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Einzelfall Bundeswehr - "Wehrsportgruppe Rühe" macht weiter

Einleitung

Wenn vorgesetzte Offiziere an Hitlergrüßen keinen Anstoß nehmen, Wehrmachtslieder singen lassen oder am 20. April dienstfrei geben, damit die Truppe »Führers Geburtstag« feiern kann, dann sind das weder »bedauerliche Einzelfälle«; noch »vereinzelte Vorfälle«. Es sind deutliche Anzeichen für gewisse strukturelle und politische Übereinstimmungen zwischen Bundeswehr und Neonazismus.

Die Gebirgstruppe

Zwar ist es richtig, daß die Bundeswehr derzeit mit einer neuen Generation von Neonazis exerzieren muß, die sich anders als ihre organisierten Vorgänger in den 70er oder 80er Jahren weniger konspirativ verhalten. Ihr Hang, offen mit Hakenkreuzen und Hitlergrüßen zu posieren, hat lediglich dazu geführt, daß die Öffentlichkeit nun ihren Blick auch auf die Hinterzimmer der Kasernen richtet, in denen Offiziere seit langem Wehrmachtsdevotionalien horten. Die jugendlichen Neonazis aus Ost und West werden nicht wegen ihrer unverhohlenen NS-Videos als »Nestbeschmutzer« angesehen, sondern weil sie die Öffentlichkeit aufgeschreckt haben.

Daß zwei Drittel der "Rechtsextremisten" zum Bund gehen, hat eine Studie schon 1993 festgestellt. Demnach sind »rechtsorientierte« Jugendliche »unter den Wehrpflichtigen überrepräsentiert«. Gewarnt wurde auch 1993 schon vor rechtsextremen Gruppenbildungen. 10 bis 15 Prozent seiner Untergebenen, so die vorsichtige Schätzung eines Kommandeurs sächsischer Panzergrenadiere, hingen einer eher "rechtsextremen" Orientierung nach. Eine andere Studie konstatiert bei 32 Prozent der Offiziersanwärter, etwas höflicher ausgedrückt, eine Neigung zu nationalkonservativem Gedankengut.

»Ein Volk, ein Staat, eine Armee« - Identität durch Wehrmachtstradition

Die Bundeswehrführung hätte also längst Vorsorge treffen können, dann müßte sich der MAD (Militärischer Abschirmdienst) jetzt nicht mit 760 »schamlosen Einzelfällen« befassen. Der Verteidigungsminister ist jedoch auf Persona] angewiesen, das sich mit »Volk, Nation und Vaterland« identifiziert, mit dem Prinzip »Ein Volk, ein Staat, eine Armee«, wie es der ehemalige Staatskretär im Verteidigungsministerium, Jörg Schönbohm, im Oktober 1995 in gewisser Analogie zu der NS-Parole »Ein Volk, ein Reich, ein Führer« formulierte. Etwas vornehmer drückte sich der Marineoffizier und Kapitän zur See, Dieter Stockfisch, im Juni 1996 in der Bundeswehr-Zeitschrift »Soldat und Technik« aus: Der Soldat bedürfe der »Sichtbarkeit sei ner Geschichte und muß in ihr verwurzelt sein, denn Geschichte begründet Identität und trägt zur Orientierung bei.«

Orientierung erhielt die Bundeswehr schon bei ihrer Entstehung von ehemaligen NS-Generälen. Als sie 1955 gegen den Widerstand einer großen antimilitaristischen Bewegung gegründet wurde, stammten allein 31 von 38 Generälen und 100 von 237 Obristen aus den Generalstäben der Wehrmacht. 681 Soldaten und Reservisten hatten sich im verbrecherischen Nazikrieg die höchste Auszeichnung verdient, das von Hitler persönlich verliehene Ritterkreuz. Der erste Generalinspekteur der Bundeswehr, Adolf Heusinger, hatte als stellvertretender Chef des Oberkommandos der Wehrmacht gedient. Sein Nachfolger Heinz Trettner hatte eine rasante Wehrmachtskarriere hinter, die sich u.a. auf

