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Kurzmeldungen zu FAP, DVU und rechten Skinheads

Einleitung

Berichte zu Neonazismus aus Hannover, Passau und Braunschweig.

Bornemann FAP
(Screenshot: Dokumentation: Roger Bornemann - Tod eines Skinheads, 1989)

Der FAP-Mitgliedsausweis des ermordeten Roger Bornemann.

Hannover: Eskalierende Gewalt, Prozesse und unaufgeklärte Morde

Zu zehn Jahren Haft ist der Leiter der Wehrsportgruppe "EK1" (auch "Gemeinschaft Eisernes Kreuz"), Bernd Futter, verurteilt worden. Die Angeklagten Bernd Futter, Andreas Runge und Thomas Quade gehörten zur „Sport– und Sicherheitskameradschaft Eisernes Kreuz“ (EK 1) die u.a. aus Aktivisten der „FAP“ zusammengesetzt war. Sie verübten Brandanschläge unter anderem auf eine Ausländerwohnheim im Jahr 1986, ein türkisches Übersetzerbüro und das „Unabhängige Jugendzentrum“ (UJZ) Kornstrasse. Auch ein Mietshaus war betroffen, da es keine FAP-Plakate an den Wänden wollte. Glücklicherweise scheiterten diese Versuche „möglichst viele draufgehen zu lassen“.

Ein Anschlag auf eine Polizeiwache in der Höfestrasse, der ebenfalls von dieser Gruppe gemacht worden ist, wurde erst von der politischen Staatsanwaltschaft verfolgt, da diese dachte Linke hätten gezündelt. Als sich jedoch herausstellte, daß es Neonazis waren, gab die "Politische" das Verfahren ab.

Auf dem „EK 1 Strafkonto“ befanden sich auch Einbrüche in Schmuck- und Antiquitätenläden sowie in die Wohnungen des hannoverschen »FAP-Gruppenführers« Siegfried Müller und seines „Kameraden“ Jörg-Gabriel Kiem, genannt „Hein“.1

Im Prozess beschuldigte Bernd Futter den „FAP-Gauleiter“ Siegfried „Siggi“ Müller mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet zu haben. Auch Futter gab Informationen an die Kriminalpolizei weiter. Ein Verfassungsschutz-Agent (Decknamen „Guhr“) in der Neonazi-Gruppe war auch an Anschlägen beteiligt.

Der 17-jährige Roger Bornemann wurde offenbar für seine Aussagen bei der Polizei von seinen „Kameraden“ der EK1 totgeschlagen. Der Altnazi Reinhard Lotze hatte zuvor eine Schweigepflicht und strikte Disziplin verlangende Satzung des EK 1 geschrieben.

Das Landgerichts Hannover schloß eine politische Motivation aus, obwohl Täter wie Opfer Mitglied der NS-Wehrsportgruppe waren. Den Haupttäter Tom Kuss verurteilte es wegen Mordes zu zehn Jahren Haft. Mit Ausnahme von Kuss hatten seine Mitangeklagten Peter St. (18), Hans-Jürgen Sch. (18) und Marco Sch. (18) vor Gericht ausgesagt.

Der „Spiegel“ berichtet Bornemann habe durch die Einbrüche belastende Materialien - das »rote Buch« und ein Video - erlangt. Darin seien Angaben über schwere Straftaten – wie den Mord an dem Skinhead Niels Krückeberg und Szenen sexueller Gewalt innerhalb der Neonaziszene - festgehalten. Die Polizei hat Buch und Kassette nie gefunden. Der Vater des ermordeten Gerd Bornemann hatte sich zu einer Nebenklage entschlossen. Die Nebenklage vertrat Gerhard Schröder (SPD). Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zu führen, war von der politischen Staatsanwaltschaft abgelehnt worden: »Für das Vorliegen« einer kriminellen Vereinigung gebe es »zur Zeit keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte«.

DVU Treffen in Passau

Alljährlich trifft sich die „Deutsche Volksunion“ (DVU) in Passau (Bayern), um dort ihren Vorsitzenden Gerhard Frey wiederzuwählen und ihre neueste Propaganda an die Mitglieder zu bringen. Am 15. August 1987 fuhr eine Westberliner Antifa-Jugendgruppe nach Passau, um gegen die DVU zu demonstrieren und berichtet im AIB:

"Der Tag fing mit einer Demonstration an, die vom Rathausplatz bis zur Nibelungen-Halle, wo sich die Neonazis trafen, führte. Die Demonstration verlief außer ein paar Ausnahmen ziemlich friedlich, das aber nur bis hin zur Halle, wo etwa 40 bis 50 Neonazi-Skinheads rumstanden und den Saalschutz machten. Diese waren von den 1000 DemonstrantInnen durch die Polizei abgeschirmt. Währenddessen wurde bei den Neonazis in der Halle ein "Andreas-Hofer-Preis" verliehen und Frey mal wieder zum Vorsitzenden gewählt. Als dann die DemonstrantInnen versuchten, eine Blockade zu machen, machten die Polizisten von ihrem Schlagstock gebrauch. Abends fand dann im „Zeughaus“ ein antifaschistisches Punk-Konzert statt, bei dem der Neonazi-Saalschutz auftauchte, die Angreifer zogen es nach Gegenwehr schnell wieder vor sich wieder in die Nibelungen-Halle zu verdrücken. Die Kandidatur der „Liste D“ in Bremen stand im Mittelpunkt des „6. Bundestreffen“ der DVU mit Auftritt von Martin Mußgnug (Bundesvorsitzender NPD) und über 2.000 TeilnehmerInnen. Mit Walter Seetzen war ein weiterer NPD-Funktionär eingeladen gewesen. Für die Wahl zur Bremer Bürgerschaft haben NPD und die DVU gemeinsam die „DVU - Liste D“ als Partei gegründet. Der mit 20.000 DM dotierte „Andreas–Hofer–Preis“ ging an den Südtiroler Paul Pichler. Der Engländer David Irving hielt einen Vortrag zum Thema Rudolf Heß."

Braunschweig

Neonazi-Skinheads haben am 17. und 18 November versucht zwei besetzte Häuser anzugreifen. Dabei wurden Fenster eingeschlagen und weiter entfernt sogar Brandsätze geworfen. Da die circa 70 Neonazis einige Koordinationsschwierigkeiten hatten, konnte ungefähr die Hälfte von ihnen von den BewohnerInnen in die Flucht geschlagen werden. Die Polizei soll die angreifenden Neonazis laut Augenzeugen teilweise unterstützt haben. Am 5. Dezember findet daher eine Demonstration gegen „Bullenterror und Naziüberfalle“ in Braunschweig statt.

  • 1Vgl. Rechte Armee Fraktion, DER SPIEGEL 33/1987