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Der »Verein für das Deutschtum im Ausland«

Redigierter Nachdruck aus der VDA-Broschüre von LUPE e.V. (in Kooperation mit Buntstift e.V.)
Einleitung

In einer Zeit, wo in der Bundesrepublik "deutsch sein" für einige Menschen wieder eine besondere überhöhte Bedeutung erfahren hat und neonazistische Gruppen offen agieren und mobilisieren können, wundert es wenig, daß die traditionellen "Deutschtümler" politische Reputation erfahren und als politisch anerkannte Kraft von der Bundesregierung als "ausführendes Organ" für Regierungspolitik eingesetzt werden. Der "Verein für das Deutschtum im Ausland", kurz VDA, gehört zu den Organisationen, denen es gelungen ist, ungebrochen Deutschtumspolitik im Interesse der deutschen Wirtschaft zu betreiben.

Bild: Von tempest; Own work; CC BY-SA 3.0, wikimedia.org

Ein VDA-Anhänger mit Hakenkreuz und Kornblumen von 1939.

Anfang Oktober 1989 veranstaltete der VDA in Bonn einen Kongreß der Deutschen aus aller Welt. Thema: »Eine Zukunft für die Deutschen in Südost- und Osteuropa schaffen«. Schirmherr war Bundeskanzler Helmut Kohl, 100.000 DM standen aus Bundesmitteln für die Durchführung bereit. Ein wegweisender Kongreß eines bis dahin mehr oder weniger vor sich hindümpelnden Vereins, über den es nicht viel mehr zu sagen gab, als daß er dem weitgefächerten Netz des rechten Randes angehörte und sich auch vor gewissen Kontakten ins (extrem) rechte Lager nicht ernsthaft scheute. So soll z.B. Heiko Möhring, einst „Gauleiter“ des neonazistischen "Bund Heimattreuer Jugend" (BHJ) in Niedersachsen, ein Funktionär des "Vereins für das Deutschtum im Ausland" (gewesen) sein. Einige Jahre lang trat der Verein als "Gesellschaft für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland" (VDA) auf.

Der Oktober-Kongreß und seine Auswirkungen

Während des Oktober-Kongresses wurde von der Mitgliederversammlung ein neuer VDA-Verwaltungsrat gewählt. Darunter befinden sich so honorige Persönlichkeiten wie z.B. Eberhard Diepgen (CDU-Bürgermeister), Wilfried Böhm (CDU-MdB), Karl-Heinz Hornhues (CDU-MdB) und Anhänger der "Deutschen Afrika Stiftung", der Bauunternehmer Robert Heitkamp aus Herne, Hans "Johnny" Klein (CSU-MdB) und verschiedenen Rechts(außen)organisationen zugehörig, Helmut Kowarik (FPÖ, Vorsitzender der Österreichischen Landsmannschaft), Horst Sielaff (SPD-MdB), Reinhard Olt, eine Art VDA Haus und Hof-Berichterstatter in der FAZ und zu guter Letzt der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesinnenministerium, Horst Waffenschmidt (CDU). Letzterer war ein Jahr zuvor von der Bundesregierung zum Beauftragten für Aussiedler ernannt worden.

Als Studenten 1991 das Auswärtige Amt um Auskunft über die Lage der deutschen Minderheiten in den osteuropäischen Ländern baten, erhielten sie die Auskunft, ihre Anfrage doch an den VDA zu richten. Im September 1990 beauftragte das Auswärtige Amt den VDA mit der Durchführung kultureller Vorhaben zugunsten der deutschen Minderheiten in der damaligen Sowjetunion. Das Bundesinnenministerium (BMI) überträgt dem VDA die Projekt-Abwicklung - und damit verbunden deren Betreuung - für die Deutschen in der ehemaligen Sowjetunion. Darüber hinaus ist der VDA in Polen, Tschechien, der Slowakei und Rumänien tätig. Dazu richtete er in einigen dieser Länder Büros ein. Konkret heißt dies, daß der VDA den überwiegenden Teil der Regierungsprojekte in diesen Ländern, die zugunsten der dort lebenden Deutschen bewilligt werden, abwickelt. Diese Vermittlerrolle des VDA beinhaltet aber auch die hinter den sozial-humanitären Projekten versteckte Arbeit eines Wegbereiters für Joint-Ventures bundesdeutscher Unternehmen in diesen Ländern.

