Skip to main content

NSU-Aufklärung unter Druck

Dirk Laabs (Gastbeitrag)
Einleitung

NSU-Unterstützer und Bundesanwaltschaft wittern ihre Chance, endgültig einen Schlussstrich unter die Taten der rechten Terrorgruppe zu ziehen. Doch die Aufklärung ist erst dann beendet, wenn alle offenen Fragen beantwortet sind.

Pressekonferenz zur Vernehmung von Beate Zschäpe im bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss.
(Screenshot: youtube.com/@BayernLandtag)

Pressekonferenz zur Vernehmung von Beate Zschäpe im bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss.

Die stundenlange Befragung von ­Beate Zschäpe im Mai durch Mitglieder des 2. NSU-Untersuchungsausschusses des Bayerischen Landtages in der JVA in Chemnitz hat erneut das zentrale Problem des NSU-Komplexes deutlich gemacht: Weder fünfzehn Untersuchungsausschüsse auf Bundes- und Landesebene noch ein fünfjähriger Prozess in München konnten einen Großteil der zentralen Fragen beantworten, die das Wirken der Terrorgruppe aufwirft.

So ist über den Ablauf und die Planung der ­Morde des NSU noch immer erstaunlich wenig gesichert bekannt. Für ­Zschäpe war es daher ein Leichtes, in der Justizvollzugsanstalt gegenüber dem Untersuchungsausschuss unwidersprochen ihre oberflächliche Erzählung zu wiederholen, die im Kern besagt, dass Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt allein und ohne Hilfe die Opfer des NSU ausgewählt und ermordet haben. Sie selber sei zwar über die Morde informiert, aber nicht konkret in die Planung eingebunden worden. Andere Helfer und Mitwisser habe es nicht gegeben. Case closed.

Eine Frau, die jahrzehntelang als ein wichtiges Mitglied der deutschen Neonazi-Bewegung fungierte, konnte wieder einmal die Deutungshoheit über den NSU-Komplex gewinnen und gleichzeitig in der Presse ausbreiten, dass sie angeblich mit dem Ausschuss kooperiere und die Taten bereue –„Zschäpe räumt Mitschuld deutlicher als je zuvor ein“, titelten mehrere Medien.1

Ihre Aussage – flankiert von der Ankündigung, sich in das Aussteiger*innenprogramm Sachsens zu begeben – markiert eine neue, heikle Phase in der Aufklärung des NSU-Komplexes: Offenbar soll jetzt zeitnah ein Schlussstrich gezogen werden. Tenor: Die verurteilten ­Unterstützer zeigen sich zumeist einsichtig (auch André Eminger will ins Aussteiger*innenprogramm), mehr Helfer*innen sind nicht zu ermitteln, alle Möglichkeiten sind erschöpft, die Akten können also geschlossen werden. Genauso sieht es auch die Bundesanwaltschaft. Sie hat jüngst diverse Verfahren gegen mutmaßliche Mittäter des NSU nach zehn Jahren eingestellt.

Tatsächlich jedoch hat das Endspiel um den NSU-Komplex gerade erst begonnen. Es war die Bundesanwaltschaft selbst, die belegt hatte, dass die Kerntäter des NSU eben nicht ohne Hilfe ausgekommen waren – vier Helfer der Gruppe wurden in München angeklagt und verurteilt. Zudem ist unbestritten, dass viele weitere Neonazis den Terroristen im Untergrund halfen, jedoch nicht angeklagt wurden, etwa weil die Taten verjährt waren. Die Auswahl der Tatorte, der Umstand, dass ein Bekennerfilm in Bayern aufgetaucht ist, ohne von Zschäpe per Post verschickt worden zu sein und der Fakt, dass der NSU Daten gesammelt hat, die auf die Vorbereitung einer größeren Gruppe für eine gewaltsame Auseinandersetzung an einem „Tag X“ hindeuten, machen es plausibel, dass es noch weitere Helfer*innen und Täter*innen gab – die Zschäpe entweder nicht kannte oder deckt.

