Skip to main content

Dem Skinhead-Kult treu

Einleitung

Der Streit um die Oi-Band Stomper 98

Bild: Screenshot von facebook.com

"Schnappschuss" von einem rechten Konzert im Jahr 2008. Sebastian »Sebi« Walkenhorst (rechts) mit Jens Brandt von Endstufe.

Sebi und seine Freunde haben Ärger. Ständig müssen sie sich erklären und rechtfertigen. »Ich habe das Geseiere wirklich satt«, schimpft er, »aber wenn irgendwo Stress mit Nazis ist, dann steh ich ganz vorne.«1 Sebi spielt in der Skinhead-Band Stomper 98, die vielen als Beispiel für eine kulturelle Grauzone dient. Schuld daran, so meint die taz, ist das Internet. Dort war ein »Schnappschuss« von einem RechtsRock-Konzert im Jahr 2008 aufgetaucht, der Sebi posierend mit einem Neonazi zeigt. Tatsächlich gibt es von und über Stomper 98 noch weitere Fotos und Fakten, die es lohnt, genauer zu betrachten.

Sebastian »Sebi« Walkenhorst kommt aus der extremen Rechten. Um 1990 schloss er sich im Alter von 16 Jahren der rechten Skinheadszene in Delmenhorst (bei Bremen) an. Zwei Jahre später war er Bassist in der Naziband Boots Brothers2 und somit ein aktiver Neonazi, der über Musik und Interviews Propaganda verbreitete und über Konzerte eine Nazi-Erlebniswelt mitgestaltete. Mit seinem Umzug nach Göttingen entfernte er sich von der rechten Szene, entdeckte die multiethnischen Wurzeln des »Skinhead-Kultes«3  und gründete 1998 die »antirassistische« Oi-Band Stomper 98. Walkenhorst ist ein Ausgestiegener, von dem man nie das verlangte, was von anderen AussteigerInnen stets eingefordert wird: Die Selbstreflexion seiner Lebenswelt, die er in weiten Teilen bruchlos von Rechts nach »gegen Rechts« übertrug,4 und vor allem: Sich den Rückweg in die Szene zu verbauen.

Zeitreise in die Jugend

Der 12. April 2008 war eine Art Rückweg, wenn auch nur für wenige Stunden. Die neonazistisch durchsetzten Bootboys Hildesheim (vgl. »Oi ain't Red?«, AIB 91) veranstalteten ein Konzert mit der RechtsRock-Band Indecent Exposure und Bilder des Events fanden sich kurz darauf in einer Bilderserie auf einer privaten Homepage. Auf einem Foto posiert Walkenhorst Arm in Arm mit Jens Brandt, dem Frontmann der dienstältesten deutschen Neonaziband Endstufe, beide recken die geballten Fäuste in die Kamera. Damit konfrontiert, erklärte Walkenhorst, das Konzert sei »wie eine Zeitreise in die eigene Jugend« gewesen, aus der er Jens Brandt kenne. »Als dann sogar noch überraschend die 4-Skins einige Songs zum Besten gaben, gab es kein Halten mehr.«5 In dieser gelösten Atmosphäre sei der »Schnappschuss eben« entstanden. Man gab sich zerknirscht und trotzig: »Nichtsdestotrotz halten wir es mit der Band, die bei der Entstehung des Fotos im Hintergrund spielte: »We won’t say sorry to anyone!«.6 Das »Rote Hetzpamphlet« dokumentierte im Oktober 2008 auf 79 Seiten Fakten und Fotos über Stomper 98, um deren bevorstehende 10-Jahres-Party am 15. November 2008 im Leipziger Kulturzentrum Conne Island zu verhindern. Doch der Haupt-Booker des Conne Island gab eine Ehrenerklärung für die Band ab und das Konzert konnte stattfinden. Stomper 98 und die Templars coverten an diesem Abend Lieder der »alten« Böhsen Onkelz.7  Neben Walkenhorst auf der Bühne stand Michaela J. von den Bootboys Hildesheim.

Die Kontakte von Stomper 98-Bandmitgliedern zu den Bootboys Hildesheim waren zu dieser Zeit offenkundig intensiver, als es Stomper 98 eingesteht. So ließ sich Gitarrist Tommy Toxpack mit Pistole und im Shirt »Riot Crew Bootboys Hildesheim« ablichten.8 Am 1. November 2008, zwei Tage nachdem Stomper 98 ihren Kritiker_innen  vorgeworfen hatten, »Sachen verdreht und manipuliert« zu haben,9 fand die nächste Skinhead-Party in Hildesheim statt. Mit dabei: Drei Bandmitglieder von Stomper 98.10 Gitarrist Tobias Flacke posiert im vertrauten Miteinander mit der damaligen Göttingerin Heidi S., die seit Jahren zum harten Kern der Neonaziszene zählt. Alle wussten, wer S. ist und jeder Mensch hätte es erkennen können: Anstelle der (abrasierten) Augenbrauen hat sie Tattoos gezackter Triskelen – dreiarmiger Hakenkreuze, die in der Szene als Ersatz für das Original dienen. Wenige Monate später wird Flacke dem ox-Magazin versichern: »Außerdem hat niemand von uns rechtes Pack im Freundes- und Bekanntenkreis! Wir selbst tolerieren sie ja auch nicht.«11

Grundkonsens Antirassismus

In einem Artikel in der taz im April 2009 vermeldete Tobias Flacke über die Skinhead-Szene: »Es gibt nur noch einen Grundkonsens (...) und das ist der Antirassismus.«1 Als Referenz ist angemerkt, dass Flacke früher für die Grünen im Stadtrat von Bad Iburg saß und die Partei aus Protest gegen den Afghanistan-Einsatz verließ. Auch der Hinweis, dass sein Cousin Abgeordneter der Linken ist, fehlt im taz-Artikel nicht. Die Argumentation mit der »Kontaktschuld«, die Kritiker_innen stets zum Vorwurf gemacht wird, wird zur Entlastung bedenkenlos eingesetzt. Stomper 98-Bassist Lars Iversen legt im ox-Interview nach: »Die Hautfarbe spielt für einen Skinhead keine Rolle, wichtiger ist die Frage: Bist du Skinhead oder nicht? Das Skinhead-Sein allein ist konsequentes Auftreten genug als Statement gegen Faschismus und Rassismus.« Womit diese Frage geklärt wäre. Zum Beweis, dass Stomper 98 gar nicht rechts sein können, wird im Ernstfall Phil Rigaud, genannt Phil Templar, vorgeschickt. 12 Der in New York lebende Schlagzeuger von Stomper 98 und Templars, von Beruf Mediziner, engagiert sich, so wird erzählt, ehrenamtlich für Obdachlose. Und Rigaud ist schwarz. Doch lassen sich von ihm ähnlich kompromittierende Geschichten erzählen und Bilder vorführen wie von Walkenhorst. Ein Blick auf die Bands Rigauds macht das deutlich.

