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Lager, Lieder, Lebensbund

Einleitung

Völkische Jugendarbeit im Geiste der HJ

In den letzten Monaten geriet die Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) zunehmend ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Gründe dafür waren nicht nur der Einzug eines Mitglieds in den Schweriner Landtag als Abgeordneter der NPD, sondern vor allem die Übergriffe aus den Reihen der HDJ auf JournalistInnen, die zu ihren Aktivitäten recherchierten. Bisher gelang es der HDJ durch konspiratives Agieren nahezu unbeobachtet und daher auch ohne öffentliche Kritik eine neue neonazistische Jugendorganisation aufzubauen. Der Verein konnte in den letzten Jahren einen kontinuierlichen Ausbau seiner Strukturen und Mitgliederzahlen verbuchen. Der Erfolg ihrer Arbeit ist unter anderem in der jahrelangen Erfahrung einiger Funk­ti­onsträger in der völkischen Jugendarbeit begründet. Inzwischen wird die Heimat­treue Deutsche Jugend als wichtigster Träger der völkischen Jugendarbeit in Deutschland auch von anderen rechten Gruppierungen in ihrer Arbeit unterstützt.

Foto: recherche-nord.com

Der HDJ-Vorsitzende Sebastian Räbiger auf einem Lager der HDJ.

Die Jugend ist das Ziel
Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Heimattreue Deutsche Jugend nicht sehr von bündischen Jugend- und Pfadfindergruppen, aber bei näherer Betrachtung werden Unterschiede bezüglich ihres politischen Anspruchs und Weltbildes sowie ihre weitreichenden Verbindungen in das extrem rechte Spektrum schnell deutlich.

Der Verein trägt die offizielle Bezeichnung »Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) – Bund zum Schutz für Umwelt, Mitwelt und Heimat e.V.«, wird aber im allgemeinen Sprachgebrauch nur als Heimattreue Deutsche Jugend beziehungsweise HDJ bezeichnet. Als seine Aufgabe sieht der Verein laut Satzung vor allem, »die Jugend zu dem Nächsten hilfreichen, der Heimat und dem Vaterland treuen und dem Gedanken der Völkerverständigung aufgeschlossenen Staatsbürgern« durch Jugendlager, Jugendfahrten, Sport- und Bildungsveranstaltungen heranzubilden. Nach außen gibt die HDJ das Bild eines weitestgehend unpolitischen Trägers der Jugendarbeit ab, in der Praxis hingegen ist der Verein für die neonazistische Nachwuchsarbeit verantwortlich.

In den Veröffentlichungen des Vereins finden sich zahlreiche Darstellungen von Kindern und Jugendlichen bei sportlichen Aktivitäten in der Natur. Jungen tragen das Grauhemd oder die Jungenschaftsjacke und Mädchen die Mädelbluse mit langem Rock. Die Internetseite spricht konservativ eingestellte Eltern, aber auch Jugendliche an, die auf der Suche nach einer Alternative zur alltäglichen Konsumwelt sind und diese in einer neuen Gemeinschaft finden wollen.

Kinder und Jugendliche sind die direkte Zielgruppe der Heimattreuen Deutschen Jugend, weshalb die ordentliche Mitgliedschaft auf die Altersgruppe vom 7. bis zum 25. Lebensjahr beschränkt ist. Über 25jährige sind nicht von der Arbeit der HDJ ausgeschlossen, sondern können sich in die Vereinsleitung oder in die Freundes- und Familienkreise einbringen. Diese nehmen eine wichtige unterstützende Rolle in der Vereinsarbeit mit den Kindern und Jugendlichen ein.

Ähnlich wie der Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) oder der Freibund baut auch die HDJ ihre Mitgliedschaft vor allem nach dem Familienprinzip auf. Die Familie ist nach völkischen Vorstellungen von Gemeinschaft die kleinste Einheit von Personen. Die Partnerwahl findet oft innerhalb der Gemeinschaft der HDJ statt, Hochzeits- und Geburtsanzeigen werden in den Vereinsorganen publiziert, die gemeinschaftliche Freizeitgestaltung leistet ebenfalls der Verein. Der »Gedanke der Familiengemeinschaft« wird an einigen Familien in den Strukturen der HDJ deutlich. Sie betätigen sich seit Generationen in der völkischen Jugendarbeit, sei es in BHJ, WJ, Freibund oder HDJ. Beispielhaft ist hier die Familie um den ehemaligen Wiking-Jugend-(WJ)-Vorsitzenden Wolfram Nahrath zu nennen.

