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Südafrika: Machtkampf per Krieg auf kleiner Flamme

Einleitung

Südafrika, Ostersamstag. Schüsse hallen durch die Straßen des Vororts von Boksburg. Am Boden liegt der Generalsekretär der "Kommunistischen Partei Südafrikas", niedergestreckt von mehreren Schüssen. Zehn Kilometer vom Tatort entfernt wird ein Anhänger der "Afrikaner Weerstandsbeweging" (AWB) festgenommen. Die "Afrikaner Weerstandsbeweging" ist eine extrem rechte und rassistische Bewegung. Der Fall scheint klar: Die Ermordung von Chris Hani ist ein Ausdruck der Radikalisierung der traditionellen ApartheidsbefürworterInnen und ein Zeichen für das Erstarken der Arpatheids-Bewegung.

Bild: Screenshot YouTube/VOA

Im YouTube-Screenshot links: Janusz Jakub Waluś

Doch die Situation in Südafrika ist komplexer. Das weiße extrem-reaktionäre Spektrum läuft Sturm gegen den Versuch der südafrikanischen Regierung, ihre Herrschaftsform den Erfordernissen des südafrikanischen Kapitalismus anzupassen. Die Vorstellung einer Schwarzen Regierung oder zumindest einer Regierung mit ANC-Beteiligung treibt das Lager der traditionellen Apartheidbefürworter in eine enge Liaison mit der militanten, neofaschistischen Bewegung. Bei einer Zuspitzung der Spannungen, die sie heftig vorantreiben, können die extremen Rassisten mit einer potentiellen Massenbasis von mehreren Hunderttausend rechnen - eine Tatsache, die keine auf Veränderung hinarbeitende Kraft in Südafrika aus dem Auge lassen kann.

Der Mord an Chris Hani

Mit dem Mord an Chris Hani wird zudem deutlich, wie massiv ein internationales reaktionär-antikommunistisches bis neofaschistisches Netz an dieser Entwicklung mitstrickt. Der Fahrer des roten Ford Laser wurde etwa zehn Kilometer vom Tatort entfernt von einem einzelnen Polizisten angehalten. Eine Nachbarin Hanis hatte zuvor der Polizei eine Beschreibung des Wagens gegeben, der nach den Schüssen den Tatort verlassen hatte. Der Attentäter, der aus Polen stammende Janusz Jakub Waluś, ist seit 1986 Anhänger der rassistischen AWB - er war 1981 aus Polen nach Südafrika ausgewandert.

Einzeltäterthese

Nichtsdestotrotz vertrat die Polizei in bewährter Manier die Einzeltäterthese. In ihrer ersten Erklärung sprach sie von einem »einzelnen Gangster, der ohne politische Motivation handelte«. Diese Darstellung wurde von südafrikanischen Tageszeitungen unterstützt, die Bekannte des mutmaßlichen Mörders zu Wort kommen ließen: Walus, ein sympathischer, aggressionsfreier und unpolitischer, wenn auch vehement antikommunistischer Einzelgänger.

Die Tatumstände deuten jedoch auch auf das Gegenteil hin. Chris Hani wurde normalerweise von seinem Bodyguard begleitet. Daß er das Haus ohne Schutz verlassen würde, um Zeitungen zu kaufen, war nicht vorhersehbar. Auch ein Fund in dem roten Ford weist auf eine wochen-, wenn nicht monatelange Beobachtung Hanis durch den bzw. die Attentäter hin. Es erscheint schwer vorstellbar, das eine langfristige Observation durch einen kleinen Kreis bzw. eine kleine Zelle aufrechterhalten werden konnte.

Die Polizei stieß auf ein Stück Papier mit dem Kennzeichen eines BMWs, das einem Johannesburger Geschäftsmann gehört. Dieses Auto wurde von diesem und Hani ab und zu gemeinsam genutzt. Hani hatte jedoch zuletzt einen Monat vor seinem Tod Gebrauch von diesem Wagen gemacht. Der Geschäftsmann sagte aus, Hani sei vielleicht 20 Mal im Jahr aus Sicherheitsgründen in dem Auto mitgefahren.

In dem roten Ford wurden zwei Pistolen gefunden, darunter eine Luger Z88, die aus einem 1990 begangenen Waffenraub bei der südafrikanischen Luftwaffe stammte. Die Spur der Waffe soll die ErmittlerInnen -laut Medienberichten- u.a. zu Jean Taylor, Edwin Clarke und Piet 'Skiet' Rudolph (Petrus Johannes Rudolph), die (frühere) "rechte Hand" des AWB-Führer Eugène Ney Terre’ Blanche und Anführer der "Orde Boerevolk", geführt haben. Eine Anklage oder Verurteilung in der Sache wurde bis her jedoch nicht bekannt.

Mittlerweile ist aufgrund der ballistischen und gerichtsmedizinischen Untersuchungen jedoch wohl klar geworden, daß mit dieser Waffe geschossen worden ist. In Walus Haus wurde eine Liste mutmaßlicher Attentatsopfer entdeckt. Hani steht dort an dritter Stelle. Auf der Liste befinden sich zwei Journalisten afrikaans-sprachiger Zeitungen; für einen Einzeltäter á la Walus, der nicht afrikaans lesen kann, eine erstaunliche Auswahl. In der südafrikanischen Wochenzeitung "Weekly Mail" wird zudem ein Nachbar zitiert, der sah, daß Walus zwei Stunden vor der Tat von drei Männern besucht wurde.

Weitere Verhaftungen

Noch spät am selben Tag findet eine weitere Festnahme im Fall Hani statt. Clive John Derby-Lewis, ein führendes Mitglied der "Konservativen Partei" und Ex-Mitglied des Präsidentschaftsrats wird verhaftet, einen Tag später seine Ehefrau Gaye Derby-Lewis und vier weitere Männer. Clive Derby-Lewis wird von der Polizei vorgeworfen, Walus die Waffe und den Auftrag, Hani zu erschiessen gegeben zu haben. Zuvor hatte Derby-Lewis die Pistole bei einem Waffenschmied zur Anpassung eines Schalldämpfers und der Anfertigung spezieller Patronen abgegeben. Auf Gaye Derby-Lewis soll u.a. die bei Waluś gefundene Todesliste zurückgehen.