Der schwarze Drummer und seine Bands

Um Stomper 98 lässt sich ein Kreis von Bands zeichnen, die über gemeinsame CD-Veröffentlichungen, die Organisation von Konzerten und den Austausch von Musikern eng verbunden sind.13 Phil Rigaud spielt darin eine große Rolle. Er trommelte um 2000 in der US-Band First Strike, die in typischer Pose der US-amerikanischen Rechten gegen Nazis und »Red scum« sang (»Red scum, we say hang those bastards high (...) Red scum, soon you’re gonna fuckin die, you got no American Pride«)14 . Rigaud lehnt jede Verantwortung ab, rechte Ideologien zu transportieren. In einem Interview 2010 ließ er wissen, er habe in First Strike »nur das Schlagzeug gespielt«. 15 Nach zwischenzeitlicher Auflösung kam im Oktober 2008 deren »lang erwartete Rückkehr«. Rigaud organisierte federführend ein Konzert von First Strike mit den Templars und den rechten spanischen Bands Ultimo Asalto und Glory Boys in New York. Die New Yorker Band Templars hat Rigaud 1991 mitgegründet, bei der Veröffentlichung ihres Songs »The Glory it once was« 1997 war er mit von der Partie. Darin offenbart die Band ein xenopobes, sozialdarwinistisches Denken: »Fuck the third world let them starve (…) Fuck trade wars, we'll close our doors, Fuck immigration we've got our own population.«16 Templars und Stomper 98 pflegen seit Jahren freundschaftliche Bande: 1999 erschien eine Split-EP der beiden Bands und sie spielten viele gemeinsame Konzerte. Auch traten die Templars im November 2008 als Ehrengäste auf der 10-Jahres-Party vom Stomper 98 im Conne Island in Leipzig auf.

»Unpolitisch« leicht gemacht: Battle Zone

Stomper 98 ist im Skinhead-Kult verhaftet und bastelt erfolgreich daran, selbst zur Kultband zu werden. Extreme Rechte sind akzeptierter Teil dieses Kultes, sofern sie authentische Skinheads sind und das »Politische«, wenn auch nur für einen Abend, hinten anstellen. Das ist das Gesetz, dem sich Stomper 98 unterworfen haben. Deswegen müssen sie sich mit »Szenegrößen« wie Heidi S. arrangieren. Ansonsten reicht ein formelles Bekenntnis zum Unpolitischen aus, um als integer zu gelten. Wie anders ist der Auftritt von Stomper 98 mit den Templars und der »Kultband« Battle Zone im Juni 2008 in New York zu erklären? Battle Zone entstammen dem harten Kern der englischen Neonazirock-Szene und lösten sich 1994 infolge eines Zerwürfnisses innerhalb des Blood & Honour-Netzwerkes auf. Frontmann Alex Ellui verließ auf Druck von Combat 18 England und ließ sich 1999 in Peru nieder. Dort gründete er im Jahr 2004 Battle Zone neu. Dieses Mal mit peruanischen Musikern und als apolitische Oi-Band, die »einfach nur Musik« machen wolle. Ellui gab nun vor, sich vom Rassismus gelöst zu haben.17 Da »seine« Musiker für das Konzert im Juni 2008 kein Visum für die USA erhalten hatten, »lieh« er sich für den Abend Gastmusiker von Templars und Stomper 98 (Phil Rigaud).18 Der Auftritt war in Frakturschrift als »ISP Blitzkrieg 08«19 angekündigt, Battle Zone spielte unter altem Namen und altem Bandlogo, nur ihre »alten« Nazitexte waren laut eigener Aussage entschärft. Bereits 2006 hatte Rigaud bei einem Battle Zone-Auftritt im legendären New Yorker Punkclub CBGB das Schlagzeug gespielt. Um Proteste zu vermeiden, war die Band damals unter falschem Namen angekündigt worden.20 Wie ernst es »Kultsänger« Alex Ellui mit der Abkehr von der rechten Szene ist, stellte er im Juni 2009 auf dem »Skincore-Fest« in Rio de Janeiro mit Endstufe und anderen extrem rechten Bands unter Beweis. Er erschien auf der Bühne und gab einige Lieder zum Besten.21

Auch Kult: Indecent Exposure und 4 Skins

»Das Foto gibt es, es war ein Fehler und ich habe meine Konsequenzen daraus gezogen. So etwas wird mir nicht wieder passieren.«11 Was Walkenhorst im Interview mit dem ox über den »Schnappschuss« mit Jens Brandt eingesteht, lässt offen, worin er den Fehler sieht und was die Konsequenzen sein werden. Vielleicht wird er auf kein 4-Skins-Konzert mehr gehen, zumal ihm die 2010 erschienene CD »The Return« der 4-Skins nicht gefällt. Der dort enthaltene Song »Take no more«, so schreibt Walkenhorst in einer Rezension im ox-Magazin im Juni 2010, sei »textlich eine Aneinanderreihung von Scheiße, Vorurteilen und plattem Gesülze alter unzufriedener Stammtischsäufer.« Eine Strophe des Liedes lautet: »Immigrants overrun our land, Benefits office with an outstretched hand. Competing for our homes and jobs, begging in their gypsy mobs. Our country is full, fear the worst. Shouldn't we put our own people first?« Zunächst befand sich die CD in beinahe jedem gut sortierten Punkversand und wurde nach der Lektüre des Booklets hier und da aussortiert. Einige Versände vertreiben die CD bis heute. Der Versand Bandworm Records, einer der Marktführer für »Streetrock'n'Roll«, stellt »Take no more« in seiner Werbung sogar als »sehr gelungenes neues Material« heraus.22 Die Wiederkehr der Kultband 4-Skins entstand als Seitenprojekt der englischen Band Indecent Exposure, mit von der Partei war Gary Hodges, ein Bandmitglied aus frühen 1980er-Jahren der 4-Skins. Indecent Exposure, auf derem Konzert bei Hildesheim Walkenhorst mit Jens Brandt feierte, ist dem extrem rechten Milieu um Rock Against Communism (RAC) zuzuordnen23 , was die nachdrückliche Frage aufwirft, warum er und Tobias Flacke das Konzert überhaupt besuchten. Zu Indecent Exposure verlor Walkenhorst in all seinen Statements bislang kein kritisches Wort, obwohl deren Lieder wie »Save The Nation« oder »Rocking the Reds« nicht weniger eindeutig (rechts) sind wie beispielsweise »Take no more«.

