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Christlich-Arische Parallelwelten vor dem Kadi

Einleitung

Am  11. März 2011, muss sich der 58-jährige Berliner „Bischof“ Peter Becker vor dem Amtsgericht Tiergarten wegen Volksverhetzung, Verwenden von Kennzeichen und Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen verantworten.

Bild: attenzione-photo.com

Auch auf deutsche Neonazis übt der KKK eine Fazination aus. Hier Teilnehmer einer Neonazi-Demonstration im April 2005 in München.

Der Angeklagte soll im Jahre 2009 als Verantwortlicher der Internet-Domain whiteknightseuropa.de u.a. ein Keltenkreuz und Bilder, die dunkelhäutige Menschen verunglimpften, zur Schau gestellt haben. Bereits im Jahr 2007 hatte Becker die Internetseite über seine Berliner Firmenanschrift der „PBH-Handelsagentur” angemeldet und firmierte hier als „Reverend Imperial Wizard“ der „European White Knights of the Burning Cross“ (EWKOTBC). Diese Gruppierung ist eine rassistische Ku-Klux-Klan-Formation (KKK) aus Berlin, deren Mitglieder sich als Kreuzritter des christlichen Abendlandes verstehen und der Auffassung sind, dass Jesus ein „Arier“ war. Das Buch des Klansman sei nach ihrer Auffassung die Bibel, denn insbesondere im „Römerbrief“ seien Textstellen zu finden, wonach Jesus gegen „Rassenmischung“, Homosexualität und die Juden (Pharisäer) gewesen sei.

Becker habe nach eigenen Angaben die „Europäischen Weißen Ritter des brennenden Kreuzes“ 2007 nach langjähriger Mitgliedschaft in US-amerikanischen KKK-Gemeinden gegründet. In der Folgezeit sei er in die Führungsebene diverser international agierender rassistischer Glaubensgemeinschaften aufgestiegen. Die Mitgliederzahl seiner KKK-Formation scheint allerdings deutlich unter zehn Personen zu liegen. Auf Zeremoniebildern sind lediglich drei Kapuzenmänner mit vier jungen Männern und Frauen im Neonazi-Skinheadlook zu sehen. Becker beschreibt diese Szene mit den Worten „four new “Probationary”, young Members, the next genaration, our future by a Meeting in Berlin 2008. After 6 month time of Probationary, they can be a Klansman/Klanswoman by the EWKOTBC“ 1 (Fehler im Original).

KKK auch in Mecklenburg-Vorpommern?

Als „Imperial Knighthawk“2 (in etwa: Majestätischer Ritterfalke) dieser Klanformation tritt “nobss311″ alias Norbert W. aus Grabow (Mecklenburg-Vorpommern) mit einer eigenen Internetpräsenz an die Öffentlichkeit. Er sei seit zwei Jahren dabei und suche auf diese Weise nach Mitstreitern, teilt er den WebseitenbesucherInnen mit. Selbst bei “meine eBay Welt” wirbt Norbert W. im Menüpunkt “Was alle über mich wissen sollten” offen für die  Klanformation: “ich bin 54 jahe alt komme aus mecklenburg vorpommern ich habe auch eine hompage www.nobss311.page.lt”. Die E-Mailadressen des Knighthawk verweisen auf W.s Profile bei Amazon, Facebook, Clipfish oder LIVE, wobei er auch dort aus seiner rassistischen Überzeugung keinen Hehl macht.

Bruderzwist unter den Berliner Glaubenskriegern

Zumindest innerhalb der kleinen Szene rassistischer Glaubenskrieger wurde Beckers Aufstieg alsbald wahrgenommen und stieß auf Widerstand. In den von WikiLeaks im Jahr 2009 veröffentlichten Dokumente der Aryan Nations (USA), befindet sich auch ein Beschwerdebrief eines Berliner „White Reverend“ Peter Boche vom 28. November 2008, in welchem er sich jede Verwechslung mit Becker verbietet und verkündet: „This man is!a state informer his Klan is a fake. Er conducts provably information to the German Special Branch weiter.Beruflich (with 3 members !!!) he works together with Asians!“3 (Fehler im Original).

Boche nahm als „Pastor Peter-Josef“ in der deutschen „Kirche von Jesus Christus“ bzw. als Europavertreter der Aryan Nations ähnliche Aufgaben wie Becker wahr. Mittlerweile geht der (ehemalige) Klansmann Becker offenbare andere Wege. Er ist Repräsentant, ordinierter Bischof und Reverend von einem halben Dutzend Kleinstkirchen und Betreiber einer eigenen „bischhöflichen“ Internetdomain, die ihre LeserInnen vorsichtshalber daraufhinweist „WE ARE NOT RACIST CHURCH“. Über seinen ehemaligen Konkurrenten Boche teilt er mit: „He is a member and priest of the Aryan Nations and a Leader of the Kukluxklan in Germany and Austria“ und weiter „This fake-priest attack the honor and church of my person“. Becker selbst verlinkt nunmehr nicht mehr den Klan, sondern Gruppierungen wie Pro-Berlin, Geert Wilders Freiheitspartei oder PI-News.

Der Konkurrent

Peter „Josef“ Boche verwaltete seine Glaubensgemeinschaft über ein Postfach im österreichischen Zell am See (Schüttdorf). Doch auch bei Boches Religionsgemeinschaft scheint es sich um keine Massenorganisation zu handeln: „Official 6 real Members for the CJCC/AN-is this ok?“4 fragte er seine amerikanischen Glaubensbrüder und kam 2007 – laut den WikiLeaks-Dokumenten – zu folgendem ernüchternden Fazit: „Here in Germany there are only very few “identity Christen” .Offizielle “identity churches” gives this wouldn’t garkeine, the state become allow!“5 (Fehler im Original).

Für die US-Neonazis der Aryan Nations hatte der Deutsche offenbar aber zumindest Lehrerqualitäten, was die korrekte Ausführung des „deutschen Grußes“ betrifft – das US-amerikanische „Southern Poverty Law Center“ (SPLC) berichtete 2006 im „Intelligence Report“6 über einen Auftritt Boches beim 25. Mitgliedertreffen der Aryan Nations: „There was even a German Nazi in attendance, Peter Josef Boche, who runs a racist church in Berlin. At one point, Boche was surrounded by a group of women and girls. The stubble-faced German, accompanied by his properly blonde daughter, was leading a practice session in how to rakishly throw up the right arm in a stiff-armed “Heil Hitler!” salute.“