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Leipzig: Die Repression wirkt. Reden wir darüber.

Kappa Leipzig (Gastbeitrag)
Einleitung

Repression ist in Leipzig Normalität geworden. Sie bringt nicht nur Menschen in den Knast, sondern zielt auch auf die Einschüchterung der gesamten antifaschistischen Bewegung ab und hinterlässt psychische Folgen.

Schwer bewaffneter Polizist
Bild: de.indymedia.org, CC BY-SA 2.0 DE

SEK-Einsatz gegen Antifaschist_innen in Leipzig.

Repression ist Gewalt. Repression entzieht sich unserer Handlungsmacht. Wenn wir als Bewegung Stärke gegenüber staatlicher Gewalt demonstrieren wollen, müssen wir uns auch Schwäche und Verwundbarkeit eingestehen können. Verbalradikalismus, die immer gleichen Phrasen, sowie ein reflexionsfernes „Mund abwischen, weitermachen“ führen uns nicht aus unserer beschissenen Lage. Vielmehr hilft uns eine Anerkennung und Einordnung der Situation, mit der wir uns konfrontiert sehen. Das heißt zum einen, sich ein Verständnis über die ihr zugrundeliegenden politischen und gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse zu machen. Zum anderen müssen wir uns der politischen, emotionalen und psychischen Konsequenzen der Repressionswelle, sowohl auf individueller, als auch kollektiver Ebene bewusst werden. Tun wir das nicht, verkennen wir die Bedingungen für unsere missliche Lage und brechen damit an der Realität.

What a time to be alive – zur aktuellen Lage

15. März 2023: Maskierte und bewaffnete Polizist*innen stürmen die Wohnungen von acht Antifaschist*innen in Leipzig und Jena. Anlass der teils elfstündigen Razzien sind Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, sowie der Landeskriminalämter Thüringen und Sachsen im Zusammenhang mit den Angriffen auf Neonazis beim sogenannten „Tag der Ehre“ in Budapest. Das SEK stürmt ein Wohnhaus, in dem sich mutmaßlich gesuchte Personen verstecken sollen. Türen werden aufgeschossen und Bewohner*innen auf dem Boden fixiert. Es war eine bewusst gewählte Kampfansage mit Symbolwirkung, die den politisch motivierten Verfolgungswillen dahinter mit aller Gewalt deutlich macht.

Es zeigt uns, was passiert, wenn wir solidarisch miteinander sind und Beschuldigte unterstützen oder gar bei uns verstecken würden. Und die Botschaft „es kann alle treffen“ kam an. Die jüngsten Razzien sind vorläufiger Höhepunkt einer seit Jahren anhaltenden Repressionswelle in Leipzig. Hausdurchsuchungen sind neben Gerichtsprozessen die sicherlich öffentlich wahrnehmbarste Form der Repression. Die Liste an Maßnahmen ist allerdings wesentlich länger: Observationen, Datensammelwut, verwanzte Autos, Telekommunikationsüberwachung, Kameras vor Objekten, das Stürmen eines Hausprojekts für eine DNA-Entnahme oder die unzähligen kleineren Strafen und Maßnahmen im Kontext der Proteste gegen die rechten Montagsdemonstrationen, die insbesondere jüngere Antifaschist*innen treffen. Und nicht zuletzt die unzähligen Strukturermittlungsverfahren, bei denen es überhaupt erst einmal darum geht, einen Beschuldigtenstatus herzustellen, damit Personen und Umfelder durchleuchtet werden können. Die Liste ließe sich fortführen.

