Skip to main content

»Haare auf Krawall«

Connewitzer Verlagsbuchhandlung

»Die sogenannte DDR-Opposition bestand eben nicht nur aus messianischen Dissidenten, die aus dem Untergrund, hinter Kirchenmauem oder aus Widerstandsnestern gegen das System operierten, sondern aus Menschen, die den DDR Alltag nicht mehr mitgemacht oder sich gewehrt haben. (…) Das Projekt ist kein Jammerbericht oder eine späte Rache an den 'Roten' oder gar ein Nostalgieprodukt über die 'tolle' DDR. All das ist nicht unser Anliegen. Im Gegenteil.« Mit diesenWorten beschreiben die Autoren ihre Motivation für das vorliegende Buch. Der Untertitel des Werkes spiegelt den konkreten Inhalt am deutlichsten wieder: »Jugendsubkultur in Leipzig 1980 bis 1991«. Unterschiedliche Menschen aus Leipzig erzählen auf 291 Seiten über ihre Erlebnisse in der DDR. Sie berichten aus ihrem Leben und vor allem davon, was sie in dieser Zeit am meisten bewegt hat. Die Darstellung dessen reicht vom ganz normalen DDR-Alltag bis hin zu persönlichen Erlebnissen. Berichtet wird von Fußball, Konzerten, Demos, Hausbesetzungen, Totalverweigerung und Knast. Darüber hinaus werden die Jugendsubkulturen aus dieser Zeit ausführlich dargestellt, wodurch der Leser einen Eindruck von dem Verständnis erhält, welches diese Menschen antrieb, gegen das DDR-System zu rebellieren.

Von alltäglicher Repression, weil man bunte Haare hatte, bis hin zu Unverständnis über die Schizophrenie der DDR, wird hier alles geschildert, was einen dazu bewegen konnte, gegen dieses System zu sein. Eingebaute historische Darstellungen sollen helfen, die Erlebnisse in einen historischen Kontext zu setzen. Auf diesem Wege erhält der Leser einen guten Einblick in die politische Arbeit der subkulturellen Jugendlichen im Osten. Das Interessanteste dürfte allerdings sein, daß dieses Buch eben nicht mit dem Jahr 1989 endet, sondern die Jahre bis 1992 noch mit aufnimmt. So wird auch die Enttäuschung der Jugendlichen nach der Wende umfassend und verständlich deutlich gemacht und anschaulich dargestellt, wie ihre Träume zerplatzten. Der letzte Teil des Buches dreht sich daher auch weniger um linke Subkulturen, als vielmehr um die Auseinandersetzungen, die diese mit Rechten in Leipzig hatten. Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch, nicht nur für Menschen, die sich mit linker, subkultureller Geschichte auseinandersetzen wollen.

Haare auf Krawall, Jugendsubkultur in Leipzig 1980 bis 1991.
Leipzig: Verlag Connewitzer Verlagsbuchhandlung,
1999, 291 S., DM 24,80.