Aus einem Werbebrief des VDA-Niedersachsen: »Namhafte deutsche Großunternehmen mit Auslandsbeziehungen fördern auch aus wirtschaftlichem Eigeninteresse unsere Tätigkeiten. Die deutschen Minderheiten im westlichen wie im östlichen Ausland gehören in der Regel zu den kulturell und wirtschaftlich einflußreichen, zumindest jedoch beachtenswerten Bevölkerungsschichten. Dies ist auch aus Gründen des Exportinteresses von Bedeutung.« Über die VDA-Schaltstellen laufen die Kontakte zwischen bundesdeutschen Investoren und den lokalen Partnerstellen. So wickelt der VDA z.B. die Reisen des Parlamentarischen Staatssekretärs Waffenschmidt in die GUS-Länder ab (gegen Cash in Form von Verwaltungskostenpauschale natürlich). In dessen Gefolgschaft reisen Vertreter der deutschen Wirtschaft, die nach günstigen Einsatzgebieten und Einstiegsmöglichkeiten suchen. Ebenso bereitet er die Treffen von Wirtschaftsvertretem aus den GUS-Ländern und der BRD vor.

Dies sind keine ungewohnten Herausforderungen für den VDA, rekrutiert sich doch ein Großteil seiner MitgliederInnen und FörderInnen aus der Wirtschaft (wie z.B. der Bau-Großunternehmer Heitkamp). Zu dieser neuerlichen Ostkolonisation mittels marktwirtschaftlichen Investitionspolitik zur Ankurbelung der nationalen Wirtschaft gehört auch die Gründung von Firmen. Diese dienen formal als lokale Partner. Auffällig ist allerdings, daß ihre Teilhaber öfters entweder VDA-Organe oder -Mitarbeiter sind. Diese Tatsache beschäftigt noch immer den Bundesrechnungshof, der in seiner Überprüfung der Mittelverwaltung öffentlicher Gelder durch den VDA vorsichtig Bedenken äußerte.

Im Interesse des Schutzes der deutschen Minderheiten, wie zum Beispiel der Rußlanddeutschen, fungiert der VDA als ideologischer Wegbereiter für bundesdeutsche Außenpolitik, für bundesdeutsche Kapitalexpansionspolitik. Unter gemeinnützigem Mäntelchen wirken seine Mitglieder, die in den politischen Parteien ebenso wie den Medien oder den Wirtschaftsvertretungen sitzen, für diese Zielvorgaben. Um das vorher durch die Medien aufgebauschte Gespenst der »Aussiedler-Schwemme« aufzuhalten, wird die alte Forderung der Rußlanddeutschen nach einer autonomen Wolgarepublik aufgegriffen.

Diese "rettende Alternative" für die unterdrückte deutsche Minderheit wird den Bundesdeutschen immer wieder vorgekaut. Herausragend ist dabei Reinhard Olt, VDA-Verwaltungsrat-Mitglied und FAZ-Redakteur. Die jahrzehntelang reklamierten "Menschenrechte" für die Auslandsdeutschen im Osten, die nur durch freie Entscheidung des Wohnorts und letztlich in der Zusammenführung aller Deutschen als gewährleistet galten, sind nun hinfällig, politisch überholt. Der Osten ist als Markt wieder "frei verfügbar". Die Revanchisten und alten "kalten Krieger" sind sich einig. Die Aussiedlung muß in für die deutsche Wirtschaft nutzbare Bahnen gelenkt werden. Zur Verhinderung der Aussiedlung werden Projekte initiiert, über die für die Rußlanddeutschen z.B. wirtschaftliche Selbsthilfestrukturen aufgebaut werden sollen usw.

Dafür bewilligen das Innen- und Außenministerium Millionenbeträge, von denen, laut dem Sprecher der Rußlanddeutschen, Hugo Wormsbecher, mindestens die Hälftein die Kassen deutscher Firmen wandert. Da werden an deutsche Firmen Gutachten über mehrere hunderttausend D-Mark in Auftrag gegeben oder Aufträge an deutsche Firmen vergeben, die kompetenter und billiger von russischen Firmen hätten ausgeführt werden können usw. Der VDA verstrickt sich so immer mehr in der Verwaltung der Millionen und wittert offenbar Profit. Das Bundesinnenministerium macht's möglich.

Im Dezember 1991 erhielt der VDA für ein Soforthilfeprogramm (Lebensmittel und Bekleidung) für die Bevölkerung in den Verwaltungsgebieten Saratow und Wolgograd innerhalb von 5 Tagen überwiesen. Der Großteil dieser Projektgelder wurde auf Festgeldkonten zwischengelagert, so daß ein Zinsgewinn zugunsten des VDA in Höhe von circa einer Million Mark dabei heraussprang. Dieser Gewinn wurde erst zurückgezahlt als sich der Haushaltsausschuß des Bundestages mit dem Rechnungshofbericht beschäftigte. Abgewickelt ist dieses Projekt bis zum Sommer 1993 noch immer nicht. Dazu sagte der Präsident des Bundesrechnunghofes, Dr. Heinz Günter Zavelberg im Sommer 1992, daß es im übrigen auf der Hand liege, daß eine Institution, die bisher nur 1 Mio. DM zur Verfügung gehabt habe, nunmehr aber über mehrere Mio. DM verfügen könne, in - verständliche - Schwierigkeiten gerate. Diese Bedenken würden auch von der deutschen Botschaft in Moskau geteilt.