Mit der Verhaftung des Ehepaars Derby-Lewis tun sich im Fall Hani andere Dimensionen auf. Walus war offensichtlich Mitglied einer konspirativen Zelle, in der er u.a. mit Gaye and Clive Derby-Lewis (den die Polizei wohl als eine Art Kopf der Aktionvermutet) agierte.

Dieses Organisationsmodell, sich zwecks Anschlägen, Sabotageakten u.a. in geheimen Zirkeln zusammenzutun, wird von den südafrikanischen extremen Rechten zur Zeit massiv betrieben.

Ob Arthur Kemp aus den Kreisen der Verdächtigen auch in diesem Sektor aktiv ist oder "nur" die rechte Gewalt predigt, wissen wir nicht. Arthur Kemp, ein Deutsch-Südafrikaner, ist ein wichtiges Bindeglied zwischen der südafrikanischen und der internationalen, speziell auch der bundesdeutschen, extrem rechten Szene. Er war einer der vier Männer, die geleichzeitig mit Gaye Derby-Lewis verhaftet wurden. Die Polizei wirft ihm vor, Informationen über die führenden ANC-Politiker und ihre Wohnsituation an Gaye Derby-Lewis gegeben zu haben. Arthur Kemp wäre hierfür geeignet. Er ist ein ehemaliger Polizist und nun Journalist aus den Reihen der "South African Conservative Party". Er schreibt u.a. für die Zeitung "The Citizen".

Einer der anderen Beschuldigten hatte Derby-Lewis die Waffe besorgt. Die vier Männer wurden jedoch bald wieder freigelassen.

Nachdem die Polizei im Zuge der weiteren Verhaftungen die These von der Einzeltäterschaft fallengelassen hatte, stellte sich die Frage, wie das dilettantische Vorgehen Waluś' bei der Ermordung Hanis zu erklären sei. Er hatte keine Vorkehrungen getroffen, Auto und Kleidung zu wechseln. Die Polizei vertritt die These, Walus sei eigentlich nur auf Erkundungstrip gewesen. Eine Augenzeugin des Mordes hatte ihn schon früher in seinem Auto gesehen. Als Hani dann plötzlich allein vor ihm stand, habe er die Gelegenheit beim Schöpf gegriffen und damit vermutlich einem ursprünglich breiter angelegten Plan zu wider gehandelt.

Eventuell wird im Prozeß dazu mehr zur Sprache kommen. Mitte Mai nahm die Polizei die Aussage eines Augenzeugen oder -zeugin auf, die ANC-Funktionäre ausgemacht hatten. In dieser Aussage ist von einem zweiten, einem weißen Fahrzeug, die Rede, das Hani nach dem Zeitungskauf gefolgt sein soll. Dabei fällt auf, daß auch die untersuchenden Polizisten anfangs sagten, es könne mehr als ein Fahrzeug beteiligt sein, später jedoch nur noch von einem Attentäter vor Ort sprachen.

Der Prozeß war ursprünglich für Juni dieses Jahres angesetzt, wurde dann aber auf Antrag der Verteidigung (wegen fehlender Vorbereitungszeit) auf den 4. Oktober verschoben. BelastungszeugInnen haben bereits die ersten Todesdrohungen bekommen.

Rassistischer Sicherheitsapparat ?

Spannungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu schüren, Oppositionelle zu liquidieren, dies gehörte im letzten Jahrzehnt zum Standardprogramm des Sicherheitsapparats im Apartheidstaat. Einiges ist mittlerweile durch Beteiligte der Todesschwadrone publik geworden, die befürchten, bei einer Einigung der Regierungspartei mit dem ANC fallengelassen zu werden. Doch in Südafrika werden bei den Massakern und Ermordungen von Kadern aus dem Widerstand auch jetzt noch immer wieder Stimmen laut, die von einer Beteiligung des Sicherheitsapparats sprechen.

Krieg auf kleiner Flamme

Ein Blick zurück in die letzten zehn Jahre des Apartheidsregimes mutet wie ein Bilderbuch der "Low Intensity Conflict Strategie" (LIC) an. Diese Strategie wurde von den westlichen Mächten als Ersatz für die konventionelle Kriegsführung gegen noch kämpfende oder an die Macht gekommene Befreiungsbewegungen eingesetzt, um diese zu destabilisieren und zu stürzen.

Der Vorteil für die westlichen Strategen: Es ist ein »unsichtbarer«, unausgesprochener Krieg. Im eigenen Land entsteht keine Anti-Kriegsbewegung wegen entladener Zinksärge (wie im Vietnamkrieg). Gelder und Waffen werden über nichtstaatliche Organisationen wie die WACL (Antikommunistische Weltiga) und die "Heritage Foundation" geschleust.

In den 1980ern war die Organisation Architektin und Befürworterin der Reagan-Doktrin, die vorsah, dass die US-Regierung antikommunistische Widerstandsbewegungen an Orten wie Afghanistan, Angola, Kambodscha und Nicaragua und allgemein den globalen Antikommunismus während des Kalten Kriegs unterstützte. Die LIC-Strategie umfaßt sowohl die Tötung von Menschen und das Schüren interner Konflikte als auch einen propagandistischen und psychologischen Feldzug, der durchaus mit der Durchführung humanitärer und wirtschaftlicher Programme gekoppelt sein kann.

Mocambique wurde in den 1980ern mit dieser Strategie ruiniert; dort päppelten Südafrika und der Westen die RENAMO auf, um das Land mit einem jahrelangen Terrror zu überziehen. Die "Resistência Nacional Moçambicana" (kurz Renamo, portugiesisch für Nationaler Widerstand Mosambiks) ist die rechte Partei vor Ort. In Angola unterstützt die südafrikanische Armee auch heute noch, nach dem Wahlsieg der Regierungspartei, die UNITA in ihrem blutigen Stellvertreter-Krieg. Die "União Nacional para a Independência Total de Angola" (kurz UNITA) wurde als anti-koloniale Bewegung gegründet und ist heute eine Partei in Angola, im Verlauf des Bürgerkrieges erhielt sie Hilfe hauptsächlich von den USA und dem Apartheidregime in Südafrika.

