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Mit Pfeil, Kreuz und Krone

Andreas Koob Holger Marcks Magdalena Marsovszky

Dass die politische Entwicklung in Ungarn großen Unmut in Europa auslöse oder etwa zu einer politischen Isolierung führe – erwartet hat das wohl niemand. Zu lang ist die Liste des Arrangierens der EU und insbesondere der Bundesrepublik mit  eindeutig faschistischen Regierungen. Und dass die politische Entwicklung Ungarns in Richtung Faschismus kein Tsunami von »Protestwähler_innen«, sondern eine von großen Teilen der Bevölkerung getragene Normalisierung und Integration faschistischer Elemente in die Politik und den Alltag ist, das zu zeigen, ist der Anspruch des Buches. Und diesen erfüllt es. Ausführlich wird auf die völkische Ideologie mit ihrer Geschichte eingegangen, die inzwischen bestimmendes Element der ungarischen Politik geworden ist und auf Antisemitismus, Antiziganismus und Rassismus gründet. Der Einwand, dass diese Elemente doch die »Normalität« nationalstaatlicher Gebilde wären und von daher keine ungarische Spezialität, verneint das Ausmaß und Tempo dieser »Transformation der Demokratie«, die auf breiter politischer und gesellschaftlicher Front abläuft. Auch handelt es sich nicht um eine kleine gesellschaftliche Randgruppe, die durch irgendwelche Umstände begünstigt, einen als vorübergehend einzustufenden Einfluss gewonnen hat. Im Gegenteil. Der Anteil der ungarischen Bevölkerung, der sich dem Chauvinismus und der Etablierung von Volksgemeinschaft als Staatsräson auch nur halbwegs konsequent widersetzt, ist klein.

Mit drastischer Deutlichkeit untersucht das Buch die politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge – von den ideologischen Hintergründen über die diskriminierende Politik, die Nationalisierung der Ökonomie bis zur internationalen Einbettung – hier wird auch auf die speziellen deutsch-ungarischen Beziehungen eingegangen. Dieses - leicht wie ein Reiseführer zu lesende Buch -  ist keine Tourismusförderung, denn Tourismus lebt zum Großteil von Ignoranz und die fällt sehr schwer nach dieser Lektüre.

Andreas Koob, Holger Marcks, Magdalena Marsovszky
Mit Pfeil, Kreuz und Krone
UNRAST-Verlag, Münster 2013, 208 Seiten