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Kurzmeldungen zu FAP, REP, Graue Wölfe (1987)

Einleitung

Kurzmeldungen aus West-Berlin, Mackenrode und Kellinghusen.

Karl Polacek

Karl Polacek in Mackenrode

Westberlin: Neonazis greifen Anti-Reagan-DemonstrantInnen an

Sechs bis zehn Neonazis versteckten sich am 11. Juni 1987 hinter einer Polizeiwanne bei Woolworth. als der autonome Demonstrationsblock Richtung Wittenbergplatz zog. Einer der eingesetzten Beamten sagte zu einem der dortigen Neonazis sinngemäß, da kommen die Steinewerfer, die machen wir zusammen alle. Außerdem bedrohte einer der Neonazis eine dort anwesende Journalistin. Den DemonstrantInnen gelang es einen Neonazi hinter dem Polizeischutz hervorzuziehen. Als die Polizei dann "Knüppel frei" gab, griffen die Neonazis zu Steinen und schmissen sie in die Demonstration. Ob es dabei Verletzungen gegeben hat, wissen wir nicht. (Quelle: Antifaschistisches Nottelefon)

Neonazis in Mackenrode

In dem Dorf Mackenrode (Niedersachsen) dient das Haus von Karl Polacek (52, arbeitsloser Schiffselektriker) als organisatorisches Zentrum der FAP. Seitdem dieser auch Überregional genutzte Treffpunkt besteht, hat sich der Neonaziterror im Raum Göttingen verstärkt. Neben Überfallen auf Ausländer und Schwule, einem Brandanschlag auf ein lokales Jugendzentrum, fanden auch schon Neonazi-Aufmärsche in dem Dorf statt. Einwohner des Dorfes forderten Polacek mit einer Unterschriftenliste auf das Dorf zu verlassen. Am 25. Juni 1987 brannte Polaceks Garage mitsamt seinem Auto ab. Ein "Antifaschistisches Kommando Siegbert und Lotte Rotholz" übernahm in einer zweiseitigen Erklärung die Verantwortung für den Anschlag.

Neonazis in Kellinghusen

Unter starkem Polizeischutz fand in Kellinghusen (Schleswig-Holstein) ein FAP-Treffen statt. Acht israelische Sportschützen, die in einem Gasthof im Dorf schon Zimmer gebucht hatten, wurden von der Polizei aus "Sicherheitsgründen" zum Räumen ihrer Unterkunft vor den Neonazis bewegt. Einige Autos der Neonazis wurden durch Steinwürfe von GegendemonstrantInnen beschädigt.

Graue Wölfe in Berlin-Wedding

Verschiedene Gruppen aus der Türkei und deutsche Gruppen hatten für den 2. Juli 1987 zu einer Kundgebung gegen den Führer der (neo)faschistischen „Grauen Wölfe“ Alparslan Türkeş mit Plakaten und Flugblättern mobilisiert. Erst am 2. Juli 1987 war dann endgültig klar, dass Alparslan Türkeş nicht kommt. Die linken Gruppen wollten die Kundgebung trotzdem gegen das Zentrum der „Grauen Wölfe“ in der Neuen Hochstrasse durchführen. Es kamen circa 150 AntifaschistInnen. Für die Demonstration ziemlich unerwartet war das extrem provokative Verhalten der Polizei. Mit circa 17 "Polizeiwannen" rund um den Gesundbrunnen waren sie präsent. Bei ähnlichen Kundgebungen gegen Veranstaltungen der „Grauen Wölfe“ kamen sie sonst nur mit ein oder zwei Mannschaftswagen. Schon an Treffpunkt Pankstrasse fing die Polizei mit ihren Provokationen an. Als AntifaschistInnen zum Kundgebungsort Gesundbrunnen gingen, liefen sie mit gezückten Knüppeln neben diesen her und fingen an auf Leute einzuhauen, die z.B. bei Rot über die Straße gingen. Am Gesundbrunnen bauten sich Sondereinsatzpolizisten um die Demonstration herum auf. Der Redebeitrag auf türkisch war gerade beendet, als die Polizei ihre Provokationen verstärkten und mit ihren Schilden die Reihen wegzudrängen versuchten. Es war klar, was sie vorhatten: Eine "Knüppelei" anfangen und DemonstrantInnen festnehmen. Deshalb wurde die Kundgebung beendet und die TeilnehmerInnen gingen geschlossen zur U-Bahn.

West-Berlin: REPs vor dem Reichstag

Das hätte SS-Schönhuber (eigentlich: Franz Xaver Schönhuber) nicht erwartet. Aus der deutsch-nationalen Kundgebung am 14. Juli 1987 vor dem Reichstag wurde nichts. Entschlossene AntifaschistInnen gelang es die feierliche angekündigte Gründung des Berliner Zweigs der "Republikaner" (REPs) gründlich in die Hose gehen zu lassen. Seit Wochen erzeugten Aus- und Übertritte von extrem rechtslastigen Funktionären der Berlin-Tiergartener CDU-Jugend „Junge Union“ (JU) für auffälligen Pressewirbel um die neugegründete Berliner Organisation um den evangelischen Professor Klaus Weinschenk die bislang noch öffentlich aufgetreten war. Bei der Landtagswahl in Bayern erzielte sie auf Anhieb aufsehenerregende 3 Prozent in dem sie als Sammelbecken "rechts von der CSU" auftraten. Schönhuber selbst, ehemaliger Moderator im Bayrischen Rundfunk, war nach seinem offenem Bekenntnis zur Waffen-SS ("Ich war dabei" ) aus der Partei ausgeschlossen worden. Gegen 19.00 Uhr hatten sich unter der Inschrift "Dem deutschen Volke" nicht nur das Häufchen von 30 bis 40 KundgebungsteilnehmerInnen versammelt, sondern auch circa 150 AntifaschistInnen. Als der Berliner REP-Lokalmatador versuchte seinen Kameraden Schönhuber zu begrüßen, musste er feststellen, dass die Lautsprecheranlage nicht laut genug war, um die Sprechchöre der Antifaschisten zu übertönen. Die Parolen „Nazis raus“ und „Keinen Fußbreit den Faschisten“ hielt ihn jedoch vorerst nicht davon ab , weiter zu agitieren. Am Rande kam es zu tumultartigen Szenen, wobei auch ein REP-Aktivisten angegriffen wurde und das Rednerpult umfiel. Darauf griff die Polizei ein und nahm drei GegendemonstrantInnen fest. Mit kaum zu überbietender Penetranz versuchte Schönhuber sogar noch das Deutschland-Lied zu dirigieren, bis sich die Veranstalter nach einer halben Stunde endlich entschlossen, das Ganze abzubrechen. Unter massiven Polizeischutz entschloss man sich zum Rückzug. Einige suchten mit überklebten Nummernschildern das Weite, so das der „Platz der Republik“ doch nicht zum Platz der „Republikaner“ wurde.