Deutlich wurde zudem, dass sich Zschäpe bei ­ihrer Aussage extrem eng an die veröffentlichten ­I­nformationen hielt, dabei das ein oder andere Mal allerdings durcheinander kam. So sagte sie, dass durch die Enttarnung des Blood-and-Honour-Funktionärs Thomas Starke als V-Mann Mundlos und Böhnhardt Angst bekamen, nun auch entdeckt zu werden – Starke wurde jedoch erst nach dem Tod der beiden als V-Person enttarnt. Wegen dieser Ungereimtheiten und solange fast alle Kernfragen weiterhin unbeantwortet sind, kann und darf kein Schlussstrich unter dem NSU-Komplex  gezogen werden.

Darunter sind unverändert jene Fragen, die seit der Selbstenttarnung des NSU Ende 2011 die Familien der NSU-Opfer und die Aufklärer*innen umtreiben:

– Wie genau hat der NSU seine Opfer ausgesucht?

– Welches NSU-Mitglied hat welches Opfer ermordet, wer also hat jeweils geschossen?

– Wie kam die Gruppe auf die Tatorte?

– Woher hatte die Gruppe ihre vielen Waffen?

– Hatte man Kompliz*innen vor Ort? Wie wäre man sonst auf z.T. abgelegenen Tatorte gekommen?

– Hat wirklich kein*e Informant*in, keine V-Person und kein*e verdeckte Ermittler*in von den Taten des NSU etwas mitbekommen, und sei es nachträglich oder indirekt?

Hierzu hatte Beate Zschäpe in ihrer Aussage nur Allgemeinplätze zu bieten, etwa als es um die Auswahl der Opfer ging: „Die Kriterien seien gewesen: ‚ausländisch klingender Name, vorzugsweise türkisch, und gute Fluchtmöglichkeit‘“.2
Das jedoch erklärt gerade nicht, wie der NSU auf die meisten seiner Ziele gekommen ist, bei denen etwa von Außen überhaupt nicht zu erkennen war, dass dort Menschen mit migrantischen Wurzeln arbeiten (so im Lebensmittelladen in der Kölner Probsteigasse, Tatort eines Bombenanschlags), ganz zu Schweigen davon, dass einige der Opfer keinen „türkisch klingenden Namen“ hatten. Auch wird durch die oberflächliche Erklärung Zschäpes gerade nicht klar, warum der NSU in Kassel und Heilbronn ausgerechnet zwei Tatorte wählte, bei denen sogar in direkter Umgebung mehrere Zeugen anwesend waren, die Täter also jederzeit hätten entdeckt werden können, das Risiko also gerade extrem groß war.

Auch ist Zschäpes Erklärung nicht nachvollziehbar, dass Uwe Böhnhardt sich angeblich geärgert habe, dass die Taten des NSU nicht als extrem rechts bemerkt worden seien, eine Bekennung aber unterblieb und auch der NSU-Bekennerfilm – 2007 fertiggestellt – bis 2011 nicht verschickt wurde. Die ­Liste ließe sich fortsetzen. Entweder Zschäpe lügt – oder sie wurde von Böhnhardt und Mundlos über zentrale Elemente der Taten nicht informiert und macht sich wichtiger, als sie es jemals war. Dann hätte es sie aber auch nicht mitbekommen können, wenn die beiden mit anderen Neonazis in anderen Teilen des Landes kooperiert haben.

