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Neonazi-Aktivitäten in Skandinavien (1993)

Einleitung

 Nachrichten zur Neonazi-Organisierung in Schweden, Norwegen und Dänemark.

Eine Foto-Reportage (Per-Olof Sännås) aus den 1980er Jahren: Das Magazin "Aktuell Rapport“ (Nr. 41 /1985) zeigt Neonazis die in Helsingborg mit der "Bevara Sverige Svenskt" (BSS) demonstrieren.

Schweden

»Storm«, die Zeitschrift der rechtsterroristischen Gruppe "Weißer Arischer Widerstand (Vitt Ariskt Motstånd, VAM), hat sich in ihrer letzten Ausgabe mit einer "schwarzen Liste" mit Adressen von Linken und AntifaschistInnen verabschiedet. VAM wurde von Klar Lund gegründet, weitere führende Mitglieder waren Torulf Magnusson, Per-Anders Lennart Johansson ("Pajen") und Peter Melander, der als Redakteur der Zeitschrift "Storm" auftrat. Das Symbol der Organisation ist die "Wolfsangel" des "Wehrwolf".

In einem anschließend verbreiteten Flugblatt kündigte das Storm-Netzwerk an, nach dieser Anti-Antifa-Ausgabe in den Untergrund zu gehen. Die Vorbereitungen für ihre Untergrundaktivitäten laufen jedoch nicht ungestört ab. Bereits im April waren zwei VAM-Aktivisten bei dem Versuch festgenommen worden, in ein militärisches Lager einzubrechen. Bei den anschließenden Hausdurchsuchungen fand die Polizei auch Waffen. Mehrere Aktivisten der VAM-Gruppe in Göteborg zählen zu der rechten Skinband "Dirlewanger".

Die bedeutenste rassistische Partei des Landes, die "Sverigedemokraterna" (SD), die Kontakte zur VAM nicht scheut, hat in diesem Jahr ihre Anstrengungen verstärkt, unter Jugendlichen Einfluß zu gewinnen und zu diesem Zweck eine Jugendorganisation ins Leben gerufen. Die verstärkten Aktivitäten der rechten Organisationen wird in den letzten Monaten durch ein Anwachsen rassistischer Gewalt begleitet. Die SD (Schwedendemokraten) haben ihren Ursprung in der rassistischen Bewegung "Bevara Sverige Svenskt" („Schweden soll schwedisch bleiben“) die sich 1986 mit der "Framstegsparti" („Fortschrittspartei“) zur "Sverigepartiet" („Schwedenpartei“) zusammenschloss. Später kam es zur Spaltung in "Framstegspartiet" und "Sverigedemokraterna".

Die Angriffe richten sich in der Hauptsache gegen ImmigrantInnen, aber auch linke Projekte sind davon betroffen. So geriet z.B. die südwest-schwedische Stadt Trollhättan in diesem Sommer gleich zweimal in die Schlagzeilen. Bei einem Überfall durch eine Gruppe Neonazis wurden im Juli zwei somalische Flüchtlinge angegriffen und brutal zusammengeschlagen. Unter den sieben Festgenommenen befanden sich lokale Führer der SD.

Im August 1993 - nur wenige Wochen später - kam es in der Stadt auch noch zu einem Brandanschlag auf die erste schwedische Moschee, die dabei zerstört wurde. Im Zusammenhang mit dem Anschlag gab es im September Festnahmen, worunter sich abermals Angehörige einer rassistischen Organisation befanden. Einer der Festgenommenen war auch in den Überfall auf die beiden Somalis beteiligt gewesen. Die drei Täter gaben an, sie hätten deutschen „Vorbildern“ nachgeeifert. Nach Presseberichten erklärte einer der Brandstifter: „Wir wollten es so machen wie in Deutschland, wo man Unterkünfte niedergebrannt hat.

Im September 1993 titelte die „Expressen“ mit der Schlagzeile mit: „Werft sie raus! - So denkt das schwedische Volk über Flüchtlinge und Einwanderer“. Als ein Zeichen wachsender Aktivitäten der skandinavischen Neonazi-Skinhead-Szene kann das Erscheinen von drei neuen neonazistischen Blättern angesehen werden. Die Jugendzeitschrift der SD-Jugend "SDU" namens "Ung Front" (Jugend Front) widmet sich gleichermaßen der Anti-Antifa-Arbeit, als verantwortlicher Herausgeber wird Erik Johansson genannt.