Politische und gesellschaftliche Kräfteverhältnisse als Rückendeckung der Behörden

Die notwendige Legitimation für das Vorgehen der Repressionsbehörden liefert der Kampf gegen den „Linksextremismus“, der von der rechtskonservativen CDU-Regierung in Sachsen geführt wird. Auch dieses Narrativ ist es, das den Behörden den Rücken freihält. Ihr Handeln ist Ausdruck politischer Kräfteverhältnisse in Leipzig, Sachsen und der BRD. Teil dieser Kräfteverhältnisse ist auch die gesellschaftliche Isolation und marginale Position der radikalen Linken, die wir anerkennen müssen. Allerdings bieten die Verhältnisse nicht nur eine Erklärung für unsere Lage, sondern müssen auch in unseren Diskurs zum Umgang mit Repression einbezogen werden. Denn die gesellschaftliche Isolation ist eine Vorbedingung dafür, dass der Staat gegenwärtig ohne Widerspruch in diesem Maßstab Antifaschist*innen verfolgen kann. So schafft er es auch, dass wir uns als Szene weiter einigeln (müssen) und gesellschaftlich (noch) irrelevanter werden.

Auf Repression folgt (auch) Rückzug

Die Repressionswelle hinterlässt emotionale und psychische Spuren in der Leipziger Linken. Andere Spuren lassen sich äußerlich feststellen: Selbst ein brutaler Repressionsschlag wie der am 15. März 2023 bringt wenig Leute auf die Straße. Viele Gruppen und Einzelpersonen, mit denen man sich vor einiger Zeit noch die Straße nahm, sucht man inzwischen vergebens. Dass Menschen, die die letzten Jahre in Leipzig politisch in unterschiedlichen Spektren aktiv waren, sich zurückgezogen haben, ist auch am sinkenden Durchschnittsalter von Demonstrationsteilnehmer*innen unübersehbar.

Sicherlich kommen hier verschiedene Faktoren zusammen. Nicht alles ist auf Repression zurückzuführen. Das Wegfallen einiger größerer Gruppen wie der „Antifa Klein-Paris“ oder „the future is unwritten“ hat genauso dazu beigetragen wie die Corona-Pandemie. Auch die sexuelle/sexualisierte Gewalt innerhalb der Szene (bspw. im Kontext des Festivals „Monis Rache“ oder die Täterschaften im Zusammenhang des Antifa-Ost-Verfahrens) haben politische Zusammenhänge in Leipzig nachhaltig zerrüttet und Rückzüge befeuert. Ebenso der leider „normale“ Generationenwechsel und die damit einhergehende andere Schwerpunktsetzung im (politischen) Leben, veränderte Praxisformen, der Rückzug ins Private, Lohnarbeit oder ­(sub-)kulturelle Arbeit. Gründe für Umorientierungen oder Rückzug gibt es viele, auch in Abwesenheit von Repression.

Der Punkt, den wir dennoch stark machen möchten, ist, dass einem nicht immer bewusst sein muss, dass Repression auch dann wirkt, wenn man selbst nicht direkt betroffen ist. Nicht selten verbleibt ihre Auswirkung im Unbewussten. Das Müdewerden, zu wissen, dass Repression einen immer treffen kann, selbst wenn die eigene Praxis vermeintlich unverdächtig ist, muss als ein Aspekt mitreflektiert werden, der zu o.g. Umorientierungen, bzw. zum Rückzug führen kann. Denn natürlich haben auch Leute in der radikalen Linken etwas zu verlieren. Auch Menschen, die unmittelbar von Repression betroffen sind, ziehen sich nicht selten zurück – sicherlich, oft unfreiwillig als Konsequenz ihrer Lage und damit vielleicht aus anderen Gründen. Fakt bleibt: Repression lähmt. Sie lähmt nicht nur Betroffene, die ihre Füße still halten, sondern auch darüber hinaus. Solidaritätsarbeit spannt unzählige Menschen ein und verlangt ihnen viel ab. Dass wir gezwungen sind, uns mit Repression zu beschäftigen, ist eines der vornehmlichen Ziele selbiger. Es fehlen dadurch die Ressourcen für andere Kämpfe. Repression will, dass wir vereinzeln und dass wir uns zurückziehen. Sie will unsere Kämpfe erschweren und dass wir von zukünftigen Aktivitäten absehen (müssen). Und es gelingt ihr. Leider.