Doch auch in Südafrika gibt es keine Anzeichen, daß der Repressionsapparat irgendeine tiefgreifende Änderung erfahren hätte. Unter Präsident Frederik Willem de Klerk Vorgänger Pieter Willem Botha machte der Staatssicherheitsrat die Politik. Er machte dem Kabinett die Vorgaben (offiziell hieß es »Empfehlungen«). Allen Regierungsebenen bis hin zum örtlichen Township waren militärische Strukturen an die Seite gestellt worden. Auf Provinz und kommunaler Ebene operierten die sogenannten "Joint Management Councils". In ihnen saßen neben Politikern und Verwaltungsfunktionären Militärs und Polizei.

Getreu der "Low Intensity Strategie", organisierten diese Desinformationskampagnen, Proganda gegen Mietboykotte (z.B. in TV-Spots), Bürgerwehren und die Ermordung von Oppositionellen. Auch der Hani-Mörder Waluś war wohl in diesem Bereich aktiv. Der Journalist Jacques Pauw, der die Geschichte des Kommandeurs einer polizeilichen Todesschwadron Dirk Johannes Coetzee in Südafrika veröffentlichte, läßt dazu in der Tageszeitung ARGUS einen Augenzeugen zu Wort kommen.

Khutsong galt während der Unruhen 1988/89 als einer der gewalttätigsten Townships in Südafrika. Es war von der Polizei abgeriegelt, so daß sie kontrollieren konnte, wer das Township betrat oder verließ. Waluś gehörte zu einer Gruppe Weißer, die sich immer wieder in Khutsong aufhielten - häufig, bevor es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Sie verfügten über Funkanlagen und teure Video-Ausrüstung. Sie wurden von einer Sicherheitstruppe bewaffneter Männer begleitet, die im Ort herumfuhren und auf Aufständische schossen.

Der Augenzeuge, als Bau-Unternehmer ansonsten der einzige Weiße in Khutsong, berichtet: »Ich sah, wie die Sicherheitstruppe auf die Leute feuerte. Später sah ich sie die Leichen auf die Lastwagen laden. Sie verließen das Township ohne die Toten. Ich bin sicher, sie wurden in Sickergruben geworfen. Ich teilte es der Polizei mit, die ignorierten aber meine Information."

»Dritte Kraft« oder Regierungspolitik?

Es ist wohl kaum anzunehmen, daß sich diese Strukturen und die darin tätigen Leute seit Beginn des Verhandlungsprozesses in Luft aufgelöst haben. Seit Anfang 1990, seit Präsident de Klerk die politische Öffnung erklärte, ist Südafrika einer nie dagewesenen Gewaltwelle ausgesetzt. Und immer wieder gab es Hinweise auf die Beteiligung von Angehörigen der Geheimdienste, der Armee oder Polizei. Es ist unstrittig, daß es eine Kraft gibt, die Kader aus den Befreiungsbewegungen liquidiert und die gewalttätigen Auseinandersetzungen schürt - bis dahin, daß Inkatha-Leute auf Militärlastern in die anzugreifenden Townships gefahren wurden. Die "Inkatha Freedom Party" (IFP) versteht sich als "antikommunistisch" und bekämpft den ANC von Nelson Mandela. In der Regel wird von einer »Dritten Kraft« gesprochen (womit vor allem Angehörige aus den Geheimdiensten und aus dem Militär-/Polizeiapparat gemeint sind), die unkontrolliert ihr Unwesen treiben. Doch gerade dieses »unkontrolliert« wird von anderer Seite bestritten.

Magazin "Geheim": Kontrollierter Terror...

Wir fassen im folgenden die entsprechenden Vermutungen, Informationen, Recherchen und Erkenntnisse aus den Nummern 1/1992 und 2/1993 der Zeitschrift "Geheim" zusammen. Das Magazin beruft sich hierbei auf eigene Informationsquellen direkt aus südafrikanischen "Geheimdienstkreisen":

Nachdem Präsident de Klerk über die Führungsfiguren des "National Intelligance Service" (NIS, Nationaler Geheimdienst) an die Macht gekommen war, wurde im Sommer 1990 das Problem der Machtbalance zwischen den verschiedenen Geheimdienst- und »Sicherheitsorganisationen«, vor allem zwischen dem NIS und dem militärischen Geheimdienst "Directorate of Military Intelligence" (DMI), grundsätzlich gelöst; Leitgeheimdienst ist seitdem der NIS.

Von daher mache es keinen Sinn, von einer unabhängigen, »außer Kontrolle geratenen Kraft« zu sprechen, die meisten schmutzigen Aktionen würden vom Staat direkt bzw. seinen Organen organisiert. Mit dem NIS als Leitgeheimdienst wurde 1990 eine "Operation Thunderstorm" ins Leben gerufen. Führungsoffiziere aus beiden Geheimdiensten (Das Magazin nennt auch Namen) seien hierfür abgestellt.

Die Offiziere des militärischen Geheimdiensts seien verantwortlich für die Koordination der beschlossenen Aktionen mit der Polizei, und der Armee / den Sondereinheiten. Die genannten Schlüsselfiguren würden ein Team bilden - unabhängig vom Staatssicherheitsrat - dem die meisten Geheimdienst- Operationen, inklusive Terroraktionen und gezielte Ermordungen, zuzuschreiben seien. De Klerk sei über dieses Team und dessen Operationen informiert.

