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Zum Erfolg verdammt

Mathis Blome Barbara Manthe

Mathis Blome, Barbara Manthe

Die vorliegende Broschüre richtet ihren Fokus in 13 Beiträgen auf verschiedene Aspekte staatlich geförderter Programme gegen Rechts seit den 1990er Jahren. Beleuchtet werden u.a. konzeptuelle Grundlagen im Wechselverhältnis sich verändernder politischer sowie gesellschaftlicher Kontexte, Strategien im Kampf gegen Neonazismus, die auch Spiegelbild des jeweiligen Förderprogramms waren bzw. sind sowie insbesondere die Auswirkungen auf sogenannte zivilgesellschaftliche Organisationen, die durch finanzielle Förderung eine Ausbreitung und Institutionalisierung erfahren haben. Ob die staatlichen Programme gegen Rechts erfolgreich waren bleibt indes unbeantwortet und eine solche Bewertung wäre wohl auch nicht möglich. Dennoch ist gerade die antifaschistische Linke immer auch mehr oder weniger stark von den sich aus den Programmen entwickelnden Inhalten oder auch Organisationen tangiert. Sei es als Bündnispartnerin, wie häufig bei Aktionen gegen Neonazis, als erklärtes Feindbild in der Auseinandersetzung z.B. um das Extremismuskonstrukt oder schlicht in einem Arbeitgeberin-/Arbeitnehmerinverhältnis. Häufig greift „die Zivilgesellschaft“ auf Expertisen antifaschistischer Initiativen zurück und letzteren gelingt es dabei viel zu selten weitergehende Debatten anzustoßen, diese öffentlich zu führen und als Partnerin auf Augenhöhe wahrgenommen zu werden. Besonders deutlich wird dieser Widerspruch in einem Beitrag der Geschäftsführerin der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin“. Erst werden antifaschistische Aktionen und Ausein­andersetzungen vergessen gemacht, wenn es u.a. heißt „[w]enn es in den 1990er-Jahren zu großen Demonstrationen kam, dann, im Gegensatz zu den sozialen Protestbewegungen der 1980er-Jahre, bezeichnenderweise nur noch in Form von stillen Lichterketten nach Morden und Pogromen durch Neonazis und Rassist/-innen.“ Um dem zu begegnen, werden Projekte wie die Mobile Beratung in dem Text dann „zur Schnittstelle zwischen antirassistischen und antifaschistischen Gruppen, Einzelpersonen sowie der Zivilgesellschaft vor Ort und den staatlichen Institutionen und der offiziellen Politik.“ Das diese Einordnung kein Produkt antifaschistischer Strategiedebatten ist, zeigt deutlich, wie marginal die Einflussnahme antifaschistischer Gruppen in solche Diskurse zu sein scheint. Dies ist ohne Zweifel nicht den selbsternannten „Schnittstellen“ zuzuschreiben, macht aber die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung über Theorie und Praxis unabhängiger antifaschistischer Gruppen deutlich, der es tatsächlich an einer konsequenten Selbst­verortung zu mangeln scheint. Aus dieser vermeintlichen oder tatsächlichen Problemstellung schließen weitere Fragen an. Reicht die Beschäftigung mit Teilaspekten oder einzelnen AkteurInnen des Neonazismus aus, wenn sich Rassismus in der selbsternannten Mitte der Gesellschaft und  den Parlamenten konstituiert? Oder neonazistische Organisierung nicht als politisch-ideologische Grundlage kontextualisiert, sondern auf Gewalt und Folge sozialer (meist jugendlicher) Desintegrationsprozesse reduziert wird? Die Broschüre ermöglicht mit ihrem Blick auf die Geschichte der Programme gegen Rechts sowie die tiefer gehende Beschäftigung mit einzelnen Effekten eine gute Übersicht. Für antifaschistische Gruppen kann dies eine Motivation sein, die Überlegungen von Theorie und Praxis in ein Verhältnis zu Staat und „Zivilgesellschaft“ zu stellen sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen kritisch einzuordnen.

Mathis Blome/Barbara Manthe (Hg.):
„Zum Erfolg verdammt. Bundes­programme gegen Rechtsextremismus. Prävention und Intervention auf dem Prüfstand“
Herausgegeben im Auftrag des IDA e. V. 
Düsseldorf. Eigenverlag 2014, 80 Seiten, 3,- EUR