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Combat 18 in Pinneberg

Einleitung

Deutsche Neonazis bedienen sich zunehmend des Labels C18, wenn sie militante Strukturen aufbauen oder Straftaten begehen. Die Einzelaktivisten und Strukturen agieren unabhängig voneinander.

Foto: Peter Juelich

Das Label "Combat 18" gewinnt zunehmend an Bedeutung in der Neonazi-Szene

Die gemeinsame politische Klammer für all diejenigen Neonazis, die sich dem Konzept von Combat 18 verpflichtet fühlen, ist ein eliminatorischer Antisemitismus und der Bezug auf die SS als Eliteorganisation im Nationalsozialismus. Diejenigen Neonazikader, die in Deutschland seit Jahren offen für Combat 18 geworben haben bzw. werben – wie Bernd P. aus Bamberg – sind zumeist eng an das internationale Netzwerk »Blood & Honour« angebunden. So heisst es bereits in dem vor drei Jahren erschienenen Strategiepapier »The Way Forward« von B&H Skandinavien, das auch in Deutschland zirkuliert: »C18 muss als bewaffneter Arm der Blood and Honour Bewegung agieren«. Gleichzeitig wird C18 als »Armee von Blood and Honour« bezeichnet und verkündet: »Das Konzept der Waffen-SS enthält alle Prinzipien (...), von (denen) wir unsere Inspiration zur Organisierung einer Legion arischer Gladiatoren beziehen müssen.« Während C18 in ihrem Ursprungsland Großbritannien nach Bombenanschlägen und blutigen internen Auseinandersetzungen mittlerweile fast bedeutungslos ist, müssen lokale Ableger wie Combat 18 Pinneberg in Bezug auf seine Radikalität und Gewaltbereitschaft durchaus ernst genommen werden.

Am Beispiel des Ermittlungsverfahrens gegen Combat18 Pinneberg – einer Gruppe, die aus Kameradschaftsaktivisten und Blood & Honour-Mitgliedern besteht – wird auch deutlich, dass das Verbot der B&H Division Deutschland im September 2000 weitgehend wirkungslos blieb. Nicht nur in Sachsen-Anhalt1 und Thüringen2 , wo mittlerweile ebenfalls Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher B&H-Nachfolgeaktivitäten gegen zwei Dutzend Neonazis eingeleitet wurden, fühlten sich die Blood & Honour Aktivisten durch die schlampige Umsetzung des B&H-Verbots ermutigt, so weiter zu machen wie bisher. Combat 18 Pinneberg sei gegründet worden, um die Ziele des verbotenen Blood & Honour-Netzwerks umzusetzen, erklärten nun die schleswig-holsteinischen Sicherheitsbehörden Ende Oktober 2003.

Diese Erkenntnis kommt nicht gerade überraschend. Das LKA Schleswig-Holstein führt in einer Presseerklärung »die erfolgreiche Zerschlagung der Gruppierung C18 Pinneberg auf die intensive Informationsgewinnung und gute Zusammenarbeit auf Landes- und Bundesebene im Bereich des Rechtsextremismus« zurück. Dadurch sei es bereits in einem frühen Stadium gelungen, »diese rechtsextremistische Gruppierung zu zerschlagen.« Während die ermittelnden Behörden ihr Vorgehen öffentlich als konsequentes Handeln gegen rechte Strukturen darstellen, widerspricht dieser Einschätzung gleichzeitig die Tatsache, dass vor drei Jahren bei dem Verbot von B&H Deutschland die Sektion Nordmark unbehelligt blieb. So fanden auch nach dem Verbot weiterhin Konzerte u.a. in Hamburg statt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von und für B&H Strukturen organisiert wurden. Das gilt insbesondere für B&H Aktivisten wie Klemens Otto, der nun als Hauptbeschuldigter im Ermittlungsverfahren gegen »Combat 18 Pinneberg« geführt wird.

C18 Pinneberg und die Behörden

Nachdem am 28. Oktober 2003 in den frühen Morgenstunden in Norddeutschland über 50 Objekte durchsucht, sieben Personen festgenommen und drei Haftbefehle erlassen worden waren, klärte der Kieler Innenminister Klaus Buß (SPD) die überraschte Öffentlichkeit einige Stunden später in einer eiligst einberufenen Pressekonferenz über die großangelegte Razzia auf. »Es war ein wichtiger Erfolg gegen eine äußerst militante und gefährliche Gruppe« rühmte er die Aktion. Schon seit längerem hatte das schleswig-holsteinische Landeskriminalamt (LKA) gegen die militante Neonaziorganisation Kameradschaft Pinneberg ermittelt, die in der Region durch Überfälle, Anschläge und offene Morddrohungen ein Klima der Angst geschaffen hat. Die nun unter dem Namen Combat 18 (C18) Pinneberg agierende Gruppe wird verdächtigt, die Aktivitäten des im September 2000 in Deutschland verbotenen internationalen rechtsextremen B&H-Musiknetzwerkes fortzusetzen.

Die Ermittler des LKA schätzen die Zahl der C18 Pinneberg Gruppe auf etwa 20–25 Mitglieder. Sie sollen im großen Stil illegale RechtsRock-CDs vertrieben und rechte CD-Händler erpresst haben. Nachdem sich Verbindungen zu einem parallel laufenden Ermittlungsverfahren gegen den bis vor kurzem amtierenden Landesvorsitzenden der NPD-Schleswig-Holstein, Peter Borchert, ergaben, wurden die Ermittlungen zusammengelegt. Ausschlaggebend dafür war, dass der in Neumünster lebende Borchert, der des organisierten Waffenhandels verdächtigt wird, Waffen an Mitglieder der Pinneberger Neonaziorganisation verkauft hat. Bei den Durchsuchungen wurden eine geladene Pumpgun und vier Pistolen sichergestellt. Wie die weiteren Ermittlungen ergaben, bezog Borchert die Waffen von einem Mitarbeiter des Waffenproduzenten Sauer, der diese dort aus der Produktion entwendet hatte.

