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Pro Köln auf Profilsuche

Einleitung

Am 26. September 2004 zog die selbsternannte »Bürgerbewegung Pro Köln« mit knapp fünf Prozent der Stimmen in den Rat der Stadt Köln und alle Bezirksvertretungen ein. Weit über 16.000 WählerInnen hatten ihr Kreuz bei der rechten Organisation gemacht. Doch zeigt die Strategie, sich bis zur Selbstverleugnung als respektable Bürgervertreter zu gerieren, auch in der parlamentarischen Arbeit Erfolg? 

Manfred Rouhs wäre gern »Stachel im Fleisch des politischen Establishment«.

Pro Köln jedenfalls sieht langfristige Perspektiven: »Wir werden bei der Kommunalwahl 2009 die Verhältnisse im Rat noch weit gründlicher umkrempeln, als wir es 2004 getan haben« erklärt Manfred Rouhs, der neben seinem Sitz im Stadtrat offiziell weiterhin nur das Amt des Schatzmeisters bei Pro Köln begleitet, jedoch immer noch als deren eigentlicher Kopf anzusehen ist. Von einem »Umsturz der Verhältnisse« war bislang wenig zu spüren. Nachdem die Bürgerbewegung in Fraktionsstärke in den Rat und mit Mandaten in alle Bezirksvertretungen eingezogen war, beschäftigte sie sich vor allem mit einem Thema: mit sich selbst.

Man inszenierte sich als Opfer eines »Kartells der Altparteien« und beschwerte sich bitterlich über die Versuche, die »rechten Schmuddelkinder« aus dem parlamentarischen Alltagsgeschäft auszugrenzen. Die Ratsausschüsse würden so verkleinert, dass Pro Köln kein Stimmrecht mehr bekommen sollte, es würden keine Büroräume zur Verfügung gestellt und der Personalkostenzuschuss sei auf ein Minimum gekürzt worden. Pro Köln werde diskriminiert, klagte Judith Wolter, die ihren Parteivorsitz an den Leverkusener Anwalt Markus Beisicht abgegeben hatte. Die vierköpfige Pro Köln-Fraktion, die neben Rouhs und Wolter aus Bernd-Michael Schöppe und Regina Wilden besteht, begann einen Sandkastenkrieg, drohte rechtliche Schritte an und zog mit ihren Anträgen auf geheime Wahl bei Personalentscheidungen die Sitzungen unendlich in die Länge. Schließlich musste der Rat zumindest teilweise klein beigeben.

Als »Stachel im Fleisch des politischen Establishment« benennt Pro Köln ihr Engagement gegen den kölschen Klüngel, das sich jedoch nicht in der Kritik an Korruption und Seilschaften begünstigenden Strukturen manifestiert, sondern darin, die vermeintlichen oder tatsächlichen Verstöße einzelner Personen anzuprangern. Die Organisation inszeniert sich als Vertreter der Interessen des »kleinen Mannes« und perpetuiert das kleinbürgerliche Ressentiment gegen MigrantInnen, Schwule, Drogenabhängige, Linke und andere. Man klagt gegen die Erhöhung der Hundesteuer für Sozialhilfeempfänger und fordert gleichzeitig, keine Gelder mehr für »Multi-Kultopia« zu verschwenden. Man fordert nachdrücklich den Erhalt deutscher Standorte und Arbeitsplätze und beschwert sich darüber, dass ein Vertreter der VVN vor einer Sitzung der Bezirksvertretung reden dürfe. Das große Thema und ein eindeutiges Profil haben die rechten Funktionäre noch nicht gefunden. »Entgleisungen« und bewusste provozierte Skandale wie die der NPD im sächsischen Landtag gibt es bei Pro Köln nicht. Man ist sichtlich darum bemüht, sich als durch und durch demokratische Vereinigung zu präsentieren. Als »Kreidefresser«, die jedoch unfähig zur Sachpolitik seien, bezeichnet Jörg Detjen, Abgeordneter der PDS, die Mandatsträger von Pro Köln. Claus Ludwig vom Bündnis gegen Sozialraub spricht von Wölfen, die sich konsequent das Schaffell übergezogen hätten und dadurch ein »gewisses Level an passiver Unterstützung« erhalten würden.

Die Bürgerbewegung verfolgt eine Doppelstrategie, die davon geprägt ist, sich einerseits als einzig wahre Opposition gegen »die da oben« zu gerieren, andererseits sucht sie beinahe krampfhaft den Anschluss an die bürgerliche Mitte. So diente man sich der CDU als Unterstützer für die geplante Unterschriftenaktion gegen den EU-Beitritt der Türkei an. Der neueste »Coup« ist eine Resolution zum 8. Mai, die fast wortwörtlich dem Antrag der Christdemokraten aus Berlin Steglitz-Zehlendorf übernommen wurde. Darin werden die deutschen Täter zu Opfern der Roten Armee und eines »sinnlosen Bombenkrieges« gemacht. Der Resolution wollte jedoch in Köln keine andere Partei zustimmen, genauso wenig wie dem Antrag gegen den Bau einer Großmoschee, gegen die Pro Köln schon im Wahlkampf mobil gemacht hatte. Auf Dauer lässt sich das den AnhängerInnen wohl kaum als Erfolg verkaufen.

Für AntifaschistInnen ist das aber noch kein Grund zum Aufatmen. Pro Köln unterhält mit den ihnen zugewiesenen Geldern einen hauptamtlichen Apparat, über den nicht nur rechte Propaganda betrieben werden kann, sondern auch die Verwirklichung weiterer Projekte möglich erscheint. Die Mitarbeit in einer breiten Volksfront von Rechts wird Pro Köln wohl kaum erstreben. Zwar hatte die Vereinigung in den letzten Jahren punktuell auch schon mal mit den Freien Kameradschaften und der NPD zusammengearbeitet, inzwischen geht man nach außen hin jedoch auf größtmögliche Distanz zu den »Verfassungsfeinden«. Zwei weitere Optionen kommen in Betracht. So könnte Pro Köln sich tatsächlich auf lokaler Ebene verfestigen. Dabei müsste über den inhaltlichen Zuspruch hinaus eine organisationale Verankerung in der Bevölkerung gefunden werden.

Bislang scheint das noch nicht der Fall zu sein. Zu den – im Gegensatz zum Wahlkampf sehr seltenen – Kundgebungen beispielsweise erscheinen kaum mehr als die 10–15 Personen, die zum harten Kern von Pro Köln gehören. Die andere Option ist die einer bundesweiten Ausdehnung. Mit der Gründung der Bürgerbewegung Pro Deutschland, der Manfred Rouhs als Vorsitzender angehört, wurde dieser Versuch bereits unternommen. Ziel ist die Etablierung einer neuen rechtspopulistischen Organisation, die nach Eigenaussage alle »zukunftsorientierten Patrioten« vereinen möchte. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Eine charismatische Führerfigur im Stile eines Ronald Schills ist noch nicht in Sicht, das Potential an Wählerstimmen wäre auf jeden Fall vorhanden.