Mit Stomper 98 am Stammtisch

Das Bild des kämpfenden, heterosexuellen Mannes und die Ablehnung dessen, was als anders und schwach empfunden wird, sind Säulen der Stomper 98-Wertewelt. Selbst Versuche, das Thema »Polizei« aufzugreifen, geraten deshalb zum Griff ins Klo. Im »Ochsensong« wirft »Mann« dem »Bullen« vor, seinen Frust an anderen rauszulassen, seine Frau im Freudenhaus zu betrügen und warnt davor, dass er »nur an deinen Arsch« will. Der Refrain ist im Stil eines bekannten Fußball-Singsangs gehalten: »Alle Bullen sind schwul, alle Bullen sind schwul, von Göttingen bis nach Liverpool.«24 Wenn Männer richtig feiern, sind andere unerwünscht, zum Beispiel Hippies. »(...) Hippie-Frauen mit unrasierten Beinen, bei diesem Anblick fangen wir an zu weinen (…) Hippie-Kids mit eingesauten Fressen, bei diesem Anblick wird uns schlecht beim Essen (..) Die Anderen sind am Grölen, die Stimmung ist perfekt, dem nächsten Hippie schon ´ne Flasche im Arsche steckt.« Der Text des Stomper 98-Liedes »Happy Hippie Hit« von 1999 ist in Inhalt und Duktus die Widerspiegelung rechter Vorurteile gegen linke Gegenkulturen: die Belustigung über deren Ernährungsweise, die Abwertung von Frauen, die nicht dem herrschenden gesellschaftlichen Schönheitsideal entsprechen, das sattsam bekannte »Wasch dich mal, mir wird schlecht!« - am Ende verbunden mit der Phantasie der sexuellen Erniedrigung der »Anderen«.25

Der subkulturelle Männerstammtisch nimmt sich gesellschaftlicher Probleme an und weiß Lösungen: »Führt den Pranger wieder ein, der Tod wird die Erlösung sein! (...) Knüpft den Bastard ganz schnell auf, Gerechtigkeit nimmt ihren Lauf« heißt es im Stomper-Song »Päderast«.26 Natürlich ist wieder alles ein Missverständnis: »Wir sind ausdrücklich GEGEN die Todesstrafe! »Knüpft den Bastard ganz schnell auf« und »Führt den Pranger wieder ein« sind als Metaphern zu verstehen für das, was in einem vorgeht.«27 So erklären Stomper 98 im Oktober 2008 den acht Jahre alten Song, nachdem ihnen vorgeworfen wurde, für die Todesstrafe einzutreten. Auffällig war,  dass in all den Jahren kaum jemand den Liedtext so verstanden hatte, wie er angeblich gemeint sei.

Wes' Brot ich ess, des' Lied ich sing ...

Abgesehen von plakativen Abgrenzungen gegen Nazis, Rassismus oder »Bullen« und einem antirassistischen und antifaschistischen Selbstverständnis bewegen sich Stomper 98 im Wertekanon jener Alleinunterhalter, die auf der Karnevalsfeier im Schützenhaus zu vorgerückter Stunde das Mikrophon ergreifen. Die Querverbindungen der Band nach Rechtsaußen sind keine entschuldbaren Unachtsamkeiten, sondern sie sind systemimmanent. Und doch haben Stomper 98 eine Lobby, die weit ins vorgeblich linke Kulturbusiness hinein reicht. Unter Druck geraten, startete die Band Ende 2008 eine groß angelegte Öffentlichkeits- und Imageoffensive in eigener Sache.28 Das ox-Magazin, in dem Walkenhorst heute mitarbeitet, gab Stomper 98 breiten Raum zur Selbstdarstellung und in der taz fand sich am 13. April 2009 unter dem Titel »Der Stolz der Arbeiterklasse« eine Gefälligkeits-Berichterstattung, die sich wie Stomper 98-Statement liest.29 Die im Kreuzberger Kiez verwurzelte Konzertagentur MAD Tourbooking und andere, die Stomper 98 als kommerzielles Zugpferd nutzen, setzen sich gegenüber Konzertveranstaltenden und CD-Läden nachdrücklich für die Band ein. Der Tenor ist stets: Alles Übertreibungen, Gerüchte und einseitige Darstellungen, die Jungs sind echt in Ordnung.30

Auftritte von Stomper 98 wären einigen »linken« Läden wohl kaum eine Diskussion wert, wäre nicht 2008 das verhängnisvolle Foto von Brandt und Walkenhorst aufgetaucht. »Schuld an dieser Scheiße hat das Internet« lassen Stomper 98 und taz unisono verlauten. Nein. Schuld daran haben Sebi und seine Freunde ganz alleine. Verantwortung für diese »Scheiße« zu übernehmen, ihre eigene Wertewelt zu hinterfragen, sich nicht ständig heraus zu winden und nicht immerfort in typischer Opfermanier die Schuld anderen zuzuweisen, wäre Anzeichen einer Weiterentwicklung. Das wäre jedoch ziemlich unkultig.