Der VDA steht jedoch scheinbar über jeder Kritik. Obwohl sogar im Bundestag die Frage auftauchte, wo eigentlich die öffentliche Mittel geblieben sind, die zur Einrichtung von VDA-Büros in Bischkek und Barnaul vorgesehen waren, die aber "nachweislich nie eingerichtet worden sind". Einige kritische BeobachterInnen bemängelten, das möglicherweise das vielleicht (mit)prüfende Innenministerium unter der Leitung von Rudolf Seiters nicht ganz unparteiisch arbeiten könne, da angeblich ein direkter Verwandter von ihm zu dem hauptamtlichen Mitarbeiterstab des VDA zählen solle.

Das Jahr 1992 schließt der VDA mit flüssigen Mitteln in Höhe von über 50 Mio., gelagert auf verschiedenen Filialen der Deutschen Bank, ab. Zu den vom VDA durchgeführten Projekten in Osteuropa gehört auch die Unterstützung deutschsprachiger Zeitungen, sei es durch Seminare für die JournalistInnen, durch Ausstattung mit Kommunikationstechnik oder aber durch Versorgung mit Informationen. Einige dieser Zeitungen haben sich besonders dadurch hervorgetan, daß sie auch Artikel aus dem (extrem) rechten deutschen Blätterwald publizieren.

Der VDA, seine Geschichte und seine Verbindungen

Der sich in öffentlichen Darstellungen heute äußerst moderat gebende VDA beruft sich gerne auf seine über hundertjährige Tradition und Geschichte. Vor allem in der Weimarer Zeit wurde seine Volkstumspolitik von breiten gesellschaftlichen Kräften mitgetragen und unterstützt. VDA-Größen aus dieser Zeit setzten denn auch große Stücke auf Hitlers Volkstumsgedanken: »Sie (die Volksgruppen) sind überzeugt, daß Sie (Hitler) dem Volkstumsgedanken, den Sie als Ordnungsprinzip Europas verkündet haben, den Einfluß verschaffen werden, der notwendig ist, um der Welt den Frieden zu geben. Außerhalb der Reichsgrenzen wird ein ununterbrochener Krieg gegen unser Volkstum geführt.«

Die Volkstumspolitik des VDA öffnete der NSDAP außenpolitische Türen. 1939 wurde der VDA endgültig gleichgeschaltet. Auf vorbereitetem Boden konnten die NS-Agenten sich festsetzen und als 'Fünfte Kolonnen' des Hitler-Regimes die imperialistische Kriegspolitik innerhalb der auserkorenen "Feindesländer" vorbereiten.

Nach Kriegsende war der VDA zunächst verboten. Seine Neugründung fand 1955 in München statt. Diese erste Wiedergründung fand noch unter dem alten Namen „Verein für das Deutschtum im Ausland“ statt. Zu den Initiatoren des "Neuanfangs" zählten laut Presseberichten u.a. der bayerische Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (SPD), der bayerische Kultusminister Alois Hundhammer (CSU), der Industrielle Rudolf Rodenstock aber auch der Vorsitzende des DGB-Landesverbandes Bayern Max Wönner.

Später erfolgte eine Namensänderung in 'VDA-Gesellschaft für deutsche Kulturbeziehung im Ausland' und sollte wohl die Vergangenheit abstreifen. Ab 1981, dem Jahr des 100jährigen Jubiläums, tritt der Verein auch wieder unter seinen alten Namen: 'Verein für das Deutschtum im Ausland' auf. Die Scham war vorbei.

Gewisse Kontakte bestehen auch noch heute zwischen dem VDA und "Verband der Vereine Deutscher Studenten" (VVDSt) - auch Kyffhäuserverband - was sich oftmals auch in Doppelmitgliedschaften ausdrückt. In den 1950er Jahren verknüpfte Theodor Erich Ernst Emil Otto Oberländer, Vertriebenenminister, den VDA punktuell mit den Vertriebenenorganisationen (BdV und dessen verschiedenste Landsmannschaften). Zum Teil wurden auch Kontakte auch (extrem) rechten Gesellschaften und Verbänden wie der "Deutsch-Südafrika-Gesellschaft" (Wilfried Böhm), dem "Hilfskomitee Südliches Afrika e. V.", der Gesellschaft für freie Publizistik (GfP), zum "Witikobund e.V." und so weiter bekannt.

Wenig Berührungsängste zeigten Teile des VDA bzw. einige seine Mitglieder auch, wenn es um Veröffentlichungen von Artikeln oder Anzeigen in (extrem) rechten Publikationen, wie ging, wie JournalistInnen berichteten.

Weitere Informationen:

Lupe e.V. (Hrsg.)

"Verein für das Deutschtum im Ausland – Organisationsprofil"

Selbstverlag, Berlin, 1993