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1992: Neonazis - International

Einleitung

Die neonazistische Bewegung vernetzt sich international: Rassistische Morde durch kanadische Soldaten in Somalia, internationales neonazistisches Treffen der PNFE in Frankreich, amerikanisches Geld für Neonazis in Moskau und ein Österreicher mit internationalen Verbindungen.

Bild: Faksimile Toronto Sun

Somalia / Kanada

Soldaten der kanadischen Luftlandetruppen, die sich als Teil der UNO-Streitkräfte in Somalia aufhalten, sind Mitglieder von Organisationen der "white supremacy" (Weißen Vorherrschaft). Zwei von ihnen sind angeklagt wegen Ermordung eines Somali, zwei weitere wegen Folter und Fahrlässigkeit in demselben Zusammenhang. Untersucht wird noch die exekutionsähnliche Tötung eines unbewaffneten anderen Somali. Ein Kanadier der selben Einheiten wurde 1990 mit Hitler-T-Shirt und Hitler-Gruß fotografiert. Von einem anderem ist bekannt, daß er paramilitärisches Training für die in Toronto ansässige "Heritage Front" (Kanada) durchgeführt hat. Auch wurden Soldaten mit Tätowierungen des „Weißen Arischen Widerstands“ (WAW) gesehen.

Die Somalia-Affäre wurde ein militärischer Skandal, der mit dem Tod des somalischen Teenagers Shidane Arone durch „Friedenstruppen“ des kanadischen Luftlande-Regiments begann. Arone wurde von Clayton Matchee (Corporal) und Kyle Brown (Trooper) gefoltert. Matt McKay (Corporal) - ein weißer Rassist - schlug Matchee vor mit einem Telefonbuch zu schlagen, damit keine Spuren hinterlassen würde. Sie sodomisierten ihn und machten "Trophäen"-Fotos von der Folter. Die Tötung erfolgte Wochen, nachdem kanadische Soldaten zwei unbewaffnete Somalier in den Rücken geschossen und einen von ihnen getötet hatten. Zwei weitere Somalier waren ebenfalls während dieses Einsatzes getötet worden1 .

Die "Heritage Front" ist eine kanadische Neonazi-Organisation die 1989 gegründet wurde. Sie betrieb ein Infotelefon (Moderator Gary Schipper) und organisierte „White Power“-Konzerte in Toronto und anderswo. Unmittelbar nach einem dieser Konzerte wurde der Tamile Sivarajah Vinasithamby zusammengeschlagen und teilweise gelähmt. Die ehemaligen Mitglieder der „Nationalistischen Partei Kanadas“ - Wolfgang Droege, Gerry Lincoln, Grant Bristow (vom kanadischen Sicherheitsnachrichtendienst) und James Scott Dawson – gründeten die Front, als eine Delegation von 18 kanadischen Neonazis auf Einladung von Muammar al-Gaddafi Libyen besuchte. Droege wurde bereits 1981 als Neonazi-Aktivist bekannt, als er mit einer kanadischen Sektion der "Ritter des KKK" und der Gruppe "Westliche Garde" eine Invasion der Insel Dominica versuchte. Die "Heritage Front" schloss ein Bündnis mit der „Church of the Creator“ und ihrem kanadischen Anführer George Burdi von der Band „RaHoWa“. 1992 brachten Personen aus dem Kreis der „Heritage Front“ den kalifornischen Neonazi-Führer Tom Metzger vom "Weißen Arischen Widerstand" (WAR) und seinen Sohn John Metzger von der "White Student Union" (WSU) illegal nach Kanada.

Frankreich

Im April fand in Frankreich ein Kongreß der neofaschistischen Organisationen "Parti nationaliste français et européen" (PNFE) und "Faisceaux Nationalistes Européens" (FNE) statt. Eingeladen waren auch Neofaschisten der deutschen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP), der britischen "British National Party" (BNP) und einer Schweizer Gruppierung, vermutlich der "Parti Nationaliste Suisse et Europeen" (PNSE).

Dieses Treffen mit Vertretern wichtiger militanter Neonazi-Gruppen dürfte auch ein Schritt in Richtung der Gründung eines französischen Ablegers der NSDAP/AO sein. Am Kongreß teilgenommen hat auch Michel Faci (alias Michel Leloup), der extra zu dieser Gelegenheit aus Kroatien angereist war. Als Pariser Koordinator für die PFNE tritt Agnès Casas auf, zuständig auch für die Kontakte zu BNP und FAP.

Bereits in der taz vom 11. Oktober 1989 war über "Europäische Neonazis beim Schlägertreff" berichtet worden, mehrere Soldaten waren unter den deutschen und französischen Schlägern. Dreizehn Neonazis, darunter ein Bundeswehrsoldat und drei französische Unteroffiziere waren in Audun-le-Tiche an der Grenze zu Luxemburg festgenommen worden. Gegen den Generalsekretär der PNFE, Francois Allouchery, und den Sekretär der extrem rechten Polizeigewerkschaft FPIP Serge Lecanu wurde zudem Anklage wegen eines Brandanschlags erhoben.

