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Gedenkstätten- und Erinnerungspolitik nach Hubertus Knabe

Einleitung

Am 22. März 2005 wurde in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit, eine Ausstellung unter dem Titel »Mut und Zivilcourage in Deutschland 1933 – 1989« eröffnet. In ihr werden Personen und Gruppen vorgestellt, die Widerstand, egal ob auf ziviler oder militärischer Ebene, gegen die »beiden deutschen Diktaturen« geleistet haben. Damit steht die Ausstellung stellvertretend für eine Erinnerungspolitik in Deutschland, die zunehmend die Verbrechen im »Nationalsozialismus« mit »DDR-Unrecht« gleichsetzt.

Bild: Faksimile Tagesspiegel vom 17. Mai 2005.

Der Direktor Hubertus Knabe

Vorangetrieben wird diese Entwicklung auch durch Dr. Hubertus Knabe, der für seine »populärwissenschaftlichen« Veröffentlichungen zum Thema MfS bekannt ist. Von 1992 bis 2000 arbeitete er in der Forschungsabteilung des Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen. Seit 2000 ist er wissenschaftlicher Direktor der Gedenkstätte. Knabe referierte in jüngster Vergangenheit vor Vereinen, Gruppen oder Diskussionskreisen, die dem rechtskonservativen Bereich oder der »Neuen Rechten« zuzuordnen sind. So ist er als Referent des Veldensteiner Kreises ausgewiesen. Dieser Kreis, sein Schwerpunkt ist neben dem Hannah-Ahrendt-Institut die »Totalitarismusforschung«, ist eine seit 1990 zweimal jährlich tagende Diskussionsrunde von Historikern, Politik- und Sozialwissenschaftlern. Der altbackenen Totalitarismustheorie folgend betreibt auch dieser Kreis eine Gleichsetzung linker und rechter Positionen. Zudem existiert die Forderung nach einem starken Staat. Linke Kritiker werfen dem Kreis vor, dass durch die Gleichsetzung von Antifaschismus und Rechtsextremismus die eigenen nationalen und völkischen Vorstellungen kaschiert werden, durch die Generierung von Fachwissen versucht sich der Kreis von vermeintlichen Extremen abzugrenzen. Knabe referierte bereits innerhalb der Vortragsreihe der Staats- und Wirtschaftpolitischen Gesellschaft e.V. Der als gemeinnützig eingetragene Verein wurde 1962 durch den ehemaligen Chefredakteur des »Deutschen Wortes«, Hugo Wellems, den damaligen CDU-Abgeordneten Arthur Mißbach und Karl-Friedrich Grau gegründet. Mißbach war Pressereferent von Joseph Goebbels und Grau hoher Funktionär im Nationalsozialismus. Heute ist der Brigadegeneral a.D. Reinhard Uhle-Wettler Leiter des Vereins. 1999 hatte er eine Festschrift für den englischen Auschwitzleugner David Irving veröffentlicht und sich wiederholt antisemitisch und neonazistisch geäußert. Der Verein selbst organisiert hauptsächlich Vortragsveranstaltungen und gibt eigene Publikationen heraus. Zwar bezeichnet sich der Verein als konservativ, jedoch bestätigte Hamburgs Vizeverfassungsschutz-Chef Manfred Muck 2001 »personelle Überschneidungen mit rechtsextremen Organisationen«. Darüber hinaus hielt Knabe im Wintersemester 1999/2000 einen Vortrag für die rechtskonservative Burschenschaft »Germania« in Köln. Jüngst trat Knabe zusammen mit Jörg Friedrich in Wilhelmshorst bei Potsdam als Referent auf, um mit ihm über die Befreiung zu diskutieren. Jörg Friedrich kam durch sein Buch »Der Brand« in die Kritik, da die Bombardierungen der Alliierten in semantischer Anlehnung an den Holocaust beschrieben werden, die Shoa wird somit relativiert.

