Skip to main content

Anschläge gegen Flüchtlinge

Einleitung

Die Welle rassistischer und neonazistischer Brandanschläge gegen Flüchtlingsheime sowie Geschäfte, Wohnhäuser, kulturelle und religiöse Zentren von MigrantInnen in Ost- und Westdeutschland hat mit der Ablehnung des Zuwanderungsgesetzes des Einwanderungsgesetzes zugenommen. Die Öffentlichkeit nimmt kaum Notiz davon.

Ziel einer rassistischen Kampagne: Eine Flüchtlingsunterkunft in Anklam.

Akut zugespitzt ist die Situation im mecklenburgischen Anklam, wo eine von Neonazis und rassistischen Bürgern und Gewerbetreibenden gleichermaßen angeheizte Kampagne gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft zu einer Sammlung von 1.000 Unterschriften gegen die Flüchtlinge geführt hat. Hier ist zu befürchten, dass es nicht bei verbalen Drohungen bleiben wird.

Zu Brandflaschen griffen zwei Neonazis aus Greiz in Thüringen. Am 30. Januar 2003 warfen die 18- und 19jährigen Molotow-Cocktails in das Flüchtlingsheim Greiz-Irchwitz mit 69 BewohnerInnen. Ein Wachmann wurde dabei verletzt. Die Neonazis wurden zwei Tage später festgenommen und sitzen nun in der JVA Gera in U-Haft.1 Mit Brandanschlägen auf leerstehende Hotels, die als Flüchtlingsunterkünfte vorgesehen waren, verhinderten bislang Unbekannte den Einzug von Flüchtlingen in dem als »Feinschmekkermekka« bekannten Schwarzwaldort Baiersbronn. In der 16.500 Einwohnergemeinde im Kreis Freudenstadt sollen 80 Flüchtlinge untergebracht werden. Zunächst brannte das ehemalige Hotel »Bären«, das als Unterkunft vorgesehen war, am 31. Juli 2002 vollständig nieder. Nach halbherzigen Ermittlungen erklärte die Polizei jedoch, man hätte keine Beweise für eine Brandstiftung gefunden. Das zweite Mal brannte es am 14. November 2002 im ehemaligen Hotel »Sonne«, in das die Flüchtlinge zum 1. Dezember 2002 einziehen sollten. Hier fanden die Ermittler Brandbeschleuniger. Sie sprechen nun davon, dass offensichtlich ein Zusammenhang zwischen den Bränden und der geplanten Nutzung der beiden leerstehenden Hotels als Flüchtlingsheime bestehe.2

Am 10. Jahrestag des rassistischen Brandanschlags von Mölln – dem 24. November 2002 – warfen sieben Neonazis Brandflaschen auf eine Moschee in Wolfenbüttel. Zwei 16- und 19jährige Männer aus Salzgitter-Thiele und fünf 17- bis 22jährige aus Wolfenbüttel hatten die Molotow-Cocktails gegen das Haus, in dem die vierköpfige Familie des Imam schlief, drei Mal hintereinander geworfen, da die Flaschen nicht zündeten. Die Täter sind u.a. wegen Tragens neonazistischer Kennzeichen polizeibekannt; gegen eine 20jährige Frau aus Wolfenbüttel wird zudem wegen Beihilfe ermittelt. Einer der Täter hatte schon am 4. November 2002 versucht, einen Brandanschlag auf die Moschee zu verüben. In Kleinaspach im baden-württembergischen Rems-Murr-Kreis verübten Unbekannte am 29. Oktober 2002 einen Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim, in dem sich zum Tatzeitpunkt ein 45jähriger Flüchtling aus ex-Jugoslawien aufhielt. Kurz vor dem Brand waren zwei junge Frauen und ein Mann in der Nähe des Heims aufgefallen, weil sie den Hitlergruß zeigten. Die Täter schlugen ein Fenster ein und zündeten eine Mülltonne vor der Tür an. »Eine politische Motivation der Tatverdächtigen erscheint wahrscheinlich,« so die Polizei.3

Am 4. November 2002 versuchten zwei 18jährige polizeibekannte Rechte in Wismar einen Brandanschlag auf einen Asia-Imbiss in Wismar zu verüben. Ein Zeuge beobachtete, wie die beiden jungen Männer die Scheibe der Haustür eines Wohn- und Geschäftshauses einschlugen, in dem sich der Imbiss befindet, und in das Gebäude einstiegen. Im Hausflur kippten sie fünf Liter aus einem Benzinkanister aus. Nur das rechtzeitige Eintreffen der Polizei verhinderte den Brand. Die beiden Täter hatten nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Schwerin einen bekannten Helfershelfer: Den 36jährigen Lehrer Guido St., der am Gymnasium in Neukloster Musik unterrichtete. Guido St. kam im Jahr 2001 aus Krefeld nach Wismar. In Krefeld soll er Berichten der Regionalpresse zufolge als DVU-Aktivist aufgefallen sein. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurden bei ihm ein Hitlerpotrait, eine Hakenkreuzfahne und rechtsextremes Propagandamaterial gefunden. Nach Aussagen der 18jährigen hatten sie Guido St. bei einem NPD-Treffen kennengelernt; Guido St. habe sie zur Tankstelle gefahren und ihnen einen Kanister für den Anschlag zur Verfügung gestellt. Anfang Januar 2003 erhob die Staatsanwaltschaft Schwerin Anklage gegen Guido St., der derzeit in der JVA Bützow in Untersuchungshaft sitzt, wegen Beihilfe zu versuchtem Mord und versuchter Brandstiftung. Die 18jährigen sind wegen versuchten Mordes und versuchter Brandstiftung angeklagt.

In der Nacht zum 8. Dezember 2002 warfen Unbekannte Molotow-Cocktails in eine von 180 jüdischen EmigrantInnen aus den GUS-Staaten, AussiedlerInnen und Flüchtlingen bewohnte Unterkunft in Chemnitz. Man ermittele »in alle Richtungen«, heißt es bei der Polizei.4

  • 1Thüringische Landeszeitung, 31.1.2003
  • 2Badische Zeitung, 16.11.2002
  • 3Stuttgarter Zeitung vom 2.11.2002
  • 4Freie Presse, 10.12.2002