seine Beteiligung an der Zerstörung des baskischen Ortes Guernica gründete. Er trat zurück, als durch den sogenannten Gewerkschaftserlass die Kasernen für die ÖTV geöffnet wurden. Andere Offiziere stellten sich der Öffentlichkeit erst nach ihrer Pensionierung oder Entlassung aus der Bundeswehr als ausgesprochen aktive ultra-rechte Akteure oder Neonazis dar (siehe Kasten). Sie haben die Truppe jahrzehntelang und nachhaltig geprägt. Unter ihrer Führung wurden die Kasernen nach den hitlertreuen Generälen Dietl, Kübler, Mölders oder Rommel benannt. Zu den nazistischen Vorbildern gesellten sich revanchistische Ansprüche, die ihren Ausdruck in der »Ostpreußen«- oder »Pommernkaserne« fanden. In sog. Traditionszimmern werden Wehrmachtsdevotionalien gehortet, meist von Patenschaftsverbänden der Wehrmacht. Unzählige Reservisten-, Kameradschafts- und Soldatenbünde sind nach wie vor fester Bestandteil offizieller Gedenkfeiern und Traditionsstunden.

Dass sich zum Beispiel die Neugründung der Gebirgsjägerdivision vor dem Hintergrund der alten Wehrmacht vollzog, wurde in der "Kameradenzeitung" »Die Gebirgstruppe« vom Kommandeur der 1. Gebirgsdivision, Hans Buchner, 1957 direkt beworben: Die „große Anzahl von Soldaten (…) die sich (…) von den Gebirgs-Divisionen des Krieges her kennen“ seien „ein besonderes Glück“. Denn „jeder dieser alten Angehörigen der Gebirgstruppe“ trage dazu bei, „daß auch diese neue 1. Gebirgs-Division wieder von jenem Geist, von jener Haltung und von jener Eigenart erfüllt [werde, die] die Gebirgs-Divisionen der Wehrmacht (…) hatten.“ Laut Buchner, sei es regelrecht „erfreulich, feststellen zu können, daß unsere jungen Freiwilligen auf dem besten Wege sind, diese wertvolle Überlieferung zu übernehmen und weiterzutragen.“1

Ein Beispiel für das Zusammenspiel von Tradition und Neonazismus sind die in Hammelburg entstandenen Skandalvideos. In den Antifaschistischen Nachrichten hat Uli Sander ausführlich über die für die Videos verantwortlichen Gebirgsjäger aus Sachsen und Bayern berichtet. Der Chef der Elitetruppe, Generalmajor Rainer Jung, war dadurch aufgefallen, daß er sich vehement gegen die Umbenennung der Dietl-Kaserne in Füssen gewehrt hatte.

Zur Traditionspflege und politischen Bildung trägt auch der von Ludwig Hörl (Oberst a.D.), Otto-Heinrich Stumpf und Konrad Leickert gegründete Verein »Kameradenkreis der Gebirgstruppe e.V.« bei. Rund 10.000 Mann - Bundeswehrsoldaten, Reservisten, SS- und Wehrmachtsveteranen - gehören dem "Kameradenkreis" um den Vorstand Karl Reinhold Griessinger (Oberstleutnant a.D.), Gerhart Klamert (ehem. Senator) und Siegbert Ferner (Oberstabsfeldwebel a.D.) an, in dessen Organ »Die Gebirgstruppe« die Wehrmachtsverbrechen mehr oder weniger geleugnet und rechte bis extrem rechte Thesen vertreten wurden. So erklärte der Kameradenkreis, er wolle »kompromißlos für die Ehre der Soldaten der Wehrmacht eintreten«. Im Juni 1992 fordert der ultra-rechte Prof. Karl Steinbuch in der »Die Gebirgstruppe«: »Schluß jetzt mit der Umerziehung, die unser Volk verblödet hat, mit der Ideologie gegen die eigene Existenz, mit Trauerarbeitsrhetorik, bollerndem Moralismus und Zeitgeistprostitution.«

Auf dem Höhepunkt der pogromartigen Angriffe gegen Flüchtlinge im Februar 1993 druckte »Die Gebirgstruppe« eine Erklärung aus dem Kreis des »Ring Deutscher Soldaten«, in der die Politiker »unseres Landes« aufgefordert wurden, »das aufgeregte Gerede über eine angebliche Ausländerfeindlichkeit des ganzen deutschen Volkes sofort einzustellen und stattdessen die offenkundige Ursache für die schändlichen Übergriffe, nämlich die Duldung des schamlosen Mißbrauchs des im Grundgesetz verankerten Asylrechts abzustellen«.