Bereits in der Vereinssatzung ist ein erster Hinweis auf die politische Ausrichtung zu finden. Im Falle der Liquidation fällt das Vereinsvermögen entweder an die »Stille Hilfe für Südtirol« oder an die »Deutschen Freundeskreise in Ostdeutschland«. Die Gruppierungen arbeiten für die deutsche Minderheit außerhalb der deutschen Staatsgrenze in Italien und Polen und liegen im äußerst rechten Spektrum.

»Sturmjugend eines Volks«

Dass sich ein Leser der HDJ-Verbandszeitung Funkenflug schon mal in seine Jugendzeit zurückversetzt fühlt und, wie er in einem Leserbrief schreibt, die »glückliche, zufriedene Vergangenheit in den 30er Jahren« erneut durchlebt, ist kein Wunder. In der Zeitschrift findet man ein Loblied auf die NS-Fliegerikone Hanna Reitsch ebenso wie eine Besprechung eines Buches über die Tapferkeit deutscher Kriegsteilnehmer aus der Feder eines ehemaligen Waffen-SS Angehörigen. Der Bundesführer Sebastian Räbiger wählt bei der Umschreibung des Leitsatzes für das Jahr 2006 martialische Worte: »Wenn für Dich Dein Volk alles ist und Du bereit bist, für das, was Du liebst, aufzustehen, alles zu wagen und zu kämpfen, dann ist Dein Platz bei uns!«. Der Vorgänger im Amt des Bundesführers meinte, weil »in der heutigen Zeit Vorbilder nur schwerlich zu finden sind, mußten wir in die Geschichte zurückgehen, um das Leben und Schaffen von wirklich vorbildhaften Menschen wiederzugeben.

Einer dieser Vorbilder ist ganz sicherlich Oberst Rudel«. Dem »Kriegshelden« und ehemaligen BHJ-Ehrenmitglied Rudel widmete auch die Einheit Franken der HDJ am Volkstrauertag 2004 ihre Feierstunde. Kultur und Brauchtum sind wichtige Punkte im Selbstverständnis der HDJ. Dazu gehört das deutsche Volksliedgut ebenso wie der Volkstanz, der auf vielen Veranstaltungen geübt wird. Auch die Namensgebung des Nachwuchses der Mitgliederschaft verdeutlicht, dass besonders germanische Vornamen beliebt sind.

Sport oder Körperertüchtigung gehört zum Programm der meisten Zusammentreffen der HDJ. Doch es bleibt nicht nur bei einfachen Sportübungen. Das Ablegen von Leistungsabzeichen wie Edelweißmarsch, Messerprobe und 150km-Marsch dient der »Formung von Körper und Charakter«.

Die größeren Lager der HDJ haben durch die fast ausnahmslos uniformähnliche Kleidung aller Teilnehmer einen militärischen Charakter. Fahnenappelle, Geländespiele und Marschieren in Reih und Glied gehören zum Ablaufplan der Lager, vor allem für die älteren Teilnehmer. Der Autor »Sebastian« stellt im Funkenflug fest, dass eine Gemeinschaft gebraucht werde, die kompromißlos und idealistisch sei, »die Sturmjugend eines Volkes«. Bei dem Autor dürfte es sich um den Bundesführer Sebastian Räbiger handeln. Hierbei sieht sich die HDJ nicht nur in der Tradition der bündischen Jugendbewegung des 20. Jahrhunderts, deren Jungenschaftsjacke sie trägt, sondern auch in der Tradition des BHJ. Dies wird unter anderem deutlich am juristischen Bemühen um die Erlaubnis, die Odalsrune wieder zu benutzen, das mit dem Charakter der HDJ als Nachfolger der BHJ begründet wurde. Die Odalsrune war das Symbol der BHJ und ebenso der WJ. Mit dem Verbot der WJ 1994 war auch die Nutzung der Odalsrune untersagt worden. In ihrer Argumentation bezieht sich die HDJ selbstverständlich nur auf die Traditionsfolge zur BHJ, um nicht als Nachfolgeorganisation der WJ ebenfalls verboten zu werden.

