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Schweiz: Ein völkischer Eidgenosse...

Einleitung

Am 9. August 2003 führte die »Partei national orientierter Schweizer« (PNOS) im Berner Emmental ihren dritten Parteitag durch. Im Vorfeld dieses Treffens attackierten AntifaschistInnen den Schleusungspunkt in Hasle-Rüegsau und lösten ihn auf. Dabei fielen ihnen Unterlagen von Bernhard Schaub, dem Vordenker der PNOS, in die Hände.

Bild: Screenshot aus der Sendung "Rundschau" TV-DRS vom 9. Januar 2002

Der PNOS-Funktionär Sacha Kunz (rechts) und Bernhard Schaub (links).

Diese Unterlagen belegen Schaubs enge Verbindungen zum deutschen Neonazismus. Es handelt sich hierbei vor allem um die NPD, in deren Kreisverbänden er seit dem Jahr 2000 regelmäßiger Referent ist. Seine Anlaufpunkte waren und sind dabei Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg. Allein für das Jahr 2003 listet Schaubs Kalender rund ein Dutzend Veranstaltungen bei der NPD oder NPD-nahen Gruppen auf. Doch nicht nur Schaub reist nach Deutschland – umgekehrt konnte die PNOS bei ihrem Parteitag im August 2003 den Freiburger NPDler John Bürgel als Gastreferenten begrüßen.

Anfang der 90er Jahre erschien Schaub auf der politischen Bühne. Sein Buch »Adler und Rose« erschien 1992. Verschleiert hinter seinen anthroposophischen Positionen leugnete er in seinem Machwerk den Holocaust und plädierte für eine Revision der Geschichte. Mit seinen Ausführungen knüpfte Schaub nahtlos an andere Schweizer Holocaust-Leugner an und gründete mit einigen von ihnen, u.a. Jürgen Graf, die revisionistische »Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der Zeitgeschichte«. Aufgrund seiner revisionistischen Positionen verlor Schaub im Laufe der 90er mehrmals seine Anstellungen, u.a. als Lehrer einer Waldorf-Schule. Gerade wegen dieser Entlassungen wird Schaub bis heute – auch innerhalb der hiesigen extremen Rechten – zum Opfer stilisiert. »Der ehemalige Waldorfschullehrer und Anthroposoph ist seiner Berufung, auch nach seiner politischen Zwangsentlassung aus dem Schuldienst, treu geblieben«.1

Einen seiner ersten Auftritte in Deutschland absolvierte Schaub am 27. Januar 1995 beim Collegium Humanum in Vlotho. Mit den Grundlagen seines damalige Referates zur »Idee des Reiches in Geschichte und Religion« geht Schaub bis heute hausieren. Auf der Basis völkischer Positionen entwirft Schaub die Vision eines »echten Europas, in dem die Tugenden der Eidgenossenschaft mit den alten Reichstugenden zu einer Europäischen Eidgenossenschaft, zu einem Reich Europa verschmelzen«.2 Sein programmatisches Büchlein »Reich Europa« erschien neben der Neuauflage von »Adler und Rose« im Verlag Zeitenwende. Die Betreiber des Dresdener Verlages dürfte Schaub im Umfeld des Collegium Humanum kennen gelernt haben, schließlich verkörperten die jungen Leute mit ihrer Zeitschrift »Zeitenwende« (heute »Hagal – Die Allumfassende«)3 damals die neue Generation der Vlothoer Altnazis.

Die jungen Leute von damals betreuen heute den deutschen Ableger der »Synergies europennes«, weswegen Schaubs mehrmaliges Auftreten bei den Synergon-Treffen naheliegend war. Ende der 90er Jahre besuchte Schaub vor allem die kleineren Zirkel der extremen Rechten in Deutschland. Ende 1999 war er als Referent bei der »Artgemeinschaft« angekündigt. Auch zur Sommersonnenwende 2003 hielt sich Schaub vier Tage in seinem Kalender für die völkische Kleinsekte frei. Bereits zum Jahreswechsel 1997/98 begrüßte der »Freibund e.V.« den Schweizer bei seinem Bundeswinterlager auf Burg Hessenstein. »Vielen Dank für den großartigen Vortrag« schrieb Albrecht von Gottberg später euphorisch in ein Freibund-Liederbuch, das vermutlich als Dank an Schaub überreicht wurde.

Eine Internationale der Holocaust-Leugner

Am 9. November 2003 gründete ein Kreis notorischer Holocaust-Leugner den »Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten« (VRBHV). Zum Vorsitzendendes Vereins wurde Schaub gewählt, seine Stellvertreterin ist Ursula Haverbeck-Wetzel, Leiterin der Bildungsstätte Collegium Humanum. Die Liste derer, die an der Gründung dieses Vereins mitgewirkt haben, liest sich wie das Who is Who der internationalen Holocaustleugner-Szene. Dem entspricht die Gründungserklärung des Vereins, deren erste Zeilen wie folgt lauten: »Wir, die Unterzeichner dieser Gründungserklärung, geben Zeugnis davon, dass in allen Erdteilen Menschen redlicher Gesinnung den Holocaust im Sinne einer systematischen Vernichtung der europäischen Judenheit durch die Regierung des Deutschen Reiches bezweifeln. Viele sind überzeugt, dass es den Holocaust nicht gegeben hat.«

