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Auf der extrem rechten Flanke der Bundeswehr. Die »Deutsche Militärzeitschrift«

Einleitung

Die Deutsche Militärzeitschrift (DMZ) bewegt sich in der großen Schnittmenge von Bundeswehr und extremer Rechten. Neonazistische Beiträge und Anzeigen werden durch Berichte über aktuelle Fragen von Bundeswehretat, Waffentechnik oder Kosovoeinsatz, Artikel und Interviews von Bundeswehroffizieren bis hin zum Vier-Sterne-General Klaus Reinhardt ergänzt. Diese professionell aufgemachte und an Kiosken vertriebene Mischung erleichtert den Zugang zum militaristischen Publikum weit über die Szene der extremen Rechten hinaus.

Die Bewahrung der »ewigen Werte deutschen Soldatentums« und die Fortsetzung preußischer Militärtraditionen sind der extremen Rechten und rechtskonservativen Kräften in der Bundesrepublik seit jeher ein bedeutendes Anliegen gewesen. Hierbei haben die soldatischen Traditionsverbände mit ihren Publikationen schon immer eine besondere Rolle gespielt. Insbesondere die Monatszeitschriften »Soldat im Volk« und »Kameraden« (früher: »Alte Kameraden«) begleiten das aktuelle politische Geschehen mit völkischen und nationalistischen Kommentaren. Zwar hat der Anschluss der DDR den soldatischen Traditionsverbänden Anfang der 90er Jahre noch einmal neue Mitglieder zugeführt, an der Überalterung und ihrer Ausrichtung auf Frontberichterstattung à la »Entscheidungsschlacht in der Normandie« und verbands- und mitgliedsbezogenen Nachrichten hat dies im Grundsatz nichts geändert.

So wird auch innerhalb des »Verbandes deutscher Soldaten« (VdS) die langfristige Auflösung »durch den immer rascher fortschreitenden biologischen Prozess« als unumgänglich angesehen. Mittelfristig stehe allerdings»durch Gewinnung jüngerer Mitglieder, d.h. Bundeswehrangehörige, Reservisten, noch eine interessante Übergangszeit bevor«.1 Ob sich die mittelfristige Perspektive beim VdS erfüllen wird, bleibt abzuwarten. Erfolgreich platzieren konnte sich hingegen die »Deutsche Militärzeitschrift«, die erstmals im April 1995 erschien und inzwischen – im Unterschied zu »Soldat im Volk« und »Kameraden« – auch an vielen Kiosken zu erwerben ist. In ihrer erstenAusgabe hat die DMZ das Ziel der Zeitschrift wie folgt formuliert: »Es soll die Erlebnisgeneration (beider Weltkriege) zu Wort kommen (lassen) und all den Jüngeren schildern, was sie wirklich empfunden, erlebt und durchgemacht hat (...) und das geistige Erbe fortführen«.2 Zielgruppen der Publikation seien ehemalige Kriegsteilnehmer, aktive Soldaten, Reservisten und Vertriebene. Unter Leitung von Harald Thomas, einem früheren Funktionär des »Nationaleuropäischen Jugendwerks«, war der »Anneliese-Thomas-Verlag« bereits an Satz und Druck des »Witiko-Briefs«, dem Mitteilungsorgan des völkischen »Witiko-Bundes«, sowie an Herstellung und Vertrieb von »Alte Kameraden«, dem Organ der »Arbeitsgemeinschaft der Traditionsverbände und Kameradenwerke«, beteiligt.

Anfang 1997 wurde die Zeitschrift von der MTM Medien-Marketing-Team GmbH (Bad Soden) übernommen, Chefredakteur Wolfgang Dischert (Oberstleutnant a.D.) sicherte die Kontinuität. Obwohl weiterhin Autoren der extremen Rechten dominieren, gelingt ihm der Brückenschlag ins militaristische Spektrum. Im Unterschied zu den Stellungnahmen von DVU, REP und NPD wurde der Krieg der NATO gegen Jugoslawien in der DMZ gerechtfertigt. So betonte der Ehrenvorsitzende des »Witiko-Bundes«, Walter Staffa, das Recht der Völker auf ihr »rechtmäßiges Siedlungsgebiet« müsse Vorrang haben vor »historischen Grenzen«. In einem DMZ-Interview mit dem ehemaligen KFOR-Kommandeur Klaus Reinhardt legte dieser im Sommer 2000 ausführlich die offizielle Position der Hardthöhe dar. Mit dem Konservativen Rolf Clement, dem Leiter der Abteilung »Hintergrund« im Kölner Studio des Deutschlandfunks, und dem ehemaligen Generalleutnant Gerd Schultze-Rhonhof3 finden sich zudem zwei Autoren, die gegen Beschränkungen des Bundeswehr-Etats sind und eine breitere Verankerung der Bundeswehr in der Bevölkerung fordern.