Die jährlich stattfindenden Pfingsttreffen von Wehrmachtsgebirgsjägern und der entsprechenden Bundeswehrtruppe bei Mittenwald werden von prominenten Generälen bis hin zum Verteidigungsminister selbst besucht. Es wundert kaum, wenn die Gebirgsjäger z.T. auch direkt an rechten und rassistischen Ausschreitungen beteiligt sind. So im Mai 1993, als Angehörige der Truppe in einem Intercity nicht nur NS-Parolen brüllten, sondern auch einen behinderten ausländischen Fahrgast angriffen und verletzten.

Neonazistische Subkultur in der Truppe

Weniger die Tatsache, daß mit einer größer werdenden Neonaziszene auch der Anteil der Neonazis in der Bundeswehr steigt, als die Toleranz, die ihnen in der Truppe entgegengebracht wird, ist entscheidend. In Altenstadt, wo eine Gruppe von Unteroffizieren in und außerhalb der Kaserne ihr neonazistisches Unwesen trieb, wurden auf dem Flur des Ausbildungszentrums Wehrmachtsdevotionalien ausgestellt. Am 20. Mai beging man mit dem »Bund Deutscher Fallschirmjäger e.V.« den "Kreta-Tag", bei dem Kampflieder des Zweiten Weltkrieges gesungen wurden. Der von Rudolf Witzig (Oberst a.D.), Otto Rausch (Oberstleutnant a.D.) und Friedrich Fassbender gegründete Fallschirmjäger-Verein wird aktuell von Fritz Eckert (Brigadegeneral a.D.) und Günter Hartmann geleitet. Am 20. April kam es vor, daß dienstfrei gegeben wurde, damit die Truppe »Führers Geburtstag« feiern konnte. Erst als die Zeitschrift »Stern« die Vorfälle in Altenstadt dokumentierte, wurde der "Kreta-Tag" für 1998 abgeschafft und vorsorglich eine Razzia angeordnet. Zutage kam ein Waffenlager, das nicht nur allerlei scharfe Waffen und Sprengmittel enthielt, sondern auch eine Anleitung zum Rohrbombenbau samt Rohr und Unkraut-Ex. NS-Kult und neonazistische Subkultur war derart normal in Altenstadt, daß Vorgesetzte an Hitlergrüßen keinen Anstoß nahmen und mehrere Unteroffiziere gegenüber dem "Stern" aussagten, sie wären sich als Außenseiter vorgekommen, »wenn wir nicht mitgemacht hätten!«. Ähnlich äußerte sich auch Christian Krause, der Sohn des ehemaligen Bundesverkehrsministers, der kurz vor der Beendigung seines Wehrdienstes Ende 1997 mit neuen »Einzelfällen« aus dem normalen Truppenleben der Frieslandkaserne in Varel an die Öffentlichkeit gegangen war. Krause gehört zu den wenigen Soldaten, die sich überhaupt mit dem alltäglichen "Rechtsextremismus" in der Truppe an die Öffentlichkeit wenden. Sie gelten als »Nestbeschmutzer« und »Störenfriede«. Folgerichtig läßt das Bundesverteidigungsministerium in einer ersten Reaktion gegen Krause selbst ermitteln anstatt gegen seine Kameraden. Ein anderer Soldat, der sich mit einer Eingabe bei der Wehrbeauftragten darüber beschwerte, daß sein Vorgesetzter, ein Oberstleutnant, das  Bild des hitlertreuen Generals Heinz Guderian in sein Dienstzimmer gehängt hatte, wurde kurzerhand versetzt und muß nun 500 km von seiner Familie entfernt Dienst tun. Auch Helmut Prieß, Sprecher des kritischen Soldatenarbeitskreises »Darmstädter Signal« gilt als »Nestbeschmutzer«. Er hatte schon 1992 von einer Abschiedsfeier höherer Offiziere in Düsseldorf berichtet, während derer einem General ein Bild mit der Aufschrift »Die deutsche Rasse muß wiedervereinigt werden« geschenkt wurde. Auch dies offensichtlich ein unbeanstandeter, alltäglicher Vorfall in Offizierskreisen.

