Skip to main content

Biebelsheim - Neuer Wallfahrtsort der GdNF ?

Antifa Mainz/Wiesbaden
Einleitung

Seit März 1992 finden in Biebelsheim Aufmärsche von Neonazis, hauptsächlich aus dem Spektrum der »Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front« (GdNF), statt.

Foto: Screenshot YouTube/Spiegel TV

Der Demonstrationsanmelder Heinz Reisz.

Was bisher geschah...

Biebelsheim ist eine kleine Gemeinde mit 580 EinwohnerInnen, die ca. 35 km von Mainz entfernt liegt. In dem Ort soll eine Mülldeponie errichtet werden, und zwar auf einem Gelände, auf dem sich früher ein amerikanisches Kriegsgefangenenlager befand. Dies, und die Tatsache, das sich in dem Ort bereits eine Bürgerinitiative gegen die Mülldeponie an diesem Standort gegründet hat, haben die Neonazis sich zunutze gemacht.

Bisher waren sie dreimal an dem Ort, mit jeweils steigender TeilnehmerInnenzahl, zuletzt am 20. Juni 1992 mit über 200 Leuten. Zumindest am 18. April 1992 und am 20. Juni 1992 versammelten sie sich im Anschluß  auf dem Gelände des Mainzer Gärtners und Neonazi-Kaders Curt Müller in Mainz-Gonsenheim, um dort den Hitlergeburtstag, bzw. die Sommersonnenwende zu feiern.

Der bisher letzte Akt in diesem Schauspiel war der 15. August 1992. An diesem Tag gehörte Biebelsheim zu den zahlreichen Ausweichorten, die die Neonazis für den Fall eines Verbotes ihres „Rudolf Heß Gedenk Marsch“ in Wunsiedel angemeldet hatten. Es wurden aber nur einzelne Neonazis gesichtet, an denen die Umleitungsaktion nach Rudolstadt wohl vorbeigegangen war.

Zu den Aufmärschen sind Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet und aus den Niederlanden angereist. Begleitet von Trommlerzügen und Fahnenträgern versammelten sie sich in dem Ort und zogen dann zu dem geplanten Deponieplatz, um an dem dortigen riesigen Gedenkkreuz Kränze niederzulegen und die üblichen Hetzreden zu halten. Das Kreuz wurde übrigens peinlicherweise von der Gemeinde Biebelsheim gestiftet.

Wer trifft sich in Biebelsheim ?

Wie schon erwähnt, tummelt sich in dem rheinland-pfälzischen Dorf vor allem die Gruppen der GdNF. Bei den Aufmärschen wurden Transparente der Gruppen „Deutsche Alternative“ (DA), „Deutsches Hessen“ (DH) und „Nationale Liste“ (NL) gezeigt. Teilgenommen haben mehrere bekannten Kader der GdNF, wie Heinz Reisz (Spitzname „Nero“) aus Langen, Christian Worch aus Hamburg und Otto Riehs aus Frankfurt/Main. Am 18. April 1992 waren außerdem Wolfgang Juchem (aktiv in der »Revisionismuskampagne«), der FAP- Bundesvorsitzende Friedhelm Busse und der Mainzer DA-Kameradschaftsführer Michael Petri aus Hochheim als Redner benannt. Angemeldet wurden die Aktionen jeweils von Heinz Reisz, z. T. über ein Fax- Anschluß eines REP- Funktionärs.

Daneben wurde in verschiedenen Publikationen des rechten Lagers über die Aktionen in Biebelsheim berichtet, von einer Kurzmeldung in der »Jungen Freiheit«, über eine Fortsetzungsserie (»Die Tragödie von Biebelsheim«) in der »Nationalzeitung« der DVU, einem Bericht in der »Deutschen Stimme« der NPD, bis hin zur »Neuen Front«, die dazu aufrief, Biebelsheim zu einem Wallfahrtsort wie Wunsiedel zu machen.

Was bisher an Gegenmobilisierung lief...

Bisher konnten die Neonazis ihre Aufzüge in Biebelsheim recht ungestört durchführen. Die Gemeinde Biebelsheim hat vergeblich versucht, die Aufmärsche zu verbieten, die Verbote wurden aber jeweils von Verwaltungsgerichten aufgehoben, sogar am 15. August, als 2.000 TeilnehmerInnen angemeldet waren. Die Gegenmobilisierung wurde dadurch erschwert, daß die Neonazis ihre Aktionen jeweils erst kurz vor Ablauf der 48-Stunden Frist angemeldet haben.

Dazu kommt, daß die Bedeutung dieser Aufmärsche, erst nach und nach klar wurde, durch die z. T. hochkarätigen Teilnehmer und die Berichte in den einschlägigen Neonazi-Publikationen. Die TeilnehmerInnenzahl der Gegendemonstrationen ist aber nie über 100 hinausgegangen. Das soll sich ändern. Aus diesem Grund hat sich ein sehr breites Bündnis gegen die Aktionen der Neonazis gebildet, das von der Antifa M./W., verschiedenen Flüchtlings-UnterstützerInnen Gruppen aus dem Hunsrück, über Gewerkschaften und Kirchengemeinden, die WM, bis hin zur FDP-Bad Kreuznach reicht.

Der erste Schritt dieses Bündnisses war die Erstellung eines Informations-Flugblattes (»Was ist los in Biebelsheim«), das der Aufklärung vor allem der Bevölkerung vor Ort und in den angrenzenden Gemeinden, aber auch der überregionalen antifaschistischen Öffentlichkeit dienen soll. Mit einer Auflage von 18.000 wird es zum Teil als Hauswurfsendung, bei Strassenverteilungen und über die Verteiler der beteiligten Gruppen verteilt.

Ausblick...

Der nächste Aufmarsch wird für Oktober erwartet. Dann soll durch eine Besetzung des Kundgebungsplatzes, ähnlich wie am 7. März in Mainz, dem Treiben der Neonazis ein Ende gesetzt werden. Konsens im Bündnis ist, die Platzbesetzung mit dem Ziel durchzuführen, den Neonaziaufmarsch zu verhindern.