Den zentralen Widerspruch – einerseits zu suggerieren, dass die Aufklärung erschöpft ist, anderseits zugeben zu müssen, dass zentrale Fragen noch immer offen sind – konnte jüngst auch die Hamburger SPD nicht auflösen. Gemeinsam mit dem Koalitionspartner „Die Grünen“ verhinderte die SPD im April, dass Hamburg einen NSU-Untersuchungsausschuss bekommt – als letztes Bundesland, in dem die Gruppe gemordet hatte. Als Miriam Block, Landtagsabgeordnete der Grünen, ankündigte, gegen die Fraktions­linie für einen  Untersuchungsausschuss zu stimmen, da sie etwas anderes nicht mit ­ihrem Gewissen vereinbaren könne, wurde sie zur Strafe von ihrer Fraktion von ­allen Ämtern entbunden. Parteiräson vor Aufklärung. Auch um die Wogen zu glätten, stellte die Grünen-Fraktion dem ­Senat über einhundert Fragen über den NSU und Hamburg, und tat so, als sei man in der Opposition und nicht tatsächlich an der Regierung.3
Die Grünen verkündeten zudem, dass man sich mit der SPD darauf geeinigt habe, die Hamburger Verbindungen des NSU „wissenschaftlich“ aufzuarbeiten: „Diese Studie ist… ein großer Verhandlungserfolg, der auf uns Grüne zurückgeht“, „ein großer Schritt in Richtung umfassenderer Aufklärung“, erklärte die Fraktionsführung.4
Der NDR titelte ohne diese Behauptung zu hinterfragen: „NSU in Hamburg: SPD und Grüne wollen Fall neu aufarbeiten.“5
So fungierte die Ankündigung der Studie in erster Linie als erfolgreiche Ablenkung, die Organisation der Aufklärung wurde zum politischen Spielball. Tatsächlich ist noch nicht einmal geklärt, welche Wissenschaftler*innen die Aufarbeitung übernehmen sollen und wie organisiert werden kann, dass das wissenschaftliche Team auch die Geheimakten des Verfassungsschutzes einsehen darf. Die obligatorische  Sicherheitsüberprüfung der Wissenschaftler etwa dürfte kompliziert werden. Auch kündigten SPD und Grüne an, dass Erkenntnisse von und über V-Personen in einem Bericht der Kommission nicht unzensiert vorkommen dürfen.6

Dabei gibt es ein parlamentarisches Instrument, das exakt dafür entwickelt wurde, um Verschlusssachen in die parlamentarische Beweisaufnahme einzuführen: ein Untersuchungsausschuss. Doch genau den wollte die SPD nicht. Es ging der Partei also am Ende vor allem darum zu verhindern, dass die Opposition volle Akteneinsicht bekommt und Zeug*innen selbst konfrontieren kann. Angeblich, so die Erklärung des innenpolitischen Sprechers der SPD, Sören Schumacher, sei ein Untersuchungsausschuss allerdings auch deswegen gar nicht notwendig, weil die anderen Ausschüsse sowieso nichts gebracht hätten: „Bei all diesen Untersuchungsausschüssen ist nichts herausgekommen, was die Fragen [nach Kompliz*innen] beantwortet hat. Und wir sind uns sicher: Auch ein Hamburger Untersuchungsausschuss kann das nicht leisten.“7

Auch diese Behauptung dominiert die Debatte um die Aufklärung des NSU-Komplexes: Die Aufklärer*innen seien gescheitert. Mit dieser Argumentation wird die Beweislast umgedreht. Doch es liegt gerade nicht in der Verantwortung von Parlamentarier*innen oder anderen Aufklärer*innen, den Fall nachträglich zu lösen. Eine Untersuchung ist auch nicht nur dann erfolgreich, wenn sie weitere Täter*innen ermittelt. Es muss tatsächlich in erster ­Linie immer darum gehen, zu klären, ­warum die Behörden ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden sind und die Morde verhindert oder gestoppt haben, obwohl sie so nah an den Mitgliedern des NSU dran waren. Wie konnte es passieren, dass das Netz militanter deutsche Neonazis mit V-Personen durchsetzt war, der NSU aber unentdeckt blieb? Dass diese entscheidende Frage noch immer nicht zufriedenstellend beantwortet wurde, ist gerade nicht der Fehler der Ausschüsse und Aufklärer*innen.