Die erste Phase einer "Operation Thunderstorm" (bis Herbst 1991) ziele darauf ab, den ANC durch Terror und den Aufbau einer politischen Alternative von National Party, Inkatha und Homelandführern in die Enge zu treiben. Dazu gehöre auch der Versuch, den ANC in einen radikalen und einen gemäßigten Flügel zu spalten (eine der ersten Operationen sei die »Aufdeckung« einer »kommunistischen Verschwörung«). Mit der Erkenntnis, daß der ANC bei einer Wahl die stärkste Organisation bliebe und so nicht zu schwächen sei, würde die Strategie geändert.

Die zweite Phase gehe davon aus, daß der ANC die Hauptkraft ist und versuche diesen in den Verhandlungen in eine Richtung zu drängen, in der er Kompromisse schließt, die seinen wichtigsten Prinzipien entgegenstünden. Dadurch solle er Einfluß in der Bevölkerung verlieren. Da diese Strategie wenig Erfolg hat, würde nun verstärkt Gewalt eingesetzt.

Jack Buchner (beteiligt an der "Operation Thunderstorm") als zweiter Chef der "South African Police" (SAP) des (Inkatha-)Homelands "KwaZulu" spiele dabei laut "Geheim" eine Schlüsselrolle.

Folgt man den Erkenntnissen des Magazin "Geheim", habe es zwei Tage vor dem Hani-Mord eine Warnung von einem Informanten aus dem militärischen Geheimdienst gegeben, am Osterwochenende sei eine Operation gegen ein oder mehrere ANC-Führungsmitglieder geplant. Laut "Geheim" seien an dem Hani-Mord mindestens drei Personen und zwei Autos beteiligt.

Waluś gehöre nicht nur der AWB sondern auch einer der Einheiten, die der militärische Geheimdienst und Polizeisondereinheiten im Rahmen von "Thunderstorm" aufgestellt hätten, an. Die Ermordung Hanis ist Teil der Strategie, den ANC »kompromißbereit« zu machen, so daß er von den Forderungen auf grundlegendere Veränderungen abrückt. Kurz nach dem Hani-Mord folge eine "Operation Iron Fist" um die Sicherheitsabteilung des ANC zu neutralisieren. Unter dem Stichwort »Bekämpfung von Kriminalität und APLA« (militärischer Flügel des "Pan Africanist Congress" / PAC) solle gegen »militante Kader« des ANC vorgegangen werden. Die ANC-Führung würde dagegen nur wenig Einspruch erheben können, da sie auf ihre Reputierlichkeit bedacht sei und fürchte, sonst als Befürworterin von Kriminalität zu gelten. Allerdings sollten die Verfolgungsmaßnahmen erst dann in breitem Maße entfaltet werden, wenn sich ANC und National Party in bezug auf die Wahlen, die Verfassung und der »Teilung der Macht« prinzipiell geeinigt hätten. Im Rahmen der Kampagne gegen APLA würden die meisten Führer des PAC verhaftet.

Eine Desinformationskampagne gegen den PAC, könne zur Aufgabe des bewaffneten Kampfes bewegen. Dies werde zu heftigen Diskussionen an der Basis führen und den PAC evtl. spalten.1 . Beabsichtigt sei weiterhin, den PAC aus den Verhandlungen zu katapultieren oder ihn dazu zu bringen, diese unter Protest zu verlassen. Damit würde der Weg zu einer Einigung zwischen ANC und National Party frei gemacht werden.

Kurz nach dem Hani-Attentat, so seien die möglichen Auswirkungen des Mordes analysiert worden. Nach einer problematischen Periode werde die Mehrheit der ANC-Führung aus Angst, ohne konkrete Resultate Anhänger zu verlieren, wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. Mit Hani sei »ein mächtiger potentieller Gegner der Ergebnisse unser Verhandlungen mit dem ANC ausgeschaltet«. Die Spannungen zwischen den schwarzen Organisationen sollten weiter geschürt werden, um dem ANC ein Verhandlungsergebnis aufzuzwingen, das eine Mehrparteienkontrolle und eine Auflösung der Geheimstrukturen ausschließt. Das »Klima des Chaos«, das der Ermordung Hanis folgen werde, werde die »Legitimität für Operation Iron Fist« schaffen.

In seiner Ausgabe vom Mai 1993 vermuten die HerausgerInnen des Magazin "Geheim" einen "Plan B", wenn der Exekutive Übergangsrat gebildet sei. Dieser Rat ist im September eingerichtet worden, und es ist klar, daß der ANC entgegen seiner ursprünglichen Forderung im Übergangsrat keine Kontrollmöglichkeit hat. Damit sind weiteren »schmutzige Tricks« Tür und Tor geöffnet.

Weitere Hintergrundberichte & Recherchen

Aus Südafrika berichten kritische Medien immer wieder über eine größere und internationale politische Dimension:

Clive Derby-Lewis gehört zum Führungskreis der "Konservativen Partei" (Präsidentschaftsrat) und einer Vielzahl reaktionärer Organisationen, die das Geschäft der Destabilisierung betreiben. Er gründete die "Stallard Foundation" mit, die die englischsprachigen Weißen in Südafrika einbinden sollte. Das von ihm betriebene "Republican Unity Movement of South Africa" (RUMOSA) - 1991 gegründet mit 15.000 Mitglieder - hatte ebenfalls die Funktion, die englischsprachigen »Patrioten« (und ausländische Rechte) zu mobilisieren. Heute unterrichtet es vor allem in »Selbstschutz«. Derby-Lewis ist südafrikanischer Vertreter der "Antikommunistischen Weltliga" (WACL), Mitglied in der "Heritage Foundation" (HF; Sitz in den USA) und Vorsitzender des "Western Goals Institute" (WGI, Sitz in Britannien).

Den Vorsitz des WGI hat er vom Chef der salvadorianischen Todesschwadronen, Major Roberto d'Aubuisson, übernommen. Das WGI startete 1992 ein Programm zur Bewaffnung und Ausbildung von weißen Südafrikanern für den »Rassenkrieg«. Ausbilder sollten ehemalige Angehörige der rhodesischen Armee und britische und südafrikanische Soldaten sein. Leiter des Programms: Derby-Lewis. Es gibt Informationen, daß zu diesem Zweck mehrfach Angehörige der britischen Eliteeinheit SAS und russische Speznaz-Soldaten im Land waren. Die drei Organisationen WACL, HF und WGI sind an vielen Konfliktherden der Welt an der Schürung von "Konterrevolution" mitbeteiligt und fungieren dort in der Regel als eine Art "Frontorganisationen" der CIA-Interessen.