Knabes Veröffentlichungen

Mit seinen Publikationen, die in den meisten Fällen stark ideologisch geprägt sind, erregte er mehrfach Kritik in der Öffentlichkeit. Am 22. März 2001 veröffentlichte er einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in dem er (wie schon in seinem zuvor erschienenen Buch »Die unterwanderte Republik«) die These aufstellte, dass es eine »Außerparlamentarische Opposition« (APO) in den Sechziger Jahren nie als eigenständige Kraft gegeben hätte, sondern diese durch die Sicherheits- und Propagandaapparate der DDR ersonnen worden sei. In diesem Buch werden verschwörungstheoretische Ansätze Knabes sichtbar. Ebenfalls 2001 veröffentlichte Knabe das Buch »Der diskrete Charme der DDR – Stasi und Westmedien«. Teile der Westmedien, so Knabes Theorie, seien durch die Staatssicherheit unterwandert worden. Die Veröffentlichung des Buches wurde von rechtlichen Auseinandersetzungen und einer
einstweiligen Verfügung begleitet. Folgen hatte das Buch speziell innerhalb der Diskussion um die Weiterbeschäftigung Knabes als Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, nachdem seine Probezeit im August 2001 ablief. Speziell der damalige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin (SPD) setzte sich für die Ablösung Knabes ein. Vor allem SED-Opferverbände und die extrem rechten Republikaner setzten sich nun für Knabe ein. Letztere lobten besonders die anti-sozialistischen Züge des Autors. Ein weiteres Buch veröffentlichte Knabe kurz vor dem 60. Jahrestag der Befreiung unter dem Namen »Tag der Befreiung? – Das Kriegsende in Ostdeutschland«. Dessen zentrale Aussage: Einen Tag der Befreiung hätte nur Westdeutschland erlebt, im Osten sei eine weitere Diktatur installiert worden. Die Stunde der Freiheit für den Osten existiert nach Knabe erst nach 1989. Diese verkürzte Sichtweise zieht sich durch das ganze Buch. Dass in Westdeutschland jahrzehntelang die Vorstellung von Niederlage, Katastrophe und Kapitulation vorherrschte, ignoriert Knabe. In drei großen Kapiteln beschreibt er die »Schrecken der Diktatur«, die »Säuberung der Ostgebiete« und den »Weg in die SED-Diktatur«. Die Rote Armee bekommt dabei einen terroristischen Anstrich. Diese Art von Geschichtsschreibung betreibt Knabe auch öffentlich. Demnach seien die »Gewalttaten gegen deutsche Zivilisten« der Roten Armee einzigartig, da sie »sehr systematisch und gewissermaßen flächendeckend« gewesen seien. Die Befreiung vom Faschismus bleibt bei dieser Betrachtung nebensächlich.

Fazit

Hubertus Knabe gehört zu den bekanntesten Historikern, die sich mit dem Staatssicherheitssystem der DDR befassen. Dabei arbeitet er mit totalitarismustheoretischen Ansätzen, wonach die Zeit des Faschismus, Stalins und der Zeit nach dem Tod Stalins ausschließlich mit Hilfe des Totalitarismusbegriffes geklärt werden. Ergebnis ist ein Geschichtsbild, das Form, Mittel und Umsetzung von Herrschaftsprinzipien von deren Intentionen, Inhalten und deren Zweck trennt, wodurch eine »doppelte Diktatur« bzw. zwei »deutsche Diktaturen« generiert werden. Folglich ist es nicht verwunderlich, dass er ein Fürsprecher der von der CDU-/CSU-Fraktion im Bundestag eingebrachten Anträge zur »Förderung von Gedenkstätten zur Diktaturgeschichte in Deutschland« ist. Durch seine Arbeit treibt er die Entdifferenzierung des Gedenkens voran, wobei er zum Teil auch die Verbrechen des Nationalsozialismus, insbesondere die Shoah relativiert. Dass auch Neonazis sich auf die »Extremismus- und Totalitarismusforschung« berufen, um ihre anti-kommunistischen Anliegen zu legitimieren, wie beispielweise nach den Besuchen von Berliner Kameradschaften in der Gedenkstätte Hohenschönhausen geschehen, scheint ihn dabei wenig zu stören.