  • 1 a b Der Stolz der Arbeiterklasse, taz, 13. April 2009
  • 2Die Band Boots Brothers wurde 1992 in Delmenhorst gegründet und um das Jahr 2003 aufgelöst. Sie veröffentlichten fünf Tonträger und spielten zum Beispiel am 20. Juni 1992 in Bremen mit Endstufe, Störkraft und Ian Stuart Donaldson, der 1993 tödlich verunglückten Ikone des Nazi-Rocks. Sebastian Walkenhorst gehörte der Band von 1992 bis 1995 an. Pathetisch stellten die Boots Brothers ihren Hass gegen Linke zur Schau. Auf die Frage nach dem geplanten Titel ihrer ersten LP antwortete Sebastian Walkenhorst in einem Interview 1993: »Unsere 1. LP wird ›Die Sonne wird wieder scheinen‹ heißen. Dieses Lied richtet sich gegen all die ganzen schmierigen Autonomen, die meinen mit ihrer Gewalt gegen jeden im Recht zu sein. Doch irgendwann wird ihr Licht erlischen und unsere Sonne wird uns den richtigen Weg zeigen!!!!!!« (Interview mit »Bulldog – Das Fanzine aus Hohenlohe« Nr. 3, 1993).
  • 3Wir schreiben von »multiethnischen Wurzeln«, da wir die verbreitete Behauptung, Skinheads hätten antirassistische Ursprünge, für nicht korrekt halten. Die Skinheads der Gründerzeit Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre waren beeinflusst von und verbündet mit den Rude Boys, Söhnen jamaikanischer MigrantInnen, die in Banden zusammengeschlossen waren. Die Skin-Musik dieser Zeit war (und ist in »traditionellen« Skinhead-Szenen) Ska und Reggae, schwarze Musik, die in England geprägt wurde von Rude Boys, die sich selbstbewusst zu ihren schwarzen Wurzeln bekannten. Schwarze waren in die »Working Class« der Skinheads integriert, man arbeitete zusammen auf den Docks, ging zusammen kegeln, zog als Bande umher. Es war zu dieser Zeit gewöhnlich, dass ein Schwarzer Anführer der Skinhead-Gang war. Die Skinheads der frühen 1970er Jahre waren es jedoch, die den Begriff »Paki-Bashing« erfanden, übersetzt: Pakistanis klatschen. Skinheads hatten eine patriotisch aufgeladene Working-Class-Identität. MigrantInnen aus Indien, Pakistan, Bangladesh waren meist aufstiegsorientiert, galten in der öffentlichen Meinung als »windige Geschäftsleute«, die keiner »ehrlichen« Arbeit nachgingen, sich nicht der englischen Leitkultur (und auch nicht der Arbeiterkultur) anpassten und in Parallelgesellschaften abschotteten. Sie wohnten zumeist in den Arbeiterquartieren und wurden dort als Eindringlinge empfunden. Darüber hinaus waren sie »leichte Opfer« der Gangs, da sie oft nicht das Selbstbewusstsein und die Organisierung hatten, sich nachhaltig zu wehren. In englischen Städten kam es in diesen Jahren zu Skinhead-Krawallen, bei denen Skinheads MigrantInnen aus Asien und deren Geschäfte angriffen. Wenngleich das rassische Überlegenheitsdenken (White Power) erst Ende der 1970er unter dem Einfluss der extrem rechten National Front (NF) in Teilen der Skinhead-Szene an Bedeutung gewann, so war die Ablehnung der »Pakis« schon in den frühen Jahren xenophob. Denn tatsächlich richtete sich die Aggression der Working-Class-Skinheads kaum gegen privilegierte Bevölkerungsschichten, weder gegen die herkunftsenglische Mittelschicht, noch gegen Bonzen oder Banken, die die Auflösung der Arbeiterklasse betrieben und für Massenentlassungen in den Fabriken und auf den Werften verantwortlich waren. In unserer Wahrnehmung haben Skinheads multiethnische, aber keine antirassistischen Wurzeln. Eine Szene mit einem antirassistischen, d.h. gegen Rassismus gerichteten, Selbstverständnis hätte sich niemals zu Vollstreckern der weit verbreiteten Vorurteile gegen MigrantInnen aus Asien gemacht.
  • 4Mit der Ansicht, Walkenhorst habe weite Teile seiner Lebenswelt bruchlos von rechts nach anti-rechts übertragen, ist nicht gemeint, dass Walkenhorst weiterhin Rassist, Antisemit oder Nationalist ist. Seine Abwendung von diesen Ideologien ist glaubhaft. Doch Walkenhorst hat vieles aus seinem »alten« Leben beibehalten: Seinen Style, seine Ästhetik und die damit verbundene Inszenierung der Männerwelt. Die Texte und Statements von Stomper 98 kombinieren beständig narzisstische Überlegenheitsphantasien und Opferstilisierung (Größenwahn und Verfolgungswahn). Unverändert geblieben sind auch positive Bezugspunkte (Skinheadgang, Fußball- und Hooliganszene, Böhse Onkelz) und negative Bezugsgrößen (Schwule, Hippies). Eine radikale Infragestellung »alter« Wertebilder und seiner »alten« Persönlichkeit lässt sich für uns nicht erkennen. Laut dem Buch »Dunkelfeld – extrem rechte Lebenswelten rund um Rhein-Main« von 2010 ist der zum Ausstieg notwendige Prozess der Selbstreflexion die »inhaltliche und emotionale Aufarbeitung des Erlebten (...) Es muss eine Distanz zu den gemachten Erfahrungen geschaffen werden, etwa zum Gefühl der erlebten Macht und dem Denken, zu einer wie auch immer gearteten Elite zu gehören. Die Distanz kann nur in einem inneren Prozess einsetzen, der als Selbstreflexion beschrieben wird. Die Anforderungen der Selbstreflexion – also die Bewusstwerdung über sich selbst, über eigene Handlungen und den Persönlichkeits-Werdegang – sind grundsätzlich hoch.(...) Die eigene Vergangenheit lässt sich nicht wie auf einer Festplatte löschen, sondern bleibt als Erfahrungswert ein Teil der eigenen Identität. Während die meisten Menschen ihr Leben als einen kontinuierlichen Lernprozess mit kleineren und größeren Irrtümern beschreiben können, müssen Ausgestiegene alles von früher als falsch und nicht akzeptabel erkennen.«
  • 5Irritierend ist der schwärmerische Ton, der in der Stellungnahme »Über Uns«, (Stomper 98, Juli 2008) mitschwingt: »Die Stimmung an dem Abend lässt sich schwer vermitteln. Für alle über 30-jährigen fühlte sich das Konzert im Grunde an wie eine Zeitreise in die eigene Jugend. Als dann sogar noch überraschend die 4Skins einige Songs zum Besten gaben, gab es kein Halten mehr. Jeder Skinhead wird nachvollziehen können was es bedeutet, Songs wie »Chaos« oder »A.C.A.B.« oder »Evil« oder, oder, oder live und von Original-Bandmitgliedern zu hören. Das war das Umfeld, in dem das Foto von Sebi und Jens B. im Pogo-Pit entstanden ist. Ein Schnappschuss in einer alles anderen als alltäglichen, sehr emotionalen Atmosphäre von zwei ehemals Bekannten, die sich seit 15 Jahren nicht gesehen hatten und die sich in den nächsten 15 Jahren höchstwahrscheinlich nicht wiedersehen werden. Fünf Sekunden aus 15 Jahren...« vgl.: www.stomper98.de/Deutsch/In%20eigner%20Sache.html
  • 6Die Aussage der 4-Skins »We won't say sorry to anyone«, die sich Stomper 98 in ihrem Statement zu Eigen macht, geht auf die Krawalle in Southall vom 3. Juli 1981 zurück. Die 4-Skins gaben mit anderen Oi-Bands ein Konzert im Londoner Stadtteil Southall. Bereits vor dem Konzert kam es zu Hitlergrüssen und rassistischen Angriffen seitens rechter Skinheads und Anhängern der National Front, die ebenfalls das Konzert besuchten. Dies führte dazu, dass mehrere hundert Jugendliche der asiatischen Communities das Konzert mit Steinen und Molotowcocktails angriffen. Nachdem der Konzertraum im Hambrough Tavern geräumt worden war, wurde ein brennender Polizeiwagen hinein geschoben, woraufhin die Hambrough Tavern abbrannte. Danach stilisierten sich die 4-Skins als Opfer von »Asiaten« und den Medien, die Schuld an den Ausschreitungen seien, sie selbst wären nur eine Oi-Band, die keinerlei Interesse an Politik habe. (Siehe hierzu eine Reportage der BBC von 1981: www.youtube.com/watch?v=T3WzfMGPdKc).

