit einhergehenden Naturkatastrophen, wie Dürren oder extreme Wetterlagen, verloren und Missernten mittlerweile eine der größten Gefahren für die Welternährung darstellen. Auch eine unbegrenzte Aufnahme von CO2 und unbegrenztes Pflanzenwachstum sind schlichtweg nicht möglich und entsprechende Aussagen im AfD Grundsatzprogramm werden von der Umweltschutzorganisation BUND öffentlich kritisiert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der AfD-Landtagsabgeordneter Christian Loose Lobby-Arbeit für seinen ehemaligen Arbeitgeber RWE leistet und dabei versucht, die Energiewende und den Kampf gegen den Klimawandel zu diffamieren. Hierbei nutzt er populistische Mittel, wie das Schüren von Angst vor dem Verlust von Wohlstand und die Verkürzung von Aussagen, um die eigenen Thesen zu untermauern. Außerdem bedient er sich mit Bezeichnungen wie „Klimaterror“ einem Framing, mit dem er die Klimaaktivist*innen als das eigentliche Problem darstellt. Es wird versucht, eine Stimmung in der Gesellschaft zu schaffen, die sich gegen die Klima­bewegung wendet. Die verheerenden Folgen, die der Klimawandel haben wird und auch schon hat, werden hingegen unter den Teppich gekehrt oder sogar verleugnet.

Dieser umwelt- und damit lebensfeindlichen Agenda, die damals von RWE und heute von den Steuerzahlenden bezahlt wird, kann Christian Loose weiterhin frönen. Er personifiziert damit die traditionell guten Verbindungen zwischen Privatwirtschaft und Rechtsparteien.

  • 1Ein rechtes Nachrichtenportal, welches unter anderem islamfeindliche Thesen verbreitet und vom Logo und Namen her die offizielle Seiten der NRW Landesregierung imitiert.