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Die extreme Rechte der USA nach Trumps Wahlsieg

Spencer Sunshine Übersetzung Maximilian Weber
Einleitung

Im Fahrwasser Donald Trumps erlebt die radikale Rechte in den USA derzeit eine gesellschaftliche Relevanz wie zuletzt in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Der neuerliche Aufschwung begann 2015 zeitgleich mit Trumps Präsidentschaftskandidatur und seinem Versprechen, eine Grenzmauer zwischen den USA und Mexiko zu errichten. Die wichtigste Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Erstarken der „Alt Right“-Bewegung, eines internetversierten Zusammenschlusses weißer Nationalist_innen, Antisemit_innen und Anti-Feminist_innen, der die amerikanische Rechte auf eine neue soziale Basis gestellt hat.

Foto: Michael Vadon CC BY 2.0

Steve Bannon (links) Chefstratege von US-Präsident Trump bei CPAC, der „Conservative Political Action Conference“.

„Alt Right“

„Alt Right“ steht über den hochrangigen Berater Steve Bannon mit der Trump Administration in enger Verbindung. „Alt Right“ hat es als aufstrebendes Bündnis aus Faschisten_innen und anderen weißen Nationalist_innen geschafft, sich im Internet als einflussreiche Präsenz zu etablieren und versucht nun, sich auch außerhalb dessen zu organisieren. Dabei zeigt „Alt Right“, obwohl ursprünglich in einer explizit faschistisch und nationalistisch geprägten Szene zu verorten, keine Nazirhetorik. Innerhalb der Sozialen Medien haben sie es geschafft, ihre Botschaften erfolgreich zu verbreiten. Die Bewegung versteht sich dabei darauf, Anhänger_innen verschiedenster ideologischer Anschauungen zu vereinen. Darunter auch bekennende Neonazis wie Andrew Anglin von der nationalistischen Website „Daily Stormer“. Die wichtigste intellektuelle Figur ist Richard Spencer, ein Faschist, der große ideologische Schnittmengen mit der europäischen "Identitären Bewegung" (IB) aufweist. Folgerichtig lud dieser 2013, anlässlich der von ihm jährlich organisierten „National Policy Institute Conference“, den ultrarechten französischen Theoretiker und Vordenker der „Neuen Rechten“ Alain de Benoist ein.

Obwohl „Alt Right“ schon seit Jahren einen diffusen Einfluss hat, war für ihren Durchbruch im Frühjahr 2016 ein Artikel von Milo Yiannopolous, ehemaliger Redakteur der ultrarechten Internetseite "Breitbart", ausschlaggebend. Breitbart Chef Steve Bannon bezeichnete seine Medienplattform kürzlich als das Forum der „Alt Right“ Bewegung. „Alt Right“ unterstützte die Kandidatur Trumps, im Gegenzug machte dieser Bannon nach seinem Wahlsieg zum Chefberater in strategischen Fragen und berief ihn zudem als ständiges Mitglied in den Nationalen Sicherheitsrat. Trump selbst suchte während seines Wahlkampfes den Schulterschluss mit „Alt Right“, als er ein Bild twitterte, das ihn als „Pepe“ zeigte, einen Cartoon-Frosch, den die Bewegung als ihr Maskottchen vereinnahmt. Während Bannon selbst den von ihm postulierten Nationalismus weniger als rassistischen denn vielmehr als ökonomischen umreißt, handelt er doch erkennbar im Sinne von „Alt Right“ und ist stets bemüht, deren Inhalte zunehmend auch im konservativen Mainstream zu etablieren.

Beschränkte sich die Präsenz von „Alt Right“ bisher auf das Internet und vereinzelte intellektuelle Zirkel, zeichnet sich zunehmend eine strategische Anpassung ab, die verstärkt auf öffentliche Sichtbarkeit sowie Erreichbarkeit abzielt und mit ironisch konnotierten Labels wie „Pool Partys“ oder „hate hikes“ (Hass-Wanderungen) Aufmerksamkeit erregt. So fanden unter anderem in New York und Atlanta verschiedene öffentliche Diskussionen statt, in deren Rahmen allerdings ausschließlich geladene Redner_innen das Wort ergriffen. Im Zuge ihres Erfolgs ist es „Alt Right“ zudem gelungen, eine große Gruppe von Unterstützer_innen zu formieren, die sich selbst als „Alt-Lite“ bezeichnen und den politischen Ansatz der Bewegung befürworten, selbst allerdings abstreiten faschistischen oder rassistischen Ideen anzuhängen. Hierzu zählen zahlreiche republikanische Hochschulgruppen und studentische Verbindungen.