    Dass viele rechte Skinheads und NF-Anhänger (ohne abgewiesen worden zu sein) mit dem restlichen »unpolitischen« Publikum feierten und das Konzert für neonazistische Provokationen und rassistische Angriffe nutzten, ließen und lassen Gary Hodges (Sänger der 4-Skins) und die anderen Bandmitglieder unter den Tisch fallen. Die Legende von Southall, wonach die Skinheads unschuldige Opfer einer Medienkampagne gewesen seien, hält sich bis heute in der Oi-Szene. Selbst 27 Jahre danach hält Gary Hodges daran fest. Auf die Frage, was der Kommentar »Never Sorry.« für ihn persönlich bedeute, antwortet er im Jahr 2008: »I will never say sorry, or apologize for Southall. In fact I have never been sorry for any of my actions. Do it and suffer the consequences. You should only be sorry for what you haven't done- Lost opportunities etc.« http://www.the4-skins.co.uk/4skinsbiogs.html

  • 7Stomper 98 coverten auf diesem Konzert das Lied »Was kann ich denn dafür« (LP »Böse Menschen Böse Lieder«, Böhse Onkelz, 1985), auf der Songliste der Templars stand »Fußball und Gewalt« (LP »Der nette Mann«, Böhse Onkelz, 1984). Die CD »Tage deiner Jugend«, die 2008 zum zehnjährigen Bandjubiläum entstand, enthält den Cover-Song »Tanz auf deinem Grab« (LP »Der nette Mann«, Böhse Onkelz, 1984). Die Original-Lieder der Böhsen Onkelz entstammen der Zeit, als die Band noch im extrem rechten Spektrum verortet war. Die Abkehr der Böhsen Onkelz von der extremen Rechten geschah erst um 1988.
  • 8Tommy Toxpack spielt seit 2005 bei Stomper 98 und in der Berliner Punkband Toxpack. Möglicherweise entstand dieses Bild um den 21. Dezember 2007. An diesem Tag spielten Toxpack auf einem Konzert in Hildesheim, das von den Bootboys Hildesheim organisiert und auch mit derem Logo beworben worden war. Weitere undatierte Bilder zeigen »Tommy Toxpack« zusammen mit Michaela J. (Bootboys Hildesheim) in New York.
  • 9Antwort von Stomper 98 an das Conne Island, 30.10.2008
  • 10Teilnehmer der Party(s), die am 1. und 2. November 2008 in Hildesheim stattfand(en), waren Sebastian Walkenhorst, Tobias Flacke und Stomper 98-Bassist Lars Iversen. Ein Mitglied der rechten Oi-Band Mummys Darlings (München) fungierte als DJ, neben Heidi S. befinden sich weitere bekannte und erkennbare Neonazis auf den Bilderserien dieses Party-Wochenendes in Hildesheim.
  • 11 a b www.ox-fanzine.de/web/stage_bottles_und.356.html
  • 12Die Annahme, eine Band mit einem schwarzen Schlagzeuger könne gar nicht »rechtsoffen« sein, wird in vielen Statements von Stomper 98 und deren Fankreis vertreten. Auf die im Roten Hetzpamphlet und in verschiedenen antifaschistischen Online-Portalen offen gelegten Fakten, zum Beispiel auf Auftritte von Stomper 98 mit rechten Bands oder auf rechte Textinhalte, braucht mit Hinweis auf den schwarzen Drummer gar nicht mehr eingegangen werden. Beispiele bieten sich in der Diskussion auf »oi the greyzone«: »stomper 98 ne rechtsoffene band? ist dit geil hahaha. würde mich mal interessieren, was der schwarze in der band dazu sagt. dumm – dümmer – antifa!« (oink oink, 17.11.2008), »Ihr Spinner seid so lächerlich. Stomper98 rechtsoffen??? – Womöglich ist der Schwarze auch noch Mitglied im KKK?? – Mann habt Ihr den Arsch offen…« (Rude Boy, 11. Mai 2009).
    http://oithegreyzone.wordpress.com/2008/11/01/rotes-hetzpamphlet-auf-die-schnelle

    Im ehemals neonazistischen Meinungsfreiheit-Magazin (MF-Zine) wird aus dieser Argumentation gar ein Rassismus-Vorwurf gestrickt: »-Jaja, immer wieder reitet »oireszene« auf den farbigen Schlagzeuger von Stomper rum und unterstellt ihm »rechtsradikales« Gedankengut, ist er nicht vielleicht auch Ehrenmitglied im Ku Klux Klan?!? Eigentlich sind die »oireszene«-Äußerungen zu Stomper ja diskriminierend, wenn nicht gar rassistisch!!!«
    www.mf-zine.de/html/grauzone.html.

  • 13Die Definition eines »Freundeskreises« folgt nicht ausschließlich virtuellen Freundschaftsbekundungen, beispielsweise in Freundeslisten in Internet-Communities wie MySpace oder Facebook, sondern der Feststellung, dass in den hier beschriebene Fällen tatsächlich eine soziale Nähe und eine Zusammenarbeit feststellbar ist. Das Bestreben, Freundschaften anhand von virtuellen Freundeslisten »nachzuweisen«, ist umstritten. Tobias Flacke dazu: »Mit dieser Internet-Freundeslisten-Wühlerei lässt sich doch um 2 bis 3 Ecken JEDEM irgendeine Nazi-Verstrickung anhängen.« (Interview im ox, www.ox-fanzine.de/web/stage_bottles_und.356.html).

    Es macht einen Unterschied, ob beispielsweise in einer mehrere Hundert Personen umfassenden Freundesliste einzelne Rechte auftauchen, oder ob diese sich an der Kommunikation beteiligen und / oder beispielsweise in der Liste der »Top Ten«-FreundInnen aufgeführt sind. Doch tatsächlich trägt bereits die Duldung bekannter und erkennbarer Neonazis in virtuellen Freundeslisten zur schleichenden Akzeptanz von extremen Rechten in »unpolitischen« Szenen bei.

