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Die Finanzierung der AfD

Einleitung

Wie finanziert sich die AfD? Neben staatlichen Mitteln erhält sie vor allem Unterstützung von mittelständischen Unternehmern, von einigen Großspendern und von einem Verein, der mit (extrem) rechten Organisationen in mehreren europäischen Ländern vernetzt ist.

Foto: Christian Ditsch

Für’s Erste hat sie wohl ausgesorgt. Rund 400 Millionen Euro wird die „Alternative für Deutschland“ (AfD) nach einer Berechnung der Rheinischen Post in den kommenden vier Jahren aus staatlichen Töpfen erhalten. Allein die Diäten, Kostenpauschalen und Mitarbeitergehälter, mit denen die AfD-Bundestagsabgeordneten rechnen können, summieren sich demnach auf 38,3 Millionen Euro pro Jahr. Rechnet man die Mittel hinzu, die die Bundestagsfraktion geltend machen kann, ergeben sich für die gesamte Legislaturperiode 225 Millionen Euro. Selbstverständlich erhalten auch die Abgeordneten der Partei in den Landtagen staatliche Mittel. Alles zusammengenommen — auch die Landtage in Hessen und Bayern eingerechnet, in die im nächsten Jahr wahrscheinlich ebenfalls zahlreiche AfD-Abgeordnete gewählt werden — ergeben sich ebenjene 400 Millionen Euro. Finanzielle Sorgen, das sollte man meinen, muss die Partei sich auf absehbare Zeit jedenfalls nicht machen — nicht mehr.

Zu Beginn lagen die Dinge anders. Parteien verbrauchen eine Menge Geld; alleine die Kosten für Parteitage erreichen schnell mal sechsstellige Summen. Die AfD ist deshalb von Anfang an darauf angewiesen gewesen, zusätzlich zu ihren Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge Spenden, zumindest aber günstige Kredite aufzutreiben. Dabei hat sie stets von ihrer Verankerung im Mittelstand profitieren können, die sie sich mit ihrer konsequenten Gegnerschaft zur Euro-Rettungspolitik gesichert hat. Beispiele für mittelständische Spender?

Der Kölner Unternehmer Klaus Nordmann, Gründer einer Firma für Werkzeugüberwachung und damals Mitglied im AfD-Mittelstandsforum, sprang der Partei bis zum Jahr 2015 mit mehr als 100.000 Euro bei. Meldepflichtige Spenden kamen von Unternehmen wie etwa der Ingolstädter Dr. O.K. Wack Chemie GmbH oder der Wahl-Bau GmbH im württembergischen Ottenbach. Die AfD sei gegenwärtig die „Partei des deutschen Mittelstands“, lobte Hans Wall im Herbst 2014. Wall, der ebenfalls zu den AfD-Spendern zählte, gründete einst die Wall GmbH, die vor allem Außenwerbung betreibt.

Zu Beginn hat die AfD sogar auf Spenden aus den oberen Etagen der deutschen Wirtschaft zählen können. 2014 griff ihr zum Beispiel Heinrich Weiss finanziell unter die Arme. Weiss, Vorsitzender des Aktionärsausschusses des Düsseldorfer Anlagen­bauers SMS Group, dessen Jahresumsatz mehr als drei Milliarden Euro beträgt, war von 1991 bis 1992 Vorsitzender des Bundes­verbandes der Deutschen Industrie (BDI), bis er sich dann wegen seines — wie Kritiker vorsichtig formulierten — „belehrenden Auftretens“ mit dem restlichen Vorstand der Organisation "verkrachte". Darüber hinaus war er bis 2012 Vorstandsmitglied im Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und gehörte dem Präsidium der einflussreichen Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) an.

Vielleicht noch besser in den Spitzenetagen der Wirtschaft vernetzt war Hans-Olaf Henkel, BDI-Präsident von 1995 bis 2000, der der AfD 2014 — damals war er ihr stellvertretender Sprecher — immerhin einen Millionenkredit gab. Ihre Beziehungen in führende Kreise der Industrie hat die Partei allerdings mit der Abwahl ihres Sprechers Bernd Lucke im Juli 2015 verloren: Henkel trat mit ihm aus und wagte sich gemeinsam mit ihm an das Projekt ALFA bzw. Liberal-Konservative Reformer (LKR); Weiss wandte sich — nach eigenen Angaben — der FDP zu.

Von Anfang an hat sich die Vermutung gehalten, die AfD werde womöglich auch von einer Art „Traditionsfinanzier“ der deutschen Rechten unterstützt: von dem Ex-Bankier und Milliardär August von Finck. Finck, nebenbei Besitzer des Hotel- und Gastronomiekonzerns Mövenpick, hat bereits Franz Josef Strauß unterstützt; Mitte der 1990er Jahre stellte er dem ehemaligen FDP-Politiker Manfred Brunner mehr als vier Millionen Euro für dessen „Bund Freier Bürger“ (BFB) zur Verfügung. Der „Bund Freier Bürger“ — in vielerlei Hinsicht ein politischer Vorläufer der AfD — kämpfte damals energisch gegen die Einführung des Euro. Finck, der zwischendurch auch FDP und CSU bedient hatte, werde „den Wahlkampf der AfD nicht an finanziellen Hindernissen scheitern lassen“, spekulierte im Frühjahr 2013 die „Konrad-Adenauer-Stiftung" der CDU. Zwar hat die AfD abgestritten, von dem Milliardär persönlich Geld erhalten zu haben; doch das sollte vielleicht genauer hinterfragt werden: Finck soll laut Presseberichten seine Finanzierung von Parteien indirekt über eines seiner Unternehmen abgewickelt haben.