In diesem Umfeld aus NS- und wehrmachtsverherrlichender Traditionspflege, Rassismus und Revanchismus haben es die Neonazis leicht, eine eigene Subkultur zu bilden. Darauf verweisen zahlreiche Spindkontrollen, die nach rechtsextremen »Zwischenfällen« bei beteiligten Soldaten durchgeführt wurden. In der Regel kam, wie bei den Truppenangehörigen, die 1997 in der Detmolder Innenstadt über mehrere Nichtdeutsche hergefallen waren, Propagandamaterial neonazistischer Organisationen zutage. Bei den Produzenten des Schneeberger Videos waren NS-CDs und Propagandamaterial in solcher Menge vorhanden, daß davon ausgegangen werden muß, daß sie damit in der Bundeswehr einen schwunghaften Handel betrieben. Schon weil die Bundeswehr weit mehr bietet als jede Neonazi-"Wehrsportgruppe", empfehlen neonazistische Kader wie Steffen Hupka im Strategie-Blatt "Umbruch" dringend eine entsprechende Ausbildung an der Waffe. Im Neonazi-Internet-Projekt "Thule Netz " wird der Tip gegeben, sich jetzt schnell bei der Truppe zu melden, bevor möglicherweise Maßnahmen zur Überprüfung der Wehrpflichtigen ergriffen werden.

Jenseits des gigantischen Netzwerks aus Traditions-, Reservisten- und Soldatenverbänden hat die NPD-Jugend großspurig gleich mal die Gründung einer eigenen Soldatenvereinigung angekündigt.

Weltmachtbestrebungen des Männerbundes

Mehr noch als die Neonazis fördert die Bundeswehr vermutlich selbst die starken rechten Tendenzen in ihren Reihen. Nicht nur, daß sie auf Personal angewiesen ist, das neben der Identifikation mit Volk, Nation und Geschichte auch die Bereitschaft mitbringen muß, sich in unsinnigen Hierarchien einzupassen und dem stupiden System von Befehl und Gehorsam zu unterwerfen, sich im Männerbund zurechtzufinden und seine Mitmenschen zu töten. Nach Jahrzehnten des Selbstverständnisses als Verteidigungsarmee wird nun darüber hinaus wieder für konventionelle Einsätze jenseits der Grenzen geübt. Die verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992 formulieren den Anspruch einer weltweiten »Verteidigung« der »vitalen Selbstinteressen« Deutschlands. Dazu gehören die »Aufrechterhaltung des freien Welthandels« und der »strategische Zugang zu Märkten und Rohstoffen«. Die zukünftigen geplanten Kriege orientieren sich demnach nicht nur am Interesse des Kapitals, sie orientieren sich zugleich an der neuen Rolle Deutschlands als imperialistische Weltmacht. Der Gedanke, anderen überlegen zu sein, ist Voraussetzung für ein derartiges Vorgehen. Es ist übrigens auch Voraussetzung für die angeblich friedensstiftenden Einsätze, nämlich dann, wenn in Somalia oder auf den Balkan »Ordnung geschaffen« wird. Im Bundeswehrorgan »Truppenpraxis/Wehrübung« (2/1996) wird dem »Arier« nicht mehr der »Untermensch« der Naziideologie gegenübergestellt, sondern dem »zivilisierten westlichen Soldaten« der »rohe, barbarische fremde Krieger«, der »dem Proletariat entstammt«. In dem 1996 erschienenen Artikel, der mit »Grundsätze zur modernen Kriegführung« überschreiben ist, wird von Oberleutnant i.G. Reinhard Herden2
auch weiterhin jene Art von Haß vermittelt, der die Militärs dazu bringen soll, andere auf Befehl zu töten. »Bundeswehrsoldaten haben keine Vorstellung von der Grausamkeit, zu der diese Art Krieger fällig sind (...) Es wäre (...) unklug, sie nicht für die brutale kleinen Kriege gegen die kleinen bösen Männer auszubilden (...) Sie werden auf einen Gegner treffen, der Gefallen am Töten gefunden hat, der sich rational verhält, der zu unbeschreiblichen Greueltaten fähig ist und seine Landsleute opfert, um zu überleben.«

