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Die Politik der „Deutsch-Südafrikanische Gesellschaft“

Zeitgeschichtliche Dokumentationsstelle Marburg
Einleitung

Wenn man die politischen Aussagen der „Deutsch-Südafrikanische Gesellschaft“ (DSAG) untersucht; anhand der Pro-Apartheidspolitik, die die DSAG die ganzen Jahre vertreten hat, lässt sich an einem konkreten Fall nachzeichnen, was die »Neuen Rechten« bei uns mit »Ethnopluralismus« meinen.

Die Publikationen aus den Kreisen der DSAG vertraten oft eine Pro-Apartheid-Politik.

Vermutlich sind die veröffentlichten Fakten nur die Spitze des Eisberges dessen, was an Verbindungen der DSAG zu Neonazis, Rassisten, Wirtschaft und Politik auch international besteht. Wir wollen an dieser Stelle jedoch die Ebene der Verbindungen von Personen/Organisationen verlassen und uns der Politik bzw. den Inhalten widmen, die die DSAG mittels ihrer Propagandaarbeit zu verbreiten versucht.

Seit ihrem Bestehen redet die DSAG der Politik der getrennten Entwicklung, sprich der rassistischen Apartheidpolitik das Wort. Propagiert wird von ihren ständigen Referenten u.a. »rein schwarze Autonomenstaaten«. Zu deren Aufrechterhaltung dienen sogenannte »Paßgesetze«, die nur der schwarzen Bevölkerung mit Arbeitsnachweis erlauben, in die Städte außerhalb der Autonomenstaaten zu ziehen. Dies würde das »unkontrollierte Wachstum der schwarzen städtischen Bevölkerung« eindämmen und zudem der »unheilvollen Verstädterung der Schwarzen vorbeugen«; unheilvoll deshalb, da »Schwarze durch die Verstädterung ihrer Identität beraubt würden (...)«, so der ständige DSAG-Referent Otto Olaf Dillmann. Mit der Argumentation »jedem Volk seine eigene Identität« wird ein wesentlicher Denkpfeiler der sog. Neuen Rechten ins Feld geführt, der des »Ethnopluralismus«, womit die Behauptung der »grundsätzlichen Andersartigkeit, Verschiedenheit von Völkern, Rassen qua Genesis« gemeint ist und diese Verschiedenheit immer zugleich eine Wertigkeit beinhaltet.

An der Spitze der Werteskala steht selbstver ständlich die »weiße, europäische Rasse«, deren Privilegien am Kap verteidigt werden sollen. Das klingt dann folgendermaßen: »Die mit der Entkolonialisierung verbundenen entwicklungspolitischen Mißerfolge enthalten für Südafrika die wichtige Lehre, daß wirtschaftliche Entwicklung einerseits bedeutet noch nicht, daß sie auch bereit und fähig sind, die Bedingungen eines solchen Wohlstandes zu begreifen (...) Dies gilt auch heute noch für die meisten gebildeten Schwarzen, die mit ihrer Eloquenz von durchaus europäischem Niveau keineswegs genügend Verständnis für organisatorisch-ökonomische und naturwissenschaftlich technische Zusammenhänge gewonnen haben (...)« so das DSAG-Kuratoriumsmitglied Heinz-Dietrich Ortlieb (Hamburg).

Eine besonders perfide Argumentation zur Verteidigung der Apartheidpolitik ließ sich das DSAG-Kuratoriumsmitglied Otto von Habsburg bereits vor vielen Jahren einfallen: »In der Tat, gäbe es volle "Integration" bei dem gegenwärtigen freiwirtschaftlichen System in Südafrika, dann würde das praktisch bedeuten, daß die besser entwickelten Völker, ganz besonders die Inder, aber auch die Weißen und die "Farbigen" dank ihrer höheren Qualifikationen alle Spitzenpositionen in Wirtschaft und Handel besetzen. Die Schwarzen wären gezwungen, sich mit schlechteren Stellen abzufinden. Das System der "Großen Apartheid" hingegen gibt auch Schwarzen die Möglichkeit, in Spitzenstellungen aufzusteigen (...)«.

Angesichts der Reformpolitik, die mit der Ablösung von Pieter Botha durch Frederik de Klerk eingeleitet wurde und die Gegenstand des "Südafrika-Seminar" 1990 war, äußert die DSAG nun »Besorgnis«. Als Gastreferent zu diesem Seminar war übrigens der außenpolitische Sprecher der „Conservative Party of South Africa“ (KP) eingeladen, die der Regierung der Klerk angesichts der Abschaffung des Landgesetzes Hochverrat vorwarf. Besorgnis wurde auf diesem Seminar weiterhin kundgetan über die »bedingungslose Freilassung Mandelas, die Legalisierung der radikalen Terrororganisation ANC und PAC und deren Anerkennung als Verhandlungspartner (...)«. Wenn schon verhandeln, dann nur mit einem: Mangosuthu Buthelezi, Zulu-Chief, Kopf der Inkatha-Bewegung und Gründer der „Inkatha Freedom Party“. Mangosuthu Buthelezi wurde als »repräsentativer Gesprächspartner« schon seit Jahren von der DSAG favorisiert. So verschickte sie 1986 mit ihren Einladungsschreiben zu ihren Veranstaltungen eine Dokumentation zu »Was, eigentlich, wünscht die Mehrheit der Schwarzen in Südafrika?« Inhalt der Dokumentation ist folgender:

»Die demokratisch legitimierten, d.h. gewählten und für ihre Völker und Länder Verantwortung tragenden schwarzen Führer wenden sich über S.D. Prinz Ernst von Isenburg1
an die Weltöffentlichkeit und fordern:

• keine Einmischung von außen;

• schon gar kein Desinvestment, sondern mehr Investitionen;

• weiterhin: nur friedliche Evolution mit den Weißen zusammen!