Norwegen

In Norwegen gab es in letzter Zeit vermehrt Presseberichte über rassistische Vorfälle. Die in Oslo erscheinende antirassistische Zeitschrift "Samora" zählte in ihrem monatlich erscheinenden Info-Dienst (Samora Newsletter) allein für Juli 1993 insgesamt 16 Fälle auf. Darunter befindet sich z.B. der Überfall von 20 Neonazi-Skinheads auf zwei jugendliche Kosovo-Albaner in Vestfossen. Die beiden Flüchtlinge, die ernsthaft verletzt wurden und ins Krankenhaus mußten, hatten es »gewagt« in einer Diskothek mit norwegischen Mädchen zu tanzen.

In der zitierten Zeitung wird auch über Pläne von Neonazi-Skinheads in anderen Orten berichtet, gegen »Rassenmischung« vorzugehen. Ahnlich wie in Schweden gab es verstärkte Propaganda-Aktionen vor Schulen von neo-faschistischen Organisationen. Zu diesem Spektrum gehören Gruppen wie "Nationalsozialistische Bewegung Norwegens" (Norges Nasjonalsosialistiske Bevegelse, NNS) vorher »Zorn 88« um Erik Rune Hansen und eine »Nationale Volkspartei« und »Norwegen gegen Einwanderung« und »Nationaldemokraten«. An Neonazi-Blättern gibt es das "Norsk Blad" von Michael Knudsen und das Anti-Antifa-Heft "Ung Front". Ein norwegischer VAM-Ableger namens "Hvit Arisk Motstand" geht u.a. auf Jan Holthe und Varg Vikernes zurück.

Auch die jüngsten öffentliche Auftritte von Arne Johannes Myrdal früher "Folkebevegelsen mot innvandring" (FMI) und jetzt Anführer von "Norge mot innvandring" (NMI) - »Norwegen gegen Einwanderung« - waren von starken antifaschistischen Protesten begleitet. Ein positives Zeichen stellen die zahlreichen Kirchenasyle für Flüchtlinge, die seit Januar landesweit entstanden sind und in der Bevölkerung auf breite Zustimmung stoßen, dar.

In einem dem Antifaschistischen Infoblatt zugesandten Bericht norwegischer AntifaschistInnen aus Tromsö heißt es: »In norwegischen Kirchen hat die Bevölkerung Flüchtlingen Unterkunft und Verpflegung gegeben. Die spontanen Aktionen zum Schutz der Flüchtlinge begannen, als die norwegische Regierung beschloß 2400 Kosovo-Albaner zurück nach Rest-Jugoslawien zu deportieren. Seit Januar 1993 bekommen kosovo-albanische Flüchtlinge Asyl in den Kirchen. Zur Zeit gibt es 49 Kirchenasyle im ganzen Land mit insgesamt 283 Flüchtlingen. Die Kirchenasyle finden bemerkenswerte Unterstützung in der Bevölkerung. (...) Es gibt keine zentrale Organisierung der Kirchenasyle, und mit Ausnahme der Kirchen sind keine großen Organisationen daran beteiligt.«

Dänemark

Ein breites Bündnis dänischer und deutscher AntifaschistInnen verhinderte mit zwei Demonstrationen am 16. und 20. Mai die Durchführung eines internationalen (Neo)Nazi- und Geschichtsfälscher-Treffens in Süd-Dänemark. An der Tagung unter dem Motto »Nordische Dichtertage«, zu der der deutsche (Alt)Nazi Thies Christophersen eingeladen hatte, sollten u.a. David Irving, Ernst Zündel und Robert Faurisson teilnehmen. Unter dem Eindruck der Demonstrationen hat sich inzwischen in Kollund eine Bürgerinitiative gebildet, die die von Kollund aus betriebene Propagandaarbeit unterbinden will. U.a. soll Druck gemacht werden, daß der frühere SS-Mann Christophersen an die BRD ausgeliefert wird, wo gegen ihn seit 1986 ein Haftbefehl besteht.