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Drei Steine

Nils Oskamp

In dem durch die Amadeu Antonio Stiftung geförderten Comic „Drei Steine“ thematisiert Nils Oskamp seine eigenen Erfahrungen mit neonazistischer Gewalt. Als Schüler in Dortmund-Dorstfeld in den 80er Jahren wird er von Neonazis in seiner Klasse schika­niert, bedroht und verprügelt bis schließlich sogar auf ihn geschossen wird, weil er den rechten Parolen in Klassenzimmer und Schulhof entgegen tritt. Die Neonazis seiner Schule sind in der „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) organisiert und werden durch die älteren Neonazis der Partei unterstützt und mit Material versorgt, um weitere Schüler*innen zu rekrutieren. Nils Versuche sich Hilfe bei Lehrer*innen, seinen Eltern oder der Polizei zu suchen, scheitern kläglich an mangelnder Aufmerksamkeit, Unverständnis und Bagatellisierung der Gewalt. Nur Tom, ein Freund seines Bruders, sieht die ernste Lage, in der sich Nils befindet und hilft ihm sich gegen die Neonazis zu verteidigen. Als die Gewaltspirale sich immer weiter hoch zu schrauben droht, entscheidet Nils dem ein Ende zu setzen, indem er darauf verzichtet, zurück zu schlagen.

Die Handlung ist eingebettet in eine Rahmenerzählung, in der Nils als Vater seinem  Sohn von seinen Erfahrungen berichtet. Die Fragen des Sohns leiten durch die Geschichte und lassen Nils immer wieder inne halten und das Erzählte reflektieren. Die kindliche Figur steht dabei für die Adressat*innen des Comics, der an Schüler*innen der 8. bis 10. Klasse gerichtet ist. Der umfangreiche Anhang mit Informationen zu neonazistischen Gruppen, Einzelpersonen und Symbolen bereichert die Geschichte und ist sowohl als Hintergrundinformation für die Lehrenden, als auch für die Schüler*innen sinnvoll. In einer Chronologie von 1980 bis 2015 werden unter anderem die Entstehung der extrem rechten Vereinigung „Borussenfront“ und ihr Gründungsmitglied Siegfried Borchardt, die Gründung des „Nationalen Widerstands Dortmund“ und der Mord an Mehmet Kubaşik durch den NSU in Dortmund näher beleuchtet.

Der Titel „Drei Steine“ zeigt eine weitere Bedeutungsebene auf, wenn Nils während der Geschichte und im Nachwort erzählt, dass er im Verlauf seiner Auseinandersetzung mit rechter Gewalt an drei Stellen einen Stein hinterlässt. Die Steine findet er auf dem Grabstein eines jüdischen Friedhofs, der zu großen Teilen von Neonazis zerstört und mit antisemitischen Parolen und rechten Symbolen besprüht worden ist. Den ersten Stein wirft er einem Angreifer an den Kopf, um sich so einem Angriff der Neonazis zu entziehen. Den zweiten Stein rammt Nils während eines Kampfes neben dem Kopf seines Gegners in den Boden, anstatt ihn damit zu schlagen, um so zu versuchen die Gewaltspirale zu beenden. Den dritten Stein legt Nils als Erwachsener auf einer Reise durch Israel an dem Mahnmal für die Widerstandskämpfer, Yad Vashem, nieder.

Auf der ästhetischen Ebene verbleibt der Comic auf einem niedrigen Niveau. Die Zeichnungen und Panelanordnungen sind einfach gehalten und unkreativ gestaltet, so dass der didaktische Inhalt im Vordergrund steht. Auch die Geschichte, die auch in der Erzählung selber an ein Kind gerichtet ist, ist niedrigschwellig und teilweise durch Plattitüden von dem wehrhaften, aber vernünftigen jungen Nils geprägt. In Hinblick auf die Thematisierung rechter Gewalt im Schulunterricht ist der Comic jedoch eine gute Möglichkeit Schüler*innen zu sensibilisieren.

So bietet die autobiographische Geschichte einen ersten emotionalen Zugang zum Thema und in der Auseinandersetzung mit der Geschichte von Nils und den Informationen in Anhang. Auch auf der Homepage des Comics kann eine tiefer gehende Diskussion angeschlossen werden, die über die subjektiven Erfahrungen von Nils hinaus geht. •

Nils Oskamp
Drei Steine
Panini-Verlag, Stuttgart 2016.
150 Seiten, 19.99 Euro