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Rassistische Diskriminierung und rechte Gewalt — An der Seite der Betroffenen beraten, informieren, intervenieren

Opferperspektive e.V. (Hrsg.)

Es ist eine Art Bilanz, das Buch der Opferperspektive zu den 15 Jahren Arbeit — aber nicht nur. Es ist nicht weniger als ein Leitfaden für die Beratung und politische Arbeit gegen das große Schweigen und Wegsehen bei rechter Gewalt. Jeder der vier Abschnitte „Rechte Gewalt“, „Rassistische Dis­kriminierung“, „Beratung von Opfern rechter Gewalt“ und „Akteure und Aktivistinnen“ enthält mehrere voneinander unabhängige Beiträge. Durch den aktuellen Anstieg rechter Gewalt und die neonazistische Mobilisierung gewinnen „historische“ Beiträge große Aktualität — wie etwa die Beschreibung der Situation Anfang der 1990er Jahre und die Organisierung gegen rechte Hegemonie im Beitrag „Warnschüsse wären in diesem Fall gerechtfertigt gewesen“.

Überhaupt erfüllt das Buch die Aufgabe, das Rad nicht immer wieder neu erfinden zu müssen mit Bravour. Es ist sowohl Handlungsanleitung wie auch Analyse und Reflexion und erkennt dabei die wichtige Funktion militanter Gegenwehr gegen neonazistische Organisierung und Gewalt an. Dass die Wurzeln rechter Gewalt weitverzweigt in der Gesellschaft ankern, ist zwar keine neue Erkenntnis, wie sehr jedoch rassistische Diskriminierung unseren Alltag bestimmt und welche Auswirkungen dies auf die Persönlichkeit der Betroffenen hat, ist für „Weiße“ nicht wahrnehmbar. Der Abschnitt zur rassistischen Diskriminierung schafft es neben der Vermittlung theoretischer Grundlagen, Einblick in die alltägliche Diskriminierungserfahrung zu geben und die Bedeutung, die der Überwindung des Gefühls der Hilflosigkeit zukommt, aufzuzeigen.
Im dritten Teil wird dann das Konzept der Beratung von Opfern und Zielgruppen rechter Gewalt ausgearbeitet. Dieser praxisbezogene Teil umfasst von der Ausarbeitung des Arbeitsansatzes bis zu Tipps für den Umgang mit der Bedrohung durch Neonazis das breite Spektrum der Beratungsarbeit.
Der letzte Teil des Buchs widmet sich der politischen Auseinandersetzung gegen rechte Hegemonien — logischerweise auf Brandenburg bezogen, was jedoch die Bedeutung der Beiträge für andere Bundesländer kaum schmälert. Da wäre die Repression, Kriminalisierung und Diffamierung linker Projekte durch den Verfassungsschutz in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zu nennen, dessen Vorgehen sich von anderen Ländern nicht prinzipiell unterscheiden dürfte. Diese Übertragbarkeit der „Brandenburger Verhältnisse“ macht die Beiträge für andere Regionen aufschlussreich.
Ein gelungener Aufbau, die gute Zusammenstellung sowie die Abwesenheit quälenden Jargons machen dieses Buch ermüdungsfrei lesbar.

Opferperspektive e.V. (Hrsg.)
Rassistische Diskriminierung und rechte Gewalt — An der Seite der Betroffenen beraten, informieren, intervenieren
Dampfboot Verlag 2015, 381 Seiten, 19,90 € , ISBN 987-3-89691-947-2