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Dänemark: Tödliche Briefbombe gegen Antirassisten

Einleitung

Nachdem wir schon in den letzten Ausgaben auf den Terror skandinavischer, speziell schwedischer Neonazis eingegangen sind (AIB Nr. 12 und Nr. 17), erreichte uns jetzt eine neue Schreckensnachricht aus Dänemark. Am Montag, dem 16. März 1992, um 11.30 Uhr explodierte im Büro der kleinen trotzkistischen Partei »Internationale Sozialisten« (zu vergleichen mit der westdeutschen „Sozialistische Arbeitergruppe“) im Kopenhagener Arbeiterviertel Norrebro eine Briefbombe. Der Genosse, der im Büro anwesend war, hatte soeben die Post erhalten und wurde beim Öffnen eines dicken A3- Briefpaketes getötet. In einem dänischen Flugblatt zu dem Attentat heißt es: Es besteht kein Zweifel darüber, daß der bzw. die Täter aus dem Umfeld der im Untergrund agierenden Neonazis kommen.

Foto: Jonn Leffmann; CC BY 3.0, Wikimedia Commons

Ein breites militantes Netzwerk

Eine genauere Bestimmung ist wegen der diffusen, zersplitterten neonazistischen Strukturen eine schwierige Aufgabe, zumal dieses Spektrum kaum bekannte Anlaufstellen besitzt und bis jetzt auch wenige öffentliche Auftritte wie z.B. Demonstrationen durchgeführt hat. Als potentielle Tatverdächtige kommen daher diverse militante Netzwerke in Betracht.
Die wenigen, sehr wohl bekannten Führungspersonen der verschiedenen extrem rechten Gruppen und Parteien haben sich in der Öffentlichkeit bewusst ein legales, biederes, parlamentarisch-orientiertes Image zugelegt.
Im benachbarten Schweden üben Neonazis schon seit zwei Jahren Terror gegen Einzelpersonen mit Hilfe von Briefbomben aus. Im Jahr 1990 wurden drei Mitglieder der nationalsozialistischen „Nordiska Rikspartiet“ („Nordische Reichspartei“) als Urheber von Briefbombenattentaten gegen schwedische AntirassistInnen verurteilt. Die terroristischen Neonazis aus Schweden, die sich heute in der „Vitt Ariskt Motstånd“ (VAM) - „Weißer arischer Widerstand“-, ein illegalen Flügel des „Storm“-Netzwerkes organisiert haben, unterhalten über die NSDAP/AO schon seit Jahren beste Kontakte zu dänischen Neonazis. Als Anführer des VAM aus Göteborg gelten innerhalb der Szene die Neonazi-Aktivisten Klas Lund und Per-Anders Lennart Johansson ("Pajen"). Mehrere Mitglieder der VAM-Gruppe in Göteborg sollen Angehörige der Neonazi-Skinheadband „Dirlewanger“ sein, welche am 27. Juli 1991 in Brandenburg vor 700 Neonazis auftrat. Auch die schwedische Neonazi-Skinhead-Band „Vit Aggression“ um Peter Rindell und Göran Gustavsson gilt innerhalb der RechtsRock-Kreise als VAM-Unterstützer.
Die Neonazi-Zeitschrift „Storm“ hat ihren Sitz in Stockholm und einen Ableger in Skane. Einer der Ansprechpartner für militante Neonazis in Dänemark ist die „Danmarks Nationalsocialistiske Bavægelse“ („Dänische Nationalsozialistische Bewegung“) des Povl Heinrich Riis-Knudsen, ebenfalls Teil der NSDAP/AO.

Außerdem berichteten AntifaschistInnen aus Malmö/Schweden über einen regen Kontakt zwischen dänischen Neonazis und der Storm-Gruppe in Malmö und Lund.

Mit „Blood & Honour“ und „Combat 18“ gibt es auch militante Strukturen aus der neonazistischen Skinhead-Szene in Skandinavien.

Die Briefbombe gegen Henrik Christensen ist ein deutliches Anzeichen dafür, das schwedische Neonazis nun ihre Taktik des organisierten bewaffneten Untergrundkampfes auch nach Dänemark exportieren wollen. Eine weiterer Grund für den Anschlag könnte eine Racheaktion für den von schwedischen und dänischen AntifaschistInnen verhinderten Neonazi-Aufmarsch (in Gedenken an Karl XII) am 30. November 1991 in Lund bei Malmö, sein: Damals mussten die Neonazis unter Polizeischutz aus der von 5.000 AntirassistInnen besetzten Innenstadt geleitet werden.

Henrik Christensen war Opfer eines Angriffes, der allen AntifaschistInnen gegolten hat. Der seit Jahren aktive Antirassist hinterlässt einen Sohn.

Wir trauern um Henrik Christensen.