Die Aufarbeitung des NSU-Komplexes zeigt vielmehr: Die Exekutive hat die Aufklärung größtenteils blockiert. Diese Blockade konnte nur durchbrochen werden, wenn Druck auf die Exekutive ausgeübt worden ist oder sie selber nicht mehr die Kontrolle über die eigenen Akten, das eigene Wissen hatte. So stießen Parlamentarier*innen selber durch ihre Arbeit in Untersuchungsausschüssen auf die Geheimnisse diverser Nachrichtendienste – etwa auf die "Operation Rennsteig" in den Akten des Thüringer Verfassungsschutzes. Und das nur, weil sie sich vor Ort beim Verfassungsschutz selber umsehen konnten und die Akten eben nicht von der Behörde oder einem Ministerium vorsortiert wurden. Das wurde im übrigen nur einem Untersuchungsausschuss erlaubt, dem ersten in Thüringen. Es war zudem ein unabhängiger Sonderermittler, der im Auftrag des Bundestages Hinweise fand, dass Unterstützer des NSU als V-Personen gearbeitet hatten.8
In einem anderen Fall musste sogar das  Bundeskriminalamt Teile des Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) durchsuchen, weil man dort zurecht Beweismittel vermutete, die das BfV unter Verschluss hielt.9

Regelmäßig hatten auch Klagen von Journalisten auf Akteneinsicht Erfolg.10
Kaum eine zentrale Information wurde von einer beteiligten Behörde also freiwillig preisgegeben. Höflich Fragen in der Hamburger Bürgerschaft zu stellen, die dann eine Innenbehörde mit dem Verweis auf Geheimhaltungsregeln nicht beantworten muss, führen fast nie zum Ziel, wie sich immer wieder gezeigt hat. Es braucht weiter viel politischen Willen, um gerade die blinden Flecken innerhalb der Behörden aufzuklären und damit das System zu hinterfragen.

Oft wird zudem von Beobachtern missverstanden, wie rudimentär die Aufklärung des NSU-Komplexes noch immer ist, welche Stellen also bewusst im Dunkeln gelassen werden. Einige schlagende Beispiele:

– Aufgrund von Angaben des Opfers des NSU-Bombenanschlags in der Kölner Probsteigasse wurde eine Phantomzeichnung des Mannes angefertigt, der die Bombe in einem Korb am Tatort abgestellt hatte. Die Zeichnung zeigt einen Mann, die an einen Kölner Informanten des Verfassungsschutzes erinnert. Dasjenige ­Foto des Mannes jedoch, das der Phantomzeichnung fast schon gespenstisch ähnlich sieht, wird von einer Behörde noch immer unter Verschluss gehalten.

– Obwohl bekannt ist, dass es eine V-Person im direkten Umfeld des NSU in Chemnitz gab, als die Kernmitglieder gerade frisch in Sachsen untergetaucht waren, sind die Akten dieser Informant*in des LfV Sachsen nicht in den parlamentarischen Aufklärungsprozess eingeführt und unabhängig überprüft worden.

– Obwohl bekannt ist, dass das BfV eine eigene Abteilung zur Bekämpfung des Rechtsterrorismuses unmittelbar nach dem Oktoberfest-Attentat 1980 eingerichtet hat, konnten die Akten der Abteilung bis heute von Mitgliedern des Bundestags nicht systematisch ausgewertet werden – insbesondere nicht im Bezug auf Informationen, die V-Personen über diesen Bereich geliefert haben. Gab es etwa Meldungen über das Umfeld des NSU? Immerhin hatte ein Unterstützer sich schon 1997 intensiv um Sprengstoff bemüht. Wie genau war das militante extrem rechte Netz aufgeklärt? Wurden weitere Gefahren, Zellen oder Gruppen übersehen?

– Es sind noch immer nicht alle führenden Mitarbeiter dieser Abteilung etwa durch Ausschüsse oder einen Sonderermittler systematisch befragt worden – denn tatsächlich steht eben nicht immer alles in den Akten, sei der Geheimhaltungsgrad auch noch so hoch. Von alleine sprechen Mitarbeiter der Behörden allerdings nicht über diese Zeit.

Es braucht parlamentarischen Druck, der jedoch, auch das gehört zur Wahrheit, bei vielen Zeugen bislang nicht gereicht hat, um der Wahrheit näherzukommen.

