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Die "Vereinigte Rechte"

Einleitung

Die Idee einer Vereinigten Rechten ist weder besonders neu, noch besonders originell. Vor allem nach Wahlschlappen geistert dieser Begriff durch die rechte Parteienlandschaft, ohne ernsthafte und längerfristige Konsequenzen zur Folge zu haben.

Bild: Dokumentation Wahlwerbung

Wahlwerbe-Auftritt von Mario Meurer für die "Vereinigte Rechte".

Ein weiterer Versuch einer Sammlungsbewegung

Als Anhängsel der rechten Partei "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) wurde beispielsweise ein "Förderverein Vereinigte Rechte" ins Leben gerufen. Hauptverantwortlicher dieses Fördervereins waren die rechten Funktionäre Franz Glasauer und Peter Dehoust. Der offizielle Vorstand bestand bei der Gründung 1990 aus Franz Ludwig Glasauer (Kirchberg/Holzland) und Peter Recknagel (München). Der Förderverein sollte überparteilich die Interessen der »Deutschen Rechten« wahrnehmen und diese zu einer einheitlichen Wahlpartei, unter Wahrung der jeweiligen Eigeninteressen, zusammenführen. Außerdem sollten sog. Bürgerhäuser für die »Deutsche Rechte« errichtet werden.1 Im "Förderverein Vereinigte Rechte" wurde ein "Freiheitliches Bildungswerk" gegründet, welches ein Schulungszentrum für alle »patriotischen Gruppen« zur Verfügung stellen sollte. Beide Gruppierungen kamen über kleinere Aktivitäten nicht hinaus und verschwanden 1996 zusammen mit der "Deutschen Liga" von der Bildfläche, ohne ihre Ziele erreicht zu haben.

"Vereinigte Rechte" 1997

Am 11. Oktober 1997 wurde die "Vereinigte Rechte" dann erneut gegründet. Bundesvorsitzender wurde Mario H. Meurer aus Stuttgart, und Bundeskoordinator wurde Leo Thenn. Die Bundesgeschäftsstelle liegt bei Mario Meurer in Stuttgart. Die Vereinigte Rechte will, wen wundert's, die »einzige starke deutsche Rechtspartei in Deutschland« werden. Dafür will sie eine »positive Revolution« im rechten Lager herbeirühren. Anschließend soll es zu einem Wahlbündnis kommen:

»Beim Wahlbündnis behalten die Parteien immer ihre Identität. Während des Wahlkampfes treten sie unter einem gemeinsamen Namen auf (Vereinigte Rechte), der auch auf dem Stimmzettel steht. Auf den Landeslisten und in den Wahlkreisen werden durch parteiinterne Wahlen jene Kandidaten eingesetzt, die am meisten Erfolg bei den Wählern versprechen. Die anfallenden Kosten für den Wahlkampf werden anteilig und objektiv auf die Bündnispartner umgelegt. Genauso wird mit den staatlichen Wahlkampfkostenerstattungen verfahren. Der Europawahlkampf 1999 wird von einem gemeinsamen Bundes-Wahlkampfteam geplant. Seine Planungen werden von den Landesverbänden der Bündnispartner ausgeführt«.2

Als erstes Etappenziel war ein Kongreß der Bundesvorsitzenden aller Rechtsparteien und Rechtsgruppierungen nach der Bundestagswahl 1998 geplant. Dieser Einheitskongreß fand am 7. November 1998 im Landgasthof & Pension »Zur Mühle« in Gröden (Brandenburg) statt. Die VR hatte 180 Einladungen verschickt, aber nur 79 Zusagen bekommen. Von diesen kamen dann nur 24. Erschienen waren laut eigenen Angaben u.a. die komplette Spitze der rechten Partei "Deutsche Soziale Union" (DSU) aus Brandenburg und Sachsen, der Landesgeschäftsführer der Partei "Die Republikaner" (REP) aus Brandenburg, diverse NPD-Kreisvorsitzende aus »Mitteldeutschland« und der ehemalige stellvertretende NPD-Landesvorsitzende von Baden-Württemberg, S. Stiegelmaier. Der ehemalige REP-Chef Franz Schönhuber sandte eine Grußbotschaft.3 Jeder eingeladene Parteiführer, der nicht erschienen ist, gilt der VR jetzt als "Einigungsverhinderer": »Ihm muß die Basis die Gefolgschaft verweigern, er muß zum General ohne Truppen gemacht werden. Alle Einigungsverhinderer müssen von den eigenen Leuten m Wort, Schrift und Bild an den Pranger gestellt werden!«4 .