  • 14Der Text des Songs »Red Scum« von First Strike von 1998  heißt es: »Commie bastards dressed as skins, in this struggle you won’t win, Nazis and commies you’re all the same, You’ll find out this ain’t no game. Red scum, no red flags in the sky. Red scum, we say hang those bastards high. Red scum, no red flags in the sky. Red scum, soon you’re gonna fuckin die. You got no American Pride, now you better run and hide, Love for the nation you don't know, under the boot you will go.«
  • 15Wie Phil Rigaud versucht, seine Beteiligung an First Strike herunter zu spielen, wird deutlich in einer Antwort, die er dem »Punkrock! Fanzine« Nr. 12 im Sommer 2010 gab. Angesprochen auf First Strike erklärte er: »I just played the drums on the First Strike LP as a favor for them. If you have questions about First Strike then ask First Strike, not me. I'm not a band member, that record was recorded over 10 years ago.« In einem Interview mit dem Berliner Skin-Fanzine »Support Your Scene« im Mai 2008 erklärte Phil Rigaud angesprochen auf First Strike und Templars: »Aber sicher bin ich stolz darauf, und ich schäme mich auch zu 95 Prozent nicht für die Dinge, die ich bisher getan habe. Ich bin stolz auf alle Bands, in denen ich gespielt habe und mit denen ich in der Vergangenheit gemeinsam auf der Bühne stand, um Konzerte zu geben.(...)« (Support Your Scene, Nr. 2, Mai 2008)
  • 16Der Text von »The Glory it once was« lautet: »Fuck the third world let them starve, fuck foreign conflicts let them fight their own wars. Let's clean the our streets of poverty, let's feed the mouths of our own hungry. Let's take a look at our nation as it is today – today. Think about your country now take a look at you. Think about your country, let's bring back the glory it once was. Let's build up our own industries, let's put our nation back on its feet. Fuck trade wars we'll close our doors, fuck immigration, we've got our own population.« Im Fanzine Punkrock! Nr. 12 vom Sommer 2010 liefert Phil Rigaud eine bizarre Interpretation des Textes: »This is another case of people taking one sentence and not understanding whata we were talking about. It is only in Germany we get complaints about this song because you don't understand the immigration policies in America. And of course black people are not native Americans, black people were forced here to work and then supposedly «free« by white lieberals in government to fight a Civil War for our »freedom«. We have this song because the Immigration policies in America are racist as fuck and unfair. White/European immigrants are given Visas easier than Black/Hispanic/Asian immigrants and that is unfair and contributes to racial problems we still have in this country. It has to be all or nothing, no selective picking of people based on skin colour/culture. How the fuck can the band and I be anti-immigrant when all Americans are immigrants. We have to take care of America's problems with racial/social inequality before letting other people in. That's what we mean, nothing more, nothing less. »The Glory it once was« means that what they wrote on paper long time ago doesn't hold true and shows how fucked up the government is despite being called »the land of the free«.
  • 17Alex Ellui distanziert sich von seiner rassistischen Vergangenheit, betont jedoch, dass Battle Zone nicht als antirassistische Band gelten wolle. Im Interview mit PunkOiUk schreibt er im Oktober 2006: »I regret the »racist« (lets be completely frank here the term RAC is a kind of »nice« way of saying »racist«; at least with the UK bands of the time) aspects of the band. And I really wish we hadn’t done that. Having said that, the fact that I am no longer racist (I have a half Peruvian daughter) doesn’t mean that the band now are gonna be raging anti-racist, SHARPS or whatever. I made the decision that the band is just gonna be all about music. Just how it should be.«
    (www.punkoiuk.co.uk/interviews/bz.asp)
  • 18Alex Ellui verweist in einem Interview darauf, dass die Templars die Backing-Band von Battle Zone auf dem Konzert im Juni 2008 stellten, auf dem Battle Zone zusammen mit Stomper 98 und Templars auftraten. Bereits 2006 spielten Battle Zone in Boston (USA) und im CBGB in New York, auch hier spielte Ellui mit Bandmitgliedern der Templars. Bandfotos dieses Abends zeigen Phil Rigaud (Templars, Stomper 98) als Schlagzeuger von Battle Zone beim CBGB-Konzert. Alex Ellui schreibt zu den Konzerten 2006: »After speaking to Phil Templar of The Templars (now indisputably the USAs leading Oi! band) it was decided to set up some BZ concerts in the USA. Due to the fact that Peruvians find it almost impossible to get a passport visa to visit the USA it was decided the BZ would be made up of other well-known skinhead musicians from the USA.«
    (http://bzoi.blogspot.com/2007/12/bz-history.html).
  • 19ISP steht für »International Skinhead Pride«
  • 20Tatsächlich wurden Battle Zone für das Konzert im CBGB in New York 2006 als »Way of Death« angekündigt, bezugnehmend den Titel der ersten (Nazi-)Single von Battle Zone Ellui hierzu: »In July 2006 two concerts were held in Boston and the infamous CBGBs in New York. BZ was advertised as Way of Death (the name of the first single) to try and keep it low key as the organizer said those who know will know and those who dont work it out dont matter.« (www.punkoiuk.co.uk/news/details.asp?newID=1275) Man griff auf einen Trick zurück, der zur selben Zeit auch in Deutschland vom Neonazitreffpunkt Skinhouse Menfis erfolgreich angewendet wurde: Man kündigt (extrem) rechte Bands unter falschem Namen an, gewöhnlich unter dem Namen populärer Liedtitel der Band, um öffentliche Aufmerksamkeit und Repression zu vermeiden.
  • 21Bilderserien zeigen Alex Ellui auf dem Skincore-Konzert in Rio de Janeiro 2009 feiernd mit deutschen Neonazis der Endstufe-Crew.
  • 22Die 4-Skins verstehen sich trotz des rassistischen Textes von »Take no more« als »not a polical band«. Auf der CD-Release-Party der 4-Skins in London am 26. Juni 2010 trat auch die Band I.C.1 mit dem Sänger der Blood & Honour-Band Razors Edge auf. Das Label randale-records und die 4-Skins distanzierten sich hiervon. randale-records zitiert in einer Stellungnahme die 4-Skins wie folgt: »we had no say who appeared on the bill as it was the bridgehouses decscion, i have never heard or seen IC1 before....the 4Skins are not a political band and never will be as our view all politics is bollox left and right.....« (www.plastic-bomb.eu/cms/index.php/component/content/article/1-news/1453-4-skins-releaseparty-mit-saenger-einer-rac-band).