Die WACL (mittlerweile in "Weltliga für Freiheit und Demokratie" umbenannt) wird von der antikommunistischen Moon-Sekte zumindest teilfinanziert. Aus dieser Quelle fließen beispielsweise auch Gelder an Le Pen (Frankreich), den Derby-Lewis verschiedene Male traf. Der US-Ableger der WACL, der "Council for Worlds Freedom", hatte den Ex-General John Kirk Singlaub zum Leiter, einen glühenden Befürworter der »Low Intensity Conflict-Strategie".

Unter  Ronald Reagan als 40. Präsident der USA konnte er diese Begeisterung in verschiedenen Ecken der »Dritten Welt« umsetzen: in Nicaragua mit den "Contras", in Angola mit der "Unita" und in Mocambique mit der "RENAMO". Mitgliedsorganisation in der WACL ist auch die "International Freedom Foundation" (IFF), die Diskreditierungskampagnen gegen die Befreiungsbewegungen in Südafrika führt und INKATHA fördert. Sie verfügt über ein Büro in der BRD und arbeitet eng mit "Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte" (IGFM) zusammen. Der südafrikanische Direktor der IFF wurde als Agent der südafrikanischen Sicherheitspolizei entlarvt.

Koos Vermeulen ist Chef der südafrikanischen Sektion der »World Apartheid Movement« später der »Weltbewahrungsbewegung« also des "World Preservatist Movement" (WPM). Er gehörte bereits zur Gründungsgeneration der AWB. Auf seiner WPM-Versandliste ist auch Derby-Lewis zu finden. Daneben unterhält er Kontakte zu Neonazis in der BRD.

Unterstützung von BRD Politikern ?

Chris Hani war bis zu seiner Ermordung Generalsekretär der "Kommunistischen Partei Südafrikas" und ein Leiter des militärischen Flügels des ANC. Letztes Jahr versuchte Hani erneut eine Massenbewegung zu mobilisieren. Bei der ersten Großdemonstration in der Ciskei wurde der Versuch durch ein Massaker der Homelandtruppen gestoppt. Die Anweisung hierzu stammte angeblich u.a. vom Leiter des südafrikanischen Geheimdienstes.

Die bundesdeutsche CSU hatte sich bereits vor einigen Jahren mit der Finanzierung der Einrichtungskosten für ein UNITA-Büro in der BRD hervorgetan. Jetzt meldete der Newsletter "Germany Alert", daß sich Theo Waigel persönlich dafür eingesetzt habe, Gelder an Lucas Mangope, den Führer (andere sagen auch Diktator) des Homelands Bophuthatswana, fließen zu lassen: Diese könnte er dann an andere Organisationen, bis hin zu Kreisen des AWB, weiterleiten. Es sollen mittlerweile Millionen Deutsche Mark nach Südafrika geflossen sein. Mangope fuhr zwar zwischenzeitlich einen ANC-freundlichen Kurs, gilt aber mittlerweile wieder als deren hartnäckiger Gegner.

"Searchlight": Rassistische Söldner in Europa

Das antifaschistische Magazin "Searchlight" aus England hat brisante Recherchen zu den Weißen rassistischen Verschwörungszirkeln, die die Demokratisierung in Südafrika zerstören wollen, veröffentlicht. Europäische "Söldner" seien demnach nach Südafrika geschickt worden, um die unlängst gewählte Regierung zu destabilisieren und dazu zu bringen, einem "Weißen Homeland" zuzustimmen.

Zwei Unterstützern der Apartheid, hätten sich hingegen auf den Weg nach Großbritannien gemacht. Einer von ihnen spielte eine unselige Rolle als Verbindungsmann der internationalen Pro-Apartheid-Neonaziszene und erstellte eine "Todesliste", auf der auch Chris Hanis Name erschien. Searchlight fragt: Warum ist er hier? Der zweite Mann ist jahrelang in der ganzen Welt herumgereist und versuchte, im Auftrag des südafrikanischen Geheimdienstes die internationale Anti-Apartheidbewegung zu destabilisieren und zu unterwandern, schwerpunktmäßig in Großbritannien. Neben den Profilen dieser beiden Pro-Apartheid-Aktivisten, fassen sie die historischen Verbindungen zwischen der britischen und der südafrikanischen extremen Rechten zusammen. Ein "Anwalt des Terrorismus" ist kürzlich in London angekommen und arbeitet nur ein paar Meter entfernt von einer der wichtigsten Polizeistationen der Hauptstadt.

Artur Kemp in London

"Searchlight" beschreibt in seinen Recherchen Arthur Kemp als einen südafrikanischer weißen Extremisten, der sagte, daß "die einzige realistische Chance, [die Regierung] zu zwingen, einem weißen Homeland zuzustimmen, in massivem Druck besteht, der durch die Anwendung von Gewalt erreicht wird". Dieser Mann operiert jetzt von Zentral-London aus. Vor den Behörden auf der anderen Sraßenseite scheint er sich nicht zu fürchten. Ohne daran zu denken, unerkannt zu bleiben, versucht Kemp, sich in die internationale Neonazibewegung einzubinden.

"Searchlight" konnte enthüllen, auf welche Art und Weise einige von denen, die im Auftrag des Apartheid-Regimes Schlüsselrollen bei der Aufrechhterhaltung von Terror und Gewalt spielten, immer noch aktiv für die weiße Vorherrschaft kämpfen, oftmals weit von Südafrikas Küste entfernt. Seit der Wahl der Regierung von Nelson Mandela im April sind viele weiße Südafrikaner ins Ausland geflohen, darunter einige aktive Rechte, die im Namen des rassistischen Regimes viele Aktionen zur Untergrabung der Anti-Apartheid-Bewegung durchführten. Einige haben ihre Aktivitäten eingestellt und hoffen, ihre Tage friedlich verbringen zu können, aber viele andere formieren sich schlichtweg neu, für den ihrer Meinung nach unausweichlichen Bürgerkrieg.