Für die Herausgeber der DMZ soll »die Verknüpfung zwischen Geschichteund aktuellen militärischen und militärpolitischen Themen« dazu beitragen, »wie wir unsere Zukunft weiter positiv gestalten können«. In diesem Sinne singt die DMZ ein Loblied auf die spanische »Blaue Division«, die sich am imperialistischen Vernichtungskrieg der Wehrmacht gegen die Sowjetunion beteiligte, denn dort »wurde derselbe Feind bekämpft, den man im Bürgerkrieg schon einmal niedergerungen hatte: der Kommunismus.« Die dabei begangenen Kriegsverbrechen, etwa die Zerstörung der spanischen Stadt Guernica durch Bombenflugzeuge der deutschen Legion Condor im April 1937, werden in der DMZ in verharmlosender Weise als »internationale Greuelpropaganda gegen deutsche Soldaten« gedeutet. Auch in der Bewertung der nazistischen Expansionspolitik finden sich in der DMZ die üblichen Positionen der extremen Rechten. Wolfgang Strauss, Vertreter der nationalrevolutionären Strömung im Neofaschismus, verbreitet zum Beispiel die Behauptung, der Angriff auf die Sowjetunion sei ein »Präventivkrieg« gewesen. Emil Schlee, Ende der 80er Jahre hochrangiger REP-Funktionär und 1997 Unterstützer der volksverhetzenden Broschüre »Aufruf zur Notwehr«, verbreitet die Legende vom Friedenswillen des nationalsozialistischen Regimes: »Es ist wahrlich unfair und inhuman, dem deutschen Volk nach mehr als 50 Jahren trotz widerlegender historischer Fakten immer noch die Alleinschuld an allem Kriegsgeschehen auferlegen zu wollen!« Für Schlee ist Deutschland in diesem Jahrhundert nie »Subjekt«, sondern immer nur »Objekt« der Geschichte gewesen – »mit übler und verlogener Feind- und Greuelpropaganda überschüttet, menschenunwürdig behandelt, rechtlos gemacht, weitgehend ausgeraubt«. Den »Opfer«-Mythos teilt er mit einer Reihe weiterer Autoren der extremen Rechten, die sich in der DMZ über den »Vertreibungsholocaust« (Rolf-Josef Eibicht) auslassen, das Fortbestehen der UNO-Feindstaatenklauseln beklagen (Richard W. Eichler) oder bedauern, dass sich heute nicht wie noch nach 1919 »ein wachsendes Nationalgefühl gegen Anklagen von außen« aufbäumt (Gerhard Baumfalk).

Wie in anderen Publikationen der extremen Rechten wurde auch in der DMZ die Ausstellung »Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944« scharf attackiert. Über die Einbindung der DMZ in das Spektrum der extremen Rechten geben auch die Verlage Auskunft, die in der Zeitschrift inserieren. Hierzu zählen unter anderem der »Deutsche Stimme-Verlag« der NPD, die Verlage Siegfried Bublies, Grabert, Druffel oder Tim Schatowitz, der »Deutsche Freiheitslieder« des Neonazi-Barden Frank Rennicke anbietet. Auf Kundensuche sind des weiteren die Verleger waffentechnischer und militärhistorischer Publikationen, wie z.B. der Motorbuch-Verlag, Bernard & Graefe und Koehler-Mittler, und die Zeitschriften Internationales Waffen-Magazin und caliber. Auch der bundeswehrnahe Report-Verlag machte bereits Werbung in der DMZ, so etwa für das Buch Geopolitik 2000 von Felix Buck. Buck, Ende der 60er Jahre und in den 70er Jahren hochrangiger Funktionär der neofaschistischen NPD und deren »außen- und wehrpolitischer Experte«, spricht seinen besonderen Dank »den Herren Oberst a.D. Hubatschek, Oberst a.D. Preylowski sowie Kapitän z.S. Stockfisch« aus. In dem Buch entwickelt er – unter Berücksichtigung der Schriften Karl Haushofers, der bereits den Nazis Rechtfertigungen für ihre Expansionspolitik lieferte – Überlegungen zur zukünftigen Rolle Deutschlands in der Welt: »Deutschlands Interesse muß (...) darin liegen, den eigenen Betätigungsdrang (...) auf die weite eurasische Region zu richten. (...) Die Zukunft des deutschen Volkes liegt in der Erfüllung seiner Aufgaben in der Welt.«4 Neben der DMZ vertreibt die MTMGmbH – Geschäftsführerin: Martina Waßmuth – eine umfangreiche Palette von Waffen- und Militärliteratur sowie etliche Bücher, die der Rehabilitierung der Waffen-SS dienen. In der Internet-Präsentation werden nicht nur Schriften von »Nation & Europa«-Herausgeber Peter Dehoust oder dem Deutsche Stimme-Autor Jürgen Schwab angeboten, sondern auch Erkennungsmarken: »Nicht nur ein außergewöhnliches Schmuckstück«, sondern auch geeignet »für all diejenigen, die ihre Verbundenheit zu den deutschen Streitkräften zum Ausdruck bringen möchten.« 

  • 1Soldat im Volk 5/2000, S. 105
  • 2Deutsche Militärzeitschrift, genauso wie alle weiteren Zitate ohne Quellenangabe
  • 3Schultze-Rhonhof hatte bereits als Befehlshaber des Wehrbereichs II und Kommandeur der 1. Panzerdivision in einem Leserbrief in der DMZ Nr. 2 mitgeteilt, viele Artikel seien für seine »kriegsgeschichtlichen Studien« interessant. Schultze-Rhonhof trat 1997 der rechtskonservativen Gruppe Stimme der Mehrheit bei und engagierte sich beim Bundestagswahlkampf 1998 für den extrem rechten »Bund Freier Bürger« (BFB).
  • 4Felix Buck: Geopolitik 2000. Weltordnung im Wandel. Fankfurt/Main: Report Verlag 1996, S.280/281