Dabei solltendoch, laut Arbeitspapier zum Einheitskongreß, »sämtliche Bundesvorsitzenden der in Deutschland demokratisch zugelassenen national-konservativen Parteien« das Bundespräsidium der Wahlpartei Vereinigte Rechte bilden. Da kein einziger Bundesvorsitzender irgendeiner relevanten Rechtspartei erschienen ist, kann man das erste Etappenziel getrost als gescheitert ansehen.

Europawahlen als zweite Etappe

Als zweites Ziel wird die Teilnahme an der Europawahl 1999 in dem beschriebenen Wahlbündnis angestrebt, von der sich die VR eine gewaltige Initialzündung verspricht. Diese wurde am 6.November 1998 vom Bundesvorstand offiziell beschlossen und zugleich die Wahlbeteilung an den Landtagswahlen 1999 in Sachsen und Brandenburg angekündigt. Am 10. Januar 1999 fand der VR-Europaparteitag in Stuttgart/Bad-Canstatt statt. Hier wurden die Kandidaten für den Europawahlkampf aufgestellt und der Landesverband Baden-Württemberg konstituiert. Auch bei den Kommunalwahlen in Sachsen, NRW und Baden-Württemberg will die VR mit auf dem Wahlzettel stehen. Ihre Landeslisten von Sachsen und Brandenburg will sie noch bis zum 28.02.1999 offenlassen - wer dann nicht mitspielt, soll im Wahlkampf von der VR massiv bekämpft werden. Ob sie dazu in der Lage ist, scheint fraglich. Bisher gelang es ihr nur in Sachsen, Brandenburg und Baden-Württemberg, eigene Landesverbände ins Leben zu rufen. In Sachsen wurde Peter Liebchen aus Lauta zum ersten Landesvorsitzenden gewählt. Sein Stellvertreter ist Eric Raufmann.5 Bei einer Nachwahl zum Bundesvorstand der VR wurde Peter Liebchen dann auch gleich zum stellvertretenden Parteivorsitzenden ernannt.6 Landesvorsitzender von Brandenburg wurde Ende Januar 1999 Sylvio Feistl aus Weinsdorf. Er wird von Burghard Fenske unterstützt, der in Cottbus einen Kreisverband gründen will. In Baden-Württemberg wurde Mario H. Meurer Landesvorsitzender. Seine Stellvertreter wurden der FAP-Gründer Martin Pape und Dieter Hergesell.

In den anderen Bundesländern sieht es noch sehr mau aus. In Köln soll ein Kreisverband gegründet werden, der sich an der Stadtratswahl 1999 beteiligen will. Für die Gemeinderatswahl in Stuttgart und für die Wahlen zur Regionalversammlung wurden Listen aufgestellt. In Offenbach gründete der VR-Beauftragte Stefan M. eine "Kameradschaft", die er an die VR binden will. Mario H. Meurer stellte sich im November 1998 in Esslingen als OB-Kandidat zur Wahl und holte mit Forderungen wie »Schließung der Asylunterkünfte«, »Streichung der Sozialhilfe für Drogenabhängige« und Abschaffung der »nutzlosen Ämter« Ausländer- und Frauenbeauftragte 1,7 Prozent der Wählerstimmen.