Als die "Searchlight"-Redaktion gerade den ersten Teil ihres Ermittlungsberichtes über Söldneraktivitäten in Südafrika beendete, erhielten auch das "Antifaschistische Infoblatt" (AIB) ähnliche Informationen von einem südafrikanischen Kollegen, der uns davon in Kenntnis setzte, daß eine Gruppe von Rechtsextremen sich auf den Weg nach Europa gemacht hätte. Einer dieser Männer, die demnach mittlerweile in Großbritannien ankamen, sei Arthur Kemp, ein südafrikanischer Extremist weißer Vorherrschaft, der uns bereits aktuell gut bekannt war, da er wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an der Ermordung von Chris Hani, verhaftet worden war und eine Liste von Gegnern angelegt haben soll.

Die Feindesliste von Arthur Kemp

Während der Durchsuchung der Wohnung von dem Hani-Mörder Walus fand die Polizei eine Liste, auf der die Namen von bekannten Anti-Apartheid-Aktivisten, liberalen Journalisten und sogar der von Richter Richard Goldstone standen, der zu dieser Zeit die Ermittlungen zu politischer Gewalt in Südafrika leitete. Während seiner Vernehmung enthüllte der ebenfalls Verdächtige Derby-Lewis, daß jener Arthur Kemp der Autor dieser Liste sei. Die Polizei hatte keine Zweifel, daß dies eine Art "Todesliste" war. Diese Ansicht wurde erhärtet, als ein eingewanderter ungarischer Rechtsextremer versuchte, Joe Slovo zu töten, der auch auf Kemps Liste stand.

Obwohl er als Autor der Liste genannt und verdächtigt wurde, die Überwachung von Chris Hani in den Wochen vor dessen Ermordung organisiert zu haben, mußte Kemp bis her niemals einen Gerichtssaal von innen sehen. Kemp gab tatsächlich zu, die Liste geschrieben zu haben. Er behauptete aber, daß er nur der Frau von Derby-Lewis, Gaye, einer anderen Verdächtigen in diesem Fall, bei ihrer journalistischen Arbeit assistiert hätte. Gaye ihrereseits erklärte, daß sie eine Liste, die Kemp ihr gab, verlegt hatte, und diese irrtümlich von Walus mitgenommen worden sei, als dieser ihren Mann zwei Wochen vor der Ermordung des SACP-Führers besuchte.

Mutmaßungen, werum Kemp nicht ernsthaft verfolgt bzw. angeklagt wurde, haben wieder zu Vorwürfen geführt, daß er Verbindungen zu den südafrikanischen Geheimdiensten habe, insbesondere zum militärischen Geheimdienst DMI. Diese Organisation wurde zeitweilig zum bedeutendsten Geheimdienst in Südafrika, nachdem eine Reihe von Enthüllungen den südafrikanischen Geheimdienst BOSS der Beteiligung an illegalen Operationen und Attentaten in der ganzen Welt überführte. Es wird weithin angenommen, daß Kemp und viele seiner engsten Verbündeten tief in die Propaganda-Operationen des Apartheidregimes in den 1980ern verstrickt waren.

Wer ist Artur Kemp ?

Kemp wurde in Rhodesien geboren und wird deutschen Quellen zufolge von den dortigen Neo-Nazi-Journalen als deutscher Südafrikaner bezeichnet. Man nimmt an, daß diese Darstellung seines Familienhintergrundes von Verbindungen der Familie seiner Mutter mit dem Dritten Reich zusammenhängt. Nachdem die Familie nach Südafrika gezogen war, begann Kemp im Alter von 16 Jahren an der Universität von Cape Town zu studieren - eine Besonderheit des südafrikanischen Bildungssystems.

Kemp und seine politischen "Studenten"-Gruppierungen

Seine politische Karriere begann, als er ohne Gegenkandidat als "Witzkandidat" in den Studentenvertretung der Universität gewählt wurde. Kurze Zeit später trat er der heute nicht mehr aktiven "New Republic Party" bei. 1983 wurde Kemp ein Anführer der "Conservative Students' Alliance" und ein führender Aktivist im "Moderate Student Movement" (MSM). Das MSM war scheinbar eine Organisation, die nach einer "friedlichen Veränderung der Entwicklung Südafrikas" strebte. Es war Teil der landesweiten "National Student Federation" von Russel Crystal, der den MSM und andere solcher Gruppen an den Universitäten in Witwatersrand und Natal koordinierte.

Crystal versuchte, seine Organisation zwischen dem Apartheidstaat und der antirassistischen "National Union of South African Students" zu plazieren. In Wirklichkeit war das MSM nicht unabhängig. Es galt als ein Produkt des südafrikanischen Geheimdienstes, der in ihm ein nützliches Werkzeug sah, um auf dem Campus zu organisieren und die eigene Pro-Apartheid-Propaganda zu verbreiten.

Die Kampagnen von NSF und MSM diffamierten im wesentlichen eine zukünftige ANC-Regierung als Lakai der UDSSR, griffen das Konzept der Studentengewerkschaften an und wandten sich gegen terroristische Aktionen, natürlich nur solche, die vom ANC durchgeführt wurden. Kemp, als ein Hauptorganisator des MSM, hätte eine Schlüsselrolle in diesem Geheimdienstspiel einnehmen sollen.

1985 veranstaltete die NSF in Zusammenarbeit mit den südafrikanischen Streitkräften eine internationale Konferenz im Hauptquartier der angolanischen Rebellenbewegung UNITA. Unter den Delegierten waren nicaraguanische Contras, afganische Mudjahedin, die "World Anti Communist League" (WACL) und die "Federation of Conservative Students" aus Britannien.