    Das deutsche Label randale-records ist ein führender Produzent von Grauzone-Bands und gab 2010 die CD »The Return« der 4-Skins heraus. Diana Schuler von randale-records bezog dazu im Sommer 2010 Stellung: »Die 4-Skins waren schon immer eine Band die mich sehr geprägt haben. Nach Cock Sparer waren sie eine der wichtigsten Bands in meinem Leben als junger Skinhead. Als wir nun mit unserem > Label randale-records Kontakt zu den 4-Skins hatten und diese uns angeboten haben, dass wir Ihr neues Album herausbringen können, habe ich mich unheimlich gefreut. Vielen anderen wäre es wohl auch so gegangen. Wir haben zu dieser Zeit in keinster Weise daran gedacht, dass sich die 4-Skins textlich in einem fragwürdigen Bereich tummeln. Von Ihren alten Liedern kennt man das nicht. Ich muss auch ehrlich zugeben, dass wir hier sehr naiv waren. Wir haben uns die Musik angehört und fanden sie gut. Mit den Jungs von 4-Skins haben wir uns prima verstanden, Politik war nie ein Thema. Auch haben wir die Texte nicht gelesen und beim Zuhören auch nicht so sehr darauf  geachtet. Die problematische Stelle im Lied ›Take no more‹ kannten wir somit nicht und sind erst durch die Berichte im Internet darauf aufmerksam geworden. Wir waren erst einmal selbst sehr irritiert denn der Text entspricht so gar nicht unserer Vorstellung und unserer Anschauung. Wir haben uns dann sowohl mit den 4-Skins als auch anderen englischen Bands zu diesem Thema unterhalten. Die 4-Skins haben uns gegenüber dieses Statement abgegeben (übersetzt aus dem englischen): ›Der Song handelt maßgeblich von drei Themen, welche die derzeitige britische Politik bestimmen. Dies sind Immigration, korrupte Politiker und Ihre staatlich bezahlten Privatausgaben sowie Kriminalität. Es sind die Fragen welche die Briten derzeit am meisten bewegen und es waren die am meisten debattierten Themen bei den soeben stattgefunden Wahlen. Wie gesagt, diese Themen wurden von den Parteien heiß debattiert und eben auch das Thema illegale Immigration und die Probleme die damit einhergehen, wie die Sozialausgaben, die Probleme in der Wohnungssituation und die Belastung der Infrastruktur, etc.‹ Ein eher links eingestellter Brite meinte zu uns: ›I ve listened to the 4skins track ›take no more‹ and its a sensetive subject but its pretty much what you read in the British press every day, the first verse is to do with the expenses scandal amongst mps in this country and the second verse mentions illegal immigrants and gypsies who come here because of our soft benefit system,I personally would nt write a song like that because it can get mistaken by political people (left or right) rather than being just ›social commentary‹ the third verse is about the killings in  London {mostly drug lords and young kids who wanna be gangsters} I dont think its a right wing song.‹ Diese Aussagen wollen wir nicht weiter kommentieren, müssen jedoch für uns selbst feststellen, dass Formulierungen wie im Lied ›Take no Moore‹ wohl eher einem Stammtisch-Niveau entsprechen und nicht in das Text-Repertoire einer Skinhead-Band passen. Ob jemand aufgrund dieser Umstände für sich entscheidet die 4-Skins-Musik aus seinem Platten-Regal zu entfernen oder nicht muss er selbst entscheiden. Wir als Label ziehen als Konsequenz daraus, dass wir künftig keine Veröffentlichungen mehr machen werden, ohne uns vorher die Texte der Titel durchzulesen und im Zweifel nachzufragen. Wir sind ein unpolitisches Label, wir möchten in unseren Veröffentlichungen keine fragwürdigen Meinungen und Texte haben und wir wollen keine Spaltung unserer Szene. Faschisten und Rassisten sind und bleiben sowohl in unserer Musik als auch bei unseren Konzerten unerwünscht!« Dennoch veranstaltete randale-records am 5. und 6. November 2010, knapp drei Monate nach der Distanzierung, ein Doppelkonzert mit 4-Skins im baden-württembergischen Schramberg.

