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Neonazitreffen und Mordversuch in Fladungen-Leubach und Fulda

Einleitung

Nach Fulda lud am 31. Dezember 1987 die militante Neonazi-Szene der „Wiking Jugend“, der „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) – etwa der „Gauführer“ Volker Heidel - und der „Nationalistischen Front“ (NF) zu einer „Mahnfeier“ ein. Neonazis aus den Niederlanden, der Schweiz und Österreich sind dann in der Silvesternacht - nach einem Verbot ihrer vier sogenannten „Mahnfeuer an der DDR–Grenze“ in der hessischen Rhön - ins bayerische Unterfranken ausgewichen.

Volker Heidel
(Bild: Screenshot von wordpress.com/personlichkeiten; webarchiv)

Der „Gauführer“ Volker Heidel spricht auf einer FAP-Veranstaltung.

Rund 200 Neonazis versammelten sich in der Nacht zum Freitag in Fladungen-Leubach (Bayern), nachdem eine Kundgebung in der Nähe von Fulda von den hessischen Behörden verboten worden war. Die circa 200 Neonazis organisierten einen mitternächtlichen Fackelzug und konnten später noch in geschlossenen Räumen feiern. In der Reportage „Militante Pimpfe und Jungmädel“ aus der Zeit Nr. 14 (1988) wird berichtet: Sie stellten sich militärisch geordnet auf, drei Trompeter bliesen das Signal, und anstelle des vom Landrat verhinderten Mahnfeuers wurden 42 Raketen abgebrannt – „für die 42 Jahre seit Bestehen der Mordgrenze“.

Einige Stunden vorher fand eine antifaschistische Demonstration mit ungefähr 400 Menschen statt. Die Demonstration wurde massiv von der Polizei begleitet, die jedoch Übergriffe der Neonazis auf die Demonstration nicht verhinderte. Sämtliche Medien, mit Ausnahme der Fuldaer Zeitung, berichteten über eine Demonstration ohne Zwischenfälle.1 Fünf Teilnehmer der Demonstration wurden von Neonazis überfallen, als sie sich mit ihrem Auto aus der Innenstadt entfernten. Dabei wurde eine Frau schwer verletzt (Milzriß) und vier weitere leicht. Das Auto wurde demoliert. Die Neonazis versuchten, mit einer Pistole für Leuchtsignale ins Wageninnere zu schießen und den Wagen mitsamt seiner InsassInnen in Brand zu setzen. Glücklicherweise mißlang dies. Dies ist als Morderversuch zu werten. Die Polizei hat in diesem Zusammenhang neun Neonazis festgenommen, die Personalien überprüft und sie wieder laufen gelassen. Zur gleichen Zeit haben die Überfallenen Anzeige erstattet und eine Gegenüberstellung verlangt, da sie sich sicher waren, die Neonazis wiederzuerkennen. Die Polizei verweigert die Gegenüberstellung, obwohl sich die neun festgenommenen Neonazis im Nebenraum befanden.

In einer Erklärung des Ermittlungsausschuss Fulda heisst es dazu: „Wir sehen dies klar als einen Versuch der Polizei, den Mordversuch zu vertuschen“. Die Jewish Telegraphic Agency (JTA) aus New York (USA) berichtete: „Several arrests were made and a quantity of Nazi banners and anti-Semitic written material was confiscated“.

  • 1Taz vom 2. Januar 1988, Bayern läßt „Wiking–Jugend“ feiern: „Im Vorfeld der Demonstration des Aktionskomitees „Nie wieder Faschismus“ wurden sieben Personen festgenommen. Auch 40 Neonazis wurden festgenommen. Bei ihnen wurden Pistolen, Daumenschrauben, Knüppel, Schlagringe und Tränengas gefunden (…) Lediglich bei der anschließenden Kundgebung versuchten Gruppen von rund 50 Rechtsradikalen durch Gegröle und Ansturm auf die Gegendemonstranten zu stören. Sie wurden von der Polizei abgedrängt.“