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Blut muss fließen

Thomas Kuban

»Blut muss fließen, knüppelhageldick, und wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik«, gröhlt es aus den Kehlen der Neonazis. Szenen, die der Autor Thomas Kuban bei seiner knapp 15-jährigen Recherche in der neonazistischen Rechtsrockszene nur allzu oft erlebt hat. Rund 90 Undercover-Drehs mit versteckter Kamera, davon rund 50 Konzerte, liegen dieser zugrunde. Neben den ausführlichen Schilderungen seiner Konzertbesuche liefert Kuban auch einen umfassenden Einblick in die Vertriebsstrukturen von Labels, die extrem rechte Bands vertreiben. Kritik übt der Autor nicht nur an den Ermittlungs– und Strafverfolgungsbehörden, die bei Rechtsrock-Konzerten gerne mal wegschauen bzw. erst gar nicht vor Ort sind, sondern auch an den Medien. Hier insbesondere an den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Beispielsweise der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR), in dessen Sendegebiet mehr als 40 der von Kuban gefilmten Konzerte lagen, kaufte kein einziges mal Material. Die gängigen Absagen der Redaktionen reichten von »zu speziell«, »Ich seh das Thema nicht« bis hin zu »Zu wenig Geld im Etat« oder auch »Kein Platz in der Sendung«. Die Verbitterung darüber ist nachvollziehbar. Umso interessanter ist in diesem Kontext die Frage, warum Kuban nie das Handtuch geworfen hat. Die Gefahr bei Drehs mit versteckter Kamera war enorm groß und die Honorare für verkauftes Material deckten nicht ansatzweise die Kosten für Kameraequipment, Mietwagen, Konzerttickets und Unterkünfte. Die weitgehende Ignoranz ebenfalls unbezahlter antifaschistischer Recherche und Öffentlichkeitsarbeit bleibt jedoch unverständlich.

Thomas Kuban:
Blut muss fließen
Undercover unter Nazis
Campus Verlag, 2012
317 Seiten, 19,99 EUR