Sie beauftragten (...) Prinz Isenburg, sie zu vertreten.«

Sodann folgt eine Liste von Personen, die es zu vertreten gilt, an erster Stelle steht der Name Buthelezi. Sinn macht diese Wahl nicht nur hinsichtlich der Forderung nach Aufhebung der Wirtschaftssanktion - seit je innigster Wunsch der DSAG – sondern auch, wenn mensch sich vergegenwärtigt, daß die „Inkatha Freedom Party“ (IFP) von der südafrikanischen Regierung/Polizei unterstützt wurde/wird, sowohl personell als auch durch Lieferung von Waffen, mittels derer die Angriffe auf ANC-MitgliederInnen unvermindert fortgesetzt werden konnten/können. Nach außen als »Stammsfehden« verkauft, sollten durch die von der Inkatha-Bewegung initiierten gewalttätigen Auseinandersetzungen stets das Bild vermittelt werden, »die Schwarzen« seien nicht regierungs- bzw. demokratiefähig.

Interessant ist an dieser Stelle ein Vorschlag, den die DSAG in ihrem Jahresbericht 1990 unterbreitet: eine Monarchie für »die Schwarzen«, denn »Afrikanischer Mentalität entspricht eine Monarchie ohnehin vielmehr als eine Republik, ist jeder Stammeshäuptling letztendlich doch ein kleiner König.« Sie kommt auch gleich mit einem Vorschlag daher, wer den der König aller Könige sein könnte: Goodwill Zwelethini ka Bhekuzulu, König der Zulu-Nation und Neffe von Inkatha-Chef Mangosuthu Buthelezi. Kontake zu bzw. Zusammenarbeit mit der Inkatha-Bewegung und Buthelezi bestehen übrigens schon seit Jahren. 1986 nahm letzterer an einem der »Internationale Kurse für Sicherheitspolitik« teil, die von dem DSAG- Kuratoriumsmitglied Werner Kaltefleiter über sein »Institut für Sicherheitspolitik« (ISPK) an der Uni Kiel veranstaltet werden.

Der ehemalige CDU-Direktkandidat  im Bundestagswahlkreis Rendsburg-Eckernförde Werner Kaltefleiter ist darüber hinaus »Sicherheitsberater« des Kanzlers und war zuvor einer der Leiter der „Konrad-Adenauer-Stiftung“, deren Unterstüzung der „Inkatha Freedom Party“ durch Steuergelder in Millionenhöhe erst in jüngster Zeit ans Licht der Öffentlichkeit geraten ist. Anwesend waren auf selbigem «Sicherheitskurs» neben hohen Nato- und BND-Funktionären auch Vertreter der rechtsgerichteten Banden der „Resistência Nacional Moçambicana“ (RENAMO) aus Mozambique.

Die neue Linie der DSAG

Nahm die DSAG in der Vergangenheit stets eine ablehnende Haltung gegenüber Reformen ein, so kann mensch nun angesichts der politischen Veränderung in Südafrika auch eine solche Veränderung in der veröffentlichten Meinung der DSAG feststellen. Auffällig ist dies z.B. im jüngsten DSAG-Jahresbericht von 1991, der gegenüber den vorherigen wesentlich »liberaler« gehalten ist und worin eine positive Bezugnahme auf den Reformkurs vertreten wird. Doch bei der Betrachtung ihrer jahrzehntelangen Geschichte und anhand der Feststellung, daß in den letzten Jahren innerhalb der DSAG weder ein hörbarer Richtungsstreit noch eine grundsätzliche personelle Erneuerung stattgefunden haben, ist der scheinbare Reformkurs dieser Gesellschaft leicht als politisch-taktisches Manöver zu entlarven.

Das politische »Schwarz-Weiß«-Denken, d.h. die Verteidigung der weißen Privilegien am Kap, scheint nicht mehr das alleinige Anliegen zu sein, vielmehr ist die Anstrengung zu erkennen, Südafrika als antikommunistisches Bollwerk zu erhalten. Daher stellt sich für die DSAG eine formelle Machtteilung mit reaktionären, kapitalistisch orientierten Kräften "der Schwarzen" um die „Inkatha Freedom Party“ als durchaus denkbar dar bzw. als unvermeidlich, wenn nur damit eine Machtübernahme des als kommunistisch angefeindeten ANC zu verhindern ist.

