Skip to main content

Hausdurchsuchungen wegen ANS/NA Fortführung

Einleitung

Am Mittwoch, dem 2. März 1988, durchsuchte die Polizei an 61 Orten der BRD 92 Wohnungen. Laut Angaben der Polizei richteten sich diese Razzien gegen die Fortsetzungsorganisation der bereits 1983 verbotenen ANS/NA (Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten) von Michael Kühnen.

Bild: Screenshot YouTube

Jürgen Mosler in einem Wahlwerbe Spot der FAP.

Die "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) und deren Ableger "Aktion Ausländerrückführung - Volksbewegung gegen Überfremdung und Umweltzerstörung" (AAR) und "Freundeskreis Deutsche Politik" (FK) wurden Ende November 1983 verboten. Als Führer der ANS/NA wurde hierbei der "Bereichsleiter Nord" der ANS, Michael Kühnen (Hamburg), benannt. Der AAR-Vorsitzende Thomas Brehl (Fulda) und der AAR-Landesvorsitzende von Baden-Württemberg, Lothar Zaulich (Stuttgart), hatten vergebens gegen das Verbot geklagt. Lothar Zaulich war "ANS-Sonderführer" für das "Presseamt", während Thomas Brehl "Bereichsleiter Süd" der ANS und Verantwortlicher für den "Freundeskreis Deutsche Politik" war.1 .

Diese Organisation soll sich „Die Bewegung“ nennen und circa 1.000 Mitglieder haben. Ob es eine Organisation gibt, die sich „Die Bewegung“ nennt, ist fraglich, da die Neonazis sich als nationalsozialistische Bewegung bezeichnen. Das war aber bis jetzt ein allgemeiner Oberbegriff, jedoch nicht eine Organisation. Vier Neonazis sind verhaftet worden, der Rest wurde wieder freigelassen.

Unter den Verhafteten befindet sich auch der "FAP-Gauleiter Niedersachsen" Volker Heidel. Anscheinend wurden auch die Wohnungen der Kühnen Gegner innerhalb der ANS/NA-FAP durchsucht. In der ANS/NA war es zu einer Spaltung gekommen, als sich Kühnen zur Homosexualität bekannt hatte. Bei einem "Gautreffen" Mitte Juli 1986 in Grevenbroich hatten sich Jürgen Mosler, Volker Heidel, Martin Pape und Ursula Müller wegen "Dekadenz" gegen Michael Kühnen und seine Anhänger positioniert. Doch die FAP-Strukturen in Hessen um den Landesvorstand Friedmann und Schultheiß, die FAP-Strukturen in NRW um den FAP-Landesvorsitzenden Heinz Schönstädt und die bayerischen FAP-Funktionäre Steiner und Manneck blieben an Kühnens Seite.

FAP als Auffangbecken

Als die ANS 1983 verboten worden war, zählte diese Organisation circa 500 Mitglieder. Etwa so viele Mitglieder soll auch die FAP haben. Nach dem Verbot trat die ANS/NA fast geschlossen in die FAP („Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“) ein, aus ihrer Zeitung „Die Neue Front“ wurde „Die Innere Front“ - und weiter gings als FAP, so als ob es nie ein Verbot gegeben hätte. Der offizielle Vorsitzende der alten FAP, Martin Pape, hatte von da an nicht mehr all zu viel im eigenen Verein zu sagen.

Der frühere Kühnen-Vertraute Jürgen Mosler (ehem. "ANS/NA Bereichsleiter West") landete in der FAP-Führungsebene. In Hamburg wurde Thomas Wulff (ehem. "ANS/NA Gau Hamburg/NA Kameradschaft 10 Bergedorf") zum stellvertretender FAP-Vorsitzenden gewählt. In Hamburg kandidierte im November 1986 der frühere ANS/NA-Aktivist Detlev Bruel für die FAP. In Niedersachsen führt Volker Heidel die FAP an. In NRW sitzen auch Erhard Kemper und Jürgen Mosler an der Spitze der FAP. Der FAP Landesverband Bremen wird von Markus Privenau geführt.

Auch die alten ANS/NA-Leute Thomas Brehl, Manfred Dammköhler (ehem. "ANS/NA Gau Hessen/AN-Kameradschaft 18 Marburg"), Markus Mössle (ehem. "ANS/NA Gau Baden-Württemberg/NA Kameradschaft 15 Ulm") und Christian Worch (ehem. "ANS/NA Amt für Gefangenenhilfe) bewegen sich in den Kreisen der FAP.2 , wenn auch die bekanntesten ANS/NA-Führer Kühnen, Brehl und Christian Worch keine FAP-Mitgliedschaft haben.3

Im Juni 1984 wurde der FAP-Kreisverband "Marburg-Biedenkopf" mit Manfred Dammköhler als Vorsitzenden gegründet. In Baden-Württemberg trat Markus Mössle für die FAP zur Wahl an. Im Januar 1985 wurde er allerdings verhaftet nachdem er mit einem Maschienengewehr in Hungen (Gießen) eine Sparkasse überfallen hatte.

Auch an der Basis sah es bei der Einbeziehung bekannter Neonazis ähnlich aus. Siegfried Borchardt (Dortmund) kanditierte 1985 für die FAP in NRW, Karl Polaczek wurde FAP-Schriftführer, Christian Timm wurde FAP-Vorsitzender in Uelzen, Otto Riehs war 1984 FAP-Kandidat der FAP in Frankfurt/M.4

Mit den "FAP Nachrichten" der FAP in NRW von Erhard Kemper und Christian Scholz, "Fränkisches Volk", "Der Wittener Freiheitskämpfer" von Ingo Budde, "Die Fackel" von Edgar Schultheiß, "Deutscher Beobachter" von Michael Swierczek (ehem. "ANS/NA Gau Bayern/AN-Kameradschaft 16 München"), "Die Neue Front" von Gerald Hess und "Deutscher Standpunkt" von Martin Pape verfügt das FAP-Netzwerk über mehrere eigene Publikationen. 3

Das alles geschah unter den Augen der bestens informierten Polizei und der Geheimdienste. Sie sahen also fünf Jahre fast tatenlos zu, wie die Neonazis ihre alte Struktur erweiterten. Antifa-Gruppen erklärten hierzu: "Verbote und Verfolgungen, die dieser Staat gegen Neonazis betreibt, sind nur dafür da um öffentlich zu zeigen, daß man auf dem rechten Auge nicht ganz blind ist."

  • 1"Das Korps" (Mitteilungen für politische Leiter der ANS/NA) Juli 1983, Hanau)
  • 2Vgl. "FAP Teil 1" von Veronika Blum in von"blick nach rechts" (bnr), 16. März 1987
  • 3 a b Vgl. "Stuttgart: Die neuen jungen Nazis." in ppp, 1. Juni 1987, Bonn.
  • 4Vgl. "FAP Teil 1" von Veronika Blum in von"blick nach rechts" (bnr), 16. März 1987, Bonn