Die Spekulationen haben zugenommen, als die AfD im Herbst 2014 in den Goldhandel einstieg. Das tat sie vor allem, um Umsatz zu generieren. Der Grund: Parteien erhalten nur so viel Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung, wie sie selbst einnehmen; die AfD wollte deshalb ihre Einkünfte in die Höhe treiben. Der Goldverkauf schien ein geeignetes Mittel: Wegen der Krise herrschte gerade in kleinbürgerlichen Milieus, auf die es die Partei abgesehen hat, Panik vor einer krisenbedingten Entwertung ihrer Ersparnisse; der Erwerb von Gold schien Sicherheit zu bieten. Und: In rechten Milieus ist ein gewisser Goldfetisch ohnehin verbreitet; so haben etwa im KOPP-Verlag Bücher wie „Das geheime Wissen der Goldanleger“ des ultrarechten Publizisten und AfD-Unterstützers Bruno Bandulet Hochkonjunktur. Tatsächlich konnte die AfD mit dem Goldverkauf zwei Millionen Euro Umsatz erzielen, bis der Bundestag ihr dies Ende 2015 mit einer Gesetzesänderung untersagte.

Hat es bei der Entscheidung für das Goldprojekt vielleicht auch eine gewisse Rolle gespielt, dass August von Finck 2011 in den Goldhandel einstieg — übrigens möglicherweise ebenfalls, um von kleinbürgerlichen Krisenängsten zu profitieren? Geklärt ist das nicht; doch selbst wenn es so wäre, hätten die zwei AfD-Gold­umsatz-Milliön­chen dem Milliardär allenfalls ein paar Peanuts eingebracht.

Wie auch immer es sich mit Finck verhält — zu den Großspendern der deutschen Rechten, die auch der AfD etwas haben zukommen lassen, zählt jedenfalls der Hamburger Reeder Folkard Edler. Der Mann, der 2013 das Gebäude in der Berliner Fasanenstraße 4 — Kaufpreis: 3,6 Millionen Euro — für die rechte „Bibliothek des Konservatismus“ erwarb, hat der AfD im selben Jahr einen überaus günstigen Millionenkredit für den Bundestagswahlkampf gewährt. Auch Spenden in insgesamt sechsstelliger Euro-Höhe hat er der Partei überlassen. Die AfD ist nicht der erste Wahlverein gewesen, für den Edler den Geldbeutel gezückt hat: Nach Recherchen der „ZEIT“ hat er zwischen 2001 und 2004 der „Deutschen Partei“ (DP) von Heiner Kappel großzügige Summen überwiesen — insgesamt rund 100.000 Euro.

Seit Anfang 2016 hat die AfD einen neuen Unterstützer: den — allerdings erst im September 2016 formell eingetragenen — „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten“. Der Verein zeichnet sich dadurch aus, dass er offiziell jegliche Verbindung zur AfD abstreitet, aber Millionen zur Unterstützung ihrer Wahlkämpfe ausgibt — für Wahlkampfzeitungen („Extrablatt“), Plakatkampagnen und anderes mehr. Damit ist er für die AfD genau zur rechten Zeit gekommen — nämlich als mit Lucke auch Henkel, Weiß und weitere finanzkräftige Personen aus der Wirtschaft der Partei den Rücken gekehrt hatten. Der Verein wird von dem ehemaligen CSU-Mann David Bendels geführt; woher die Gelder stammen, die er in die Wahlkämpfe und nun auch in seine neue Wochenzeitung "Deutschland-Kurier" steckt, ist unklar. Klarer ist allerdings: Das Projekt ist Teil eines in mehreren europäischen Staaten aktiven Netzwerks. Die Materialien, die der Verein publiziert, werden von der PR-Agentur „Goal AG“ aus dem schweizerischen Andelfingen etwas südlich von Schaffhausen erstellt. Die Agentur, die von dem 1985 in die Schweiz ausgewanderten Deutschen Alexander Segert geleitet wird, arbeitet vor allem für die „Schweizerische Volkspartei“ (SVP), ist daneben allerdings auch für die FPÖ und den „Front National“ tätig gewesen und kooperiert mit der ENF-Fraktion („Europe of Nations and Freedom“) im Europaparlament. Dieser Fraktion wiederum gehörte mit Marcus Pretzell bis zu dessen Parteiaustritt ein führendes AfD-Mitglied an.