Während der Politik de Klerk's Unterstützung zugesagt wird, wird andererseits die rechte Opposition weiterhin gestützt. So konnte auch auf dem "Südafrika-Seminar" im April 1992, bei dem der überwiegende Teil der Referenten von der DSAG gestellt wurde, auch »kein Optimismus über den Ausgang des Referendums aufkommen«2
. Wenn im DSAG- Jahresbericht 1991 der neonazistische "Afrikaner Weerstandsbeweging" (AWB) mit verharmlosender Kritik beurteilt wird, so bleibt wohlweislich unerwähnt, daß zwischen dem AWB und der "Conservative Party of South Africa“ selbst auf Funktionärsebene enge Verbindungen bestehen.

Auf dem "Südafrika-Seminar" im September 1991 traten mit dem Vorsitzenden der „Conservative Party of South Africa“ (CP) Andries Treurnicht und mit dem Apartheid-Chefideologen Carel Boshoff wohl die einflußreichsten Vertreter der extremen Rechten Südafrikas als Referenten auf. Die Tatsache, daß dieses Seminar im DSAG- Jahresbericht 1991 in ganzen acht Zeilen ohne Erwähnung des rechten Mitveranstalters »Hilfskomitee Südliches Afrika (HSA)« und ohne Hinweis auf die Referenten abgehandelt wurde - was in den vorherigen Jahresberichten jedoch stets der Fall war -, ist ein weiteres Beispiel für die derzeitige Linie der DSAG. Diese sieht ganz offensichtlich vor, die bisher nur notdürftig verdeckten Verflechtungen mit (extrem) rechten Gruppen noch stärker aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit zu ziehen. Durch die taktische Linie des rechtzeitigen Einschwenkens auf »Reformkurs« hat es die DSAG bisher geschafft, ihre eigene Geschichte sowie ihre rührende Rolle in der deutschen Apartheid-Lobby der Öffentlichkeit weitgehend vorzuenthalten.

Die zukünftige Rolle der DSAG lässt sich jedoch nur schwer einschätzen. Es gibt die Ansicht, ihre Rolle als »Verbindungsbüro« wäre mit Aufhebung der internationalen Isolation Südafrikas überflüssig. Dies würde bedeuten, ihr bisheriger Aufgabenbereich würde dann durch staatliche und wirtschaftliche Institutionen abgedeckt und ihre Organisation somit an Einfluss verlieren. Doch diese Einschätzung könnte sich leicht als Fehlspekulation erweisen, denn schließlich verfügt die DSAG über weitreichende Verbindungen, sowohl in wirtschaftlicher wie auch in kultureller Hinsicht - und sie versucht vehement, diese in den Prozess des Auf- und Ausbaus der Beziehungen zwischen Deutschland und Südafrika einzubringen. Sollte ihr dies letztendlich gelingen, wäre eine politische und gesellschaftliche Aufwertung der DSAG zwangsläufig die Folge.

An dieser Stelle soll noch einmal darauf hingewiesen werden, das die DSAG keinesfalls eine sektiererische, nur auf Südafrika fixierte Gruppe darstellt, sondern das sie vielfältige internationale Beziehungen unterhält, was allein schon durch ihre ausgeprägte Personalunion mit der Paneuropaunion (PEU) und der Hanns-Seidel-Stiftung (allgemein als das »Außenministerium der CSU« angesehen) deutlich wird. Als Beispiel sei hier die chilenische Militärjunta angeführt, die seinerzeit in Westdeutschland vom »Deutsch-Chilenischen-Freundeskreis« und vom »Freundeskreis der Colonia Dignidad« protegiert wurde; Gruppen, in denen v.a. die DSAG- Kuratoriumsmitglieder Hans Graf Huyn, Gerhard Löwenthal und Erich Strätling aktiv waren/sind.

Die wirtschaftlich und politisch einflußreichsten Organisationen, die in Kooperation mit der DSAG stehen, sind jedoch zweifelsohne die Paneuropaunion und die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS). Wie weit die Unterstützung der HSS für die Rassisten im südlichen Afrika geht, wird deutlich am Ausspruch von Adolf Brinkmann, eine der führenden Personen der »Nationalen Partei« in Namibia, Hauptansprechpartner des „Hilfskomitee Südliches Afrika“ und eifriger Schreiber in "Nation Europa". Dieser äußerte sich als Gastgeber einer NPD-Reisegruppe wie folgt: »Die Gelder von der CSU und ihrer Hanns-Seidel-Stiftung sind zwar reichlich, aber viel zu offen geflossen. Das hätte diskreter gehalten werden müssen.«

Aus all dem bleibt festzuhalten: die Vereinigung von Rassisten und Pro-Apartheids-Vertretern verschiedener Länder erfolgt nie unter einem Dach, sondern unter vielen. Eines davon ist die DSAG, seit Jahrzehnten entsprechende Propaganda betreibend – mal in »verfeinerter«, mal in »grober« Form - und in deren Kreisen Unionspolitiker und (extrem) rechte Funktionäre zusammenkommen.

  • 1Ernst Prinz von Isenburg war Vorsitzender der DSAG in Langenselbold
  • 2Vgl. Bericht in "Nation Europa"