Normalisierung der Repression

Mit jeder weiteren Hausdurchsuchung der letzten Jahre hat mehr Gewöhnung eingesetzt. Die einen nehmen es schulterzuckend zur Kenntnis, die anderen spulen die gelernten Parolen ab. Wieder andere verlieren sich in affekthaftem Aktionismus. Wenn wir von Hausdurchsuchungen lesen und das nicht mehr viel mit uns macht; wenn nach einem SEK-Einsatz in der „linken Hochburg Leipzig“ nur 150 Menschen auf die Straße gehen; wenn eine Debatte über die unübersehbaren Auswirkungen und den Umgang mit Repression ausbleibt, dann müssen wir uns eingestehen, dass wir uns im Angesicht permanenter Repression an den Zustand gewöhnt haben.

Die Resignation speist sich vor allem aus der kollektiven Überforderung der Szene, die gegenüber dem Druck kaum einen Ausgleich bieten oder die Folgen auffangen kann. Entsprechend zieht die Repression den nächsten gewünschten Effekt nach sich: Überforderung und das passive Arrangieren mit ihr. Wir glauben, wir würden als radikale Linke gut daran tun, uns diesbezüglich nicht zu belügen. Wir wollen dem Staat zeigen, dass er sich an uns die Zähne ausbeißt, aber das tut er gerade nicht (mehr). Daher sollten wir uns eingestehen, dass die staatlichen Angriffe uns zu schaffen machen. Und wir sollten darüber diskutieren, wie ein Umgang damit aussehen kann, jenseits routinierter und reflexionsferner Affekthandlungen.

Repression erfordert (präventive) Auseinandersetzung

Repression wird von vielen nicht mehr als logische Folge linksradikaler Politik diskutiert und verstanden. Dabei speist sie sich doch aus dem Gewaltmonopol und Herrschaftsanspruch des Staates und dem linken Antagonismus dazu. Umso ohnmächtiger fühlen wir uns, wenn wir permanent von ihr getroffen werden, aber eine präventive Auseinandersetzung mit Repression eher die Ausnahme, als die Regel ist.

Eine präventive Auseinandersetzung mit Repression dient nicht nur dem eigenen Schutz. Bleibt sie aus, kann das auch für andere gefährlich werden. Wenn Repression eine*n trifft, löst das verständliche Ängste bei Betroffenen aus. Dem Druck standzuhalten, kann einer*einem einiges abverlangen. Deswegen können stabile soziale Umfelder, die diesen Druck auffangen, eine wichtige Stütze sein, genauso wie ein gefestigter politischer Standpunkt, von dem aus ihm begegnet wird. Staatliche Verfolgungsbehörden zielen mit ihrer Repression auch darauf ab, uns zu brechen. Es gibt Fälle bei denen das auch funktionierte. Sicher, Repression ist für uns nicht kontrollierbar. Und dennoch gibt es einerseits Praxisformen, die kriminalisiert sind und notwendig Ermittlungen nach sich ziehen. Andererseits kann sie eine*n allein schon deswegen treffen, da man als „linksextrem“ gilt. Unabhängig davon, was die eigene Praxis konkret ist, muss sich letztendlich immer auch vor dem Hintergrund ihrer potentiell nach sich ziehenden Repression mit ihr beschäftigt werden. Nicht zufällig knicken Leute genau dann ein, wenn sie Repression nie ausreichend ernst genommen haben, sich aber plötzlich mit ihr konfrontiert sehen und versuchen, im Anschluss den Preis für sich möglichst gering zu halten – im Zweifel auf die Kosten ihrer (ehemaligen) Genoss*innen oder einer politischen Prozessführung.