Führungspersonal der HDJ

Der Verein ist im Vereinsregister der norddeutschen Kleinstadt Plön eingetragen, agiert jedoch vor allem von Berlin aus. Die Verbandszeitung Funkenflug und die HDJ selbst sind über ein Berliner Postfach erreichbar. Die Bundesführung besteht aus dem Bundesführer und seinem Stellvertreter, der Bundesmädelführerin, dem Bundeskassenwart sowie den Mitarbeitern der Bundesführung. Dazu gehören entsprechend der Vereinssatzung die Ämter des Bundesgeschäftsführers, der Leitstellenführer, des Bundesfahrtenführers, des Pressereferenten sowie der Pressesprecher der Familien- und Freundeskreise und des Leiters der Abteilung Beschaffung.

Das derzeitige Führungspersonal übernahm seine Ämter auf dem Bundesjugendtag der Vorgängerorganisation Die Heimattreue Jugend e.V. (DHJ) am 25. April 1999 in Berlin-Pankow. Die DHJ war zu diesem Zeitpunkt fast bedeutungslos im extrem rechten Spektrum und verfügte nur noch über einen kleinen Kreis von Aktiven. Der Generationswechsel wurde maßgeblich durch den neuen Bundesführer Alexander Scholz und seinen Stellvertreter Laurens Nothdurft vollzogen. In den weiteren Funktionen wurden Hildegard Handke als Bundesführerin der Mädchen und Michael Gellenthin als Bundesgeschäftsführer gewählt. Als Verantwortliche für die Bundeskasse wurde Alexandra Aßmann ernannt. Nach außen wurde der Wechsel mit der Umbenennung des Vereins in Heimattreue Deutsche Jugend e.V. am Bundesjugendtag am 3. Oktober 2001 beendet. Als der bisherige Bundesführer Alexander Scholz am 6. Februar 2002 bei einem Verkehrsunfall in Berlin verstarb, wurde die kommissarische Führung des Jugendverbandes bis zum Bundesjugendtag 2002 von Laurens Nothdurft übernommen.

Auf dem Treffen wurde Sebastian Räbiger zum neuen Bundesführer der Heimattreuen Deutschen Jugend gewählt, der dieses Amt bis zum heutigen Tage innehat. Als letzter Gauführer der sächsischen Wiking-Jugend verfügt Räbiger über jahrelange Erfahrung und Verbindungen in der völkischen Jugendarbeit. Als Stellvertreter wurde Laurens Nothdurft und Michael Gellenthin als Bundesgeschäftsführer gewählt. Das Amt der Bundesmädelführerin hatte für die folgenden Jahre Hildegard Nothdurft inne, die schließlich 2005 durch die heutige Bundesführerin der Mädchen Holle Böhm ersetzt wurde. Thomas Eichler übernahm 2002 das Amt des Kassenwarts und wurde auch 2005 wiedergewählt.

Die heutige Bundesführung wurde 2005 durch Friedrich Kugler als Sprecher der Freundes- und Familienkreise und Dankwart Strauch als Leiter der Abteilung Beschaffung vervollständigt. Die heutige Bundesführung unter dem Bundesführer Sebastian Räbiger ist gekennzeichnet durch kontinuierliche Aufbauarbeit der HDJ-Strukturen, die sich unter anderem in der personellen Beständigkeit der Führungsebene gründet. Den Grundstein für diese Entwicklung hatte vor allem Alexander Scholz als erster Bundesführer der HDJ gelegt. Seine Person erfährt weitreichende Verehrung, zum Beispiel durch die Veröffentlichung einer CD namens »Der Freiheit wildes Lied« zum Gedenken an den Verstorbenen. Ebenso finden sich jedes Jahr an seinem Todestag Mitglieder der HDJ an seinem Berliner Grab ein.

Strukturen der HDJ

Aktuell verfügt die Heimattreue Deutsche Jugend über insgesamt sieben Einheiten, nämlich die Einheiten Preußen, Mecklenburg und Pommern, Franken, Schwaben, Hessen, Hermannsland (NRW) und die im April 2006 gegründete Einheit Schleswig-Holstein. In diesen Einheiten sind die Mitglieder bis zum 25. Lebensjahr organisiert. Die älteren Mitglieder sind in den Freundes- und Familienkreisen organisiert, die parallel zu den Einheiten in den Regionen existieren und sie bei ihrer Arbeit unterstützen. Als übergeordnete Struktur existieren seit Mai 2004 vier Leitstellen: Nord, West, Mitte und Süd. Mitglieder in deren Nähe keine Einheit existiert, sind den nächstgelegenen Einheiten oder den zuständigen Leitstellen untergeordnet. Die vereinzelten Mitglieder im Ausland bilden bisher keine eigenen Strukturen, jedoch ist die Leitstelle Süd auch für Südtirol und Österreich zuständig.