Kein Wunder also, wenn ein in Bosnien eingesetzter Oberst der Reserve in Hammelburg die markige Losung ausgab: »Gefangene werden nicht gemacht«. Das erste Video von Hammelburg dürfte vermutlich den Ausbildungsalltag realistischer widerspiegeln, als denen lieb ist, die die Bundeswehr für eine humanistische Friedenstruppe halten, deren Einsatz in aller Welt man beruhigt zustimmen kann.

Klaus Theweleit, der sich in seinem Buch »Männerphantasien« ausgiebig mit dem Militarismus befaßt hat, kommt in einem Interview mit der »Jungle World« zu dem Ergebnis, daß mit dem Video nur dokumentiert sei, was in allen Armeen Alltag sei: »Armeen sind zumindest in ihrer Zielrichtung potentielle Tötungsinstrumente. Das wird dort geübt. Wer das nicht wissen will, interessiert sich nicht für die Armeen. Dort werden Leute zu Killern ausgebildet, und natürlich stellen sich ihre 'Übungen' entsprechend dar«.

Die Bundeswehr als Militärapparat wird darum kaum reformierbar sein. Sie weist schon von ihrem Selbstverständnis her viele Überschneidungen mit der (extremen) Rechten auf. Ihre imperialistischen Weltmachtbestrebungen gründen sich nicht zuletzt auf Überlegenheitsgefühlen gegenüber anderen. Drill, autoritärer Befehl und Gehorsam vermögen zwar einen willenlosen Befehlsempfänger zu dressieren, nicht aber einen couragierten Staatsbürger. Nicht zuletzt spielt die Waffen- und Gewaltfaszination eine wichtige Rolle, die ihren Ausdruck auch in der Pflege der Wehrmachtstradition findet.

Nichtsdestotrotz ist es für die antifaschistische Bewegung nicht unentscheidend, ob die Neonazis in der Bundeswehr ausgebildet und möglicherweise sogar bei Auslandseinsätzen eingesetzt werden. Die Ausbildung in der Bundeswehr wird, wie die Söldnereinsätze bei der faschistischen Miliz in Kroatien (HOS), nicht nur ihre Kameradschaften stärken, sondern auch ihre Brutalität fördern.

Wichtiger jedoch ist die Aufdeckung der militaristischen Realität, die nach den Imagekampagnen der Bundeswehr als »Hilfstruppe« an der Oder und als »Friedenstruppe« in Bosnien offensichtlich aus dem Bewußtsein einer Öffentlichkeit, die schon mal kritischer war, verschwunden ist. Ansatzpunkte dafür dürfte es nicht nur bei öffentlichen Rekutenvereidigungen oder dumpf nationalistischen Zapfenstreichen geben, sondern an fast jedem Standort.

Vom Bund in die Politik

Diverse Bundeswehr-Führungskräfte, deren »geistiger Führung« Generationen junger Männer anvertraut waren, stellen sich nach ihrer Pensionierung oder Entlassung als ausgesprochen politische Akteure im rechten bis ultra-rechten Spektrum heraus:

- Brigadegeneral a.D. Reinhard Uhle-Wettler (Timmendorfer Strand) gehört derzeit zu den meist gefragten Publizisten und Referenten der rechten Szene. Er war Landesvorsitzender der rechten "Ostpartei" DSU in Niedersachsen und referierte u.a. für die neonazistische »Gesellschaft für freie Publizistik« (GfP). Er bildet zusammen mit Joachim Weber (Hamburg) den Vorstand der extrem rechten "Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft" (SWG).