Die Hauptbeschuldigten in dem §129-Verfahren sind der mittlerweile in Neumünster wohnende ex-Pinneberger Klemens Otto und Marco H. aus Pinneberg, die im Zuge der Durchsuchungen vom 28. Oktober festgenommen wurden. Die beiden 22-Jährigen sind Mitglieder der B&H Division Deutschland – Sektion Nordmark und arbeiteten in diesem Rahmen zum Beispiel als Security- Personal auf Konzerten, die von B&H Europa organisiert wurden. Ihnen wird vorgeworfen, die verbotenen Aktivitäten der B&H-Struktur durch die Gruppe C18 Pinneberg als lokalen Ableger der Organisation weitergeführt zu haben. Klemens Otto, der als Kopf von C18 Pinnberg gilt, ist AntifaschistInnen vor Ort kein Unbekannter. 1998 wurde er zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, weil er gemeinsam mit weiteren Neonazis einen 36jährigen Togolesen zusammengeschlagen und schwer verletzt hatte. Drei Jahre später griff er auf einer Party einen ehemaligen Kameraden an, der sich nach eigenen Aussagen von der Szene gelöst hatte.

Da Ottos Bewährungszeit noch lief, wurde er für kurze Zeit inhaftiert. Kurz nach seiner Haftentlassung organisierte er einen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch in Halstenbek. Seine Bedeutung innerhalb der regionalen Neonaziszene zeigte sich in einer breit angelegten Solidaritätskampagne »Freiheit für Klemens Otto... und alle anderen inhaftierten Nationalisten«, die für großes Aufsehen in der Region sorgte, weil die Neonazis mit Sachbeschädigungen, Sprühereien und Anschlägen ihrer Forderung Nachdruck verliehen. Auch der jetzt Mitbeschuldigte Marco H. soll nach LKA-Angaben gemeinsam mit Klemens Otto für B&H aktiv gewesen sein und als sein Stellvertreter bei Combat 18 Pinneberg agiert haben. Sowohl Marco H. als auch Klemens Otto sind seit Jahren in lokalen Neonazistrukturen aktiv und zumindest Otto muss als einer der führenden Köpfe der militanten Neonazistrukturen in der Region bezeichnet werden. Klemes Otto und Marco H. galten lange Zeit als Ziehkinder des Hamburger Neonazikaders Christian Worch. Während Worch nach Außen hin um legales Auftreten bemüht ist, setzten seine Zöglinge jedoch konsequent auf die »militante Karte«.

So wurde schon bereits im Rahmen der ersten Ermittlungen gegen C18 Pinneberg bekannt, dass die Gruppe Kontakt zu dem 30jährigen Peter Borchert unterhält. Borchert, der ursprünglich aus Kiel kommt und mittlerweile in Neumünster wohnt, verbüßte schon als Heranwachsender eine mehrjährige Haftstrafe unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung. Im Herbst 2000 wurde er erneut zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Borchert hatte in einer Kieler Diskothek eine scharfe Pistole mit sich geführt. Obwohl seitdem eine ganze Reihe neuer Anklagen gegen ihn erhoben worden sind, erfolgte bisher kein Widerruf der Bewährung. Borchert ist in der Naziszene in Schleswig Holstein in den letzten Jahren rasant aufgestiegen. Nachdem er als Anti-Antifa-Aktivist in Kiel angefangen hatte, gab es schon kurze Zeit keine später kaum eine Neonazidemo in Norddeutschland, auf der Borchert nicht dabei war und oft genug sogar als Redner oder Ordner fungierte. Zeitweise war er sogar Sprecher des Naziclubs »Club 88« in Neumünster und trat als Mitverantwortlicher von Konzertveranstaltungen auf, die dem B&H-Netzwerk zugerechnet werden.

Fraglich bleibt, warum zum Zeitpunkt des B&H-Verbotes Personen wie Klemens Otto unbehelligt blieben, obwohl dessen B&H Mitgliedschaft auch im September 2000 schon bekannt war und sie erst jetzt drei Jahre später Bedeutung erlangt. Lokalitäten wie der Club 88 in Neumünster blieben sowohl im September 2000 als auch jetzt von Ermittlungen verschont, obwohl durch Peter Borchert personell eine klare Verbindung vorliegt. Zudem diente der Club 88 häufiger als Lokalität für Musikveranstaltungen. Fraglich bleibt in dem Zusammenhang auch, wie die derzeitige Ermittlung mit der vom Bundesinnenministerium verkündeten vollständigen Zerschlagung der B&H Strukturen im Jahr 2000 zusammenpasst.
 

  • 1Am 25. April 2002 eröffnete die Staatsanwaltschaft Halle ein Ermittlungsverfahren wegen B&H Nachfolgeaktivitäten gegen 32 Personen aus mehreren Bundesländern.
  • 2Nach Durchsuchungen in Thüringen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bei 21 Verdächtigen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren am 25. November 2003 erklärte die Staatsanwaltschaft Gera, das gefundene Material deute auf eine »aktive Fortführung der verboten Vereinigung »Blood & Honour Deutschland hin«. (s. dpa, 25.11.2003) Durchsucht wurde wegen »Verstoß gegen das Vereinsgesetz« im Zusammenhang mit der CD »Blood & Honour – trotz Verbot nicht tot« u.a. mit »Oigenik« und »Totenburg«.