Unterstützt werden die Untergliederungen der HDJ durch die Arbeit des Technischen Dienstes, der für die Vorbereitung und Durchführung der verschiedenen überregionalen Lager verantwortlich ist. Der Leiter der Abteilung Beschaffung ist zudem für den Versandhandel zuständig. Zum Angebot gehören die Pflichtkleidung der Mitglieder wie Grauhemd und Jungenschaftsjacke oder die Verbands- und Sonderabzeichen. Auch Ausrüstungsgegenstände für Lager und Fahrten sind über diese Abteilung erhältlich. Als Schriften und Tonträger sind neben Fremdveröffentlichungen auch eigene Produktionen wie die Verbandszeitschrift Der Funkenflug, Liedersammlungen und die CDs der HDJ erhältlich. Als Vertretung der Ehrenmitglieder wurde der Ehrenrat geschaffen, der durch einen Sprecher in der Bundesführung vertreten ist.

Verbandsleben

Der Terminkalender der HDJ bietet über das Jahr eine Reihe von verschiedenen Veranstaltungen für die Mitglieder. In unregelmäßigen Abständen treffen sich die einzelnen Einheiten und behandeln theoretische Themen oder erledigen praktische Arbeiten. Vorträge von Mitgliedern oder Externen zu Themen wie Vertreibung oder der Bombardierung Dresdens gehören zur politischen Bildungsarbeit der HDJ. Praktische Arbeiten sind neben Plätzchenbacken oder Volkstanz auch (militärische) Sportübungen und »Heldengedenkfeiern« für die deutschen Soldaten des 2. Weltkrieges. Solche »Heldengedenkfeiern« finden bei jeder größeren Zusammenkunft der HDJ statt und haben ihren Höhepunkt zum »Volkstrauertag« im November parallel oder gemeinsam mit der extrem rechten Szene. Die Familien- und Freundeskreise (FFK) führen auch gemeinsam mit den dazugehörigen Einheiten Treffen durch, die sich gelegentlich über ein ganzes Wochenende erstrecken.

Weitere wichtige Termine im Kalender sind neben dem Volkstrauertag die Sonnenwenden, die ebenfalls in der extrem rechten Szene als Fest begangen werden. Über das Jahr verteilt findet eine Reihe von überregionalen Lagern statt. Das größte und wichtigste ist das Pfingstlager mit mehreren hundert Teilnehmern. Das Pfingstlager im Jahr 2004 im thüringischen Sonneburg wurde in die Tradition der BHJ gesetzt und als 50. Pfingstlager gefeiert. Aufgrund der zunehmenden Größe der Lager werden sie oft in ein Jugend- und Älterenlager unterteilt. Beim letzten Pfingstlager kamen ungefähr 350 Personen zu Sportübungen, ideologischer Festigung und Volkstanz zusammen. Ergänzend zum Pfingstlager finden Sommer- und Winterlager und Lager mit Arbeitsschwerpunkten wie Fanfarenzuglager oder Fallschirmsprunglager statt, die entweder regional oder altersmäßig beschränkt sind.

Auf dem jährlichen Bundesjugendtag wird die Planung für das kommende Jahr von der Bundesführung vorgenommen, die alle drei Jahre bei der gleichen Gelegenheit gewählt wird. Ein längeres Seminarwochenende für die »Führer« und »Unterführer« findet in der Regel ergänzend zum Bundesjugendtag statt. Diese behandeln Themen wie beispielsweise »Wachschutz und Sicherheit auf Lagern«. Ein weiterer regelmäßiger Termin ist der Märkische Kulturtag, der bereits zum sechsten Mal in Zusammenarbeit mit anderen Gruppen durchgeführt wurde.

Märkischer Kulturtag

Seit 2001 veranstaltet die HDJ in Zusammenarbeit mit den neonazistischen Gruppen Gemeinschaft Deutscher Frauen (GDF) und Berliner Kulturgemeinschaft Preußen (BKP) den Märkischen Kulturtag. Zu der konspirativ organisierten Veranstaltung in Brandenburg kommen inzwischen bis zu 250 Besucher. Die HDJ verfügt seit Jahren über gute Kontakte zu den beiden Mitorganisatoren. So war beispielsweise der erste Bundesführer Scholz für die BKP tätig, seine Witwe Michaela Zanker ist Funktionärin der GDF.

