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Humangenetik als „anschlagsrelevantes Thema“?

Einleitung

Mit sogenannten „Gummiparagraphen“ und unbestimmten (Rechts)Begriffen haben sich staatliche Behörden Mittel und Wege geschaffen, um gegen politischen Widerstand vorgehen zu können. Ein solcher ist der Paragraph 129a (Mitgliedschaft, Unterstützung und Werbung für eine terroristische Vereinigung).Dieser Paragraph war ursprünglich geschaffen zur Bekämpfung „klassischer“ organisierter staatsfeindlicher sich als „revolutionär“ verstehender Gruppen, wie etwa der RAF, der "Bewegung 2. Juni" oder der RZ. Dieser §129a wurde jetzt ausgeweitet auf im „Bewegungsalltag“ - etwa der Ökologiebewegung - praktizierte Widerstandformen, wie z.B. Schienenblockaden, das sogenannte „Strommastkappen“, Zerstörung von Baumaschinen und auf vermeintliche „anschlagsrelevanten Themen“ wie der Gentechnologie. Durch den erweiterten Gummiparagraphen 129a sollen somit viele Widerstandsformen im Keim erstickt werden und Abschreckungseffekte erhöht werden.

Bild: flickr.com; vinnie bezoomny; CC BY-NC-ND 2.0

Seit dem 18. Oktober 1987 wurden 33 Wohnungen in (West)Deutschland durchsucht. Mit Haftbefehlen wegen dem Verdacht auf Mitgliedschaft in Gruppen wie den „Revolutionären Zellen“ und der „Rote Zora“ wurden mehrere Frauen gesucht. In erster Linie richtet sich diese Aktion des Bundeskriminalamt (BKA) gegen Frauen die sich kritisch mit Gentechnologie / Reproduktionstechnologie / Bevölkerungspolitik beschäftigen, sowie Menschen die sich mit Asylpolitik und Flüchtlingsfragen beschäftigen. Bei dieser BKA-Aktion wurden zwei Frauen verhaftet die sich mit - so der Vorwurf - "anschlagsrelevanten Themen“ beschäftigten und bis heute immer noch im Gefängnis sind.

Ingrid S. wurde am 20. Dezember 1987 in Köln festgenommen. Der Haftbefehl fußt auf dem Verdacht der Beteiligung an einem Anschlag auf die Lufthansa-Hauptverwaltung am 28. Oktober 1986. Dieser richtete sich gegen die aktive Beteiligung der Lufthansa an der zwangsweise Abschiebung von AsylbewerberInnen und am Prostitutionstourismus. Laut Bundesanwaltschaft (BAW) soll Ingrid S. 1986 einen Wecker gekauft haben, der einem bei dem Anschlag benutzten entspricht. Ulla P. soll an zwei Treffen teilgenommen haben, die von der BAW als konspirativ bezeichnet wurden. Eine konkrete Tat wird auch ihr nicht vorgeworfen.

Warum es jedoch bei der ganzen Aktion ging und vermutlich auch noch weiter gehen wird, ist ein gezieltes Ausforschen von Genforschungs-KritikerInnen und deren Einschütterung durch den „Kriminalisiesrungsparagraphen“ 129a. Die Gen- und Biotechnik wird als Wachstumsbranche der Zukunft bezeichnet, die nicht nur die Struktur und Absatzkrise der Chemie-, und Pharma-Industrie beheben soll, sondern auch eine völlige Umwälzung der Nahrungsmittel und Nahrstofferzeugung verspricht.

Der Kritikpunkt dabei ist, dass die Entwicklung von neuen Diagnostikverfahren in der Humangenetik dazu benutzt werde um nach „gesellschaftsrelevanten“ Gesichtspunkten eine „Auslese und Ausmerzung“ von „weniger verwertbaren Leben“ durchzuführen. Beispiele sind die Fruchtwasseruntersuchungen in Indien deren Ergebnis das Abtreiben von weiblichen Föten ist. Oder HumangenetikerInnen, welche versuchen sogenannten „Schwachsinn“ oder Krankheiten wie „Alkoholismus“ auf eine vermeintlich „abnorme“ Genkonstellation zurückzuführen und damit zu einer Erbkrankheit zu erklären. Die KritikerInnen warnen in diesem Zusammenhang: Gegenwärtig würden so Freiräume für neue medizinische Verbrechen geschaffen. Die Genforschung verwertet „menschliche Embryonen und mißgebildete und nicht lebensfähige Neugeborene“. Diese könnten in Zukunft als „Ersatzteillager“ für Organverpflanzungen benutzt werden.