  • 23Zumindest wird die Band Indecent Exposure von AnhängerInnen des RAC als eine der ihren betrachtet. Dies begründet sich im Selbstverständnis der Band, das stramm anti-links ist und sich »110 Prozent patriotisch« benennt (Interview im Fanzine »Support Your Scene«, Nr. 2, 2008) und darin, dass die Band in frühen Jahren auch zusammen mit der Neonazi-Kultband Skrewdriver auftrat. Heute weist Indecent Exposure darauf hin, nie der »harten politischen Szene« angehört zu haben und auf ihren Konzerten keine Hitlergrüße mehr zu dulden. (vgl.: http://gloryrac.blogspot.com)
  • 24Der vollständige Text des »Ochsensong« lautet: »Als Denunziant bist du schon geboren, hast schon in der Schule alle Freunde verloren, selbst deine Familie, die scheißt du an, du bist ein Bulle, ein ganzer Mann. Bei einer kleinen Schlägerei bist du als Helfer mit dem Knüppel dabei, haust dazwischen, spielst den wahren Held, es gibt nur eins, was mir dazu einfällt. Du bist ein Arschloch, als Arschloch geboren und als Arschloch wirst Du sterben. Alle Bullen sind schwul, alle Bullen sind schwul, von Göttingen bis nach Liverpool. Zu Haus bist du der liebe Ehemann, wenn du brav bist, lässt deine Alte dich ran, deinen Frust lässt du an anderen aus und betrügst deine Frau im Freudenhaus. Im Hauptrevier und auf Wache 2 ist Kommissar Detlev voll dabei, er fängt jeden Kaufhausdieb und ist zu den Kollegen furchtbar lieb. Und die Moral von der Geschicht, ich traue unseren Bullen nicht. Sie blasen bösen Buben gern den Marsch und wollen nur an deinen Arsch.« In dem Werbe-Clip des Stomper 98-Labels Sunny Bastards »STOMPER 98 – 10 YEARS BIRTHDAY BASH DVD – TRAILER«, noch im Mai 2011 abrufbar u.a. unter www.sunnybastard.com, ist ein kurzer Live-Ausschnitt des »Ochsensongs« enthalten. In einer neueren Version des »Ochsensong«, die von rechten Fankreisen kritisiert wird, wird das Wort »schwul« im Refrain von einem Schlagzeug-Tusch übertönt.
  • 25Der Text des »Happy Hippie Hits« (CD »Stomping Harmonist«, Stomper 98, 1999) lautet: »30 Grad die Sonne scheint, uns ist furchtbar heiß. Wir hängen in der Bude rum, was soll denn dieser Scheiß. Jetzt fahr'n wir an den Baggersee und knall´n uns einen rein. Doch seh'n wir etwas Schreckliches und fangen an zu schrei'n! Hippie-Frauen mit unrasierten Beinen, bei diesem Anblick fangen wir an zu weinen. Veganer-Kinder kennen weder Schnitzel noch McRib, sie schleichen zu uns rüber, weil es hier auch Grillfleisch gibt. Während Bälger gierig am Knochen lecker knabbern, Veganer-Mami mit Müsli-Wurst vor Zorn anfängt zu sabbern. Hippie-Kids mit eingesauten Fressen, bei diesem Anblick wird uns schlecht beim Essen. Mit dem Arsch im Wasser, den Kasten kalt gestellt, unsere Art zu feiern, ja so wie es uns gefällt. Hippies fühl'n sich angepisst, zur Oi-Musik der Stiefel wippt. Sandalen die von dannen ziehn, lachend man am Bierchen nippt. Hippie-Arsch mit ungewaschenen Füßen bei diesem Anblick lässt der Magen grüßen. Alle stockbesoffen, die Party schon sehr laut, Guido schon 'nem Hippie munter die Bermudas klaut. Die Anderen sind am Grölen, die Stimmung ist perfekt, dem nächsten Hippie schon 'ne Flasche im Arsche steckt. Hippie-Pisser mit der Arsch-Posaune, bei diesem Anblick kriegen wir gute Laune.«
  • 26Der Song Päderast erschien 2000 auf ihrer CD »The I.S.P. Connection« und ist ein Cover des Liedes »Rapist« der rechten englischen Oi-Band Combat 84
  • 27Im Liedtext von »Päderast« sprechen sich Stomper 98 nicht nur für die Todesstrafe aus, sondern auch für Misshandlungen bzw. Folter von »Kinderschändern«. Die Refrain-Zeilen lauten: »Qual für dieses Schwein, ja so muss das sein«. In dem Statement »In eigener Sache« von Stomper 98 vom Juli 2008 heißt es betreffend des Songs »Päderast«: »Ein weiteres Beispiel ist unsere Combat84-Coverversion »Päderast«. Wir haben als Band nie einen Hehl aus unserer Abneigung gegen solche Taten wie Kindesmissbrauch, Vergewaltigungen sowie seelischer Gewalt gegen Schwache und Schutzbefohlene gemacht. Im Song »Päderast« vermitteln wir Gefühle wie Angst, Wut, Ohnmacht und vollkommene Hilflosigkeit angesichts solcher Taten in unserer unmittelbaren Umgebung und in der Gesellschaft allgemein. Wir sind ausdrücklich GEGEN die Todesstrafe! »Knüpft den Bastard ganz schnell auf« und »Führt den Pranger wieder ein« sind als Metaphern zu verstehen für das, was in einem vorgeht. In unserer Band haben wir mittlerweile(fast) 5-mal Nachwuchs und als junge Familienväter sind diese Dinge leider einfach Thema. Wir werden nicht, nur weil Nazibands versuchen populäre gesellschaftliche Probleme zu besetzen, solche Themen tabuisieren (wie z.B. auch Umweltschutz, Jugendförderung etc.). Die harte Ausdrucksweise ist ein Teil unserer Musik und wir versuchen der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Es ist 2008 und wir wollen uns nicht an einem 10 Jahre alten Song, der aus einer persönlichen emotionalen Katastrophe heraus entstanden ist , messen lassen. Nicht weil das Thema für uns erledigt, sondern weil auch die Wortwahl schwer nachzuvollziehen ist haben wir uns entschlossen, den Song nicht mehr zu spielen.« Dieser Kommentar des Textes »Päderast« findet keine Entsprechung in der Realität. Der Refrain »Qual für dieses Schwein, ja so muss das sein« ist in dem Lied als wiederkehrende und eingängige Parole angelegt, die für das Publikum aufputschende Wirkung hat und zum Mitschreien und Fäusterecken animiert. Der Blick auf ein Stomper 98-Konzert in Neubrandenburg im Jahr 2005 zeigt dies, siehe: www.youtube.com/watch?v=wwrDVpRVZFY.
  • 28Im Begleitschreiben eines Briefes ans Conne Island in Leipzig verweisen Stomper 98 auf ihre enge Zusammenarbeit mit Labels und Magazinen und kündigen eine groß angelegte Aktion zur Selbstdarstellung an. Das Schreiben im Wortlaut: »Hallo Conne Island, im Anhang unser Brief ans CI, wir haben innerhalb der Band innerhalb der letzten Wochen Höhen & Tiefen erlebt, die ihre Spuren hinterlassen haben. Teilweise sehr negativ, teilweise aber auch anregend & nachdenklich stimmend in Bezug auf den Eindruck, den wir hinterlassen. Innerhalb der Band war uns nach erhalt den Briefes klar, dass wir reagieren müssen, vor allem in dem Bereich, wie wir verstanden oder auch mißverstanden werden. Das Ganze erfolgt nicht von heute auf morgen, sondern wir führen das akribisch, durchdacht & vor allem wirksam durch. Für uns beinhaltet das die gesamte öffentliche Aufarbeitung der Vorwürfe gegen uns als Band. Wir arbeiten eng mit mailorders, Magazinen, Labels, Konzertagenture, webzines, Foren, Fanzines etc. zusammen & werden in einer großangelegten Aktion unsere Band & den Hintergrund darstellen. Bestehende Vorwürfe aus dem Pamphlet von ›ZK-KNÜLLE IM POLITBÜRO‹ werden natürlich offen gelegt & wir nehmen uns die Zeit uns zu den Punkten zu äußern. Da mittlerweile rauskam wer dafür verantwortlich ist, hat die Öffentlichkeit natürlich auch das volle Recht zu erfahren, wie & von wem da gegen uns als Band, Personen und Leute wie Ecke & Gag vorgegangen wurde. Wie schon erwähnt, auch wir haben Dinge auf die leichte Schulter genommen, doch reflektieren wir alles was wir machen & können auch zu unseren Fehlern stehen bzw., dafür Verantwortung zu übernehmen. (…) Kein Bandmitglied von S98 spielt in einer Band, die politisch umstrittene Texte hat. Daran hat keiner von unserer Band Interesse. Das verständnis unser Band ist & bleibt antirasstisch/antifaschistisch.«
  • 29Der Artikel »Der Stolz der Arbeiterklasse« in der taz vom 13. April 2009 geht im Versuch des Kleinredens des Fotos von Brandt und Walkenhorst weiter als Stomper 98. Ein Beispiel: Das Foto war für Autor Thomas Winkler Folge »übermäßigen Alkoholkonsums« während nur wenige Sätze später über Walkenhorst berichtet wird, er lebe »seit vier Jahren ›straight edge‹, das heißt ohne Drogen, Alkohol«. In dem beinahe 10.000 Zeichen umfassenden Artikel wird nicht auf die veröffentlichte Kritik an rechten Textaussagen von Stomper 98 (Forderung nach Todesstrafe, Homophobie) eingegangen, auch wird der Eindruck erweckt, das Foto von Walkenhorst und Brand sei ein einmaliger »Ausrutscher« gewesen. Das Rote Hetzpamphlet hatte zuvor Bilder von Tommy Toxpack und Phil Rigaud veröffentlicht, die diese u. a. im Shirt der Bootboys Hildesheim bzw. mit bekannten Rechten zeigen. Thomas Winkler war das Material mit Sicherheit bekannt, dennoch macht er sich die Darstellung von Stomper 98 zu Eigen. Ein kritischer Unterton im Artikel findet sich lediglich im Hinweis darauf, dass Stomper 98 auf einer ihrer CDs ein Lied der Böhsen Onkelz von 1984 coverten – dies war in der antifaschistischen Kritik an Stomper 98 in Anbetracht anderer »harten Fakten« nur ein Nebenaspekt.
  • 30Sebastian Walkenhorst unterhält auch eine eigene Kolumne (»Sebis Hot Stuff«) im Musik-Hochglanzmagazin »Big Five«. Herausgegeben wird das »Big Five« von Bernd Peruch, der bis Ende der 1990er Jahre eine führende Person des deutschen Blood & Honour-Netzwerkes war, sich dann von der Neonazi-Szene lossagte. Auch Peruch ist heute in der Punk- und OI-Szene als Geschäftemacher unterwegs und zählt zum geschäftlichen und sozialen Kreis um Stomper 98. Auch Peruch / Big Five bemüht sich immer wieder, KritikerInnen der Grauzone zu diskreditieren. In einer Interviewfrage im Big Five, Ausgabe 5, 2011, bezeichnet Peruch das antifaschistische Online-Portal OireSzene beispielsweise als »anonyme Hetzer«.