- Generalleutnant a.D. Franz Uhle-Wettler, sein Bruder, referierte u.a. vor der neonazistischen »Deutschen Kulturgemeinschaft« ("Berliner Kulturgemeinschaft Preußen"), dem ultra-rechten Berliner "Deutschen Kolleg"/"Berliner Gesprächskreis" dem "Deutschen Seminar" (Nürtingen) oder der Sommeruniversität der rechten Publikation »Jungen Freiheit«. Er war Kuratoriumsmiglied der »Carl-Schurz-Stiftung« aus dem Kreis der »Die Republikaner« (REPs) und Interviewpartner der extrem rechten Publikation »Europa vorn«.

- General a.D. Günter Kiesling, ehemaliger stellvertretender Oberbefehlshaber der NATO, war Mitglied der Bonner "Burschenschaft Sugambria" und Referent in burschenschaftlichen Kreisen, Autor in der extrem rechten österreichischen Zeitschrift »Aula« und in der "Junge Freiheit". ER relativierte im Organ der Bundeszentrale für politische Bildung »Parlament«, die Wehrmachtsverbrechen. Für den "Arndt-Verlag" des Kieler rechtsen "Ostlandritters" Dietmar Munier verfaßte Kiesling einen Buchbeitrag. Beim »Deutschen Seminar« und der »Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt« referierte der Ex-General.

- Brigadegeneral a.D. Heinz Karst (eigentlich Heinrich Karst) wird zu dem Spektrum der »Neuen Rechten« gezählt. Er war im Führungskreis der "Deutschland Stiftung" und des "Studienzentrum Weikersheim". Er gehörte 1993 zu den Initiatoren der "Hans-Filbinger-Stiftung", die das rechte "Studienzentrum Weikersheim" fördern sollte. Er veröffentlichte im »Deutschland-Magazin« und der »Europa-Brücke« der »Ludwig-Frank-Stiftung«.

- Vizeadmiral a.D. Karl Adolf Zenker und Brigadegeneral a.D. Paul-Albert Scherer (ehem. MAD) werden den Kreisen zu der unter verschiedenen Namen agierenden "La Rouche"-Bewegung zugerechnet. Die Gruppierung trat unter den Namen wie »Europäische Arbeiterpartei«, »Patrioten für Deutschland« oder »Bürgerrechtsbewegung Solidarität« auf. Lyndon La Rouche formuliert sein Anliegen einmal so: »Es ist nicht notwendig, ein Hakenkreuz zu tragen, um ein Faschist zu sein. (...) Es ist einfach notwendig, einer zu sein!«. ("Neue Solidarität", 7.7.1978)

- Konteradmiral a.D. Günter Poser gründete 1986 eine bedeutungslose "Deutschland-Partei", die in den "Die Republikaner" aufging. 1987 wurde er stellvertretender Bundesvorsitzender der "Republikaner" (REPs). Später fungierte er als stellvertretender Vorsitzender der »Repulikaner«-Abspaltung »Aufbruch 94 - Deutscher Freier Wählerbund«.

- Oberstleutnant a.D. Alfred Mechtersheimer gründete das rechte "Friedenskomitee 2000" und ist Chef der ultra-rechten »Deutschland-Bewegung« und Kopf einer "Deutschen Aufbau Organisation". Er ist als Referent quer durch das rechte bis extrem rechte Lager unterwegs.

- der Reserveoffizier und Hauptmann der Reserve Emil Schlee war Führungsfunktionär in mehreren Vertriebenen-Verbänden, Akteur in der "La Rouche"-Bewegung und ehemaliger Abgeordneter der »Republikaner« im Europaparlament. Er ist Vorsitzender des »Aufbruch 94 - Deutscher Freier Wählerbund«.

- der NPD-Vorsitzende Udo Voigt war in der Bundeswehr Hauptmann gewesen

  • 1Vgl.: "Die neue deutsche Gebirgstruppe", in "Die Gebirgstruppe" 1957 / Heft 2-4, S.277-280
  • 2Laut dem Heft ist Oberstleutnant i.G. Reinhard Herden Angehöriger des Amtes für Nachrichtenwesen der Bundeswehr und dort als Bereitsleiter für Analysen und Risikoprognosen verantwortlich.