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Neonazi-Konzert in Kreuzberg verhindert

AntifaschistInnen aus Westberlin (Gastbeitrag)
Einleitung

Ein geplantes Neonazi-Skinheadkonzert in Westberlin mit der Band "Kraft durch Froide" (KdF) konnte massiv behindert werden. Beteiligte AntifaschistInnen berichten von der Silvesternacht 1987/88.

Bild: Screenshot YouTube

In der Silvesternacht von 1987 auf 1988 war im Veranstaltungsraum eines griechischen Restaurants am Kottbusser Damm in Berlin-Kreuzberg ein Konzert von neonazistischen Skinheads geplant. Den Saal haben die Neonazis unter Angabe falscher Tatsachen angemietet. Dem Wirt wurde erzählt, daß etwa 200 westdeutsche Schüler am 31. Dezember 1987 eine Disco veranstalten wollen. In Wirklichkeit sollte dort ein Konzert mit neonazistischen Skinhheads stattfinden. Für dieses hatten sich 210 TeilnehmerInnen aus Westberlin und der BRD angemeldet und Karten gekauft. Maßgeblich organisiert wurde das Ganze von Mitgliedern der Berliner Neonaziskinband "Kraft durch Froide" (KdF) und Protagonisten der Westberliner Sektion der Neonazi-Partei „Nationalistische Front“ (NF) - insbesondere von Andreas „Pole“ Pohl (Schlagzeug) und Andreas „Zille“ Retzlaff (Gesang). Beide wohnen im stadtbekannten Neonazitreff in der Westberliner Koloniestrasse. Die Eintrittskarten wurden zusätzlich in dem rechten Klamottenladen "Halloween" in der Berlin-Charlottenburger Suarezstrasse verkauft.

Nachdem uns diese Tatsachen bekannt wurden, blieb uns nicht mehr viel Zeit, um den notwendigen Selbstschutz zu organisieren. Zu befürchten war, daß die geplante Provokation dazu benutzt werden sollte, Überfälle auf hier lebende AusländerInnen und Linke durchzuführen. Oder stand uns sogar eine Neonazi Machtdemonstration durch unseren Kiez bevor? Durch Verhandlungen mit dem Wirt des Restaurants gelang es uns, ihn davon zu überzeugen, daß es besser wäre, den Saal zu kündigen. Dadurch war eine akute Gefahr fürs erste abgewendet. Wir mußten jedoch damit rechnen, daß die Neonazis womöglich in der Nähe eine Ausweichmöglichkeit organisiert hatten. Deshalb blieb der Selbstschutz (mobile Fahrwachen, jederzeit erreichbare größere und kleinere Gruppen von GenossInnen) aktiviert, um den erwarteten Überfällen entsprechend begegnen zu können.

Noch in der Silvesternacht kam raus, daß das in der BRD groß angekündigte Konzert in den Übungskeller von „KdF“ (der sog. „Kdf-Bunker“) verlegt worden war. Der Übungskeller befindet sich ebenfalls in der Weddinger Koloniestrasse. Hier fand bereits im Juli 1983 ein KdF-Konzert  mit den "Böhsen Onkelz" aus Frankfurt statt. Am 21. April 1984 folgte ein Konzert mit KdF und "Vortex" vor rund 120 rechten Skinheads. Am 9. November 1985 folgte ein weiteres Konzert mit den "Böhsen Onkelz" und "Vortex" vor rund 200 Neonazi-Skinheads.

Im KdF-Keller befanden sich zu Silvester dieses mal rund 60 bis 70 Neonazis, also nur noch ein Drittel der erwarteten Gäste. Die Veranstalter kümmerten sich nicht mehr um ihre „Kameraden“, es hing lediglich ein Zettel am Restaurant in Kreuzberg: "Die Veranstaltung ist verlegt". So fuhren einige mit Neonazi-Skinheads vollbesetzte Autos ziellos durch die Nacht. Später sammelten sich noch 40 rechte Skinheads und Neonazis unter anderem am Hermannplatz, trauten sich aber nicht weiter nach Kreuzberg rein. Wohl, weil hier bereits der traditionelle „Kampf“ mit der Polizei um das neue Jahr tobte.

Das Neonazi-Konzert wurde für die Westberliner NF ein ziemlicher Reinfall. Bei 210 zu 50,-DM verkauften Karten ist der Großteil ihrer neonazistischen "Kameraden" von den eigenen Leuten ganz schön ausgenutzt worden. Der Mobilisierungseffekt, den ein erfolgreiches Konzert mitten in Kreuzberg, zwischen ihren erklärten Feinden den AusländerInnen und Linken, gehabt hätte, wurde zunichte gemacht.

Westberliner AntifaschistInnen erklärten hierzu: "Wir können den Neofaschisten den Weg versperren, wenn wir zusammen kämpfen, wenn wir wachsam sind und sie durch rechtzeitige Aktionen daran hindern, ihre Kräfte zu sammeln. Wir wissen 'man darf ihm nicht die Initiative überlassen; man muß ihm entscheidende Schläge versetzen, wenn er es noch nicht vermocht hat, seine Kräfte zu sammeln; man darf es nicht zulassen, daß er seine Stellung stärkt; man muß ihm auf Schritt und Tritt entgegentreten, wo er sich zeigt; man darf es nicht zulassen, daß er neue Stellungen erobert' (Georgi Dimitroff)".