USA

Aus den USA finanziert die NSDAP/AO eine Moskauer Zeitung („Unser Marsch“), die eine „Vereinigung der russischen Jugend“ als Herausgeber nennt. Eine Interview-Sendung „Race and Reason“ (»Rasse und Vernunft«) die Herbert „Herb“ Poinsett etwa mit Ernst Zündel, Eric Thompson oder William Pierce produziert, wird über Kabel-TV in Tampa/Florida und in New York City ausgestrahlt. Poinsett leitet eine öffentlich zugängliche Fernsehshow in Florida, in der er die Überlegenheit der weißen Amerikaner gegenüber den meisten anderen behauptet.

Österreich

Der Holocaust-Leugner Gerd Honsik und Herausgeber des Hetzblattes "HALT" wird sein neues »Enthüllungsbuch« über die Antifa und den »Wiedergutmachungsbetrüger Szymon Wizenthal« nicht der Öffentlichkeit präsentieren können. Die Druckerei in Österreich wurde entdeckt und ein Großteil der Auflage beschlagnahmt. Der Schaden geht voll zu Ungunsten von Honsik (bzw. seines Geldgebers), da er den Druck bei »Kubart« und das Binden bei »Papyrus« bereits im Voraus bezahlt hatte.

Wenn wir uns zukünftig mit seiner Person beschäftigen müssen, sind einige Daten aus Honsiks frühen (Neo)Nazi-Karriere durchaus interessant, die 1987 in der österreichischen Zeitung »Volksstimme« veröffentlicht wurden: Honsik ist am 10. Oktober 1941 geboren. Seine Mutter war überzeugte Nationalsozialistin und Witwe eines SS-Offiziers. Einer seiner Onkel wurde nach dem Krieg hingerichtet, er war KZ-Kommandant bei Krakau gewesen2 . Im Mai 1962 stand Honsik als Hauptangeklagter zusammen mit vier anderen Jugendlichen vor Gericht. Er ließ sich von seinen Mitstreitern als »Führer« anreden und hatte Briefe an Zeitungsredaktionen mit "WERWOLF" unterzeichnet. Die Gruppe hatte verschiedene Aktionen durchgeführt: Unter Honsiks Anleitung wurde am 28. Mai 1961 ein »selbstgebastelter Böller« vor die italienische Botschaft geworfen, am 14. Juni 1961 entfernte Honsik einen von Chruschtschow vor die Gedenktafel für die österreichischen Widerstandskämpfer niedergelegten Kranz, am 25. Juli 1961 legte die Gruppe einen »selbstgebauten Knallkörper« vor dem Lokal der Fluggesellschaft Alitalia ab, am 8. Oktober 1961 schoß Honsik aus einem fahrenden PKW auf die italienische Botschaft, am 28. November 1961 feuerte er mit einer Pistole auf das Parlament. Honsik äußerte bei seiner Festnahme: Er wolle das »österreichische Marionettenregime« stürzen, jeden, der sich ihm in den Weg stelle, wolle er niederschießen. Im Knast machte Honsik den Versuch, sich Hitlers "Mein Kampf" schicken zu lassen. Das Urteil wurde am 30. Mai 1962 gesprochen: Von den angeklagten Neonazis bekam Honsik die höchste Strafe, vier Jahre verschärfte Haft. Der Mitangeklagte Gunther Kümel, der zu zehn Monaten strengem Arrest verurteilt worden war, erschlug 1965 bei einer antifaschistischen Demonstration den Kommunisten Ernst Kirchweger. Am 6. Juli 1965 wurde er des Totschlags angeklagt. Das Gericht verneinte einen Totschlag und verurteilte Kümel am 25. Oktober 1965 wegen Notwehrüberschreitung (Putativnotwehrexzess) zu zehn Monaten strengen Arrests. In Anrechnung der Untersuchungshaft wurde Kümel am 8. Februar 1966 entlassen.

  • 1Nachtrag: Das kanadische Luftlande-Regiment löste sich 1995 als Folge der Somalia-Affäre auf. Matchee und Brown wurden verhaftet und des Mordes an Arone angeklagt. Der in Somalia verstorbene Soldat Mike Abel war ein Mitglied des KKK. Pte Brocklebank wurde mit rassistischen Äußerungen auf Video aufgenommen. Cpl. Matt McKay war ein Mitarbeiter des Führers der "Aryan Nations Canada", Terry Long und wurde dabei fotografiert, wie er einen Nazi-Gruß in einem Hitler-T-Shirt machte.  McKay war Mitglied des „Manitoba KKK“ und der „Final Solution Skinheads“ in Winnipeg.
  • 2in Steven Spielbergs neuen Film geht es auch um diesen ehemaligen Leiter des KZ Placzow - Anmerkung Infoblatt