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Hamburg - Dankesworte reichen nicht

Bild: attenzione-photo.com

"Support 28": Codierte Werbung für Blood & Honour-Unterstützung auf einem T-Shirt bei einer Neonazi-Demonstration. Die Zahlen 2 & 8 stehen für B & H im Alphabet.

Am 3.2.2001 veranstaltete die verbotene Neonazi-Organisation »Blood & Honour« erneut ein Konzert in Hamburg. Laut Angaben der Neonazis sollen die drei Bands »Noie Werte«, »Deutsche Patrioten« und »Nordmacht« aufgetreten sein. Wie schon bei einem vorangegangenen Konzert am 5. August 2000 in Hamburg, wurde auch dieses Konzert in Räumlichkeiten türkischer Organisationen durchgeführt und von einem Pärchen als Geburtstagsfeier angemeldet.

Dass die Neonazis sich erneut ein türkisches Lokal, in diesem Fall eines des alevitischen Kulturvereins ausgesucht haben, spricht für sich. Denn der Schaden der Räumung ging zu Lasten der sonst so gehassten MigrantInnen. Dererlei Logik schien auch die Hamburger Polizei an diesem Abend zu verfolgen. Bereits um 19 Uhr wurde die Polizei darüber informiert, dass sich in dem Veranstaltungssaal des Alevitischen Kulturvereins nicht die erwartete Geburtstagsgesellschaft eingefunden hat, sondern ein Neonazi-Skinhead-Konzert vorbereitet wurde.

Bereits im Vorfeld gab es darüber hinaus von der Lüneburger Polizei veröffentlichte Hinweise auf ein wahrscheinlich stattfindendes Neonazi-Rockkonzert im Raum Norddeutschland. Polizeikräfte aus vier Bundesländern waren in Bereitschaft. Schon gegen 20 Uhr waren die Straßen um den Saal mit Polizeikräften gefüllt. Anwohner zählten bis zu 50 Einsatzfahrzeuge. Der alevitische Kulturverein seinerseits sah sich nicht mehr an den Mietvertrag gebunden und forderte die Polizei auf, die Veranstaltung zu unterbinden. »Unverständlich bleibt«, so der Vereinsvorsitzende, »weshalb die Polizei den Saal nicht geräumt hatte, als gerade mal 25 Nazis anwesend waren und sie bereits mitmassiven Kräften vor Ort waren«.

Aber Schein ist wichtiger als Sein: So durften die Bands zu Ende spielen und die Polizei forderte den Verantwortlichen Peter Borchert um 22 Uhr auf, die Veranstaltung zu beenden. Dieser ist in der RechtsRock-Branche kein Unbekannter und soll nach Berichten von Szene-Insidern einer der Empfänger der Verbotsverfügung von "Blood & Honour" Deutschland gewesen sein. Circa 50 bis 70 Personen, darunter auch die Bands verließen das Gebäude. Um 5 vor 11 wurde mit der Räumung begonnen. Es kam zu »massiven Werfens mit Flaschen und Stühlen« und einem Vorgehen mit Schlagstock gegen einzelne Neonazis. Im Anschluss wurden jedoch nur drei vorläufigen Festnahmen wegen Landfriedensbruch vermeldet.

Denn aufgrund des Beschlagens ihres kalten Helmvisiers beim Betreten der überhitzten Halle konnten die Beamten leider nur wenige »Straftäter« erkennen. Für außenstehende Beobachter mag das komisch klingen, denn gelang es doch der Hamburger Polizei im Anschluss der Räumung ein Bild ihrer Tat in den Medien zu platzieren, das eine ganz andere Wirklichkeit widergibt: Da ist von einem »großen Erfolg gegen die Neonazi-Szene« die Rede, von »Auflösung und Sprengung eines Skin-Konzertes«, von »800 Polizisten, die ein Nazi-Konzert stoppten«, von »Panzern und Wasserwerfern gegen 500 Rechtsradikale« und von »etwas Blut und keine Ehre«.

Aus den Umständen der zahlreichen Aufmärsche des »Aktionsbüros Norddeutschland« in Hamburg geht hervor, dass der Hamburger Innenbehörde gar nicht daran gelegen ist, Neonazi-Aktivitäten in Hamburg zu unterbinden. Das Konzert und der daraufhin durchgeführte Aufmarsch »Rechtsradikale Musik für Alle« von knapp 250 Neonazis in der Hamburger Innenstadt am 17.2.2001 bestätigen dies.