Repression ist Gewalt und wirkt auf die Psyche

Repression hinterlässt nicht nur Spuren bei uns als antifaschistischer Bewegung, sondern auch bei Individuen. Vor einiger Zeit veröffentlichte eine Person, die von einer Hausdurchsuchung betroffen war, einen Text über die emotionalen Folgen1
. Wir begrüßen den Text, da er thematisiert, was oft nicht öffentlich gemacht wird. Während es im Zuge neuer Männlichkeitsentwürfe teils en vogue ist, sich Schwäche einzugestehen, ist die antifaschistische Bewegung trotzdem von klassisch männlichen Attributen dominiert. Schwäche muss unterdrückt und abgespalten werden. Man(n) will seinen Genoss*innen gegenüber kämpferisch und „tough” sein und auch dem Staat gegenüber nicht preisgeben, dass Repression natürlich was mit ihm macht. Die Repressionsbehörden wissen das, auch wenn wir es nicht öffentlich machen. Ihr Vorgehen ist davon bestimmt einzuschüchtern, Angst zu verbreiten und Macht zu demonstrieren. Wir verlieren also nichts, wenn wir darüber reden. Im Gegenteil, wir können über das Artikulieren von Verwundbarkeit und Schwäche Stärke und Verbundenheit entwickeln. Als Bewegung, in Freund*innenschaften und Polit-Strukturen. Wir wissen um die psychischen Folgen bei unseren Genoss*innen nach Razzien oder anderen Formen der Repression wie Observationen, DNA-Entnahmen, Festnahmen, Telekommunikationsüberwachung etc.

Einige Bewohner*innen des Hauses in Connewitz, das vom SEK gestürmt wurde, schreiben: „Auch wenn andere Hausdurchsuchungen vermeintlich glimpflicher ablaufen als bei uns, sind diese immer ein massiver Eingriff in unsere engsten und privatesten Rückzugsräume. Nehmt die Vorfälle also nicht auf die ‚leichte Schulter‘, sondern unterstützt euch gegenseitig: Fragt einander, was ihr braucht und sprecht in einem vertrauten Rahmen über das Erlebte.“ Neben diesen Erfahrungen gibt es noch weitere Arten, wie sich Repression im Alltag auf Einzelne auswirken kann. Menschen, die sich nach dem Verlassen des Hauses dreimal umsehen, ob sie nicht doch (wieder) eine Observation erkennen können. Genoss*innen, denen DNA abgenommen wurde, die teils über Jahre in Unwissenheit verbleiben, ob als Folge noch etwas auf sie zukommt oder nicht. Personen, die bei Geräuschen am Morgen hochschrecken, noch Wochen nach einer Razzia und sich gegenüber ihrem Zuhause erst wieder eine Sicherheit erarbeiten müssen. Betroffene von Repression, die Kontrollzwänge entwickeln, weil sie sich mit mehrjährigen Verfahren konfrontiert sehen, die permanent über ihnen kreisen, aber es sich ihrer Kontrolle und ihrem Wissen entzieht, was mit ihnen passiert. Die Cops wissen das, genau das ist Teil ihrer Repression. Wenn wir nicht darüber reden, dann ist das keine Stärke, sondern schwächt uns nur. Wir lassen Genoss*innen mit den Folgen von Repression allein und können keine Handlungssicherheit im Angesicht der Repression erlangen.

Wie also weiter?

Wenn wir darüber reden wollen, wie individuelle oder kollektive Antworten aussehen können, müssen die vorausgegangenen Überlegungen zur beabsichtigten und tatsächlichen Wirkung von Repression, wie auch die ihr zugrundeliegenden politischen Kräfteverhältnisse, der Ausgangspunkt sein. Wir dürfen dabei die Perspektive nicht über Bord werfen, dass wir als radikale Linke in unserem momentanen Zustand weit davon entfernt sind, verändernd in die Verhältnisse einzugreifen. Viele Probleme, mit denen wir uns konfrontiert sehen, werden wir nicht durch die Szene selbst lösen können. Angesichts dessen müssen wir schauen, was wir uns gegenseitig geben können und voneinander brauchen, um weiter linksradikale Politik machen zu können und wie wir unserer Isolation entgegenwirken können.