Regionale Schwerpunkte

Im Großen und Ganzen läßt sich feststellen, daß die VR bis jetzt nicht mehr und nicht weniger ist als eine weitere rechte bis extrem rechte Splitterpartei, die sich für wichtiger hält als sie ist. Dies wird auch aus einem internen Papier des VR-Bundeskoordinators Leo Thenn vom August 1996 mit dem Titel „Kurzfristige und mittelfristige Planung für die Gründung der Partei »Vereinigte Rechte« u. deren Aktivitäten bis zum Jahre 2002 unter Bezugnahme auf das »Pforzheimer Modell« von Ostern 1996" deutlich. Nach diesem hätte die VR bis Ende 1997 ihre Kreis- und Landesverbände gegründet haben müssen, um 1998 an der Bundestagswahl mit einem »Achtungsergebnis« teilzunehmen. Jetzt wäre die Erstellung einer Wahlkampfanalyse nach der Bundestagswahl, die Gründung von Bezirksverbänden und Ortsverbänden, eine Flugblattverteilung »Wer ist die Vereinigte Rechte?« flächendeckend in Deutschland und die Imagewerbung in vielen Tageszeitungen fällig. Im Dezember 2002 wäre dann der Einzug in den deutschen Bundestag geplant. Hinsichtlich des Parteiprogramms erklärte Thenn »Alle Parteipogramme der bestehenden Rechtsparteien und sonstigen rechten Vereinigungen sollten als Vorlage herangezogen werden«. Und so sieht das VR-Programm jetzt auch aus: Deutschland in den Grenzen von 1937, Einrührung der Todesstrafe, kein Ausländerwahlrecht und keine doppelte Staatsbürgerschaft, Abtreibung nur in Ausnahmefällen usw. Inhaltlich also nichts Neues. Aber selbst ein eigenes Profil und bessere Strukturen würden es der VR momentan nicht ermöglichen, an der NPD, den REPs oder der DVU vorbeizukommen. Keine größere rechte oder extrem rechte Partei wird in absehbarer Zeit bereit sein, sich in die VR einzuordnen. Selbst andere rechte Splittergruppen wollen lieber unbedeutend vor sich hin kränkeln, als sich der VR zuzuordnen. Geplante Fusionsabsichten mit der Partei "Deutsche Heimat Partei" (DHP) scheiterten ebenso wie die Vereinigung mit der allgemein eher unbekannten Partei "Unternehmen für Deutschland".

Sachsen: Von BdV bis NVSS ?

Interessant sind momentan die lokalen Beziehungen von VR-Aktivisten zu konserativen und neonazistischen Kreisen. Peter Liebchen soll es z.B. gelungen sein, Teile der DSU und vom Landesverbandes des "Bund der Vertriebenen" (BDV) zu einer Beteiligung an der gemeinsamen VR-Wahlliste zu bewegen. Zwischen der Landesspitze des BdV-Sachsen und dem sächsischen Landesvorstand der VR war demnach im Dezember 1998 ein Treffen geplant, »mit dem Ziel, einen großen Teil der einigungsgewillten Mitglieder im BdV als neue Mitstreiter in der VR zu integrieren«.7 Am 8. November 1998 sprachen Mario Meurer und Peter Liebchen in Dresden-Heidenau auf einer Veranstaltung einer "Nationalen Vereinigung Sächsische Schweiz" (NVSS) über die »Schaffung einer nationalen Wahl-Plattform unter Führung der Vereinigten Rechten zur Landtagswahl 19997

Auch wenn die VR bundesweit ein Witz ist, sollten ihre regionalen Aktivitäten durchaus im Auge behalten werden.