Die Referenten der vergangenen Kulturtage repräsentieren die gesamte Bandbreite des extrem rechten Spektrums in Deutschland. Der Geschichtsrevisionist Udo Walendy, der ehemalige Angehörige der Waffen-SS und ideologische Vordenker der WJ Herbert Schweiger und der Vorsitzende der Artgemeinschaft und ehemaliges BHJ-Mitglied Jürgen Rieger sind unter den Referenten zu finden. Der ehemalige Bundesführer der WJ Wolfram Nahrath fehlt ebenso wenig auf der Rednerliste wie Ralph Tegethoff als Vertreter der Freien Kameradschaften. Dieser referierte am 22. Oktober 2005 auf dem Märkischen Kulturtag im brandenburgischen Groß Schulzendorf über das politische Soldatentum. Auf dem letzten Märkischen Kulturtag am 4. November 2006 im brandenburgischen Blankenfelde war der Vorsitzende der NPD-Fraktion im Schweriner Landtag Udo Pastörs als Referent geladen. Pastörs nahm bereits 1994 an einem Treffen der WJ im damaligen Zentrum Hetendorf teil.

Einheit Mecklenburg und Pommern

Die Einheit Mecklenburg und Pommern ist eine der aktivsten regionalen Einheiten der HDJ. Das wohl prominenteste Mitglied ist der NPD-Landtagsabgeordnete Tino Müller, der sich in der Region vor allem einen Namen mit dem Aufbau Freier Kameradschaftsstrukturen, wie der Bürgerinitiative »Schöner und sicherer wohnen« in Ueckermünde gemacht hat. Im Landtag erklärte Müller, dass er sich nicht als Vorpommer verstehe und das Bundesland Mecklenburg und Pommern hieße.

Diese revanchistische Bezugnahme auf das ehemalige Teilgebiet des Deutschen Reiches Pommern wird auch im Namen der Einheit fortgesetzt. Obwohl die Einheit erst am 29. Januar 2006 gegründet wurde, entwickelte sie schon weit reichende Aktivitäten, so reisten beispielsweise Vertreter dieser und anderer Einheiten im Juli 2006 nach Schweden. Dort wurde sich nicht nur mit einer Führungsfigur des Nordischen Hilfswerks, des derzeit wichtigsten Verbindungspunktes zwischen skandinavischen und deutschen Neonazis, getroffen, sondern auch an einem Treffen mit zahlreichen Vertretern verschiedenster nordeuropäischer Neonazigruppen teilgenommen. Hierbei traten die anwesenden HDJ-Mitglieder unter anderem mit einen Fanfarenzug und einer Volkstanzaufführung auf. In der Reisegruppe war auch Lutz Giesen, eine Führungsfigur der Kameradschaftsszene. Der frühere Berliner ist jetzt in Greifswald ansässig und wohnt dort gemeinsam mit dem ehemaligen Mitglied der verbotenen Berliner Kameradschaft Tor Marcus G. und dem Führer der HDJ-Einheit Mecklenburg und Pommern Ragnar Dam zusammen. Mit auf der Reise zu den schwedischen Kameraden waren die Bundesmädelführerin Holle Böhm und der NPD-Landtagskandidat David Petereit, ein Führungskader der Mecklenburgischen Aktionsfront.

In Mecklenburg-Vorpommern existiert weiterhin der neonazistische Heimatbund Pommern. Dieser versucht ebenfalls, angelehnt an die bündische Jugendbewegung, eine völkische Jugendarbeit samt Körperertüchtigung und politischer Bildung zu leisten. In der Vergangenheit wurden gemeinsame Veranstaltungen mit der HDJ durchgeführt und einige Personen sind in beiden Gruppierungen tätig. Der Heimatbund Pommern ist vor allem an die regionalen Freien Kameradschaften angebunden und verfügt über eine größere Anhängerschaft.

