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„Koalitionstreffen“ West-Berliner Neonazis verhindert

Einleitung

Am Sonntag, den 2. Oktober 1988 verhinderten etwa 100 AntifaschistInnen eine Veranstaltung von führenden West-Berliner Neonazis und rechten Funktionären aus fast allen ihren Verbänden. Die personelle Zusammensetzung dieses Treffens ist ein weiterer Beleg für die enge Zusammenarbeit von „Die Republikaner“ (REPs) bis zu den militanten Neonazis aus der „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) und der „Nationalistischen Front“ (NF).

Andreas Pohl von der NF (links) und Thomas Salomon von der NPD.

Hinter den Kulissen

Thomas Salomon aus dem NPD-Bundesvorstand (Beisitzer) soll die Veranstaltung angemeldet haben. Als Hauptredner der Veranstaltung zum "50. Jahrestag des Münchener Abkommens" damit der besiegelte "Wiederangliederung Sudetendeutschlands" an das „3. Reich“ stand der NPD-Funktionär Rolf Kosiek auf dem Programm. Der Mitarbeiter des einschlägigen „Grabert Verlag“ ist u.a. für ein "Instituts für deutsche Nachkriegsgeschichte" des Grabert Verlages als Leiter tätig.

Laut Beobachtungen und Fotodokumentationen Berliner AntifaschistInnen waren neben dem REP- Mitglied Wolfgang Wilkening, auch Thomas Salomon und einige Mitglieder der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) anwesend.1 Neben diesen Partei-Kreisen, war auch das braune Spektrum vor Ort, das bis Mitte 1987 in der rechten „Bürgerinitiative für Demokratie und Identität“ (BDI) zusammengearbeitet hatte. Laut AugenzeugInnen u.a. Mario D., einer der Hauptinitiatoren der Neonazi-Gruppe „Deutsche Jugendinitiative“ (DJI), Detlev Rose, der mit Mario D. schon zusammen in der 1982 verbotenen Gruppe „Deutsche Arbeiter Jugend“ (DAJ) aktiv war2 , oder der ehemalige Westberliner „Wiking Jugend“ (WJ)-Aktivist und heutiges FAP-Mitglied Lutz Schillok. Letzterer erschien zusammen mit seinen „FAP-Kameraden“ aus Berlin-Lichtenrade Arne Kaupat und Oliver Schweigert.

Stilecht mit „Knickerbocker-Hose“ war auch Andreas Pohl, der Anführer der Berliner "Nationalistischen Front" (NF) zusammen mit seinem Parteifreund Christian F. erschienen. In der bundesweiten NF-Struktur gilt der Musiker der Neonazi-Band "Kraft durch Froide" (KdF) als Organisationsleiter und stellvertretender Vorsitzender.

Nach außen hin betreiben die Fraktionenein politisches Verwirrspiel, treten mit verschiedenen Organisationen auf - teilweise konkurrierend - und sprechen damit unterschiedliche Zielgruppen in Westberlin an: Die NF viele Fußballfans und Skinheads und die FAP, etwas traditionalistischer ausgerichtet, die selbsternannten politischen Kader. Als gefestigte traditionelle Organisationen mit gleichem Weltbild sprechen NPD und "DVU-Liste D" eher Alt-Nazis bis hin zu reaktionäre bürgerliche Kräfte an. Daneben, scheinbar unbelastet von jeder Neonazi-Vergangenheit, versuchen die „Republikaner“ jene rassistische, ausländerfeindliche, und nationalistische Kreise anzusprechen, welche anstatt einer eindeutigen „Nazi-Partei“ sonst die CDU/CSU wählen würden.

  • 1Fotografiert - und wiedererkannt – wurde etwa auch der Westberliner Aktivist Andreas Storr, der sich zuvor am 4. Februar 1987 unauffällig in die antifaschistischeb Blockade vor dem Brückenkopf mischen konnte und am 5. August 1988 auf einer antifaschistischen Kundgebung auf dem ehemaligen Gestapo- Gelände herumspitzelte.
  • 2Die DAJ wurde 1983 im Rahmen von Strafverfolgungsmaßnahmen aufgelöst. 1984 wurde der Gründer verurteilt, da er nach Ansicht des Gerichts mit der DAJ eine Nachfolgeorganisation der NSDAP gegründet und damit gegen alliiertes Recht verstoßen hätte. Vgl. "Die Tageszeitung" (taz) vom 13. November 1984