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„Ausverkauf des Osten“ mit rechter Beteiligung

Einleitung

In Berlin tauchten im Kontext von (z.T. dubiosen) Immobilien-Geschäften auch die Namen (früherer) rechter Partei-Funktionäre aus den Kreisen der REPs auf.

Der Berliner REP-Funktionär Rudolf Kendzia in der REP-Propaganda.

Werfen wir einen Blick in die Bücher des Amtsgericht in Berlin-Charlottenburg: Im Juni 1992 trafen sich in den Geschäftsräumen einer Firma in Berlin-Schöneberg, vier Männer und vier Frauen. Über die Firma war in der später in taz zu lesen: „So ermittelt etwa die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie seit September letzten Jahres gegen eine Immobilienfirma namens WOCT. Die habe, so der Vorwurf, in Lichtenberg mindestens eine Wohnung aus dem Bestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaft für 5.000 Mark Abstand zuzüglich Maklergebühr vermittelt1 . Die Versammelten gründeten laut Protokoll einen „Ersten Gesamtberliner Mieterverband“ (EGM).

Neben dem ultra-rechten Funktionär und Versammlungsleiter Carsten Pagel zählten auch bekannte Berliner „Wohnungsvermittler“ und Immobilienmakler wie Herr L. zu den Gründungsmitgliedern. In der Satzung des Vereines wird das Ziel mit der »Wahrnehmung der Interessen der Berliner Mieter« angegeben. Das Charlottenburger Amtsgericht wies eine Eintragung in das Vereinsregister zurück. Um welche Interessen es hierbei wohl hätte eher gehen können, wird bei einer Beleuchtung des Firmennetzwerkes von L. deutlich. Er soll laut Presseberichten mit seinem Geschäftspartner M. über eine GmbH in Berlin-Mitte (Köpenickerstrasse) Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Lichtenberg für Abstandssummen bis zu 5.000 DM „verschoben“ haben.

Vor 1945 hatte hier übrigens die Firma „Schuchhardt“ Fernsprecher für die Wehrmacht produziert und im zweiten Weltkrieg Zwangsarbeiter „beschäftigt“ (in einem Barackenlager in der Lohmühlenstraße). Später folgte ein DDR-Plattenbau für die „Baukombinatsverwaltung“. Nach dem Ende der DDR nun eine GmbH die ihren Interessenten mit Zeitungsinseraten „Biete ständig Mietwohnungen“ lockte. Nach Recherchen der „Berliner Zeitung“ hat die oben erwähnte Firma aus Berlin-Schöneberg diese Anzeigen aufgegeben. Auch sie beteiligt sich an diesem Geschäft. Sie bot, laut Aussage der Betroffenen, bereits im Februar 1992 eine freigewordene Plattenbauwohnung en im Berliner Bezirk Lichtenberg für 5.000 Abstand plus Maklergebühr an. Unter derselben Adresse in Berlin-Spandau ist eine weitere Firma zu erreichen, die nach Angaben der Berliner Abgeordneten Elisabeth Ziemer (Bündnis 90/Grüne) ebenfalls versucht hatte, freigewordene Wohnungen in Lichtenberg zu verkaufen.

Erst zum Jahreswechsel 1991/1992 hat die Firma aus Berlin-Schöneberg die Nachfolge der ebenfalls dort ansässigen „Global-Finanz“ angetreten. Das Verwirrspiel hat wohlmöglich System. Nach Angaben des Berliner Mietervereins solle damit verhindert werden, daß Geschädigte Regressansprüche stellen können. Der Berliner Mieterverein erstattete Anzeige und erklärte: »Es gibt offensichtlich ein weit verzweigtes Netz von Geschäftemachern, das weit bis in die rechte Ecke reicht« in gleichem Atemzug wurde die Strafverfolgungsbehörden aufgerufen eine Sonderkomission ins Leben zu rufen, »um den mafiaähnlich operierenden Firmen das Handwerk zu legen« (Berliner Zeitung).

Auch der zurückgetretene Bundesvorsitzende der extrem rechten „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ (DLVH) Rudolf Kendzia aus Berlin ist im Immobiliengeschäft tätig und betreibt die Firma »Kendzia und Partner« (Berlin-Rudow)2 . »Sie wollen in Berlin oder im Land Brandenburg ein Grundstück oder sonstige Immobilien erwerben oder kaufen! [...] Sagen Sie uns, was Sie wofür suchen und was Sie investieren wollen. Wir kümmern uns um alles. Eine Rundum Dienstleistung« heißt es einer Anzeige, die in der extrem rechten Zeitung „Nation und Europa“ erschienen ist und die verspricht auch die „Eigentumsverhältnisse“ zu klären.

Die Wege zwischen Carsten Pagel vom „Ersten Gesamtberliner Mieterverband“ und der „Kendzia+Partner Betreuungs- und Vermittlungsgesellschaft“ dürften vermutlich eher kurz sein - immerhin waren Pagel und Kendzia gemeinsam bei der rechten Partei "Die Republikaner" in Berlin organisiert.

  • 1Uwe Rada: „Nepper, Schlepper, Mieterfänger“ in taz vom 27.3.1993
  • 2Laut Amtsgericht Charlottenburg ist die „Kendzia+Partner Betreuungs- und Vermittlungsgesellschaft“ Ende 1991 von Rudolf Kendzia gegründet worden. Kendzia war zwischen 1967 und 1969 Landeschef der NPD in West-Berlin.