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Golden Dawn: A Personal Affair

Angélique Kourounis

In ihrem 90-minütigen Film „Golden Dawn: A personal affair“ begleitet die Regisseurin Angélique Kourounis die neonazistische Partei Chrysi Avgi aus Griechenland über einen Zeitraum von fünf Jahren. Die Aufnahmen begnügen sich nicht mit einer Wiedergabe der selbstinszenierten Auftritte. Vielmehr bieten sie eine dokumentarische Innenperspektive, die das vermeintlich soziale Bild der Partei nach außen mit dem inneren Kitt einer neonazistischen Ideologie, die sich in rassistischen Übergriffen und hierarchischen Strukturen äussert, kontrastiert.

Mit den landesweiten Wahlen 2012 konnten die Neonazis erstmals mit 21 Abgeordneten in das griechische Parlament einziehen. Angesichts dieses Erfolges setzte sich die bis dahin als Kleinstpartei agieriende Chrysi Avgi in ganz Griechenland fest, eröffnete eine Vielzahl von Parteibüros und inszenierte sich immer wieder in der Öffentlichkeit. Dies reichte von Blut- und Essensspenden nur für GriechInnen, über Massenkundgebungen bis hin zu fast täglich stattgefundenen rassistischen Übergriffen.
Auf Grundlage ihrer eigenen familiären Biographie — Teile der Familie waren u.a. im griechischen Widerstand während der Besetzung des Landes durch deutsche Nazis aktiv — stellt sich Kourounis die Frage, wie diese wohl angesichts des sichtbaren Aufstiegs neonazistischer Kräfte heute reagieren würden? Ausgehend von dieser Fragestellung entscheidet sich die Regisseurin das Bild der sich ihr gegenüber moderat nationalistisch gebenden Chrysi Avgi kritisch zu kommentieren. Dies gelingt ihr besonders dann, wenn sie einzelne neonazistische AktivistInnen außerhalb der durchchoreographierten Parteiaktivitäten mit der Kamera begleitet und noch mehr, wenn sie Betroffene von Angriffen und Einschüchterungen zu Wort kommen lässt.

Diese personalisierten Einblicke werden immer wieder durch Schlaglichter auf die griechische Gesellschaft erweitert. Mit ihnen versucht Kourounis einen möglichen Erklärungsansatz für den Aufstieg der Chrysi Avgi zu liefern. Die europäische Austeri­tätspolitik, ein nicht mehr vorhandener Sozialstaat sowie die Verflechtungen der Neonazis mit Kirche und Polizei sind einige der im Film angesprochenen Punkte. Wenn auch die zwar spät einsetzende staatliche Repression sowie die Prozesse gegen die Führungsebene der Partei wegen Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung größeren Raum einnimmt, macht der Film doch sehr deutlich, dass der aktive Widerstand von organisierten Antifa-­Strukturen die stärkste Opposition gegen Neonazis in Griechenland darstellt.

Golden Dawn: A Personal Affair (2016)

Dokumentation, 90 Minuten
Mehr Infos unter:
https://goldendawnapersonalaffair.com