Es gibt keinen Masterplan oder die Antwort auf die Repressionslage. Wir sollten uns diese auch nicht herbeisehnen. Denn, die Einsicht in unsere missliche Lage ist überhaupt erst die Voraussetzung dafür, nicht weitere Enttäuschung zu produzieren. In aller Kürze wollen wir ein paar Aspekte aufgreifen, die für sich genommen jeweils weiter zu diskutieren und um weitere zu ergänzen wären.

Öffentlichkeitsarbeit: Repressionsschläge und die Kriminalisierung unserer Kämpfe sollten immer eigene Veröffentlichungen nach sich ziehen, die auch jenseits der Szene-Plattformen zu finden sind. Beispielsweise könnte nach Razzien im unmittelbaren Wohnumfeld der Polizeieinsatzes mittels Flyern in Briefkästen aufgegriffen und eingeordnet werden. Unsere Isolation überwinden wir dann, wenn es uns gelingt Solidaritätserfahrungen über die Szene-Identität hinaus aufzubauen.

Solidaritätsarbeit für Gefangene und ihre Umfelder: Bundesweit sitzen Antifaschist*innen in Haft, es ist damit zu rechnen, dass weitere folgen werden. Setzt euch damit auseinander, wie ihr Inhaftierte, ihre Umfelder oder auch Familien unterstützen könnt. Ein guter Ansatzpunkt um sich diesem Thema zu nähern kann z.B. die Lektüre der Broschüre „Wege durch den Knast“ sein.2

Prävention: Es gibt unzählige spannende Debattenbeiträge über Repression, die (zu) wenig Beachtung finden. Kramt sie heraus und verbreitet sie in euren Umfeldern. Beschäftigt euch als Einzelpersonen, wie auch in euren Gruppen und Zusammenhängen präventiv mit Fragen von Repression: Was sind Ängste, was können wir gemeinsam auffangen, wo liegen gefährliche Schwachstellen, welche Vorkehrungen können wir treffen, um im Fall der Fälle besser vorbereitet zu sein? Ein Bewusstsein über Repression, ihre Konsequenzen und (individuelle) Ängste kann Sicherheit geben.

Militanz: Uns fehlt auch die Auseinandersetzung mit unangenehmen Fragen nach der Sinnhaftigkeit mancher militanter Praxis. Macht es unter den gegebenen Umständen etwa Sinn bestimmte militante Aktionsformen beizubehalten, wenn sie keinen politischen Nutzen haben, sondern im Zweifel nur mehr Repression und Isolation mit sich bringen? Aktionsformen sollten nicht vorschnell verworfen werden, jedoch auch nicht zum Selbstzweck verkommen. Vielmehr bedarf es der situativen Abwägung, inwiefern Militanz strategisch in gesellschaftliche Auseinandersetzungen eingebettet ist oder etwa zur Gefahrenabwehr notwendig ist.

Daraus lässt sich auf legitime Situationen für militantes Vorgehen schließen. Wird Militanz aber nicht mehr entlang nachvollziehbarer Parameter von politischer Strategie oder notwendigem Selbstschutz reflektiert, sondern als sich selbst erklärender Ausdruck von Radikalität missverstanden oder sich ihrer Begründung gänzlich entzogen, dann liegt der Verdacht nahe, dass es sich dabei vor allem um einen vom eigenen Kollektiv legitimierten Raum für die Ausübung von Gewaltfetischen handelt. Die Umstände oder Orte, in denen sich solche selbstzweckhafte Gewalt verwirklichen kann, sind dann letztlich auch austauschbar. Es spiegeln sich darin dann vor allem gängige Formen destruktiver Ausbruchsversuche, deren sonstige Ermöglichungsräume etwa das Fußballstadion oder das Dorffest sind. Auch darüber muss geredet werden.