Ideologisch handelt es sich bei „Alt Right“ um eine Wiederauflage der Theorien weißer Vorherrschaft („white supremacist“) und biologischer Überlegenheit, die mit einer Zuspitzung auf Antisemitismus und Frauenfeindlichkeit einhergehen. Donald Trump stellt in diesem Zusammenhang derzeit antimuslimischen Rassismus in den Mittelpunkt seiner politischen Programmatik. Einen vorläufigen Höhepunkt stellte das, mittlerweile gerichtlich aufgehobene, Einreiseverbot für Bürger_innen sieben mehrheitlich muslimischer Länder dar, auch wenn diese formal bereits zu einer legalen Einreise berechtigt waren. „Alt Right“ gelingt es, sich die Positionen des nationalistischen Milieus bürgerlicher Prägung zu eigen zu machen und in einer Weise zu kanalisieren, die sich in fundamentaler Opposition zum traditionellen neoliberalen Nationalismus und zur Klientelpolitik des Establishments sieht. Dadurch hat sie sich die Unterstützung einiger bereits bestehender nationalistischer Gruppen gesichert, darunter die „American Freedom Party“, die sich weitgehend aus intellektuellen, nationalistischen Kreisen rekrutiert sowie „Identity Evropa“, die sich neben neuen Gruppen wie „American Vanguard“ auf Agitation im studentischen Milieu fokussieren und „Matthew Heimbach’s Traditionalist Worker Party“, einer Schwesterpartei der neonazistischen griechischen „Chrysi Avgi“.

Amerikas Rechte

„Alt Right“ stellt innerhalb der radikalen Rechten lediglich eine, wohlgemerkt sehr wirkungsmächtige, Struktur dar. Amerikas (extreme) Rechte umfasst neben rassistischen Gruppen wie dem "Ku-Klux-Klan" (KKK), fundamentalchristlichen Sekten, verschiedenen neonazistischen Parteien, rassistischen Knastgangs und Neonazi-Skinheads auch losere Verbindungen weißer Nationalist_innen und Anhänger_innen neo-konföderierten Gedankengutes. Zusätzlich zu solchen explizit rassistischen Gruppen existieren islamophobe, migrationsfeindliche und „patriotische“ Bündnisse, sowie Maskulinisten und andere Männerrechtsaktivisten.

Nach wie vor existieren auch einige fundamentalchristlich identitäre Kirchen und Gemeinschaften, deren Relevanz seit den 1990ern allerdings spürbar abnimmt. Diese hängen größtenteils einer christlich gefärbten Version der bereits erwähnten „white supremacist“-Theorien an. Rassistische Knastgangs wie die „Aryan Brotherhood“ verfolgen Expansionspläne, um sich auch außerhalb des Strafvollzugs zu etablieren. Das „National Socialist Movement” ist weiterhin die größte neonazistische Partei. An die Seite größerer Neonazi-Zusammenhänge, wie den „Hammerskins“, „Vinlanders“ und „Blood  & Honour“ treten die „Aryan Strike Force“ und „Combat 18“. Einige extrem rechte Gruppen haben sich im April 2016 zu einer nationalen Koalition zusammengeschlossen, seither allerdings bereits eine erneute Namensänderung vorgenommen und einen spürbaren Mitgliederrückgang verzeichnen müssen. Als „Nationalist Front“ umfasst der Zusammenschluss heute die „Traditional Worker Party”, das „National Socialist Movement“, die „Aryan Strike Force“, sowie 13 kleinere Gruppen.

Die bisherige Agenda der Trump-Administration hat bereits jetzt dazu geführt, dass Positionen, die sich bisher am ultrarechten Rand abgespielt haben, nun mit einem Schlag im politischen Mainstream angekommen sind. Galten beispielsweise antimuslimische Gruppierungen und Einstellungen noch vor der Wahl als marginal und harmloses Randphänomen, erleben sie nun einen enormen Aufschwung. Offen migrationsfeindliche Politik ist auf der politischen Bühne mittlerweile fest etabliert und Trump hat Julie Kirchner, vormals Geschäftsführerin der migrationsfeindlichen Gruppe „Federation for American Immigration Reform“ (FAIR), in ein hohes Amt innerhalb der U.S. Customs and Border Protection (Zoll- und Grenzschutzbehörde der Vereinigten Staaten) eingesetzt. Auch der neue Justizminister Jeff Sessions pflegt enge Kontakte zu FAIR und anderen antimuslimischen Organisationen.

Mit einem unverhohlen sympathisierenden Präsidenten und einem Kabinett mit großen Schnittmengen zur radikalen Rechten, befinden sich die (extrem) rechten Organisationen und Gruppierungen in einer starken Position und können teilweise eine bisher unvorstellbare und ungeahnte Wirkungsmächtigkeit entfalten. Anzunehmen, sie würden diese Entwicklung nicht nutzen, ihre Ziele mit verstärktem Selbstbewusstsein voranzutreiben um sich und ihre Anschauungen innerhalb der Gesellschaft weiter zu etablieren, wäre nicht nur fahrlässig, sondern brandgefährlich.