Schließlich wurde noch nie unabhängig durch Parlamentarier*innen oder deren Vertreter*innen überprüft, was die Datenbanken des BfV und anderer Nachrichtendienste ausspucken, wenn man schlicht den Begriff „Nationalsozialistischer Untergrund – NSU“ eingibt. Der Begriff ist seit Herbst 2002 beim BfV gespeichert, weil er in einer Anzeige im Neonazi-Heft „Der Weisse Wolf“ auftauchte. Dort ­bedankte sich das Blatt für eine Spende des NSU. Danach tauchte der Begriff immer wieder auf – so auf Daten-CDs 2005, die von ­einer „NSDAP/NSU“ herausgegeben worden waren.

Erst Ende 2022 wurde durch Recherchen des "Antifaschistischen Infoblatts" (AIB Nr. 137) bekannt, dass der Begriff „NSU“ auch auf Listen erscheint, die im Zusammenhang mit der Durchsuchung einer Scheune im Oktober 2004 in Salchow standen.11
Ein Polizist hatte u.a. notiert, dass man drei Plakate „NSU, Rudolf Hess, KBA“ und vier Schilder „NSU Kindergarten, NSDAP und zwei Sprüche des KBA“ gefunden habe. Inzwischen  wurde der Polizist vom dem NSU-Ausschuss in Schwerin als Zeuge vernommen – wieder einmal soll ein Missverständnis zu Grunde liegen und der Beamte eventuell den Begriff „NSV“ in altdeutscher Schrift fehl interpretiert haben.12
Doch auch so war der Begriff NSU im LfV-Mecklenburg-Vorpommern längst gespeichert. Hat das häufige Auftauchen des Namens wirkliche keine Aktivitäten ausgelöst? Hatte nicht das Wort „Untergrund“ allein dazu geführt, dass man sich intensiver um die Aufklärung des NSU kümmerte, hatte man doch genau vor Zellen im Untergrund die größte Angst (Diese Angst war einer der Gründe, warum das BfV nach dem Oktoberfest-Attentat jene Rechtsterror-Abteilung gegründet hat)?

So klar ist es also nicht, wer wann etwas über den Begriff NSU wusste und welche Maßnahmen wirklich in die Wege geleitet worden sind - oder eben nicht.

Niemand, der sich mit dem NSU-Komplex beschäftigt, wird also behaupten, dass die Aufklärung am Ende sein kann. Nicht nur wurden wichtige Abschnitte noch nie untersucht, es fehlen zudem die von verschiedenen Behörden vernichteten Akten – und eine Systematik in der Aufklärung. Noch immer tagen, befragen und arbeiten NSU-Ausschüsse in München und Schwerin. Wissen aus all den anderen Quellen und Ausschüssen wurde und wird aber zu selten verglichen, vernetzt und aufgearbeitet. Seit Jahren gilt beim NSU-Komplex: Viel hilft viel, ohne dass es zu einem Erkenntnisdurchbruch gekommen wäre. Im übrigen ist daher die Idee eines wissenschaftlichen Teams mit ausreichendem Budget – in Anlehnung an den Ansatz der Hamburger Regierung, der allerdings eine andere Intention ­hatte – in diesem Zusammenhang sinnvoll. Es bräuchte tatsächlich schon lange ein solches Team, um die Tausenden von Stunden von Zeug*innenaussagen und die überwältigende Menge an Beweismitteln der diversen Ausschüsse professionell zu vergleichen, auszuwerten und einzuordnen.

Defizite in der Organisation der Aufklärung jedoch gibt weder der Bundesanwaltschaft und vor allem nicht den Tätern das Recht, abschließend zu entscheiden, wann und ob ein Schlussstrich gezogen wird. Solange nicht die Täter wirklich auspacken und kooperieren, sich einer forensischen Befragung stellen, sollte ihnen zudem der Weg ins Aussteiger*innenprogramm versperrt bleiben. Denn auch das zeichnet sich bereits ab: Eine frühzeitige Entlassung angeblich geläuterter Täter*innen, die danach mit neuer Identität ins Nirgendwo verschwinden. Das muss verhindert werden. Zudem verjährt weder Mord noch Beihilfe zu Mord. Die Aufklärung kann also erst dann enden, wenn alle Fragen im NSU-Komplex beantwortet sind. Und keinen Tag früher.