Raus aus der Vereinzelung! Aber wie?

Im vergangenen Jahr gab es den Versuch mit einer Demonstrationsreihe „Alle zusammen gegen ihre Repression – Wir kämpfen weiter” eine kollektive Antwort auf die Repression zu finden, sowie die staatlichen Gewaltmaßnahmen in die Öffentlichkeit zu tragen. Ernüchternd wurde damals resümiert: „Zusammengefasst muss der neue Versuch mit der anhaltenden Repression in Leipzig ein Umgang zu finden als eher gescheitert betrachtet werden. Auch wenn wir einige empowernde kollektive Momente erlebten, war es nicht möglich unseren Widerstand gegen die Repression zu verstetigen und unsere Kämpfe produktiv zu verbinden.”

Als positive Tendenz der letzten Monate ist zu erwähnen, dass es (wieder) vermehrt zu Kundgebungen, bzw. Ansammlungen an den Orten der Hausdurchsuchungen kommt. Daran sollten wir festhalten und weiter ausbauen. Je mehr Leute zusammenkommen, desto ressourcenaufwendiger wird der Einsatz für die Polizei, die es zudem hasst, bei ihrer Arbeit beobachtet zu werden. Repression soll uns brechen und vereinzeln. Umso wichtiger ist es, wenn wir uns solidarisch mit den Betroffenen im Moment der Maßnahme, also einer Situation der Ohnmacht, zeigen und deutlich machen, dass die*der Betroffene nicht allein ist.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Repressionswelle maßgeblich in einem Zeitraum begann, der von der Corona-Pandemie geprägt war. Während der pandemischen Hochphase waren wir stärker isoliert und vereinzelt. Umso unvorbereiteter hat uns die Repressionswelle getroffen und viele der Nachwirkungen merken wir erst jetzt. Poli­tische Arbeit ist in dieser Zeit zurückgegangen, bzw. hat unter anderen Voraussetzungen stattfinden müssen. Vernetzungen und Kontakte, genauso wie Vertrauen untereinander, sind verloren ge­gangen, schlicht weil wir uns für längere Zeit aus den Augen verloren haben. Diese wieder aufzubauen braucht seine Zeit. Umso schöner zu merken, dass dies gerade Stück für Stück wieder passiert. Wir müssen wieder mehr zusammenkommen, uns kennenlernen und Vertrauen aufbauen. Gerade Momente der Repression können dafür untereinander bestärkend sein.

Fazit:

„Dennoch sollte sich [aus all dem] keine Resignation ergeben, sondern die Suche nach neuen Antworten und solidarischen Reaktionen, denn eines ist der linken Szene in Leipzig noch länger gewiss, eine weiterhin hohe Repression des Staates. Dieser werden wir nur gemeinsam begegnen können. Dementsprechend wäre es jetzt eine gemeinsame Aufgabe der radikalen Linken in dieser Stadt, Wege zu finden auch kontinuierlich und gemeinsam daran zu arbeiten, […] wieder selbstbestimmt kollektive Momente zu schaffen.“

Diesen Worten aus dem Resümee der Demonstrationsreihe „Alle zusammen gegen ihre Repression – Wir kämpfen weiter“ wollen wir uns anschließen. Natürlich haben auch wir (noch) keine Antworten auf die im Text aufgeworfenen Fragen gefunden. Wir wollen sie aber finden. Starten wir eine gemeinsame Suchbewegung. Und verlieren wir dabei weder unsere Freund*innen noch uns selbst aus dem Blick. Tapfer, unverzagt, lächelnd – trotz alledem.

(Ungekürzt findet ihr den Text hier: https://kappaleipzig.noblogs.org/post/2023/05/06/leipzig-die-repression… )