Auf einer späteren Konferenz "Jugend für Freiheit", die von der NSF organisiert wurde, schickte der ehemalige südafrikanische Präsident P.W. Botha eine Grußbotschaft, in der er die NSF für ihren "Kampf gegen Pazifismus, Radikalismus und Terrorismus" anpries. Schließlich begannen die Räder des NSF-Vehikels abzufallen, als seine geheimen Verbindungen zum Staat enthüllt wurden. Genau wie die Gründung der NSF wohl auch durch den DMI erfolgt war, wurden ihre Veröffentlichungen vermutlich vom diskreditierten BOSS-Geheimdienst (mit)finanziert. Einige Jahre später geriet die NSF in eine ernsthafte Kontroverse, als bekannt wurde, daß eine Erklärung der "Inkatha Youth Brigade", welche von der NSF veröffentlicht wurde, von einem Fax aus dem Hauptquartier der südafrikanischen Sicherheitsabteilung der Polizei abgeschickt wurde.

Crystal spielte für seine Herren vom Geheimdienst eine noch größere Rolle. 1985 glaubte er, daß er seine Studentenoperation zu einer weltweiten Vereinigung von gleichgesinnten rechten Konservativen erweitern könne. Da ihm die finanziellen Mittel zur Gründung einer solcher Organisation fehlten, wandte er sich an die regierende "National Party", die ihm im Gegenzug an den DMI weitervermittelte. Das Ergebnis war die "International Freedom Foundation" (IFF), die laut Presseberichten zur Hälfte vom DMI und zur anderen Hälfte von anderen Regierungsabteilungen finanziert wurde.

Die IFF operierte von Washington, Johannesburg und London aus und vereinigte die Rechten der "Republikaner" in den USA, der "WACL" und einige britische rechte Abgeordnete der Konservativen. Während die IFF sich gegen die vermeintliche kommunistische Bedrohung der Welt engagierte, war sie speziell daran interessiert, Unterstützung zu sammeln, um die Sanktionen und den Sportboykott gegen Südafrika zu brechen. Hinter der IFF soll auch die "Operation Thunderstorm" gestanden haben, eine Kampagne aus den Kreuisen des südafrikanischen Militärgeheimdienstes, um den wachsenden Anti-Apartheid-Gefühlen im Westen entgegenzuwirken. Ein anderer Teil dieser Operation war "Victims Against Terrorism" (VAT), eine Organisation, die die Aufgabe hatte, den ANC gegenüber der zunehmend sympathisierenden Welt als erbarmungslose gewalttätige Terroristenzu diffamieren.

Kemp galt als einer der Organisatoren und wurde 1986 als ein Anführer einer Demonstration gegen den Anti-Apartheid-Aktivisten und Kirchenführer Desmond Tutu beobachtet. Ein Sprecher auf der VAT-Demonstration war Don McAlvany, Amerikaner und Herausgeber und Mitautor von "The New American", dem Journal der rassistischen "John Birch Society". Er rief, von wildem Geschrei der Menge unterstützt, dazu auf, Desmond Tutu "mit allen nötigen Mitteln" zu Schweigen zu bringen.

Kemp: Vom Polizisten zum Journalisten

Kemp verließ die Universität 1985 und trat bei der südafrikanischen Polizei im Rang eines Sergeant ein. Er erlangte schnell den Ruf eines effizienten und engagierten Unterstützers des Apartheid-Regimes, der wohlmöglich mindestens einen rassistisch motivierten Mord seiner Mitoffiziere vertuschte. Er verließ die Polizei mit der Behauptung, daß er von seinem Gehalt nicht leben könnte, blieb aber in den Augen einiger Beobachter ein Aktivposten des südafrikanischen Geheimdienstes.

Kemp wurde Journalist und arbeitete erst für die rechte englischsprachige Zeitung "The Citizen", später für das Parteiorgan der Konservativen Partei "The Patriot", bei der er stellvertretender Herausgeber wurde.

Die Gerüchte über Kemps Geheimdienstverbindungen verstummten nicht, nicht mal unter Kollegen in der Konservativen Partei. Sie wurden angeheizt, als er sich 1993 für einen Job als Südafrika-Experte bei einer internationalen "Risiko-Analyse-Gesellschaft" verpflichtete. Dieser Job wurde ihm durch einen ehemaligen Journalisten von "Frontline News" vermittelt, einem "antikommunistischen Medienprojekt", das in den Achzigern aus Krisengebieten berichtete. "Frontline News" begann als ein Produkt des rhodesischen Geheimdienstes, aber nach dem Zusammenbruch des Smith-Regimes wurde das kaum benutzte Propagandawerkzeug von den Südafrikanern übernommen. Nachdem sie sich mit dem WACL verbündet hatten, trat "Frontline News" auch als Unterstütze der Demokratie in Südafrika auf und ermöglichte so den Kontakt zu einer Reihe von Anti-Apartheid- und Anti-Rassismus-Organisationen in Europa.

Kemp als (Neonazi) Netzwerker

Während Kemp vermutlich einige direkte und indirekte Verbindungen mit dem südafrikanischen Geheimdienst hatte, wurde er auch einer der wichtigsten Verbindungsleute zwischen den konservativen Rechten in Südafrika und der internationalen Neonazibewegung. In Südafrika hatte Kemp Verbindungen zur "Afrikaner National Socialist Movement" und schrieb ein sehr wohlwollendes Buch über den AWB. Sein Name taucht auch auf der Liste des "World Apartheid Movement" auf, das von Koos Vermeulen geleitet wird und in dem auch Robert van Tonder mitmischte. Auf der WAM-Liste findet man die ganze internationale Neonazibewegung wieder, von dem deutschen Terroristen Manfred Roeder zu Fabio Miriello, von der "Church of the Creator" zum in Deutschland residierenden "International White Power Network".