Im Auftrag des Vorstands teilte Horst Mahler in einer Presseerklärung mit, dass »der Verein durch organisierte Anstrengungen die bisher vorherrschende Vereinzelung der Verfolgten aufheben, ihrem Kampf um Gerechtigkeit die notwendige Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gewährleisten und die finanziellen Mittel für einen erfolgreichen Rechtskampf bereitstel-len [soll]«. Der VRBHV ist eine Fortsetzung von Mahlers Aktivitäten vom Beginn des Jahres, die im Februar 2003 ihren Ausdruck in dem antisemitischen Verdener Manifest fanden. Grundlage der Holocaustleugnung ist der Artikel »Die Zahl der Opfer von Auschwitz« des SPIEGEL-Autors Fritjof Meyer in der renommierten Zeitschrift »Osteuropa«. Meyer führte in seinem Beitrag aus, dass im Vernichtungslager Auschwitz etwa 350.000 Judenvergast wurden. Der geschichtsrevisionistische Ansatz von Mahler und Co. basiert auf der Beschränkung des Holocausts auf das Vernichtungslager Auschwitz. Diese Reduzierung auf dasSymbol für den nationalsozialistischen Vernichtungswillen führt zu einer makabren Zahlenspielerei, in deren Folge Mahler das deutsche und das palästinensische Volk als größte Opfer einer »Meinungsdiktatur Israels und seiner Hilfstruppen« versteht.

Ende Juli 2003 versammelten sich die illustren Anhänger des Verdener Manifestes unter der Fahne des Deutschen Kollegs auf der Wartburg (Eisenach) und trugen ein Transparent mit der Aufschrift »Den Holocaust gab es nicht«. Ursprünglich sollte diese Aktion direkt im Vernichtungslager Auschwitz stattfinden, jedoch verhängten die deutschen Behörden für diesen Zeitraum ein Ausreiseverbot gegen Mahler. In der letzten November-Woche durchsuchten Polizisten eine Druckerei in Vlotho sowie das Haus des »Collegium Humanum e.V.« und beschlagnahmten Restexemplare der fünften Ausgabe und zwei Tage später die komplette sechste Ausgabe der Zeitschrift »Stimme des Gewissens«. In dem Organ des Collegium Humanum wurde die neuerliche Holocaust-Leugner-Kampagne publizistisch begleitet. Offensichtlich plante man, die Zeitschrift an alle Bundestagsabgeordneten zu senden. So zumindest fabulierte Ursula Haverbeck-Wetzel in einem Fax an Horst Mahler: »Stell Dir einmal vor, der ganze Bundestag meditiert erschüttert: ‘Den Holocaust gab es nicht’«.

Weiter geht es in jenem Fax um die Finanzierung der Aktionen. »Falls die Freunde sagen, 15.000 Darlehen und 10.000 Spende, wäre Dir das auch recht?« fragt Haverbeck-Wetzel, um dann zu mahnen: »Wir sollten die Angelegenheit aber unter uns und den drei beteiligten Freunden lassen.« Bei einem dieser »drei Freunde« könnte es sich um den Unternehmer Günter Kissel aus Solingen handeln, der sich im Vorfeld der Vereinsgründung persönlich mit Mahler und Haverbeck-Wetzel traf. Eingeladen zu diesem Treffen im August 2003 waren unter anderen auch der verurteilte Holocaustleugner Udo Walendy sowie Hajo Herrmann. Hajo Herrmann machte sich in den 90er Jahren als Anwalt David Irvings einen Namen und war Auftraggeber des Holocaust leugnenden sogenannten »Rudolf-Gutachtens«.

Schaubs Telefonbuch:
 

Das Telefonbuch listet über 330 Einträge auf, wovon mehr als ein Drittel deutsche Adressen sind. Die Spannbreite reicht hier von Kunsthändlern über Bauern bis zu Rene Rodriguez T., der laut Adressbuch zum Nationalen Widerstand Rhein/Neckar gehört. Etwa ein Dutzend der deutschen Einträge sind Mitglieder der NPD, u.a. Roland G. und Karl-Heinz K. (Eintrag: »NPD Freiburg«). Ein anderer NPDler, Alex L. (Dresden), hat auch den Eintrag »Artgem.«. Neben ihm listet Schaubs Adressbuch noch acht weitere Artgemeinschaftler auf, u.a. den Stahlhelm-Aktivisten Hans-Jürgen H. (Pleisweiler). Das BDVG ist mit Lars K. (Neckarwestheim) und Sven S. (Kamenz) im Adressbuch vertreten. Hinzu kommen noch zahlreiche mehr oder weniger prominente Aktivisten des rechten Randes, beispielsweise Iris-Katrin F. (alias Swantje Swanwhit), Günter H. (Münchner Bürgerverein e.V.), Oliver B. (Nordwelt-Versand), Jan Udo H. oder Götz K. (Institut für Staatspolitik).