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Kulturkampf von rechts

Bild: Screenshot YouTube; Tichys Einblick

Monika Maron im Interview mit "Tichys Einblick".

Hohe Wellen geschlagen hat im Oktober 2020 die Entscheidung des S. Fischer Verlages sich nach 40 Jahren Zusammenarbeit von der renommierten Autorin Monika Maron zu trennen.

Auslöser war die Veröffentlichung von Essays der Schriftstellerin im Verlag „edition buchhaus loschwitz“ der Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen. Seit Mai 2018 veranstaltet Dagen zusammen mit Ellen Kubitschek vom (extrem) rechten "Antaios Verlag" auf YouTube die Reihe „Aufgeblättert. Zugeschlagen – Mit Rechten lesen“. In mittlerweile zwölf Folgen nahmen als Gäste u.a. Caroline Sommerfeld, Martin Semlitsch, Erik Lehnert oder Martin Sellner teil.

Doch auch außerhalb intellektuell angehauchter Lesekreise ist Dagen aktiv. Ebenfalls im Mai 2018 wurde sie in das Kuratorium der von Erika Steinbach geleiteten AfD-nahen "Desiderius-Erasmus-Stiftung" berufen. Diesen Posten bekleidete sie bis zum September 2019, als sie für die "Freien Wähler" in den Dresdner Stadtrat einzog. Diese Wählervereinigung ist als Sammelbecken u.a. von PEGIDA-AktivistInnen zur Wahl angetreten und konnte insgesamt vier Mandate gewinnen.

Für Maron selbst sei Dagen eine „alte Freundin“ und keineswegs rechts, sondern eine „Oppositionelle1 . Wogegen opponiert werden soll wird in der von Dagen u.a. veröffentlichten "Charta 2017" deutlich. Beklagt wird hier eine vermeintliche „Gesinnungsdiktatur“, aber auch das unter dem Deckmantel der „Toleranz Intoleranz gelebt“ und „zum scheinbaren Schutz der Demokratie die Meinungsfreiheit ausgehöhlt“ werde. Beide sehen sich „einem Klima zunehmender politischer Anfeindung ausgesetzt“. Diese Ansichten gepaart mit einer seit Jahren vertretenen Islamablehnung bzw. Islamfeindlichkeit stellen verbindende Momente zwischen Dagen und Maron dar.

Anstatt nun auf die ideologischen Schnittmengen zu fokussieren, beklagten diverse konservative und rechte Feuilletons in der Entscheidung des S. Fischer Verlages eine „Kontaktschuld“ (FAZ), „Doppelmoral“ (Welt) oder gleich „eine Anleitung zum gebeugten Gang.“ (Junge Freiheit)

Damit ist die Auseinandersetzung um Maron ein weiteres Beispiel geworden für die in jüngster Zeit vermehrt auftauchende Debatte um „Cancel Culture“ und Meinungsfreiheit. Im Aufgreifen dieser Narrative bleibt die inhaltliche Auseinandersetzung meist auf der Strecke.

Die politische Rechte bemüht sich seit Jahren darum eine Einschränkung der Meinungsfreiheit oder gar die Etablierung von Zensur im gesellschaftlichen Diskurs zu beklagen und ist damit immer erfolgreicher. In dieser Strategie wird jede Kritik als Angriff auf die eigenen Rechte interpretiert. Denjenigen die Kritik an bestimmten Äußerungen tätigen, wird ein Angriff auf demokratische Prinzipien unterstellt. Es geht dann nicht mehr „um das konkret Gesagte, sondern um die Regeln des Sagbaren.“2

Durch solcherlei Tricks kann jede rechte, rassistische oder antifeministische Argumentation zu einem „Befreiungsschlag gegen die herbeiphantasierte Unterdrückung2 gesellschaftlicher Diskurse und demokratischer Rechte dargestellt werden. So steht die Berufung auf das hohe Gut der Meinungsfreiheit und eine gleichzeitig vorgenommene Täter-Opfer-Umkehr exemplarisch für die Logik eines solchen (neu-)rechten Diskurses.

Auch Maron bedient sich seit Jahren ähnlich durchschaubarer rhetorischer Kniffe wenn sie etwa behauptet „nicht ich habe die Seiten gewechselt“, sondern jemand anders habe „am Meinungskompass gedreht“. Diese inszenierte Naivität soll nahelegen, dass wenn nun ihre Ansichten als rechts wahrgenommen werden, dies nicht an ihr, sondern der Wahrnehmung der anderen liege.

Das sie zuletzt am 5. November 2020 an einer vom rechten Historiker David Engels im "Polnischen Institut" in Berlin organisierten Lesung auftrat, zeigt jedoch deutlich, dass sie bereit ist immer weiter nach rechts zu gehen.3