Einheit Preußen

Die Einheit Preußen ist die älteste Einheit der HDJ und bestand bereits zu Zeiten der DHJ als Einheit Berlin. Aufgrund des Mitgliederzustroms aus Brandenburg wurde sie umbenannt. Die Einheit unter der Leitung von Dennis Schauer verfügt mit Stella Palau und dem Liedermacher Jörg Hähnel über prominente Mitglieder aus den Reihen der bundesweiten Führungsebene der NPD. Neben den üblichen Einheitstreffen, die aus verschiedenen kulturellen, politischen und sportlichen Aktivitäten bestehen, nahm die Einheit auch an mehreren Fußballturnieren mit anderen »nationalen Verbänden« teil. Dazu gehörte das Turnier um einen nach dem Märtyrer der Nationalsozialisten und Freikorpsangehörigen Albert Leo Schlageter benannten Pokal, an dem auch Vertreter der NPD regelmäßig teilnehmen. In einem weiteren »nationalen Fußballturnier« geht es um den »Herbert-Norkus-Pokal«, der nach einem Hitlerjungen aus Berlin benannt ist. Dieses Turnier wurde in der Vergangenheit von der Wiking Jugend ausgetragen. Auch bei nichtsportlichen Veranstaltungen wie zum Beispiel am Volkstrauertag nehmen Vertreter der Einheit Preußen am »Heldengedenken« mit neonazistischen Kameradschaften teil.

Einheit Hermannsland

Nach dem Pfingstlager im Jahre 2004 gründete sich der Freundes- und Familienkreis Westfalen und bildete damit die Grundlage für die spätere Gründung der Einheit Hermannsland, die schließlich im März 2005 erfolgte. Die Einheit Hermannsland ist vor allem in der Region Ostwestfalen beheimatet und verfügt, wie die für sie zuständige Leitstelle West, über ein Postfach in Detmold. Zu ihren bisherigen Aktivitäten zählen unter anderem eine Wanderung zum Hermannsdenkmal und zu den Externsteinen. Beides sind nicht nur für regionale Gruppierungen bedeutsame Wallfahrtsstätten der extremen Rechten. Eine Abordnung der HDJ wurde vom extrem rechten belgischen Vlaams National Jeugverbond (VNJ) zum traditionellen Aufstellen des Maibaums (Meiboomplanting) geladen und stellte den überwiegenden Teil der Anwesenden.

Die Einheit Hermannsland organisierte außerdem das Bundessommerlager am 5. bis 13. August 2006 nahe Fromhausen bei Detmold. Das Treffen mit etwa 120 Teilnehmern sorgte für mediales Aufsehen. Die extrem rechte Ausrichtung der HDJ, die durch Zeltaufschriften wie »Führerbunker« und »Germania« sowie schwarz-weiß-roten Wimpel nur allzu deutlich wurde, blieb natürlich nicht unerwähnt. Eng an die Einheit Hermannsland angebunden scheint auch Gerd Ullrich aus Detmold zu sein, auf dessen Grundstück ein Kletterwochenende der Einheit stattfand. Für die diesjährige Julfeier der HDJ firmierte er als Kontaktperson. Ullrich war auch beim Bundessommerlager für den Ordnungsdienst mitverantwortlich, wofür er schon bei zahlreichen Veranstaltungen der NPD und Freier Kameradschaften Erfahrungen sammeln konnte. Am Rande des Sommerlagers versuchte Ullrich, Journalisten mit seinem Fahrzeug von der Straße abzudrängen. In seiner Jugend war Ullrich in der Wiking Jugend aktiv und wurde in der Vergangenheit wegen Handels mit Sprengstoff zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

HDJ und NPD

Neben den personellen Verbindungen zwischen HDJ und NPD gibt es auch eine Reihe von strukturellen Verbindungen. So nehmen immer wieder HDJ-Mitglieder an den verschiedensten Veranstaltungen des neonazistischen Spektrums teil. Beim Neonaziaufmarsch im Februar in Dresden zum Gedenken an die Bombardierung der Stadt, nahmen in den letzten beiden Jahren auch Vertreter der HDJ teil. Zwar verzichteten diese darauf, geschlossen als Organisation mit Transparenten aufzutreten, beteiligten sich aber im letzten Jahr sogar am Ordnerdienst der Demonstration. Ganz offen trat der Fanfarenzug der HDJ auf dem Deutsche Stimme Pressefest im August 2006 in Dresden auf. Die HDJ versuchte mit dem Verteilen von Infomaterial unter den Besuchern neue Mitglieder zu werben und stellte sich mit einer Tanzvorführung für das Kulturprogramm des Pressefestes zur Verfügung. Mit einem Infostand war die HDJ ebenfalls auf dem 2. Jugendthing der Jungen Nationaldemokraten (JN) in der Sächsischen Schweiz am 2. Dezember 2006 vertreten.

