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Wahlerfolge der BNP

Nick Lowles, Searchlight Magazine. (Gastbeitrag)
Einleitung

Bei den britischen Kommunalwahlen am 2. Mai 2002 haben Neonazis zum ersten Mal mehr als einen Stadtratssitz gewonnen. Die British National Party (BNP) präsentierte ein Programm für Law-and-Order und für die Abschiebung von Immigranten und Flüchtlingen. Die Partei kandidierte in denjenigen Gebieten, die von den letztjährigen Unruhen (siehe AIB Nr. 53, S.48) am meisten betroffen waren. Aber sie wurde mit einer unerwartet starken Gegenbewegung von Antifaschisten und Massenmedien konfrontiert. Die BNP gewann drei Mandate in der nordenglischen Stadt Burnley und erreichte landesweit die besten kommunalen Ergebnisse ihrer Geschichte. Dort, wo sie kandidierte, erreichten sie einen Stimmenanteil von durchschnittlich 11,4 Prozent (2000: 8,5 Prozent).

Bild: hopenothate.org.uk

Auf längere Sicht besteht die Gefahr, dass die BNP durch die gewählten Mandatsträger mehr Legitimität gewinnt.

Es hätte noch schlimmer kommen können: In Burnley kam die BNP in sieben weiteren Stimmbezirken auf Platz zwei. Insgesamt erreichte sie in der Stadt 28 Prozent der Stimmen. In der nahe gelegenen Stadt Oldham landeten vier BNP-Kandidaten auf dem zweiten Platz, mit insgesamt 27 Prozent der Stimmen.

Die antifaschistische Kampagne

Dass der Partei nicht größere Stimmengewinne gelungen sind, lag an einer unerwartet hohen Wahlbeteiligung, an einer unermüdlichen Gegenkampagne und an der Aufmerksamkeit der Massenmedien nach dem Wahlerfolg von Le Pen in Frankreich. Antifaschisten haben es zweifellos geschafft, die BNP-Kandidaten in der Öffentlichkeit bloßzustellen und antifaschistische WählerInnen zu ermutigen. Die Information, dass einer der BNP-Wahlkampfmanager in Oldham ein verurteilter Vergewaltiger war, nutzten Antifas, um die Berichterstattung auf den kriminellen Charakter der Partei zu konzentrieren. Als die Zeitung »Sunday Mirror« über die Vergewaltigung berichtete, änderte sich das politische Klima in Oldham schlagartig gegen die BNP.

Die antifaschistische Kampagne ermutigte Einwohner, die schon immer gegen Neonazis waren, auch öffentlich gegen die Partei aufzutreten. Das gab es bis dahin nicht. Antifas steigerten die Wahlbeteiligung und überzeugten wahrscheinlich sogar einige BNP-Sympathisanten, nicht zur Wahl zu gehen. Ähnlich war es in Burnley, wo 250 Leute wenige Tage vor der Wahl 22.000 Anti-BNP-Flugblätter an fast alle Haushalte verteilten. Die Kampagne profitierte auch von dem hohen Ergebnis für Le Pen in Frankreich elf Tage vor dem britischen Wahltermin. Das Argument, das auch die Labour Party verwendete, war: Eine niedrige Wahlbeteiligung hilft der extremen Rechten. Dieses Argument wirkte. In denjenigen Bezirken, in denen die BNP kandidierte, stieg die Wahlbeteiligung überdurchschnittlich. In manchen Bezirken war sie sogar doppelt so hoch wie vor zwei Jahren.

Der Wahlkampf der BNP

Der Wahlkampf der BNP war deutlich professioneller als früher. Die Partei nominierte nur in denjenigen Bezirken Kandidaten, wo sie sich auch realistische Chancen ausrechnete. Ein internes Mitteilungsblatt der Partei wies die Ortsgruppen an, einen Wahlkampf mit systematischen Hausbesuchen, Hochglanz-Broschüren und Pressearbeit zu organisieren. Umgesetzt wurde diese Anweisungen in Burnley, und die Erstellung einer lokalen Internet-Seite mit aktuellen Nachrichten und Porträts der Kandidaten rundete das Ganze ab. In Oldham verteilte die BNP neben einem aufwändigen Hochglanz-Faltblatt auch eine achtseitige Wahlkampfzeitung. Und am Abend vor der Wahl bekamen diejenigen Haushalte, die zuvor positiv reagiert hatten, noch einen Erinnerungsbrief. Mit diesen Mitteln präsentierte sich die BNP als moderne und effektive politische Partei. Die BNP gewann Stimmen von den anderen Parteien, allerdings schnitt sie in wohlhabenden Wahlbezirken - vor allem weißen Vierteln am Stadtrand - besser ab als in den traditionellen Arbeitervierteln und Labour-Hochburgen. Vor allem dort, wo politisch wenig los war und wo es wenig antifaschistische Aktivitäten gab, war die BNP stark. In manchen Bezirken, in denen zum Beispiel nur ein einziger Kandidat der drei großen Parteien antrat, kann man die BNP-Stimmen vor allem als Proteststimmen bewerten - aber (noch) nicht unbedingt als Neonazi-Stimmen.

Gefahr in der Zukunft

Auf längere Sicht besteht jetzt die Gefahr, dass die BNP durch die gewählten Mandatsträger mehr Legitimität als bisher gewinnt. Außerdem kann sie nun argumentieren, dass Neonazi-Stimmen nicht verschenkt seien. Mit der Wahl von drei, scheinbar »respektablen« Stadträten in Burnley wird sich die Partei nun verstärkt als Alternative zu den großen Parteien präsentieren. Das gute Wahlergebnis der BNP verweist auf eine Krise des politischen Systems. In Westeuropa wächst Fremdenfeindlichkeit, das politische Zentrum gilt als korrupt, und die etablierten Parteien der Mitte unterscheiden sich politisch immer weniger. Die Linke erscheint als altmodisch. Von der Politik verdrossene Menschen haben immer mehr Angst vor Kriminalität und vor Einwanderern und davor, ihre »Identität« zu verlieren.

Die Wähler suchen nach Alternativen - und immer mehr finden sie bei der erstarkenden Rechten: bei Fortuyn in den Niederlanden, Le Pen in Frankreich oder dem Vlaams Blok in Belgien. Offen ist, wie stark die BNP wirklich ist. Viele ihrer Wähler sind Überzeugungstäter, andere sind eher Protestwähler. Viele dieser Stimmen - vor allem von bürgerlichen Wählern - würden sicher schnell zu einer seriöseren rechten Partei wechseln - wenn es sie gäbe. In künftigen Wahlen werden Antifaschisten sich nicht mehr darauf verlassen können, dass eine hohe Wahlbeteiligung und eine intensive BNP-kritische Berichterstattung der Medien den Stimmenanteil der BNP senken werden. Antifaschisten und die Gewerkschaftsbewegung müssen eine eigene Strategie entwickeln. Wir müssen eine bessere, menschlichere Alternative anbieten, um die Basis der BNP zu schwächen. Dazu müssen wir auch die heiklen Themen ansprechen. Die bisherige Weigerung, dies zu tun, hat ein politisches Vakuum erzeugt, in dem die Rechten ihre banalen und rassistischen »Lösungen« präsentieren können.