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Chronologie Neonazi-Gewalt in Göttingen 1989

Einleitung

Chronologie Neonazi-Gewalt in Göttingen 1989:

Der FAP-Funktionär Karl Polacek (links) mit Neonazi-Skinheads.

Januar 1989: Neonazis um Karl Polacek (Northeim) und Thorsten Heise (Nörten) gründen in der Gaststätte "Bevernquelle" in Bishausen mit etwa 30 Leuten eine FAP-Ortsgruppe.

Mai 1989: Durch Presseberichte wird bekannt, das der FAP-Aktivist Thorsten Heise Anfang Mai 1989 versucht haben soll einen libanesischen Flüchtling zu überfahren.

Sommer 1989: In Hann.-Münden wird die 'Wehrtportgruppe Stahlhelm' von der Polizei ausgehoben. Es wurde ein umfangreiches Waffenlager, Sprengstoff und Nazi-Propagandamaterial gefunden. Nur wenige Wochen später werden die Ermittlungsverfahren wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigung" eingestellt, d.h. aus einer terroristischen Neonazi-Bande wird eine Ansammlung von Einzeltätern.

22. Juli 1989: Im Steinbruch bei Wiershausen (Nähe Hann.-Münden) feierten ca. 50 Neonazis. Aus einem Kornfeld heraus beschossen sie einen vorbeifahrenden Streifenwagen mit vermutlich scharfer Munition. Die Täter entkamen. Erst Wochen später wurde der bekannte FAP'ler (Leiter des "Referat Propaganda") Stefan K. unter dem Verdacht festgenommen er sei einer der Schützen gewesen. Er wurde jedoch wegen Mangel an Beweisen freigesprochen. Mittlerweile wird nicht mehr wegen "scharfer Schüsse ermittelt", es sollen nur Platzpatronen gewesen sein.

9. September 1989: An diesem Nachmittag und Abend fanden mehrere Überfälle von Neonazis und Neonazi-Skinheads auf Passanten, Kneipenbesucher und Linke statt. So wurde eine Frau auf den Schillerwiesen von 10 vermummten Neonazis, die sich aus einer Gruppe von 30 Neonazis lösten, mit Baseballschlägern angegriffen. Ein Disco-Besucher wurde bei einem weiteren Überfall mit einem Tschako verletzt, das "Juzi" wurde mit Signalmunition beschossen, zum Ende schlugen die Neonazis noch eine 17-jährige Frau mit Baseballschlägern zusammen.

10. September 1989: Auf ein von Linken bewohntes Haus im Siekweg („Grone“) wurde in der Nacht zum 11. September ein Brandanschlag verübt. Zuvor hatten Neonazis Fahrradreifen zerstochen, Autos zerkratzt und antifaschistische Aufkleber abgerissen.

22. September 1989: 30 Neonazis trieben sich unter den Augen der Polizei in der Stadt herum. Sechs von ihnen randalierten in den frühen Morgensrunden vor dem "Juzi" und werden erst festgenommen und abtransportiert, als sich die Leute aus dem "Juzi" mit Steinen verteidigten. Bei einem der Neonazis fand die Polizei eine Brieftasche, die am Abend zuvor einer Taxifahrerin gestohlen worden war.

23. September 1989: Am Samstagabend rotteten sich etwa 60 Neonazi-Skinheads - zum Teil aus anderen Städten angereist - in Göttingen zusammen. Gegen 18.00 Uhr hielten einige von ihnen auf der Herzberger Landstraße Autos an und führten „Personenkontrollen“ durch. Später versuchten sie unter den Augen der Polizei in die Innenstadt zu gelangen. Auf das "Junge Theater" gab es einen Brandanschlag, nachdem einem rechten Skinhead zuvor Hausverbot erteilt worden war.

24. September 1989: Am Bahnhof wurde gegen Mittag ein Kameruner von Neonazi-Skinheads als "Nigger" beschimpft und zusammengeschlagen.

11. Oktober: Neonazi-Skinheads randalierten im Jugendzentrum Weende. Sie warfen Scheiben ein und bedrohten MitarbeiterInnen des Jugendzentrums.

17. November 1989: Die Antifaschistin Conny wurde von der Polizei in ein fahrendes Auto und damit in den Tod getrieben.

18. November 1989: In dieser Nacht, in der die gesamte Stadt voller Polizeiwagen aus ganz Norddeutschland war, sprühten Neonazis dreist in der Innenstadt Parolen wie "Conny war die Erste" und "Tote Conny, gute Conny - wir fordern mehr Polizei" an Häuserwände, beschossen ein Studentenwohnhaus unter Gegröhle von Neonazi-Parolen mit einer Gaspistole und zündeten an einer Kneipe ein Plakat an, das von dem Mord an Conny berichtete.

24. November 1989: Brandanschlag auf drei Häuser am Kreuzbergring in Göttingen. Nach Aussagen der Feuerwehr wären die Menschen im Haus allesamt getötet worden, wenn das Feuer nur fünf Minuten später entdeckt worden wäre. Zum Zeitpunkt der Brandanschläge wurden in unmittelbarer Nähe ca. 15-20 Neonazis gesehen.

25. November 1989: Nach einer antifaschistische Großdemonstration wurde ein 16-Jähriger von einem bisher Unbekannten mit einem Messer angegriffen und lebensgefährlich verletzt. Nach Augenzeugenberichten handelt es sich bei dem Täter aller Wahrscheinlichkeit nach um einen rechten Skinhead. Bezeichnenderweise wurde dieser Mordversuch erst vier Tage später über die Presse veröffentlicht, nachdem ihn das "Juzi"-Plenum in einer Stellungnahme publik gemacht hatte.

9. Dezember 1989: Aufmarsch von 80 FAPlern durch die Göttinger Innenstadt. Ziel war das "Juzi", das sie mit Flaschen, Steinen und Signalmunition angriffen.

12. Dezember 1989: Eine Gruppe Neonazis griff autonome AntifaschistInnen mit Gaspistolen, Signalmunition und Stahlruten im Göttinger Amtsgericht an. Unter den Neonazis befanden sich auch die als Zeugen geladenen Gerrit Sch., Daniel B., der Leiter des FAP "Referat Propaganda" Stefan K., Björn W. und Oliver S.