HDJ und DKG

Eine wichtige Rolle in der generationsübergreifenden Bildungsarbeit nimmt die Deutsche Kulturgemeinschaft (DKG) ein, die unter anderem eine jährliche Gästewoche mit zahlreichen Referenten aus dem extrem rechten Spektrum veranstaltet. An diesen Veranstaltungen nahmen nicht nur regelmäßig Vertreter der Wiking Jugend teil, auch die HDJ war in den folgenden Jahren gern gesehener Gast. Räbiger besuchte bereits ein Jahr nach dem Verbot der WJ die Gästewoche. »Das dort erlernte Wissen bildet die Grundlage der HDJ« stellte Alexander Scholz in einem Bericht über die 25. Gästewoche der DKG fest. Der DKG steht die langjährige Aktivistin in der neonazistischen Kulturarbeit Lisebeth Grolitsch vor, welche gemeinsam mit ihrem Ehemann Erhard im Jahre 2003 zum Ehrenmitglied der HDJ-Bundesführung ernannt wurde.

Eng verbunden mit der DKG ist der Freundeskreis Ulrich von Hutten e.V. und die Notgemeinschaft für Volkstum und Kultur e.V. Im Vorstand dieses Vereins befinden sich neben Grolitsch mit Wolfram Nahrath, Axel Schunk und Hartmut Wilhelm eine Reihe von ehemaligen WJ-Funktionären. Die Notgemeinschaft hat sich das Ziel gesetzt, eine »nationale Stiftung zur Einbringung von Hinterlassenschaften der abtretenden Generation zu schaffen, um sie fördernd für die Zukunft unseres Volks einzusetzen«.

HDJ und WJ

Mit Sebastian Räbiger als derzeitigem Bundesführer steht der letzte WJ-Gauführer für Sachsen an der Spitze der HDJ. Auch der letzte Bundesführer der WJ Wolfram Nahrath war nicht nur Referent auf Veranstaltungen der HDJ, sondern wird nach zuverlässigen Insiderinformationen auch als Mitglied geführt. Der Verantwortliche der WJ für den Gau Niedersachsen Manfred Börm ist ebenso für die HDJ tätig wie eine Reihe seiner Familienangehörigen. Die Riege der ehemaligen Angehörigen der WJ-Führungsebene die nun in der HDJ sind, wird mit Dirk Nahrath, ehemaliger WJ-Gauführer Franken, vervollständigt. Das ehemalige WJ-Mitglied Gerd Ullrich stellt sein Privatgrundstück für die HDJ zur Verfügung und betätigt sich als Ordner im Dienste des Vereins. Ebenso stellte sich der ehemalige Angehörige der Waffen-SS und der WJ Sepp Biber auf einer Veranstaltung der Einheit Schwaben im November 2004 zum Volkstrauertag als Referent zur Verfügung. Auch optisch gibt es Kontinuitäten der Wiking Jugend zur HDJ. Das von der Abteilung Beschaffung angebotene Freizeithemd trägt den gleichen Aufdruck eines Adlers wie das Freizeithemd der WJ, lediglich die Organisationsnamen wurden ausgetauscht.

Internationale Kontakte

Vertreter der HDJ fahren zum Treffen mit der VNJ nach Flandern in Belgien und die Einheit Mecklenburg und Pommern zu einem Kameradschaftstreffen nach Schweden. Die HDJ verfügt über weitere internationale Kontakte. So besuchte in den vergangenen Jahren eine Abordnung den Tag der volkstreuen Jugend in Österreich. 2003 sorgte Jörg Hähnel für das musikalische Rahmenprogramm und seine Kameraden von der HDJ führten ein Laienspiel auf. Dieses Treffen verschiedenster rechter Jugendorganisationen und Verbände wird vom Bund Freiheitlicher Jugend organisiert.

Fazit

Mit der Heimattreuen Deutschen Jugend verfügt die deutsche Neonazi-Szene über eine Struktur, die einige der Lücken auszufüllen vermag, welche das Verbot der Wiking Jugend  hinterlassen hat. Die Wiking Jugend stand für eine kontinuierliche politische Erziehung von Kindern und Jugendlichen im Geiste der verbotenen Hitler-Jugend (HJ).