Funktionäre der VR:

Einige Funktionäre der "Vereinigten Rechte" wurden in deren Publikationen und Rundbriefen offen benannt. Manche wurden auch mit einer Reihe von Mitgliedschaften oder Funktionen in anderen (rechten) Organisationen betitelt. Ob diese tatsächlich in jedem Fall der Realität entsprechen bleibt erst mal offen. Ein kurzer Überblick über die eher dünne Funktionärsdecke der "Vereinigten Rechten":

- Sylvio FeistI: Selbständiger aus Wainsdorf, VR-Landesvorsitzender des Landesverbandes Brandenburg, Geplanter VR-Europawahlkandidat.
- Burkhard Fenske: Verkaufsberater aus Cottbus, Geplanter VR-Europawahlkandidat, stellvertretender Vorsitzender des VR-Landesverbandes Brandenburg
- Alexander Gisa: Azubi aus Trichtingen, VR-Bundesjugendbeauftragter, VR-BuVo-Mitglied, Geplanter VR-Europawahlkandidat, Beisitzer des VR-LV Ba.-Wü.
- Dieter Hergesell: Beamter aus Besigheim, VR-Europawahlkandidat, stellv. Landesvorsitzender des VR-LV Ba-Wü.
- Peter Liebchen aus Lauta: stellv. VR-Bundesvorsitzender, Länderkoordinator Mitteldeutschland/OST, Vorsitzender des VR-Landesverbandes Sachsen, Geplanter VR-Europawahlkandidat, ehem. NPD-Ortsvorsitzender Rielasingen im KV Konstanz, ehem. Vorstandsmitglied der Deutschen Liga-LV Baden-Württemberg, ehem. Deutsche Liga-Beauftragter für Sachsen-Anhalt, Vorstandsmitglied der "Initiative Kontra Stasibeamte".
- Mario H. Meurer: Theologe aus Stuttgart, VR-Bundesvorsitzender, stellvertretener VR-Bundeskoordinator, VR-Spitzenkandidat, VR-Landesvorsitzender des VR-LV Ba.-
Wü., Beisitzer im Vorstand des Cannstatter Kreises e.V., Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V., Evangelische Notgemeinschaft in Deutschland e.V., Deutscher Kreuzorden - Bruderschaft der Ritter vom Erzengel Michael, ehem. REP-Ersatzkandidat und ehem. Landesgeschäftsführer und Direktkandidat der "Christlichen Mitte" (CM) in Baden-Württemberg.
- Martin Pape aus Stuttgart: VR-Europawahlkandidat, stellv. Landesvorsitzender des VR-LV Ba.-Wü., Gründer der Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP), Vorsitzender der Deutsche Freiheits- und Arbeiterpartei (DFA), Herausgeber des Blattes Deutscher Standpunkt .
- Eric Raufmann: Zimmerer aus Lauta-Dorf, geplanter VR-Europawahlkandidat, stellv. Vorsitzender des VR-LV Sachsen.
- Gottfried Reiser: Unternehmer aus Heidenheim, Landesschriftführer des VR-LV Ba.-Wü.
- Robert Schmitt: Uhrmachermeister aus Stuttgart, VR-Bundesschatzmeister, VR-BuVo-Mitglied, Landesschatzmeister des VR-LV Ba.-Wü.
- Klaus-Peter Seifert: Kreisrat aus Gunzenhausen, geplanter Platz zwei der VR-Bundeswahlliste, Deutschlandkoordinator der Franz Schönhuber Freundeskreise.
- Leo Thenn aus Pforzheim: VR-Bundeskoordinator, ehem. REP- KV Pforzheim, REP-Bezirksleitung Ba.-Wü.
- Günter Voss: Bauschlosser aus Rottweil, geplanter VR-Europawahlkandidat, Beisitzer im VR-LV Ba.-Wü.

  • 1Flugblatt »Rechte Einheit jetzt!« des Förderverein Vereinigte Rechte e.V. Ohne Datum
  • 2Informationsschrift der Vereinigten Rechten »Deutsche Patrioten vereinigt Euch! Die Zeit ist reif - so reif wie noch nie!«. Ohne Datum, etwa Mitte 1998.
  • 3VR-Rundschreiben 3/98-Weihnachtsbrief von Mario H. Meurer, 25. Dezember 1998.
  • 4VR-Informationschrift siehe Fußnote 2.
  • 5Junge Freiheit 12.6.1998
  • 6Junge Freiheit 3.7.1998
  • 7 a b VR-Rundschreiben 3/98 siehe Fußnote 3.