Durch seine Arbeit als Sekretär des Parteiführers der südafrikanischen Konservativen Partei, Andries Treurnicht, war es Kemp möglich, einige wichtige Reisen nach Europa zu unternehmen, einige davon mit seinem Arbeitgeber, einige allein. Einer dieser Besuche führte ihn wohl auch 1992 nach Coburg in Deutschland, wo er auf einem Seminar über Südafrika gesprochen haben soll. Die Konferenz, die von zwei rechten Gruppen - dem "Komitee zur Unterstützung Südafrikas" und der "Deutsch Afrikanischen Gesellschaft" - organisiert wurde, soll Kemp eine Plattform für sein gewaltbefürwortendes und rassistisches Weltbild geboten haben.

Kemp verfasste auch in der deutschen Neonazi-Publikation "Nation und Europa" aus Coburg entsprechende Beiträge: "Wenn es nicht möglich ist, Südafrika auf legale Weise vor einer Übernahme durch den ANC zu bewahren, gibt es nur zwei Wege ein weißes Homeland zu bilden, entweder durch Gewalt oder durch Verhandlungen. Möglicherweise wird sich eine Mischung aus beidem als richtig erweisen." Im gleichen Artikel kam er zu dem Schluß, daß der einzige Weg, auf dem sie ein weißes Homeland durchsetzen könnten, der des "massiven Druckes durch den Einsatz von Gewalt" sei. In einer beunruhigenden Drohung an den Friedensprozess sagte Kemp, daß "die weißen Afrikaner die Macht und das Engagement haben, Südafrika in einen Zustand des Chaos zu stürzen". Kemp sprach hierbei vermutlich nicht von einer Kampagne des massenhaften zivilen Ungehorsams. Er dürfte in dem bekannten Kontext wohl eher auf eine Art terroristische Kampagne hingedeutet haben, etwas, von dem er andeutete, daß die südafrikanische Rechte es seit einiger Zeit vorbereitet habe.

Kemp behauptete 1991 in einem Zeitungsartikel, daß kleine Untergrundgruppen Bomben legen und Schießereien vom Zaun brechen würden, daß sie versuchen würden, ein politisches Chaos anzurichten. "Nur ein paar Hundert Weiße, die im Untergrund arbeiten, könnten einen enormen Schaden anrichten. Sie warten nur darauf." Mit seinen Verbindungen und politischen Theorien wäre es vielleicht ehrlicher oder genauer gewesen, zu sagen, "wir warten nur darauf".

Kemps Verbindungen mit der internationalen Neonazibewegung und Verdächtigungen über seine Beteiligung an dem Mord an Hani haben scheinbar wenig dazu beigetragen, seine Kontakte in Südafrika zu verringern. Eine dieser Verbindungen ist die mit Chris de Jager, rechtes Mitglied der "Truth Commission", die gegründet wurde, um eine Aussöhnung zwischen den verschiedenen Kräften herbeizuführen.

Beobachter der extremen Rechten in Südafrika glauben, daß die Suche der rechten südafrikanischen Terrorgruppen nach neuen Weidegründen im Ausland von einer Art (Mit)Hilfe durch den Rechtsanwalt profitiert haben könnten, der möglicherweise Ratschläge erteilt haben könnte, wie die nötigen Papiere zu beschaffen seien, um außer Landes kommen zu können. Es ist daher keine Überraschung, daß die Kommission - mit Männern wie de Jager in ihren Reihen - unter Beschuß geraten ist, weil sie es nicht geschafft hat, einige von Südafrikas rücksichtslosesten Mördern und Organisatoren der Gerichtsbarkeit zuzuführen. Kemp lernte de Jager kennnen, als er für die Konservative Partei arbeitete. Die beiden waren an der Verfassung von vielen Entlassungsgesuchen von rechtesgerichteten Killern beteiligt, die nun im Gefängnis einsitzen, darunter auch Derby-Lewis und Walus.

London als Basis ?

Kemp kam in London an und plante augenscheinlich hier nicht, den Kampf für ein "weißes Südafrika" aufzugeben. Während er dabei ist, für seine Frau und die beiden Kinder den Umzug nach London zu organisieren, bleibt er laut "Searchlight"-Recherchen in regelmäßigem Kontakt mit seinen politischen Freunden zu Hause. Er hat laut "Searchlight" einen Job bei der amerikanischen Medienfirma "Paul Kagan World Media Ltd." erhalten, die in Fulham, West London, residiert. Er verwendet laut "Searchlight" viel von seiner Freizeit darauf, Verbindungen mit der amerikanischen Neonazi-Musikszene zu knüpfen, in der Hoffnung darauf, etwas Professionalität in den europäischen Markt zu bringen. Einigen Berichten zufolge ist er bereit, große im Ausland deponierte Mittel zur Finanzierung der Operation zu benutzen.

Als südafrikanische Antifa-Rechercheure "Searchlight" über die Ankunft einiger extrem Rechter in England informierten, betonten sie die Sorge, das in Regierungskreisen geäußert wurde, daß das alte Netzwerk aus Rechtsextremen und Geheimdienst möglicherweise Gelder aus dem Land verschwinden und auf geheime steuerfreie Konten in Europa transferieren ließ. Ob Kemp möglicherweise einige solcher Fonds kontrolliert bleibt abzuwarten bzw. aufzuklären.

Kemp soll zumindestens -laut "Searchlight"- der Firma "Resistance Records", einer großen US-amerikanischen RechtsRock-Musikproduktionsfirma, nennenswerte Gelder angeboten haben, um ihre Geschäfte in Europa zu übernehmen. Er glaube demnach, daß dies ihm und seinen rechten Träumen beachtliche Einnahmen bringen könnte.

Während Kemp Britannien als neue Basis benutzt, erwarten viele Familien in Südafrika noch Gerechtigkeit für die vielen Verbrechen, die die südafrikanischen Sicherheitskräfte und die Rechtsextremen begangen haben. Die britische Regierung, die sich erfreut zeigte Nelson Mandela im Juli in London zu bergrüßen, könnte tatsächlich etwas Positives tun, indem sie Kemp seine neue Basis nimmt.

  • 1Der PAC hat mitterweile tatsächlich das Ende seines bewaffneten Kampfes erklärt, Anm. AIB